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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Italienische Reisebriefe vom Jahre ^332.

auf Rom genießt. Rechts die Sabinerberge. Unser Ziel war die Villa Nnffinella,
hoch oben am Berge, einst der Besitz des Heiligen der Philologen, des Cicero,
Es berührt eigen, über dem Thore zu lesen: Villa, '1'usLulana,. Eine kurze Allee
uralter Steineichen führt vor das Landhaus. Vor dem Platze bor demselben
wiederholt und erweitert sich die früher genossene Aussicht. Rechts hat mau ein
großes Camalduleuserklvstcr. Der Park ist verwildert, aber mit Plätzen, wo "die
Myrte still und hoch der Lorber steht." Auf einem Postamente las ich: l^vino
(I!. 1"'. 'I-irgntiluro. Aber der Torso, welcher darauf stand, gehörte einer Statue an
mit der Haltung des Augustus. Hundert Schritt tiefer liegt ein Kapuzinerkloster,
über dessen Pforte geschrieben steht:


Vntrit Vockolo, in yuvsto ^.sit all I^in
Usivo all i)lo "i i>^rin, v ^>ol er,no.

Im Kirchlein ein guter Giulio Romano. Ich ließ meine Frau vor dem Bilde, um
mich im Kloster etwas mit den Mönchen zu unterhalten, die in Italien überall sehr
entgegenkommend sind und dem Fremde" gern mitteilen, was sie Nüssen. Mau sollte
sie uach ihrer Lebensweise stumpfsinnig erwarten; ich habe aber auch alte, ganz
geistesfrische Leute unter ihnen gefunden.

Nach einem Frühstück in der Stadt fuhren wir nach Marino, um denn weiter
zu Fuß nach Albano zu gehen, ein ganz herrlicher Spaziergnug in der frischen,
stärkenden Luft bei schönstem Sonnenschein. Hinter dem malerisch gelegnen Marino
steigt man durch ein Wäldchen empor und sieht sich Plötzlich über dem kreisrunde",
tiesblnnen Albaner See, der einen alten Krater füllt. Nu" wandert man auf dem
Rande des Kraters weiter. Linkshin hat man das Bergstädtchen Rocca ti Papa
(Gegenstand des großen Oswald Ueberhand in der Dresdner Galerie), rechts erglänzt
das Meer. Man passirt nun das Städtchen Castellv Gaudolfo, die alte Sommer¬
residenz der Päpste. Das Schloß liegt still und schweigend; ebenso die Landhäuser,
in denen früher die Begleiter und Freunde des Kirchenfürsten wohnten. Ein alter
Mann, der die ewigen Lampen in den Kapellen dieser Straße zu versorgen hat,
schloß sich uns an, und jammerte auf meine Frage, ob Papst Leo schon hier ge¬
wesen, der werde ja im Vatikan gefangen gehalten. Er hatte noch Leo den Zwölften
gekannt; unter Gregor dem Sechzehnten war seine schönste Zeit gewesen. Wir gingen
mit ihm zusammen durch die sogenannte Llallöria, all sotto (oben auf dem Rande
des Kraters giebt es eine (^Ilorw all soxra), eine Allee der ältesten immergrünen
Eichen, die ich je gesehen: die alte Via ?ouMou,Jo. Unser Begleiter trennte sich
von uns, um dicht vor Albano eine Kapelle auszuschließen. Sogleich drangen die
Landleute hinein, um zu knieen und einiges Geld in die Büchse zu werfe".

Dann traten wir i" Albano ein, den Ort, wohin man sich gern vor der Ficber-
lnft Roms rettet. Wir durchwmiderte" de" malerische" Ort, uns erinnernd, daß
hier oben, höher hi"auf, Alba Louga, die Mutterstadt Roms, gelegen, und schritten
dann den eine Stunde langen Weg zur Station hinab. Man hat vo" da einen
wundervollen Rückblick auf den mit einem zweiten Städtchen dnrch einen unge¬
heuern, drei Etagen hohen Viadukt verh""d"e" Ort.

Dieser Ausflug wird immer zu unsern schönsten Erinnerungen gehören.

