Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite


Um eine perle.
Roman von Robert waldniiiller (Ld. Duboc), (Fortsetzung.)
Sechsunddreißigstes Kapitel.

iacinta hatte sich nach dem Ringe gebückt.

Mit thränenüberströmtem Gesichte saß sie am Boden, das
Ringlein in der flachen Hand haltend.

Giuseppe Gonzaga, sagte sie aus gepreßter Brust, ich mache Euch
keinen Vorwurf, daß Ihr so niedrig von mir gedacht und geredet habt.
Warum war ich so arglos, nichts zu ahnen! Mich selbst trifft alle Schuld. Aber
ich hätte mein Leben hingegeben, um Euch Euer Eigentum wieder zustellen zu können,
und als ich heute die unverhoffte Kunde erhielt, daß Ihr noch nicht aus dem
Leben geschieden, da stürzte ich hierher -- zu dem argen Giftmischer, den ich
aber nicht als solchen kannte -- das schwöre ich Euch -- und erzwang oder
erflehte von ihm die Gunst, zu Euch geführt zu werden -- in Euer Gefängnis,
jetzt sehe ich wohl, daß es eins ist.

Sie erhob sich mühsam und legte das goldne Ringlein auf seine Bettdecke.

Ein armer Teufel, sagte sie, der es aber herzlich bereut, hat es Euch in
jener Nacht vom Finger gezogen. Vielleicht habt Ihr es nicht vermißt; ich
dachte aber nicht, daß Ihr, wie ich Euch damals ins Leben zurttckgernfeu habe,
mein ungelenkes Thun und Hantiren um Euch so ganz ohne eigentliches Be¬
wußtsein habet geschehen lassen, ich dachte, daß Ihr vielmehr einige Erinnerung
daran bewahrt haben würdet. Ihr wäret doch, als Euch Cota ins Freie
hinausführte, ganz klaren Blickes und wolltet ihm ja sogar noch seine Mühe
unnötigerweise lohnen; erinnert Ihr Euch denn nicht, Eceellenza? Als ich dann
ermittelte, der Schelm habe sich schon im voraus durch das Ringlein bezahlt
gemacht, da fiel mir aufs Herz: Wie nun, wenn der Signore das Ringlein doch
vermißt, und wenn er dich, Giaeinta d'Jsa, am Ende gar für die Entwenderin




Um eine perle.
Roman von Robert waldniiiller (Ld. Duboc), (Fortsetzung.)
Sechsunddreißigstes Kapitel.

iacinta hatte sich nach dem Ringe gebückt.

Mit thränenüberströmtem Gesichte saß sie am Boden, das
Ringlein in der flachen Hand haltend.

Giuseppe Gonzaga, sagte sie aus gepreßter Brust, ich mache Euch
keinen Vorwurf, daß Ihr so niedrig von mir gedacht und geredet habt.
Warum war ich so arglos, nichts zu ahnen! Mich selbst trifft alle Schuld. Aber
ich hätte mein Leben hingegeben, um Euch Euer Eigentum wieder zustellen zu können,
und als ich heute die unverhoffte Kunde erhielt, daß Ihr noch nicht aus dem
Leben geschieden, da stürzte ich hierher — zu dem argen Giftmischer, den ich
aber nicht als solchen kannte — das schwöre ich Euch — und erzwang oder
erflehte von ihm die Gunst, zu Euch geführt zu werden — in Euer Gefängnis,
jetzt sehe ich wohl, daß es eins ist.

Sie erhob sich mühsam und legte das goldne Ringlein auf seine Bettdecke.

Ein armer Teufel, sagte sie, der es aber herzlich bereut, hat es Euch in
jener Nacht vom Finger gezogen. Vielleicht habt Ihr es nicht vermißt; ich
dachte aber nicht, daß Ihr, wie ich Euch damals ins Leben zurttckgernfeu habe,
mein ungelenkes Thun und Hantiren um Euch so ganz ohne eigentliches Be¬
wußtsein habet geschehen lassen, ich dachte, daß Ihr vielmehr einige Erinnerung
daran bewahrt haben würdet. Ihr wäret doch, als Euch Cota ins Freie
hinausführte, ganz klaren Blickes und wolltet ihm ja sogar noch seine Mühe
unnötigerweise lohnen; erinnert Ihr Euch denn nicht, Eceellenza? Als ich dann
ermittelte, der Schelm habe sich schon im voraus durch das Ringlein bezahlt
gemacht, da fiel mir aufs Herz: Wie nun, wenn der Signore das Ringlein doch
vermißt, und wenn er dich, Giaeinta d'Jsa, am Ende gar für die Entwenderin


