Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.
Wie anschaulich und packend ist dieses Bild von den Armen, die in der weichen
So lebhaft dieses Bild nu Eichendorff gemahnt, so sehr ist es in der Stimmung
Illden: zweiten der Gedichte, "Auf den Tod eines jungen Dichters," mit
Wie anschaulich und packend ist dieses Bild von den Armen, die in der weichen
So lebhaft dieses Bild nu Eichendorff gemahnt, so sehr ist es in der Stimmung
Illden: zweiten der Gedichte, „Auf den Tod eines jungen Dichters," mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196327"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_21" type="poem"> <l><cb type="start"/> Wie süß ist's, von wonnigen<lb/> Lüften nmhancht,<lb/> Den Blick in den sonnigen<lb/> Äther getaucht, Entflohen dem eiligen<lb/> Hastigen Thun,<lb/> Am Busen des heiligen<lb/> Meeres zu ruhn! <cb/> Das Herz, wie auf schaukelnden<lb/> Wellen der Kiel,<lb/> Hintrcibend, den gaukelnden<lb/> Träumen ein Spiel; Nmkost, von unzähligen<lb/> Armen umschmicgt,<lb/> Umplätschert, in seligen<lb/> Frieden gewieget <cb type="end"/> </l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_841"> Wie anschaulich und packend ist dieses Bild von den Armen, die in der weichen<lb/> Luft des Meeres sich um den Dichter schmiegen! wie glücklich auch ist das<lb/> Versmaß zur Vergegenwärtigung der Empfindung des Schaulelns auf den<lb/> Wellen gewählt! Im allgemeinen ist Leutholds Sprache nicht so sinnlich konkret,<lb/> nicht reich an Bildern, Das eine Bild vom Ruhen im Arme z. B. kehrt bei<lb/> ihm fast immer wieder, wenn er an Frauen denkt. Gern aber erhält seine<lb/> Sinnlichkeit einen Stich ins Schwüle, Üppige, Überreife; das Wort'„lüstern"<lb/> gebraucht er gern: „Die Nacht war weich und lüstern," heißt es in der „Zer¬<lb/> fallenen Vigne," wo der Dichter verstohlen zu seiner Liebe eilt, und diese Vigne<lb/> selbst schildert er:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_22" type="poem"> <l><cb type="start"/> Wo blühender Gärten Teppich<lb/> Umsäumte des Rasens Sammt,<lb/> Da üben jetzt Schlingkraut und Eppich<lb/> Ihr Tvtcngrnberamt. Ihr Marmorlciber, ihr schlanken,<lb/> Nun liegt ihr im Gras und Gesträuch;<lb/> Es klammern die Brombecrranken<lb/> Die blühenden Arme um euch! <cb/> Hier Trümmer von Götterbildern,<lb/> Dort sinkendes Gebälk,<lb/> Die Lorbergruppen verwildern,<lb/> Die Rvsenhaine sind welk. Der Satyr, der einst mit Grinsen<lb/> Die sträubende Nhinphe liebkost,<lb/> Hier liegt er, umwuchert von Binsen,<lb/> Verstümmelt und übermoost ze. <cb type="end"/> </l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_842"> So lebhaft dieses Bild nu Eichendorff gemahnt, so sehr ist es in der Stimmung<lb/> echt lentholdisch und besonders bezeichnend für diesen im Genuß bald erschöpften<lb/> Weltmann, der auch das Lied von der Entnervung des Mannes dnrch das<lb/> Weib zu singen weiß. Auch bei der kaustischer Schilderung eines deutschen<lb/> Dichterlebens <Apo L?aosu,r!), das er mit dem Gladiatorenkampfe in der rö¬<lb/> mischen Arena vergleicht, vergißt er nicht die Frauen zu erwähnen, hier in freund¬<lb/> lichem Sinne:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_23" type="poem"> <l> Und jauchzt dir die Meuge Beifall, und ist<lb/> Der erste Kampf beendigt:</l> <l> Dann bewundern dich Frauen mit Blicken der Gunst<lb/> Und werfen dir Rosen zu Füßen.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_843"> Illden: zweiten der Gedichte, „Auf den Tod eines jungen Dichters," mit<lb/> welchem sich Leuthold zweifellos selbst geschildert hat, heißt es dagegen mit<lb/> verstärkender Pointe:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0227]
Wie süß ist's, von wonnigen
Lüften nmhancht,
Den Blick in den sonnigen
Äther getaucht, Entflohen dem eiligen
Hastigen Thun,
Am Busen des heiligen
Meeres zu ruhn!
Das Herz, wie auf schaukelnden
Wellen der Kiel,
Hintrcibend, den gaukelnden
Träumen ein Spiel; Nmkost, von unzähligen
Armen umschmicgt,
Umplätschert, in seligen
Frieden gewieget
Wie anschaulich und packend ist dieses Bild von den Armen, die in der weichen
Luft des Meeres sich um den Dichter schmiegen! wie glücklich auch ist das
Versmaß zur Vergegenwärtigung der Empfindung des Schaulelns auf den
Wellen gewählt! Im allgemeinen ist Leutholds Sprache nicht so sinnlich konkret,
nicht reich an Bildern, Das eine Bild vom Ruhen im Arme z. B. kehrt bei
ihm fast immer wieder, wenn er an Frauen denkt. Gern aber erhält seine
Sinnlichkeit einen Stich ins Schwüle, Üppige, Überreife; das Wort'„lüstern"
gebraucht er gern: „Die Nacht war weich und lüstern," heißt es in der „Zer¬
fallenen Vigne," wo der Dichter verstohlen zu seiner Liebe eilt, und diese Vigne
selbst schildert er:
Wo blühender Gärten Teppich
Umsäumte des Rasens Sammt,
Da üben jetzt Schlingkraut und Eppich
Ihr Tvtcngrnberamt. Ihr Marmorlciber, ihr schlanken,
Nun liegt ihr im Gras und Gesträuch;
Es klammern die Brombecrranken
Die blühenden Arme um euch!
Hier Trümmer von Götterbildern,
Dort sinkendes Gebälk,
Die Lorbergruppen verwildern,
Die Rvsenhaine sind welk. Der Satyr, der einst mit Grinsen
Die sträubende Nhinphe liebkost,
Hier liegt er, umwuchert von Binsen,
Verstümmelt und übermoost ze.
So lebhaft dieses Bild nu Eichendorff gemahnt, so sehr ist es in der Stimmung
echt lentholdisch und besonders bezeichnend für diesen im Genuß bald erschöpften
Weltmann, der auch das Lied von der Entnervung des Mannes dnrch das
Weib zu singen weiß. Auch bei der kaustischer Schilderung eines deutschen
Dichterlebens <Apo L?aosu,r!), das er mit dem Gladiatorenkampfe in der rö¬
mischen Arena vergleicht, vergißt er nicht die Frauen zu erwähnen, hier in freund¬
lichem Sinne:
Und jauchzt dir die Meuge Beifall, und ist
Der erste Kampf beendigt: Dann bewundern dich Frauen mit Blicken der Gunst
Und werfen dir Rosen zu Füßen.
Illden: zweiten der Gedichte, „Auf den Tod eines jungen Dichters," mit
welchem sich Leuthold zweifellos selbst geschildert hat, heißt es dagegen mit
verstärkender Pointe:
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