Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

um das Kastell wegzunehmen. Jan Wynen, der die Weiber und Kinder hatte weg¬
schaffen lassen, verteidigte sich aufs tapferste. Der Kampf dauerte vom 23. Februar
bis zur Nacht vom 9./10. März, in welcher Jan Löhnen mit der Besatzung über
die Bresche das Kastell verließ. Er hatte ebenso wie der unbeugsame Jan Curs
treu bis zum äußersten die Flagge seines Königs verteidigt, ehe dieselbe gänz¬
lich von den Bollwerken an der Küste Westafrikas verschwand.*)

"Die Ursachen, welche den Untergang jener Niederlassungen herbeigeführt
haben, lagen im großen und ganzen weniger in dem Verhalten Einzelner,
als in demi engherzigen Geiste einer Zeit, die für große nationale und politische
Aufgaben, wie sie dem Großen Kurfürsten bei seinen Kolonialbestrebungen vor¬
geschwebt, kein Verständnis mehr hatte. Damit war zugleich der Wille und
die Fähigkeit verloren gegangen, diesen Unternehmungen einen gesicherten Be¬
stand zu sichern.

Der neuen Zeit und der aufstrebenden Macht Deutschlands war es vor¬
behalten, die Hemmnisse zu beseitigen, welche seither der Wiederaufnahme der
Pläne entgegenstanden, die vor zwei Jahrhunderten zur Errichtung der Forts
auf der Westküste von Afrika geführt haben, deren Geschichte lehrreiche Mahnung
genug enthält für Gegenwart und Zukunft."

Diesen Schlußsätzen des besprochnen Werkes können wir uns nur vollkommen
anschließen. Der historische Sinn unsers Volkes möge aber uicht nur die
Thatsachen aus jener interessanten Periode registriren, sondern es möge anch
die ewig wahre Lehre daraus ziehen, daß Großes nur durch großartige Auf¬
fassung der nationalen Pflichten geschaffen und erhalten werden kann.




Die dramatische Kunst von Wildenbruchs.
von A. Folle.

n der Vorrede zur zweiten Auflage seiner "Karolinger" rechtfertigt
sich E. von Wildenbruch gegen Ausstellungen, die man an einer
Veränderung der ersten Ausgabe derselben entweder gemacht hatte
oder zu machen sich versucht fühlen könnte. Nur derjenige, heißt
es am Schluß, der das Feuer des Prometheus in seiner Hand
empfinde, dürfe es wagen, die eignen Gestalten zu vernichten, um neue, bessere
an ihre Stelle zu setzen.



*) Wie uns aus bester Quelle, mitgeteilt wird, ist das ehemalige brandcnbnrgisch-preu^
ßische Gebiet von Arguiu heutzutage von keiner europäischen Macht in Besitz genommen.
D. Red.

um das Kastell wegzunehmen. Jan Wynen, der die Weiber und Kinder hatte weg¬
schaffen lassen, verteidigte sich aufs tapferste. Der Kampf dauerte vom 23. Februar
bis zur Nacht vom 9./10. März, in welcher Jan Löhnen mit der Besatzung über
die Bresche das Kastell verließ. Er hatte ebenso wie der unbeugsame Jan Curs
treu bis zum äußersten die Flagge seines Königs verteidigt, ehe dieselbe gänz¬
lich von den Bollwerken an der Küste Westafrikas verschwand.*)

„Die Ursachen, welche den Untergang jener Niederlassungen herbeigeführt
haben, lagen im großen und ganzen weniger in dem Verhalten Einzelner,
als in demi engherzigen Geiste einer Zeit, die für große nationale und politische
Aufgaben, wie sie dem Großen Kurfürsten bei seinen Kolonialbestrebungen vor¬
geschwebt, kein Verständnis mehr hatte. Damit war zugleich der Wille und
die Fähigkeit verloren gegangen, diesen Unternehmungen einen gesicherten Be¬
stand zu sichern.