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0144" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196244"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341841_196099/figures/grenzboten_341841_196099_196244_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Um eine perle.<lb/><note type="byline"> Roman von Robert waldniiiller (Ld. Duboc),</note> (Fortsetzung.) </head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Sechsunddreißigstes Kapitel.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_539"> iacinta hatte sich nach dem Ringe gebückt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_540"> Mit thränenüberströmtem Gesichte saß sie am Boden, das<lb/>
Ringlein in der flachen Hand haltend.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_541"> Giuseppe Gonzaga, sagte sie aus gepreßter Brust, ich mache Euch<lb/>
keinen Vorwurf, daß Ihr so niedrig von mir gedacht und geredet habt.<lb/>
Warum war ich so arglos, nichts zu ahnen! Mich selbst trifft alle Schuld. Aber<lb/>
ich hätte mein Leben hingegeben, um Euch Euer Eigentum wieder zustellen zu können,<lb/>
und als ich heute die unverhoffte Kunde erhielt, daß Ihr noch nicht aus dem<lb/>
Leben geschieden, da stürzte ich hierher &#x2014; zu dem argen Giftmischer, den ich<lb/>
aber nicht als solchen kannte &#x2014; das schwöre ich Euch &#x2014; und erzwang oder<lb/>
erflehte von ihm die Gunst, zu Euch geführt zu werden &#x2014; in Euer Gefängnis,<lb/>
jetzt sehe ich wohl, daß es eins ist.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_542"> Sie erhob sich mühsam und legte das goldne Ringlein auf seine Bettdecke.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_543" next="#ID_544"> Ein armer Teufel, sagte sie, der es aber herzlich bereut, hat es Euch in<lb/>
jener Nacht vom Finger gezogen. Vielleicht habt Ihr es nicht vermißt; ich<lb/>
dachte aber nicht, daß Ihr, wie ich Euch damals ins Leben zurttckgernfeu habe,<lb/>
mein ungelenkes Thun und Hantiren um Euch so ganz ohne eigentliches Be¬<lb/>
wußtsein habet geschehen lassen, ich dachte, daß Ihr vielmehr einige Erinnerung<lb/>
daran bewahrt haben würdet. Ihr wäret doch, als Euch Cota ins Freie<lb/>
hinausführte, ganz klaren Blickes und wolltet ihm ja sogar noch seine Mühe<lb/>
unnötigerweise lohnen; erinnert Ihr Euch denn nicht, Eceellenza? Als ich dann<lb/>
ermittelte, der Schelm habe sich schon im voraus durch das Ringlein bezahlt<lb/>
gemacht, da fiel mir aufs Herz: Wie nun, wenn der Signore das Ringlein doch<lb/>
vermißt, und wenn er dich, Giaeinta d'Jsa, am Ende gar für die Entwenderin</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0144] [Abbildung] Um eine perle. Roman von Robert waldniiiller (Ld. Duboc), (Fortsetzung.) Sechsunddreißigstes Kapitel. iacinta hatte sich nach dem Ringe gebückt. Mit thränenüberströmtem Gesichte saß sie am Boden, das Ringlein in der flachen Hand haltend. Giuseppe Gonzaga, sagte sie aus gepreßter Brust, ich mache Euch keinen Vorwurf, daß Ihr so niedrig von mir gedacht und geredet habt. Warum war ich so arglos, nichts zu ahnen! Mich selbst trifft alle Schuld. Aber ich hätte mein Leben hingegeben, um Euch Euer Eigentum wieder zustellen zu können, und als ich heute die unverhoffte Kunde erhielt, daß Ihr noch nicht aus dem Leben geschieden, da stürzte ich hierher — zu dem argen Giftmischer, den ich aber nicht als solchen kannte — das schwöre ich Euch — und erzwang oder erflehte von ihm die Gunst, zu Euch geführt zu werden — in Euer Gefängnis, jetzt sehe ich wohl, daß es eins ist. Sie erhob sich mühsam und legte das goldne Ringlein auf seine Bettdecke. Ein armer Teufel, sagte sie, der es aber herzlich bereut, hat es Euch in jener Nacht vom Finger gezogen. Vielleicht habt Ihr es nicht vermißt; ich dachte aber nicht, daß Ihr, wie ich Euch damals ins Leben zurttckgernfeu habe, mein ungelenkes Thun und Hantiren um Euch so ganz ohne eigentliches Be¬ wußtsein habet geschehen lassen, ich dachte, daß Ihr vielmehr einige Erinnerung daran bewahrt haben würdet. Ihr wäret doch, als Euch Cota ins Freie hinausführte, ganz klaren Blickes und wolltet ihm ja sogar noch seine Mühe unnötigerweise lohnen; erinnert Ihr Euch denn nicht, Eceellenza? Als ich dann ermittelte, der Schelm habe sich schon im voraus durch das Ringlein bezahlt gemacht, da fiel mir aufs Herz: Wie nun, wenn der Signore das Ringlein doch vermißt, und wenn er dich, Giaeinta d'Jsa, am Ende gar für die Entwenderin

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/144
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/144>, abgerufen am 24.11.2024.