Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.Das sächsische Sibirien. und zum Fremdenbesuch einzuladen; sodann aber auch um den Wohlstand der Wie sehr es an der Zeit gewesen war, einen solchen Verein ins Leben zu Und noch eine andre bemerkenswerte Seite haben diese Bestrebungen, sie Teils unabhängig von der eben geschilderten Bewegung, aber von gleich Das sächsische Sibirien. und zum Fremdenbesuch einzuladen; sodann aber auch um den Wohlstand der Wie sehr es an der Zeit gewesen war, einen solchen Verein ins Leben zu Und noch eine andre bemerkenswerte Seite haben diese Bestrebungen, sie Teils unabhängig von der eben geschilderten Bewegung, aber von gleich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0615" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196004"/> <fw type="header" place="top"> Das sächsische Sibirien.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2264" prev="#ID_2263"> und zum Fremdenbesuch einzuladen; sodann aber auch um den Wohlstand der<lb/> Bewohner durch Eröffnung neuer Erwerbszweige an Stelle eingegangener alter<lb/> zu fördern und für die Geschichte des Landes, für seine Sprache, seine Sagen,<lb/> für den tieferen Sinn seiner Sitten und Gebräuche Teilnahme zu erregen. Zum<lb/> Sitz des Gesamtvvrstandes wurde eine der eigentlichen Bergstädte, Schneeberg,<lb/> ausersehen, den Vorsitz in demselben übertrug man dem durch seine Forschungen<lb/> auf dem Gebiete vogtländischer Altertumskunde wohlbekannten Dr. Köhler, dessen<lb/> umsichtiger Leitung der Verein sich noch jetzt erfreut.</p><lb/> <p xml:id="ID_2265"> Wie sehr es an der Zeit gewesen war, einen solchen Verein ins Leben zu<lb/> rufen, beweist das stete Wachstum desselben: schon im Jahre seiner Entstehung,<lb/> im Dezember 1878, bestand er aus zehn Zweigvereinen und 475 Mitgliedern,<lb/> im September 1880 aus zehn Zweigvereinen und 1414 Mitgliedern, und gegen¬<lb/> wärtig ist die Zahl der über alle Teile des Gebirges verbreiteten Zweigvereine<lb/> auf vierundreißig, die der Mitglieder auf weit über 3000 gestiegen. Aber erfreu¬<lb/> licher noch als diese Thatsache ist die andre, daß die Thätigkeit des Vereins<lb/> in jeder Hinsicht die besten Erfolge gehabt hat. Ihm hat es das Gebirge vor<lb/> allem zu danken, daß die über dasselbe außerhalb gehegten Vorurteile sich mehr<lb/> und mehr zu zerstreuen beginnen, daß es — wie der zunehmende Fremdenverkehr<lb/> zeigt — immer mehr Freunde gewinnt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2266"> Und noch eine andre bemerkenswerte Seite haben diese Bestrebungen, sie<lb/> haben, wir möchten sagen eine nationale Bedeutung. Der Verein erhält sich<lb/> mit andern Gebirgsvereinen in der Nähe und Ferne in steter belebender Ver¬<lb/> bindung, und vor allem mit den Erzgebirgsvereinen des angrenzenden Böhmens,<lb/> deren Mitglieder ebenfalls nach Tausenden zählen. Das in denselben entschieden<lb/> vorwiegende deutsche Element erhält durch die lebhafte,? Beziehungen zu den<lb/> Stammesbrüdern jenseits der Grenze einen nicht zu unterschätzenden Rückhalt.<lb/> Ein Beispiel möge das Gesagte bestätigen. Am 3. August vorigen Jahres fand<lb/> auf dem unmittelbar an der sächsischen Grenze sich erhebenden höchsten Punkte des<lb/> ganzen Gebirgszuges, dem Keilberge, die Einweihung eines zu Ehren Kaiser<lb/> Franz Josefs errichteten massiven Aussichtsturmes statt. Dieses Fest wurde von<lb/> einer großen Anzahl von Gebirgs-, Militär- und andern Vereinen begangen,<lb/> und die Feier gestaltete sich zu einer durchaus deutschnationalen. Nur deutsche<lb/> Lieder wurden gesungen, und alle Redner bekundeten, daß die Erzgebirgsvereine<lb/> Böhmens entschlossen seien, festzuhalten an deutscher Sitte und deutscher Sprache.<lb/> Das Organ des sächsischen Erzgcbirgsvereins „Glück auf!" welches seinen vierten<lb/> Jahrgang beschlossen hat, dient vorzugsweise Vereinszwecken, doch bringt es<lb/> auch, besonders in neuerer Zeit, häufig gute Aufsätze über Geschichte, Topographie,<lb/> Altertümer, Sagen und Sitten des Landes.</p><lb/> <p xml:id="ID_2267" next="#ID_2268"> Teils unabhängig von der eben geschilderten Bewegung, aber von gleich<lb/> warmer vaterländischer Gesinnung zeugend, teils direkt oder indirekt durch den<lb/> Erzgebirgsvereiu angeregt, hat sich zu gleicher Zeit auch eine nichtperiodische</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0615]
Das sächsische Sibirien.
