Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Brandenburg-Preußen auf der Westküste Afrikas ^63^ -- ^72^.

burger auf, das Kastell, "welches den Franzosen gehöre," zu verlassen. Aber
er fand solchen Widerstand, daß er unterrichteter Sache abziehen mußte. Nun
blieb Arguin mehrere Jahre im ungestörten Besitz der Brandenburger und
wurde der größte Stapelplatz für den internationalen Gummihandel, was den
besondern Neid der großen Kolonialmächte erregte.

Im Jahre 1693, nach dem Tode des Cornelius Ncers, wurde dessen Sohn
Jan Ncers Kommandeur, der sich in der Zeit des spanischen Erbfolgckrieges
trotz wiederholter dringender Gefahr im Besitze erhielt, obgleich er von der
Heimat aus uicht unterstützt wurde. Denn die Schiffe, welche zu diesem Zwecke
abgeschickt wurden, wurden von französischen Kapern weggenommen, so die "For¬
tuna" am Kap Finisterre nach tapferer Gegenwehr am 25. Dezember 1705,
die "Freundlichkeit" am 23. Dezember 1706 im Kanal nach einem glänzenden
Gefecht gegen große Übermacht. Das letztere Schiff wurde am folgenden Tage
von einer holländischen Fregatte wieder befreit, in Vlissingen wieder ausgerüstet,
erreichte aber auch so seinen Bestimmungsort nicht, da es, nachdem es einen
heftigen Sturm bestanden, wieder in die Hände von französischen Kapern
fiel. Am 7. Januar 1709 trat endlich das Schiff "Gerechtigkeit" die Fahrt nach
Arguin an und gelangte auch hin. Es hatte sieben für Arguin bestimmte Ma¬
rinesoldaten, Lebensmittel für die Garnison auf zwei Jahre und Brennmaterial,
sodaß Neers voller Freude seinem Könige melden konnte, nach "sechsjähriger
Trübnis" gehe alles wieder gut und "kein Mensch noch Teufel" werde jetzt im¬
stande sein, das Kastell zu nehmen.

Neers wurde indessen ans seinen Wunsch abgerufen, und nnn trat ein
Maun an seine Stelle, der seine Pflichten aufs gröblichste verletzte. Er hieß
Nicolas de Both. Da er sich auch gegen die Eingebornen Übergriffe erlaubte,
so führten ihn diese gefangen weg. Dies war aber geschehen (am 16. No¬
vember 1716), als Jan Wyman (der schou zwei Jahre vorher einen geheimen
Auftrag gehabt hatte, den Kommandeur zu ersetzen, ohne daß er damals Grund
zum Eingreifen gehabt hatte) mit dem Schiffe "König von Preußen" ankam
und das Kastell in "dcplorablem" Zustande fand. Jan Wynen übernahm nun
das Kastell, das bald darauf Both, der nach Se. Louis entkommen war, den
Franzosen in die Hände zu spielen versuchte. Die weiße Besatzung zählte um
diese Zeit nur noch 9 Mann, und Jan Wynen übte sich deshalb 40 Schwarze
ein, die nach einigen Jahren, als es um Arguin zu den letzten Kämpfen kam,
vorzügliche Dienste leisteten.

Nach dem obenerwähnten Vertrage vom Jahre 1718 sollte auch Arguin
auf die Holländisch-Westindische Gesellschaft übergehen. Aber Jan Wynen weigerte
sich, das Fort zu übergeben, bis ein preußisches Schiff ihm sichere Kunde ge¬
bracht hätte. Der Besitzstand blieb also hier, wie auf der Goldküste, zunächst
unverändert. Nun erschienen aber zu Anfang des Jahres 1721 drei Schiffe
von der französischen Senegal-Gesellschaft mit 700 Maun und schwerem Geschütz


Brandenburg-Preußen auf der Westküste Afrikas ^63^ — ^72^.

burger auf, das Kastell, „welches den Franzosen gehöre," zu verlassen. Aber
er fand solchen Widerstand, daß er unterrichteter Sache abziehen mußte. Nun
blieb Arguin mehrere Jahre im ungestörten Besitz der Brandenburger und
wurde der größte Stapelplatz für den internationalen Gummihandel, was den
besondern Neid der großen Kolonialmächte erregte.

