Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.Oehme sibilare! in sich; sie wird den Verlust dieser Mitarbeiter nicht leicht verwinden, und doch Was die Deutsche Partei angeht, so hat sie im Verein mit den Konserva¬ Endlich sei ihm zum Schluß die Anerkennung des Taktes nicht versagt, Oehme sibilare! in sich; sie wird den Verlust dieser Mitarbeiter nicht leicht verwinden, und doch Was die Deutsche Partei angeht, so hat sie im Verein mit den Konserva¬ Endlich sei ihm zum Schluß die Anerkennung des Taktes nicht versagt, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0097" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195486"/> <fw type="header" place="top"> Oehme sibilare!</fw><lb/> <p xml:id="ID_311" prev="#ID_310"> in sich; sie wird den Verlust dieser Mitarbeiter nicht leicht verwinden, und doch<lb/> wird sie auf dieselben, nachdem sie ihnen selbst den Mund verschlossen, nicht mehr<lb/> rechnen können und dürfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_312"> Was die Deutsche Partei angeht, so hat sie im Verein mit den Konserva¬<lb/> tiven und frühern Großdentschen die Bismarckspende fast in allen Oberämtern<lb/> organisirt und ist überall freudiger Teilnahme begegnet; die Listen weisen auf,<lb/> daß selbst Männer, die seit 1881 bei deu Wahlen für die Opposition gewirkt haben,<lb/> sich freudig und mit namhaften Beiträgen an einer Huldigung beteiligt haben,<lb/> welche in erster Linie dem Schöpfer der deutschen Einheit gilt. Für Würtem-<lb/> berg wird man zuverlässig nicht sagen können, daß die Bismarcksvende Partei¬<lb/> sache geblieben sei; den Aufruf haben u. a. der demokratische Landtagsabgeordnete<lb/> für Ulm, Rcchtsanwo.le Ebner, und der frühere Genosse der „süddeutschen Fraktion"<lb/> des Zollparlaments, Kommerzienrat Reihet von Heilbronn, unterschrieben. Umsv-<lb/> eher hätte man auch wünschen mögen, daß Herrn Payer, als er am 4. März<lb/> im Reichstage die Empfindungen der nationalen Schwaben verhöhnte, noch<lb/> schärfer gedient worden wäre, als dies geschehen ist. Ob sonstwo die „Ent-<lb/> rüstuugsbewcguug" uach der Verweigerung des Direktorpostens am 15. Dezember<lb/> „gemacht" war, wissen wir uicht; bei uns war sie jedenfalls urwüchsig, wie seit<lb/> 1870 keine Bewegung: darin hatte Freiherr von Wöllwarth vollkommen Recht.<lb/> Wenn in der Versammlung im Stuttgarter Bürgermuseum vom 22. Dezember<lb/> die Ohorufer entfernt wurden, so geschah ihnen bloß nach Hausrecht; denn Leute,<lb/> die für den Beschluß vom 15. Dezember waren, sind ausdrücklich nicht geladen<lb/> gewesen. Bekamen ein paar von ihnen Püffe, so war dies nicht höflich, spricht<lb/> aber für alles eher, als für eine „künstlich gemachte" Erregung. Das sieht<lb/> ein so kühler Logiker wie Payer natürlich recht Wohl ein; gestehen aber darf<lb/> ers nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_313"> Endlich sei ihm zum Schluß die Anerkennung des Taktes nicht versagt,<lb/> mit welchem er, dessen Wahl durch Freibier zustande kam und höchst wahrschein¬<lb/> lich kassirt werden muß, sich berufen fühlte, die Gegner über öffentlichen An¬<lb/> stand zu belehren. Das stand ohne Zweifel niemand so zu, als gerade ihm.<lb/> Für die Verdrehung, womit er den Hauptredner im Bürgermuseum, Professor<lb/> or. Veit vom Stuttgarter Realgymnasium, lächerlich zu machen suchte, hat<lb/> sich dieser im „Merkur" vom 13. März in geradezu klassischer Weise gerächt.<lb/> Nicht als ein Mann, der den politischen Dingen fern stehe, hat sich Veit da¬<lb/> mals eingeführt, sondern als einer, der dem politischen Parteileben — und<lb/> seinen verwirrenden Einflüssen — sich ferngehalten hat, und daraus hatte er<lb/> mit allem Grund sein Recht hergeleitet, zu einer Sache unbefangen zu reden,<lb/> welche gerade durch politischen Parteihaß entstellt worden war. Payer selbst<lb/> müßte den Unterschied zwischen seiner Verdrehung und Veith wirklichen Worten<lb/> entdeckt haben; trotzdem war ihm auch dieses Mittel nicht zu ordinär, es zu<lb/> brauchen. Da gilt wahrlich, was die Germanen dem römischen Advokaten zu¬<lb/> riefen: Desin» sioilarv!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0097]
Oehme sibilare!