Der neuen Zeit und der aufstrebenden Macht Deutschlands war es vor¬
behalten, die Hemmnisse zu beseitigen, welche seither der Wiederaufnahme der
Pläne entgegenstanden, die vor zwei Jahrhunderten zur Errichtung der Forts
auf der Westküste von Afrika geführt haben, deren Geschichte lehrreiche Mahnung
genug enthält für Gegenwart und Zukunft."

Diesen Schlußsätzen des besprochnen Werkes können wir uns nur vollkommen
anschließen. Der historische Sinn unsers Volkes möge aber uicht nur die
Thatsachen aus jener interessanten Periode registriren, sondern es möge anch
die ewig wahre Lehre daraus ziehen, daß Großes nur durch großartige Auf¬
fassung der nationalen Pflichten geschaffen und erhalten werden kann.




Die dramatische Kunst von Wildenbruchs.
von A. Folle.

n der Vorrede zur zweiten Auflage seiner „Karolinger" rechtfertigt
sich E. von Wildenbruch gegen Ausstellungen, die man an einer
Veränderung der ersten Ausgabe derselben entweder gemacht hatte
oder zu machen sich versucht fühlen könnte. Nur derjenige, heißt
es am Schluß, der das Feuer des Prometheus in seiner Hand
empfinde, dürfe es wagen, die eignen Gestalten zu vernichten, um neue, bessere
an ihre Stelle zu setzen.