Im Jahre 1693, nach dem Tode des Cornelius Ncers, wurde dessen Sohn
Jan Ncers Kommandeur, der sich in der Zeit des spanischen Erbfolgckrieges
trotz wiederholter dringender Gefahr im Besitze erhielt, obgleich er von der
Heimat aus uicht unterstützt wurde. Denn die Schiffe, welche zu diesem Zwecke
abgeschickt wurden, wurden von französischen Kapern weggenommen, so die „For¬
tuna" am Kap Finisterre nach tapferer Gegenwehr am 25. Dezember 1705,
die „Freundlichkeit" am 23. Dezember 1706 im Kanal nach einem glänzenden
Gefecht gegen große Übermacht. Das letztere Schiff wurde am folgenden Tage
von einer holländischen Fregatte wieder befreit, in Vlissingen wieder ausgerüstet,
erreichte aber auch so seinen Bestimmungsort nicht, da es, nachdem es einen
heftigen Sturm bestanden, wieder in die Hände von französischen Kapern
fiel. Am 7. Januar 1709 trat endlich das Schiff „Gerechtigkeit" die Fahrt nach
Arguin an und gelangte auch hin. Es hatte sieben für Arguin bestimmte Ma¬
rinesoldaten, Lebensmittel für die Garnison auf zwei Jahre und Brennmaterial,
sodaß Neers voller Freude seinem Könige melden konnte, nach „sechsjähriger
Trübnis" gehe alles wieder gut und „kein Mensch noch Teufel" werde jetzt im¬
stande sein, das Kastell zu nehmen.

Neers wurde indessen ans seinen Wunsch abgerufen, und nnn trat ein
Maun an seine Stelle, der seine Pflichten aufs gröblichste verletzte. Er hieß
Nicolas de Both. Da er sich auch gegen die Eingebornen Übergriffe erlaubte,
so führten ihn diese gefangen weg. Dies war aber geschehen (am 16. No¬
vember 1716), als Jan Wyman (der schou zwei Jahre vorher einen geheimen
Auftrag gehabt hatte, den Kommandeur zu ersetzen, ohne daß er damals Grund
zum Eingreifen gehabt hatte) mit dem Schiffe „König von Preußen" ankam
und das Kastell in „dcplorablem" Zustande fand. Jan Wynen übernahm nun
das Kastell, das bald darauf Both, der nach Se. Louis entkommen war, den
Franzosen in die Hände zu spielen versuchte. Die weiße Besatzung zählte um
diese Zeit nur noch 9 Mann, und Jan Wynen übte sich deshalb 40 Schwarze
ein, die nach einigen Jahren, als es um Arguin zu den letzten Kämpfen kam,
vorzügliche Dienste leisteten.

Nach dem obenerwähnten Vertrage vom Jahre 1718 sollte auch Arguin
auf die Holländisch-Westindische Gesellschaft übergehen. Aber Jan Wynen weigerte
sich, das Fort zu übergeben, bis ein preußisches Schiff ihm sichere Kunde ge¬
bracht hätte. Der Besitzstand blieb also hier, wie auf der Goldküste, zunächst
unverändert. Nun erschienen aber zu Anfang des Jahres 1721 drei Schiffe
von der französischen Senegal-Gesellschaft mit 700 Maun und schwerem Geschütz