(Schluß folgt.)




Italienische Reisebriefe vom Jahre ^332.

auf Rom genießt. Rechts die Sabinerberge. Unser Ziel war die Villa Nnffinella,
hoch oben am Berge, einst der Besitz des Heiligen der Philologen, des Cicero,
Es berührt eigen, über dem Thore zu lesen: Villa, '1'usLulana,. Eine kurze Allee
uralter Steineichen führt vor das Landhaus. Vor dem Platze bor demselben
wiederholt und erweitert sich die früher genossene Aussicht. Rechts hat mau ein
großes Camalduleuserklvstcr. Der Park ist verwildert, aber mit Plätzen, wo „die
Myrte still und hoch der Lorber steht." Auf einem Postamente las ich: l^vino
(I!. 1«'. 'I-irgntiluro. Aber der Torso, welcher darauf stand, gehörte einer Statue an
mit der Haltung des Augustus. Hundert Schritt tiefer liegt ein Kapuzinerkloster,
über dessen Pforte geschrieben steht:


Vntrit Vockolo, in yuvsto ^.sit all I^in
Usivo all i)lo »i i>^rin, v ^>ol er,no.

Im Kirchlein ein guter Giulio Romano. Ich ließ meine Frau vor dem Bilde, um
mich im Kloster etwas mit den Mönchen zu unterhalten, die in Italien überall sehr
entgegenkommend sind und dem Fremde» gern mitteilen, was sie Nüssen. Mau sollte
sie uach ihrer Lebensweise stumpfsinnig erwarten; ich habe aber auch alte, ganz
geistesfrische Leute unter ihnen gefunden.

Nach einem Frühstück in der Stadt fuhren wir nach Marino, um denn weiter
zu Fuß nach Albano zu gehen, ein ganz herrlicher Spaziergnug in der frischen,
stärkenden Luft bei schönstem Sonnenschein. Hinter dem malerisch gelegnen Marino
steigt man durch ein Wäldchen empor und sieht sich Plötzlich über dem kreisrunde»,
tiesblnnen Albaner See, der einen alten Krater füllt. Nu» wandert man auf dem
Rande des Kraters weiter. Linkshin hat man das Bergstädtchen Rocca ti Papa
(Gegenstand des großen Oswald Ueberhand in der Dresdner Galerie), rechts erglänzt
das Meer. Man passirt nun das Städtchen Castellv Gaudolfo, die alte Sommer¬
residenz der Päpste. Das Schloß liegt still und schweigend; ebenso die Landhäuser,
in denen früher die Begleiter und Freunde des Kirchenfürsten wohnten. Ein alter
Mann, der die ewigen Lampen in den Kapellen dieser Straße zu versorgen hat,
schloß sich uns an, und jammerte auf meine Frage, ob Papst Leo schon hier ge¬
wesen, der werde ja im Vatikan gefangen gehalten. Er hatte noch Leo den Zwölften
gekannt; unter Gregor dem Sechzehnten war seine schönste Zeit gewesen. Wir gingen
mit ihm zusammen durch die sogenannte Llallöria, all sotto (oben auf dem Rande
des Kraters giebt es eine (^Ilorw all soxra), eine Allee der ältesten immergrünen
Eichen, die ich je gesehen: die alte Via ?ouMou,Jo. Unser Begleiter trennte sich
von uns, um dicht vor Albano eine Kapelle auszuschließen. Sogleich drangen die
Landleute hinein, um zu knieen und einiges Geld in die Büchse zu werfe».

Dann traten wir i» Albano ein, den Ort, wohin man sich gern vor der Ficber-
lnft Roms rettet. Wir durchwmiderte» de» malerische» Ort, uns erinnernd, daß
hier oben, höher hi«auf, Alba Louga, die Mutterstadt Roms, gelegen, und schritten
dann den eine Stunde langen Weg zur Station hinab. Man hat vo» da einen
wundervollen Rückblick auf den mit einem zweiten Städtchen dnrch einen unge¬
heuern, drei Etagen hohen Viadukt verh»»d»e» Ort.

Dieser Ausflug wird immer zu unsern schönsten Erinnerungen gehören.

