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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Die Varolineninseln.

teilungsbullc Papst Alexanders des Sechsten, der beiläufig 1603, also vor Ent¬
deckung der Karolinen, starb, eine hierarchische Anmaßung ohne irgendwelche
rechtliche Bedeutung. Würde ihr eine solche zugesprochen, so gäbe es keine eng¬
lischen, keine französischen, keine holländischen und keine deutschen Kolonien, keine
Vereinigten Staaten und keine spanischen Republiken in Amerika. Die Be¬
hauptung endlich, die Karolinen seien legitimer Besitz der spanischen Krone, weil
seit der Entdeckung der erstern niemals Einspruch gegen diese Auffassung erfolgt
sei, ist einfach unwahr; denn ein solcher Einspruch hat vor zehn Jahren that¬
sächlich und in aller Form stattgefunden, und zwar von zwei Mächten zu
gleicher Zeit. Der einzige bekannte Versuch der spanischen Regierung, die
Karolinen als Eigentum der Krone Spanien geltend zu machen, ist von
Deutschland und England in gleichzeitigen Noten mit aller Deutlichkeit
zurückgewiesen worden. Es war am 4. März 1875, als der Vertreter des
deutschen Reiches in Madrid, Graf Hatzfeldt dem spanischen Staatsminister de
Castro eine Note übergab, in welcher es im wesentlichen hieß: "Durch Berichte
des deutschen Kvnsnlats in Hongkong ist die kaiserliche Regierung davon in
Kenntnis gesetzt worden, daß der dortige spanische Konsul aus Anlaß der Aus-
klarirnng des deutschen Handelsschiffes Cveran nach den Palao- oder Pelew-
inseln für die spanische Regierung die Souveränität und Zollhoheit über das
ausgedehnte Gebiet der Karolinen und speziell der Palao- oder Pelew-Jnseln in
Anspruch genommen hat, während diese Inseln bisher von dem handeltreibenden
Publikum als keiner zivilisirten Macht unterworfen angesehen und von deutschen
und andern Schiffen stets ungehindert besucht worden sind. . . Nach den all¬
gemeinen Grundsätzen des modernen Völkerrechtes würde die kaiserliche Negierung
nicht in der Lage sein, die von dem spanischen Konsulat in Hongkong behaup¬
tete Souveränität und Zollhoheit über jene Inseln anzuerkennen, solange die¬
selben nicht als eine vertragsmäßig sanktionirte oder wenigstens als eine that¬
sächlich ausgeübte erscheint. Es ist aber kein auf den Kolonialbesitz Spaniens
im Stillen Ocean bezüglicher Vertrag bekannt, in welchem die Karolinen- und
Pelew-Jnseln erwähnt werden, und ein thatsächlicher Besitzstand, beziehentlich eine
Einrichtung, durch welche Spanien auch uur den Willen der Ausübung einer
Oberhoheit über die Pelews bekundet hätte, ist auch Vonseiten des Konsulates
in Hongkong nicht als vorhanden behauptet worden. Dem gegenüber steht
aber nach glaubwürdigen Aussagen der Umstand fest, daß die Inselgruppe seit
Jahren ungehindert von Kauffahrteischiffen aller Nationen, dagegen außer von
englischen, niemals von fremden Kriegsschiffen besucht worden ist. und sodann
die notorische Thatsache, daß es auf den Pelews wie auf deu Karolinen keinen
spanischen Beamten und mithin keine spanische Regierungsgewalt giebt. ... Die
kaiserliche Regierung giebt sich der Hoffnung hin, daß der von dem spanischen
Konsulat bei Gelegenheit der Ausklarirung des deutschen Handelsschiffes Coeran
erhobene Anspruch auf Souveränität und Zollhoheit über die Karolinen- und


Grenzboten III. 138S. 56
Die Varolineninseln.