und zum Fremdenbesuch einzuladen; sodann aber auch um den Wohlstand der
Bewohner durch Eröffnung neuer Erwerbszweige an Stelle eingegangener alter
zu fördern und für die Geschichte des Landes, für seine Sprache, seine Sagen,
für den tieferen Sinn seiner Sitten und Gebräuche Teilnahme zu erregen. Zum
Sitz des Gesamtvvrstandes wurde eine der eigentlichen Bergstädte, Schneeberg,
ausersehen, den Vorsitz in demselben übertrug man dem durch seine Forschungen
auf dem Gebiete vogtländischer Altertumskunde wohlbekannten Dr. Köhler, dessen
umsichtiger Leitung der Verein sich noch jetzt erfreut.
Wie sehr es an der Zeit gewesen war, einen solchen Verein ins Leben zu
rufen, beweist das stete Wachstum desselben: schon im Jahre seiner Entstehung,
im Dezember 1878, bestand er aus zehn Zweigvereinen und 475 Mitgliedern,
im September 1880 aus zehn Zweigvereinen und 1414 Mitgliedern, und gegen¬
wärtig ist die Zahl der über alle Teile des Gebirges verbreiteten Zweigvereine
auf vierundreißig, die der Mitglieder auf weit über 3000 gestiegen. Aber erfreu¬
licher noch als diese Thatsache ist die andre, daß die Thätigkeit des Vereins
in jeder Hinsicht die besten Erfolge gehabt hat. Ihm hat es das Gebirge vor
allem zu danken, daß die über dasselbe außerhalb gehegten Vorurteile sich mehr
und mehr zu zerstreuen beginnen, daß es — wie der zunehmende Fremdenverkehr
zeigt — immer mehr Freunde gewinnt.
Und noch eine andre bemerkenswerte Seite haben diese Bestrebungen, sie
haben, wir möchten sagen eine nationale Bedeutung. Der Verein erhält sich
mit andern Gebirgsvereinen in der Nähe und Ferne in steter belebender Ver¬
bindung, und vor allem mit den Erzgebirgsvereinen des angrenzenden Böhmens,
deren Mitglieder ebenfalls nach Tausenden zählen. Das in denselben entschieden
vorwiegende deutsche Element erhält durch die lebhafte,? Beziehungen zu den
Stammesbrüdern jenseits der Grenze einen nicht zu unterschätzenden Rückhalt.
Ein Beispiel möge das Gesagte bestätigen. Am 3. August vorigen Jahres fand
auf dem unmittelbar an der sächsischen Grenze sich erhebenden höchsten Punkte des
ganzen Gebirgszuges, dem Keilberge, die Einweihung eines zu Ehren Kaiser
Franz Josefs errichteten massiven Aussichtsturmes statt. Dieses Fest wurde von
einer großen Anzahl von Gebirgs-, Militär- und andern Vereinen begangen,
und die Feier gestaltete sich zu einer durchaus deutschnationalen. Nur deutsche
Lieder wurden gesungen, und alle Redner bekundeten, daß die Erzgebirgsvereine
Böhmens entschlossen seien, festzuhalten an deutscher Sitte und deutscher Sprache.
Das Organ des sächsischen Erzgcbirgsvereins „Glück auf!" welches seinen vierten
Jahrgang beschlossen hat, dient vorzugsweise Vereinszwecken, doch bringt es
auch, besonders in neuerer Zeit, häufig gute Aufsätze über Geschichte, Topographie,
Altertümer, Sagen und Sitten des Landes.
Teils unabhängig von der eben geschilderten Bewegung, aber von gleich
warmer vaterländischer Gesinnung zeugend, teils direkt oder indirekt durch den
Erzgebirgsvereiu angeregt, hat sich zu gleicher Zeit auch eine nichtperiodische
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