(Schluß folgt.)




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[0143] Italienische Reisebriefe vom Jahre ^332. auf Rom genießt. Rechts die Sabinerberge. Unser Ziel war die Villa Nnffinella, hoch oben am Berge, einst der Besitz des Heiligen der Philologen, des Cicero, Es berührt eigen, über dem Thore zu lesen: Villa, '1'usLulana,. Eine kurze Allee uralter Steineichen führt vor das Landhaus. Vor dem Platze bor demselben wiederholt und erweitert sich die früher genossene Aussicht. Rechts hat mau ein großes Camalduleuserklvstcr. Der Park ist verwildert, aber mit Plätzen, wo „die Myrte still und hoch der Lorber steht." Auf einem Postamente las ich: l^vino (I!. 1«'. 'I-irgntiluro. Aber der Torso, welcher darauf stand, gehörte einer Statue an mit der Haltung des Augustus. Hundert Schritt tiefer liegt ein Kapuzinerkloster, über dessen Pforte geschrieben steht: Vntrit Vockolo, in yuvsto ^.sit all I^in Usivo all i)lo »i i>^rin, v ^>ol er,no. Im Kirchlein ein guter Giulio Romano. Ich ließ meine Frau vor dem Bilde, um mich im Kloster etwas mit den Mönchen zu unterhalten, die in Italien überall sehr entgegenkommend sind und dem Fremde» gern mitteilen, was sie Nüssen. Mau sollte sie uach ihrer Lebensweise stumpfsinnig erwarten; ich habe aber auch alte, ganz geistesfrische Leute unter ihnen gefunden. Nach einem Frühstück in der Stadt fuhren wir nach Marino, um denn weiter zu Fuß nach Albano zu gehen, ein ganz herrlicher Spaziergnug in der frischen, stärkenden Luft bei schönstem Sonnenschein. Hinter dem malerisch gelegnen Marino steigt man durch ein Wäldchen empor und sieht sich Plötzlich über dem kreisrunde», tiesblnnen Albaner See, der einen alten Krater füllt. Nu» wandert man auf dem Rande des Kraters weiter. Linkshin hat man das Bergstädtchen Rocca ti Papa (Gegenstand des großen Oswald Ueberhand in der Dresdner Galerie), rechts erglänzt das Meer. Man passirt nun das Städtchen Castellv Gaudolfo, die alte Sommer¬ residenz der Päpste. Das Schloß liegt still und schweigend; ebenso die Landhäuser, in denen früher die Begleiter und Freunde des Kirchenfürsten wohnten. Ein alter Mann, der die ewigen Lampen in den Kapellen dieser Straße zu versorgen hat, schloß sich uns an, und jammerte auf meine Frage, ob Papst Leo schon hier ge¬ wesen, der werde ja im Vatikan gefangen gehalten. Er hatte noch Leo den Zwölften gekannt; unter Gregor dem Sechzehnten war seine schönste Zeit gewesen. Wir gingen mit ihm zusammen durch die sogenannte Llallöria, all sotto (oben auf dem Rande des Kraters giebt es eine (^Ilorw all soxra), eine Allee der ältesten immergrünen Eichen, die ich je gesehen: die alte Via ?ouMou,Jo. Unser Begleiter trennte sich von uns, um dicht vor Albano eine Kapelle auszuschließen. Sogleich drangen die Landleute hinein, um zu knieen und einiges Geld in die Büchse zu werfe». Dann traten wir i» Albano ein, den Ort, wohin man sich gern vor der Ficber- lnft Roms rettet. Wir durchwmiderte» de» malerische» Ort, uns erinnernd, daß hier oben, höher hi«auf, Alba Louga, die Mutterstadt Roms, gelegen, und schritten dann den eine Stunde langen Weg zur Station hinab. Man hat vo» da einen wundervollen Rückblick auf den mit einem zweiten Städtchen dnrch einen unge¬ heuern, drei Etagen hohen Viadukt verh»»d»e» Ort. Dieser Ausflug wird immer zu unsern schönsten Erinnerungen gehören. (Schluß folgt.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/143>, abgerufen am 24.11.2024.