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0513" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195902"/>
          <fw type="header" place="top"> Brandenburg-Preußen auf der Westküste Afrikas ^63^ &#x2014; ^72^.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1802" prev="#ID_1801"> burger auf, das Kastell, &#x201E;welches den Franzosen gehöre," zu verlassen. Aber<lb/>
er fand solchen Widerstand, daß er unterrichteter Sache abziehen mußte. Nun<lb/>
blieb Arguin mehrere Jahre im ungestörten Besitz der Brandenburger und<lb/>
wurde der größte Stapelplatz für den internationalen Gummihandel, was den<lb/>
besondern Neid der großen Kolonialmächte erregte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1803"> Im Jahre 1693, nach dem Tode des Cornelius Ncers, wurde dessen Sohn<lb/>
Jan Ncers Kommandeur, der sich in der Zeit des spanischen Erbfolgckrieges<lb/>
trotz wiederholter dringender Gefahr im Besitze erhielt, obgleich er von der<lb/>
Heimat aus uicht unterstützt wurde. Denn die Schiffe, welche zu diesem Zwecke<lb/>
abgeschickt wurden, wurden von französischen Kapern weggenommen, so die &#x201E;For¬<lb/>
tuna" am Kap Finisterre nach tapferer Gegenwehr am 25. Dezember 1705,<lb/>
die &#x201E;Freundlichkeit" am 23. Dezember 1706 im Kanal nach einem glänzenden<lb/>
Gefecht gegen große Übermacht. Das letztere Schiff wurde am folgenden Tage<lb/>
von einer holländischen Fregatte wieder befreit, in Vlissingen wieder ausgerüstet,<lb/>
erreichte aber auch so seinen Bestimmungsort nicht, da es, nachdem es einen<lb/>
heftigen Sturm bestanden, wieder in die Hände von französischen Kapern<lb/>
fiel. Am 7. Januar 1709 trat endlich das Schiff &#x201E;Gerechtigkeit" die Fahrt nach<lb/>
Arguin an und gelangte auch hin. Es hatte sieben für Arguin bestimmte Ma¬<lb/>
rinesoldaten, Lebensmittel für die Garnison auf zwei Jahre und Brennmaterial,<lb/>
sodaß Neers voller Freude seinem Könige melden konnte, nach &#x201E;sechsjähriger<lb/>
Trübnis" gehe alles wieder gut und &#x201E;kein Mensch noch Teufel" werde jetzt im¬<lb/>
stande sein, das Kastell zu nehmen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1804"> Neers wurde indessen ans seinen Wunsch abgerufen, und nnn trat ein<lb/>
Maun an seine Stelle, der seine Pflichten aufs gröblichste verletzte. Er hieß<lb/>
Nicolas de Both. Da er sich auch gegen die Eingebornen Übergriffe erlaubte,<lb/>
so führten ihn diese gefangen weg. Dies war aber geschehen (am 16. No¬<lb/>
vember 1716), als Jan Wyman (der schou zwei Jahre vorher einen geheimen<lb/>
Auftrag gehabt hatte, den Kommandeur zu ersetzen, ohne daß er damals Grund<lb/>
zum Eingreifen gehabt hatte) mit dem Schiffe &#x201E;König von Preußen" ankam<lb/>
und das Kastell in &#x201E;dcplorablem" Zustande fand. Jan Wynen übernahm nun<lb/>
das Kastell, das bald darauf Both, der nach Se. Louis entkommen war, den<lb/>
Franzosen in die Hände zu spielen versuchte. Die weiße Besatzung zählte um<lb/>
diese Zeit nur noch 9 Mann, und Jan Wynen übte sich deshalb 40 Schwarze<lb/>
ein, die nach einigen Jahren, als es um Arguin zu den letzten Kämpfen kam,<lb/>
vorzügliche Dienste leisteten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1805" next="#ID_1806"> Nach dem obenerwähnten Vertrage vom Jahre 1718 sollte auch Arguin<lb/>
auf die Holländisch-Westindische Gesellschaft übergehen. Aber Jan Wynen weigerte<lb/>
sich, das Fort zu übergeben, bis ein preußisches Schiff ihm sichere Kunde ge¬<lb/>