in sich; sie wird den Verlust dieser Mitarbeiter nicht leicht verwinden, und doch
wird sie auf dieselben, nachdem sie ihnen selbst den Mund verschlossen, nicht mehr
rechnen können und dürfen.
Was die Deutsche Partei angeht, so hat sie im Verein mit den Konserva¬
tiven und frühern Großdentschen die Bismarckspende fast in allen Oberämtern
organisirt und ist überall freudiger Teilnahme begegnet; die Listen weisen auf,
daß selbst Männer, die seit 1881 bei deu Wahlen für die Opposition gewirkt haben,
sich freudig und mit namhaften Beiträgen an einer Huldigung beteiligt haben,
welche in erster Linie dem Schöpfer der deutschen Einheit gilt. Für Würtem-
berg wird man zuverlässig nicht sagen können, daß die Bismarcksvende Partei¬
sache geblieben sei; den Aufruf haben u. a. der demokratische Landtagsabgeordnete
für Ulm, Rcchtsanwo.le Ebner, und der frühere Genosse der „süddeutschen Fraktion"
des Zollparlaments, Kommerzienrat Reihet von Heilbronn, unterschrieben. Umsv-
eher hätte man auch wünschen mögen, daß Herrn Payer, als er am 4. März
im Reichstage die Empfindungen der nationalen Schwaben verhöhnte, noch
schärfer gedient worden wäre, als dies geschehen ist. Ob sonstwo die „Ent-
rüstuugsbewcguug" uach der Verweigerung des Direktorpostens am 15. Dezember
„gemacht" war, wissen wir uicht; bei uns war sie jedenfalls urwüchsig, wie seit
1870 keine Bewegung: darin hatte Freiherr von Wöllwarth vollkommen Recht.
Wenn in der Versammlung im Stuttgarter Bürgermuseum vom 22. Dezember
die Ohorufer entfernt wurden, so geschah ihnen bloß nach Hausrecht; denn Leute,
die für den Beschluß vom 15. Dezember waren, sind ausdrücklich nicht geladen
gewesen. Bekamen ein paar von ihnen Püffe, so war dies nicht höflich, spricht
aber für alles eher, als für eine „künstlich gemachte" Erregung. Das sieht
ein so kühler Logiker wie Payer natürlich recht Wohl ein; gestehen aber darf
ers nicht.
Endlich sei ihm zum Schluß die Anerkennung des Taktes nicht versagt,
mit welchem er, dessen Wahl durch Freibier zustande kam und höchst wahrschein¬
lich kassirt werden muß, sich berufen fühlte, die Gegner über öffentlichen An¬
stand zu belehren. Das stand ohne Zweifel niemand so zu, als gerade ihm.
Für die Verdrehung, womit er den Hauptredner im Bürgermuseum, Professor
or. Veit vom Stuttgarter Realgymnasium, lächerlich zu machen suchte, hat
sich dieser im „Merkur" vom 13. März in geradezu klassischer Weise gerächt.
Nicht als ein Mann, der den politischen Dingen fern stehe, hat sich Veit da¬
mals eingeführt, sondern als einer, der dem politischen Parteileben — und
seinen verwirrenden Einflüssen — sich ferngehalten hat, und daraus hatte er
mit allem Grund sein Recht hergeleitet, zu einer Sache unbefangen zu reden,
welche gerade durch politischen Parteihaß entstellt worden war. Payer selbst
müßte den Unterschied zwischen seiner Verdrehung und Veith wirklichen Worten
entdeckt haben; trotzdem war ihm auch dieses Mittel nicht zu ordinär, es zu
brauchen. Da gilt wahrlich, was die Germanen dem römischen Advokaten zu¬
riefen: Desin» sioilarv!
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