teilungsbullc Papst Alexanders des Sechsten, der beiläufig 1603, also vor Ent¬
deckung der Karolinen, starb, eine hierarchische Anmaßung ohne irgendwelche
rechtliche Bedeutung. Würde ihr eine solche zugesprochen, so gäbe es keine eng¬
lischen, keine französischen, keine holländischen und keine deutschen Kolonien, keine
Vereinigten Staaten und keine spanischen Republiken in Amerika. Die Be¬
hauptung endlich, die Karolinen seien legitimer Besitz der spanischen Krone, weil
seit der Entdeckung der erstern niemals Einspruch gegen diese Auffassung erfolgt
sei, ist einfach unwahr; denn ein solcher Einspruch hat vor zehn Jahren that¬
sächlich und in aller Form stattgefunden, und zwar von zwei Mächten zu
gleicher Zeit. Der einzige bekannte Versuch der spanischen Regierung, die
Karolinen als Eigentum der Krone Spanien geltend zu machen, ist von
Deutschland und England in gleichzeitigen Noten mit aller Deutlichkeit
zurückgewiesen worden. Es war am 4. März 1875, als der Vertreter des
deutschen Reiches in Madrid, Graf Hatzfeldt dem spanischen Staatsminister de
Castro eine Note übergab, in welcher es im wesentlichen hieß: „Durch Berichte
des deutschen Kvnsnlats in Hongkong ist die kaiserliche Regierung davon in
Kenntnis gesetzt worden, daß der dortige spanische Konsul aus Anlaß der Aus-
klarirnng des deutschen Handelsschiffes Cveran nach den Palao- oder Pelew-
inseln für die spanische Regierung die Souveränität und Zollhoheit über das
ausgedehnte Gebiet der Karolinen und speziell der Palao- oder Pelew-Jnseln in
Anspruch genommen hat, während diese Inseln bisher von dem handeltreibenden
Publikum als keiner zivilisirten Macht unterworfen angesehen und von deutschen
und andern Schiffen stets ungehindert besucht worden sind. . . Nach den all¬
gemeinen Grundsätzen des modernen Völkerrechtes würde die kaiserliche Negierung
nicht in der Lage sein, die von dem spanischen Konsulat in Hongkong behaup¬
tete Souveränität und Zollhoheit über jene Inseln anzuerkennen, solange die¬
selben nicht als eine vertragsmäßig sanktionirte oder wenigstens als eine that¬
sächlich ausgeübte erscheint. Es ist aber kein auf den Kolonialbesitz Spaniens
im Stillen Ocean bezüglicher Vertrag bekannt, in welchem die Karolinen- und
Pelew-Jnseln erwähnt werden, und ein thatsächlicher Besitzstand, beziehentlich eine
Einrichtung, durch welche Spanien auch uur den Willen der Ausübung einer
Oberhoheit über die Pelews bekundet hätte, ist auch Vonseiten des Konsulates
in Hongkong nicht als vorhanden behauptet worden. Dem gegenüber steht
aber nach glaubwürdigen Aussagen der Umstand fest, daß die Inselgruppe seit
Jahren ungehindert von Kauffahrteischiffen aller Nationen, dagegen außer von
englischen, niemals von fremden Kriegsschiffen besucht worden ist. und sodann
die notorische Thatsache, daß es auf den Pelews wie auf deu Karolinen keinen
spanischen Beamten und mithin keine spanische Regierungsgewalt giebt. ... Die
kaiserliche Regierung giebt sich der Hoffnung hin, daß der von dem spanischen
Konsulat bei Gelegenheit der Ausklarirung des deutschen Handelsschiffes Coeran
erhobene Anspruch auf Souveränität und Zollhoheit über die Karolinen- und


Grenzboten III. 138S. 56
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[0449] Die Varolineninseln. teilungsbullc Papst Alexanders des Sechsten, der beiläufig 1603, also vor Ent¬ deckung der Karolinen, starb, eine hierarchische Anmaßung ohne irgendwelche rechtliche Bedeutung. Würde ihr eine solche zugesprochen, so gäbe es keine eng¬ lischen, keine französischen, keine holländischen und keine deutschen Kolonien, keine Vereinigten Staaten und keine spanischen Republiken in Amerika. Die Be¬ hauptung endlich, die Karolinen seien legitimer Besitz der spanischen Krone, weil seit der Entdeckung der erstern niemals Einspruch gegen diese Auffassung erfolgt sei, ist einfach unwahr; denn ein solcher Einspruch hat vor zehn Jahren that¬ sächlich und in aller Form stattgefunden, und zwar von zwei Mächten zu gleicher Zeit. Der einzige bekannte Versuch der spanischen Regierung, die Karolinen als Eigentum der Krone Spanien geltend zu machen, ist von Deutschland und England in gleichzeitigen Noten mit aller Deutlichkeit zurückgewiesen worden. Es war am 4. März 1875, als der Vertreter des deutschen Reiches in Madrid, Graf Hatzfeldt dem spanischen Staatsminister de Castro eine Note übergab, in welcher es im wesentlichen hieß: „Durch Berichte des deutschen Kvnsnlats in Hongkong ist die kaiserliche Regierung davon in Kenntnis gesetzt worden, daß der dortige spanische Konsul aus Anlaß der Aus- klarirnng des deutschen Handelsschiffes Cveran nach den Palao- oder Pelew- inseln für die spanische Regierung die Souveränität und Zollhoheit über das ausgedehnte Gebiet der Karolinen und speziell der Palao- oder Pelew-Jnseln in Anspruch genommen hat, während diese Inseln bisher von dem handeltreibenden Publikum als keiner zivilisirten Macht unterworfen angesehen und von deutschen und andern Schiffen stets ungehindert besucht worden sind. . . Nach den all¬ gemeinen Grundsätzen des modernen Völkerrechtes würde die kaiserliche Negierung nicht in der Lage sein, die von dem spanischen Konsulat in Hongkong behaup¬ tete Souveränität und Zollhoheit über jene Inseln anzuerkennen, solange die¬ selben nicht als eine vertragsmäßig sanktionirte oder wenigstens als eine that¬ sächlich ausgeübte erscheint. Es ist aber kein auf den Kolonialbesitz Spaniens im Stillen Ocean bezüglicher Vertrag bekannt, in welchem die Karolinen- und Pelew-Jnseln erwähnt werden, und ein thatsächlicher Besitzstand, beziehentlich eine Einrichtung, durch welche Spanien auch uur den Willen der Ausübung einer Oberhoheit über die Pelews bekundet hätte, ist auch Vonseiten des Konsulates in Hongkong nicht als vorhanden behauptet worden. Dem gegenüber steht aber nach glaubwürdigen Aussagen der Umstand fest, daß die Inselgruppe seit Jahren ungehindert von Kauffahrteischiffen aller Nationen, dagegen außer von englischen, niemals von fremden Kriegsschiffen besucht worden ist. und sodann die notorische Thatsache, daß es auf den Pelews wie auf deu Karolinen keinen spanischen Beamten und mithin keine spanische Regierungsgewalt giebt. ... Die kaiserliche Regierung giebt sich der Hoffnung hin, daß der von dem spanischen Konsulat bei Gelegenheit der Ausklarirung des deutschen Handelsschiffes Coeran erhobene Anspruch auf Souveränität und Zollhoheit über die Karolinen- und Grenzboten III. 138S. 56

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/449>, abgerufen am 24.11.2024.