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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Das sächsische Sibirien.

erzgebirgische Literatur entwickelt, über welche wir hier einen kurzen Überblick
geben möchten. Natürlich beschränken wir uns dabei auf die neuesten, auch weitere
Kreise interessirenden Erscheinungen.

Da ist zunächst als ein Kompendium alles Wissenswerten über das Erz¬
gebirge zu nennen der siebente Vaud des unter Redccktivu von G. A. von Klöden
und Nich. Oberländer erscheinenden Werkes Unser deutsches Land und Volk,
welcher den Spezialtitcl führt: Bilder ans dem sächsischen Berglande, der
Oberlausitz u. s. w. Herausgegeben von Heinrich Gebauer (Leipzig, O. Spanier,
1883). Der weitaus größere Teil des 532 Seiten starken Bandes beschäftigt
sich mit dem Erzgebirge. In populär gehaltener, aber auf gewisscuhaftes Quellen¬
studium oder eigne Anschauung sich gründender Darstellung giebt der Verfasser
ein wohlausgeführtes Bild von dem ganzen Gcbirgskomplex wie von einzelne"
Landschaften, von der Vegetation und Tierwelt, dem Klima, den Verkehrswegen,
von der Bevölkerung und ihren Erwerbsquellen, namentlich dem Bergbau und
den verschiednen Zweigen der Industrie, von den wichtigsten Städten und ihren
Bauwerken, unter steter Berücksichtigung der Geschichte des Landes. Auch einige
der berühmtesten Söhne des Landes lernen wir kennen; mancher andre hätte
dielleicht noch mit erwähnt werden können, denn eine ganze Reihe Namen von
gutem Klang auf den Gebieten der Wissenschaft und Kunst gehören dem Erz¬
gebirge an, so der alte Rechenmeister Adam Niese, Georg Agricola. der Be¬
gründer der wissenschaftlichen Mineralogie, der Lehrer des Natur- und Völker¬
rechts Samuel Freiherr von Pufendorf. der Naturphilosoph Gotthilf Heinrich
von Schubert, die Dichter Paul Fleming, Gellert, Julius Mosen. Christian
Felix Weiße, der Orgelbauer Gottfried Silbermann und Robert Schumann.
Wer sich im allgemeinen über das Gebirge zu orientiren wünscht, dem kann das
Gebauersche Werk bestens empfohlen werden.

Die meisten der andern Schriften beschäftigen sich mit den Bewohnern des
Gebirges und ihrer Sprache. Außer in einer Anzahl von Monographien,
welche den vbcrsächsischen Dialekt im allgemeinen oder die Ortsnamen im Ge¬
birge, besonders die slawischen, zum Gegenstande haben, ist die Mundart des
sächsischen Erzgebirges von Ernst Göpfert (Leipzig, Veit u. Komp.) in
ihren Lautverhältnissen, ihrer Wortbildung und Flexion untersucht werden, gerade
noch zur rechten Zeit, ehe sie infolge des zunehmenden Verkehrs noch mehr von
ihren Eigentümlichkeiten aufgiebt.

Von besondern! Interesse ist eine Sammlung bergmännischer Aus¬
drücke von M. F. Gätzschmann. Zweite, wesentlich vermehrte Auflage, besorgt
von Dr. Adolf Gurie (Freiberg. Craz und Gerlach. 1381). Dieselbe verfolgt
den Zweck, Nichtberglenten lind Anfängern im Studium der Bcrgwissenschaft eine
kurze Erklärung der hauptsächlichsten, beim Bergbau, namentlich dem sächsischen,
gebräuchlichen Bezeichnungen, sowie einiger hüttenmännischen Ausdrücke zugleich
mit den entsprechenden englischen und französischen Benennungen zu bieten. Weh-


Das sächsische Sibirien.

erzgebirgische Literatur entwickelt, über welche wir hier einen kurzen Überblick
geben möchten. Natürlich beschränken wir uns dabei auf die neuesten, auch weitere
Kreise interessirenden Erscheinungen.

Da ist zunächst als ein Kompendium alles Wissenswerten über das Erz¬
gebirge zu nennen der siebente Vaud des unter Redccktivu von G. A. von Klöden
und Nich. Oberländer erscheinenden Werkes Unser deutsches Land und Volk,
welcher den Spezialtitcl führt: Bilder ans dem sächsischen Berglande, der
Oberlausitz u. s. w. Herausgegeben von Heinrich Gebauer (Leipzig, O. Spanier,
1883). Der weitaus größere Teil des 532 Seiten starken Bandes beschäftigt
sich mit dem Erzgebirge. In populär gehaltener, aber auf gewisscuhaftes Quellen¬
studium oder eigne Anschauung sich gründender Darstellung giebt der Verfasser
ein wohlausgeführtes Bild von dem ganzen Gcbirgskomplex wie von einzelne»
Landschaften, von der Vegetation und Tierwelt, dem Klima, den Verkehrswegen,
von der Bevölkerung und ihren Erwerbsquellen, namentlich dem Bergbau und
den verschiednen Zweigen der Industrie, von den wichtigsten Städten und ihren
Bauwerken, unter steter Berücksichtigung der Geschichte des Landes. Auch einige
der berühmtesten Söhne des Landes lernen wir kennen; mancher andre hätte
dielleicht noch mit erwähnt werden können, denn eine ganze Reihe Namen von
gutem Klang auf den Gebieten der Wissenschaft und Kunst gehören dem Erz¬
gebirge an, so der alte Rechenmeister Adam Niese, Georg Agricola. der Be¬
gründer der wissenschaftlichen Mineralogie, der Lehrer des Natur- und Völker¬
rechts Samuel Freiherr von Pufendorf. der Naturphilosoph Gotthilf Heinrich
von Schubert, die Dichter Paul Fleming, Gellert, Julius Mosen. Christian
Felix Weiße, der Orgelbauer Gottfried Silbermann und Robert Schumann.
Wer sich im allgemeinen über das Gebirge zu orientiren wünscht, dem kann das
Gebauersche Werk bestens empfohlen werden.