*) Wie uns aus bester Quelle, mitgeteilt wird, ist das ehemalige brandcnbnrgisch-preu^
ßische Gebiet von Arguiu heutzutage von keiner europäischen Macht in Besitz genommen.
D. Red.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195903"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1806" prev="#ID_1805"> um das Kastell wegzunehmen. Jan Wynen, der die Weiber und Kinder hatte weg¬<lb/>
schaffen lassen, verteidigte sich aufs tapferste. Der Kampf dauerte vom 23. Februar<lb/>
bis zur Nacht vom 9./10. März, in welcher Jan Löhnen mit der Besatzung über<lb/>
die Bresche das Kastell verließ. Er hatte ebenso wie der unbeugsame Jan Curs<lb/>
treu bis zum äußersten die Flagge seines Königs verteidigt, ehe dieselbe gänz¬<lb/>
lich von den Bollwerken an der Küste Westafrikas verschwand.*)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1807"> &#x201E;Die Ursachen, welche den Untergang jener Niederlassungen herbeigeführt<lb/>
haben, lagen im großen und ganzen weniger in dem Verhalten Einzelner,<lb/>
als in demi engherzigen Geiste einer Zeit, die für große nationale und politische<lb/>
Aufgaben, wie sie dem Großen Kurfürsten bei seinen Kolonialbestrebungen vor¬<lb/>
geschwebt, kein Verständnis mehr hatte. Damit war zugleich der Wille und<lb/>
die Fähigkeit verloren gegangen, diesen Unternehmungen einen gesicherten Be¬<lb/>
stand zu sichern.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1808"> Der neuen Zeit und der aufstrebenden Macht Deutschlands war es vor¬<lb/>
behalten, die Hemmnisse zu beseitigen, welche seither der Wiederaufnahme der<lb/>
Pläne entgegenstanden, die vor zwei Jahrhunderten zur Errichtung der Forts<lb/>
auf der Westküste von Afrika geführt haben, deren Geschichte lehrreiche Mahnung<lb/>
genug enthält für Gegenwart und Zukunft."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1809"> Diesen Schlußsätzen des besprochnen Werkes können wir uns nur vollkommen<lb/>
anschließen. Der historische Sinn unsers Volkes möge aber uicht nur die<lb/>
Thatsachen aus jener interessanten Periode registriren, sondern es möge anch<lb/>
die ewig wahre Lehre daraus ziehen, daß Großes nur durch großartige Auf¬<lb/>
fassung der nationalen Pflichten geschaffen und erhalten werden kann.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die dramatische Kunst   von Wildenbruchs.<lb/><note type="byline"> von A. Folle.</note></head><lb/>
          <p xml:id="ID_1810"> n der Vorrede zur zweiten Auflage seiner &#x201E;Karolinger" rechtfertigt<lb/>
sich E. von Wildenbruch gegen Ausstellungen, die man an einer<lb/>
Veränderung der ersten Ausgabe derselben entweder gemacht hatte<lb/>
oder zu machen sich versucht fühlen könnte. Nur derjenige, heißt<lb/>
es am Schluß, der das Feuer des Prometheus in seiner Hand<lb/>
empfinde, dürfe es wagen, die eignen Gestalten zu vernichten, um neue, bessere<lb/>
an ihre Stelle zu setzen.</p><lb/>
          <note xml:id="FID_64" place="foot"> *) Wie uns aus bester Quelle, mitgeteilt wird, ist das ehemalige brandcnbnrgisch-preu^<lb/>
ßische Gebiet von Arguiu heutzutage von keiner europäischen Macht in Besitz genommen.<lb/><note type="byline"> D. Red.</note></note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0514] um das Kastell wegzunehmen. Jan Wynen, der die Weiber und Kinder hatte weg¬ schaffen lassen, verteidigte sich aufs tapferste. Der Kampf dauerte vom 23. Februar bis zur Nacht vom 9./10. März, in welcher Jan Löhnen mit der Besatzung über die Bresche das Kastell verließ. Er hatte ebenso wie der unbeugsame Jan Curs treu bis zum äußersten die Flagge seines Königs verteidigt, ehe dieselbe gänz¬ lich von den Bollwerken an der Küste Westafrikas verschwand.*) „Die Ursachen, welche den Untergang jener Niederlassungen herbeigeführt haben, lagen im großen und ganzen weniger in dem Verhalten Einzelner, als in demi engherzigen Geiste einer Zeit, die für große nationale und politische Aufgaben, wie sie dem Großen Kurfürsten bei seinen Kolonialbestrebungen vor¬ geschwebt, kein Verständnis mehr hatte. Damit war zugleich der Wille und die Fähigkeit verloren gegangen, diesen Unternehmungen einen gesicherten Be¬ stand zu sichern. Der neuen Zeit und der aufstrebenden Macht Deutschlands war es vor¬ behalten, die Hemmnisse zu beseitigen, welche seither der Wiederaufnahme der Pläne entgegenstanden, die vor zwei Jahrhunderten zur Errichtung der Forts auf der Westküste von Afrika geführt haben, deren Geschichte lehrreiche Mahnung genug enthält für Gegenwart und Zukunft." Diesen Schlußsätzen des besprochnen Werkes können wir uns nur vollkommen anschließen. Der historische Sinn unsers Volkes möge aber uicht nur die Thatsachen aus jener interessanten Periode registriren, sondern es möge anch die ewig wahre Lehre daraus ziehen, daß Großes nur durch großartige Auf¬ fassung der nationalen Pflichten geschaffen und erhalten werden kann. Die dramatische Kunst von Wildenbruchs. von A. Folle. n der Vorrede zur zweiten Auflage seiner „Karolinger" rechtfertigt sich E. von Wildenbruch gegen Ausstellungen, die man an einer Veränderung der ersten Ausgabe derselben entweder gemacht hatte oder zu machen sich versucht fühlen könnte. Nur derjenige, heißt es am Schluß, der das Feuer des Prometheus in seiner Hand empfinde, dürfe es wagen, die eignen Gestalten zu vernichten, um neue, bessere an ihre Stelle zu setzen. *) Wie uns aus bester Quelle, mitgeteilt wird, ist das ehemalige brandcnbnrgisch-preu^ ßische Gebiet von Arguiu heutzutage von keiner europäischen Macht in Besitz genommen. D. Red.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/514
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/514>, abgerufen am 22.07.2024.