bracht hätte. Der Besitzstand blieb also hier, wie auf der Goldküste, zunächst<lb/>
unverändert. Nun erschienen aber zu Anfang des Jahres 1721 drei Schiffe<lb/>
von der französischen Senegal-Gesellschaft mit 700 Maun und schwerem Geschütz</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0513] Brandenburg-Preußen auf der Westküste Afrikas ^63^ — ^72^. burger auf, das Kastell, „welches den Franzosen gehöre," zu verlassen. Aber er fand solchen Widerstand, daß er unterrichteter Sache abziehen mußte. Nun blieb Arguin mehrere Jahre im ungestörten Besitz der Brandenburger und wurde der größte Stapelplatz für den internationalen Gummihandel, was den besondern Neid der großen Kolonialmächte erregte. Im Jahre 1693, nach dem Tode des Cornelius Ncers, wurde dessen Sohn Jan Ncers Kommandeur, der sich in der Zeit des spanischen Erbfolgckrieges trotz wiederholter dringender Gefahr im Besitze erhielt, obgleich er von der Heimat aus uicht unterstützt wurde. Denn die Schiffe, welche zu diesem Zwecke abgeschickt wurden, wurden von französischen Kapern weggenommen, so die „For¬ tuna" am Kap Finisterre nach tapferer Gegenwehr am 25. Dezember 1705, die „Freundlichkeit" am 23. Dezember 1706 im Kanal nach einem glänzenden Gefecht gegen große Übermacht. Das letztere Schiff wurde am folgenden Tage von einer holländischen Fregatte wieder befreit, in Vlissingen wieder ausgerüstet, erreichte aber auch so seinen Bestimmungsort nicht, da es, nachdem es einen heftigen Sturm bestanden, wieder in die Hände von französischen Kapern fiel. Am 7. Januar 1709 trat endlich das Schiff „Gerechtigkeit" die Fahrt nach Arguin an und gelangte auch hin. Es hatte sieben für Arguin bestimmte Ma¬ rinesoldaten, Lebensmittel für die Garnison auf zwei Jahre und Brennmaterial, sodaß Neers voller Freude seinem Könige melden konnte, nach „sechsjähriger Trübnis" gehe alles wieder gut und „kein Mensch noch Teufel" werde jetzt im¬ stande sein, das Kastell zu nehmen. Neers wurde indessen ans seinen Wunsch abgerufen, und nnn trat ein Maun an seine Stelle, der seine Pflichten aufs gröblichste verletzte. Er hieß Nicolas de Both. Da er sich auch gegen die Eingebornen Übergriffe erlaubte, so führten ihn diese gefangen weg. Dies war aber geschehen (am 16. No¬ vember 1716), als Jan Wyman (der schou zwei Jahre vorher einen geheimen Auftrag gehabt hatte, den Kommandeur zu ersetzen, ohne daß er damals Grund zum Eingreifen gehabt hatte) mit dem Schiffe „König von Preußen" ankam und das Kastell in „dcplorablem" Zustande fand. Jan Wynen übernahm nun das Kastell, das bald darauf Both, der nach Se. Louis entkommen war, den Franzosen in die Hände zu spielen versuchte. Die weiße Besatzung zählte um diese Zeit nur noch 9 Mann, und Jan Wynen übte sich deshalb 40 Schwarze ein, die nach einigen Jahren, als es um Arguin zu den letzten Kämpfen kam, vorzügliche Dienste leisteten. Nach dem obenerwähnten Vertrage vom Jahre 1718 sollte auch Arguin auf die Holländisch-Westindische Gesellschaft übergehen. Aber Jan Wynen weigerte sich, das Fort zu übergeben, bis ein preußisches Schiff ihm sichere Kunde ge¬ bracht hätte. Der Besitzstand blieb also hier, wie auf der Goldküste, zunächst unverändert. Nun erschienen aber zu Anfang des Jahres 1721 drei Schiffe von der französischen Senegal-Gesellschaft mit 700 Maun und schwerem Geschütz

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/513
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/513>, abgerufen am 22.07.2024.