Die meisten der andern Schriften beschäftigen sich mit den Bewohnern des
Gebirges und ihrer Sprache. Außer in einer Anzahl von Monographien,
welche den vbcrsächsischen Dialekt im allgemeinen oder die Ortsnamen im Ge¬
birge, besonders die slawischen, zum Gegenstande haben, ist die Mundart des
sächsischen Erzgebirges von Ernst Göpfert (Leipzig, Veit u. Komp.) in
ihren Lautverhältnissen, ihrer Wortbildung und Flexion untersucht werden, gerade
noch zur rechten Zeit, ehe sie infolge des zunehmenden Verkehrs noch mehr von
ihren Eigentümlichkeiten aufgiebt.

Von besondern! Interesse ist eine Sammlung bergmännischer Aus¬
drücke von M. F. Gätzschmann. Zweite, wesentlich vermehrte Auflage, besorgt
von Dr. Adolf Gurie (Freiberg. Craz und Gerlach. 1381). Dieselbe verfolgt
den Zweck, Nichtberglenten lind Anfängern im Studium der Bcrgwissenschaft eine
kurze Erklärung der hauptsächlichsten, beim Bergbau, namentlich dem sächsischen,
gebräuchlichen Bezeichnungen, sowie einiger hüttenmännischen Ausdrücke zugleich
mit den entsprechenden englischen und französischen Benennungen zu bieten. Weh-


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[0616] Das sächsische Sibirien. erzgebirgische Literatur entwickelt, über welche wir hier einen kurzen Überblick geben möchten. Natürlich beschränken wir uns dabei auf die neuesten, auch weitere Kreise interessirenden Erscheinungen. Da ist zunächst als ein Kompendium alles Wissenswerten über das Erz¬ gebirge zu nennen der siebente Vaud des unter Redccktivu von G. A. von Klöden und Nich. Oberländer erscheinenden Werkes Unser deutsches Land und Volk, welcher den Spezialtitcl führt: Bilder ans dem sächsischen Berglande, der Oberlausitz u. s. w. Herausgegeben von Heinrich Gebauer (Leipzig, O. Spanier, 1883). Der weitaus größere Teil des 532 Seiten starken Bandes beschäftigt sich mit dem Erzgebirge. In populär gehaltener, aber auf gewisscuhaftes Quellen¬ studium oder eigne Anschauung sich gründender Darstellung giebt der Verfasser ein wohlausgeführtes Bild von dem ganzen Gcbirgskomplex wie von einzelne» Landschaften, von der Vegetation und Tierwelt, dem Klima, den Verkehrswegen, von der Bevölkerung und ihren Erwerbsquellen, namentlich dem Bergbau und den verschiednen Zweigen der Industrie, von den wichtigsten Städten und ihren Bauwerken, unter steter Berücksichtigung der Geschichte des Landes. Auch einige der berühmtesten Söhne des Landes lernen wir kennen; mancher andre hätte dielleicht noch mit erwähnt werden können, denn eine ganze Reihe Namen von gutem Klang auf den Gebieten der Wissenschaft und Kunst gehören dem Erz¬ gebirge an, so der alte Rechenmeister Adam Niese, Georg Agricola. der Be¬ gründer der wissenschaftlichen Mineralogie, der Lehrer des Natur- und Völker¬ rechts Samuel Freiherr von Pufendorf. der Naturphilosoph Gotthilf Heinrich von Schubert, die Dichter Paul Fleming, Gellert, Julius Mosen. Christian Felix Weiße, der Orgelbauer Gottfried Silbermann und Robert Schumann. Wer sich im allgemeinen über das Gebirge zu orientiren wünscht, dem kann das Gebauersche Werk bestens empfohlen werden. Die meisten der andern Schriften beschäftigen sich mit den Bewohnern des Gebirges und ihrer Sprache. Außer in einer Anzahl von Monographien, welche den vbcrsächsischen Dialekt im allgemeinen oder die Ortsnamen im Ge¬ birge, besonders die slawischen, zum Gegenstande haben, ist die Mundart des sächsischen Erzgebirges von Ernst Göpfert (Leipzig, Veit u. Komp.) in ihren Lautverhältnissen, ihrer Wortbildung und Flexion untersucht werden, gerade noch zur rechten Zeit, ehe sie infolge des zunehmenden Verkehrs noch mehr von ihren Eigentümlichkeiten aufgiebt. Von besondern! Interesse ist eine Sammlung bergmännischer Aus¬ drücke von M. F. Gätzschmann. Zweite, wesentlich vermehrte Auflage, besorgt von Dr. Adolf Gurie (Freiberg. Craz und Gerlach. 1381). Dieselbe verfolgt den Zweck, Nichtberglenten lind Anfängern im Studium der Bcrgwissenschaft eine kurze Erklärung der hauptsächlichsten, beim Bergbau, namentlich dem sächsischen, gebräuchlichen Bezeichnungen, sowie einiger hüttenmännischen Ausdrücke zugleich mit den entsprechenden englischen und französischen Benennungen zu bieten. Weh-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/616>, abgerufen am 22.07.2024.