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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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stung des Großbetriebes entwickeln -- erst durch ihn würde auch die Fisch"
Waare in Eisenbahnen und Telegraphen bereitwillige und kräftige Werkzeuge
ihres Absatzes finden und auf der Grundlage eines regelmäßigen KaPitalumlanfes
sich zu einem wichtigen nationalen Wirtschaftszweig heranbilden können. Weil
es aber erforderlich wäre, daß gleich von vornherein mit großen und nicht erst
langsam zu vergrößernden Unternehmungen begonnen würde, und deshalb
schnelle und große Kapitalien nötig wären, so dürfte allerdings die Aktien¬
gesellschaft als die zweckmäßigste Nntcrnehmungsform zu empfehlen sein, schon
deshalb, weil diese zur Aufbringung großer Kapitalien mit ihren auszuschrei¬
benden Subskriptionen am besten geeignet ist, auch sonst in ihrer Organisation
gewisse Garantien für eine aussichtsvolle Betriebsart bietet. Die Schwierigkeiten,
mit welchen die Emdencr Heringsfischerei-Aktiengesellschaft zu kämpfen gehabt
hat, können an dieser Erwägung nichts ändern; diese Schwierigkeiten sind der
Hauptsache uach die vorausgesehenen Konsequenzen ihres in einem viel zu kleinen
Maßstabe organisirten Betriebes gewesen.

Freilich würde die Anbahnung des Großunternehmens im Fischcreigewerbc
die Ausführung andrer Reformen voraussetzen, welche zum Teil schon im Rahmen
seiner gegenwärtigen Lage als unabweisbar erscheinen dürften. Wir denken hierbei
in erster Linie an eine geeignetere Gesetzgebung für Fischerfahrzeuge und eine
Trennung derselben von den für die Kauffahrteischiffe geltenden gesetzlichen Vor¬
schriften. Für unsre Hochseefischerfahrzenge besteht gegenwärtig nach Maßgabe
ihres Nanmgehaltes der Zwang, daß sie von examinirten Führern geleitet
werden müssen, und daß von dieser Führung nur in den Füllen abgesehen
werden darf, wo ihre Inhaber angeworbene Ausländer sind.^) Abgesehen von
dem Widersprüche, welchen unsers Erachtens diese Anordnung enthält, scheint
uns auch der Einwand gegen dieselbe berechtigt zu sein, daß die Führung eines
Fischerfahrzeuges durch einen examinirten Seemann einen durch die Sicherheit
nicht gebotenen und daher überflüssigen Kostenaufwand bedeutet. Thatsächlich haben
sich ihm die Logger der Emdener Heringsfischerei vielfach dadurch entzogen, daß
sie mit angeworbenen Ausländern in See gehen. Die im Auslande ungekannte
Gleichstellung der größern Fischerfahrzeuge mit Kauffahrteischiffen hinsichtlich
der Anmusteruugsgclmhren, der Lootsen- und Hafengelder?c. darf ebenfalls als,
eine Benachteiligung des Gewerbes betrachtet werden, die umsomehr vermieden
werden sollte, als die wirtschaftliche Notlage desselben die Befreiung von jeder
und der kleinsten Belastung fordert. Einem rationellen Transportwesen, dessen
Aufschwung allerdings erst von den Großuuternchmungcn ausgehen müßte,
sollte vom Staate das größte Entgegenkommen gezeigt werden; die hohe Trans-



*) Seit der Abfassung dieses Aufsatzes ist dem Bundesrate ein diese Einrichtungen
ändernder Antrag zugegangen, und eS ist nicht zweifelhaft, daß derselbe Annahme finden
D. Red. wird.
FischMe.

stung des Großbetriebes entwickeln — erst durch ihn würde auch die Fisch»
Waare in Eisenbahnen und Telegraphen bereitwillige und kräftige Werkzeuge
ihres Absatzes finden und auf der Grundlage eines regelmäßigen KaPitalumlanfes
sich zu einem wichtigen nationalen Wirtschaftszweig heranbilden können. Weil
es aber erforderlich wäre, daß gleich von vornherein mit großen und nicht erst
langsam zu vergrößernden Unternehmungen begonnen würde, und deshalb
schnelle und große Kapitalien nötig wären, so dürfte allerdings die Aktien¬
gesellschaft als die zweckmäßigste Nntcrnehmungsform zu empfehlen sein, schon
deshalb, weil diese zur Aufbringung großer Kapitalien mit ihren auszuschrei¬
benden Subskriptionen am besten geeignet ist, auch sonst in ihrer Organisation
gewisse Garantien für eine aussichtsvolle Betriebsart bietet. Die Schwierigkeiten,
mit welchen die Emdencr Heringsfischerei-Aktiengesellschaft zu kämpfen gehabt
hat, können an dieser Erwägung nichts ändern; diese Schwierigkeiten sind der
Hauptsache uach die vorausgesehenen Konsequenzen ihres in einem viel zu kleinen
Maßstabe organisirten Betriebes gewesen.

Freilich würde die Anbahnung des Großunternehmens im Fischcreigewerbc
die Ausführung andrer Reformen voraussetzen, welche zum Teil schon im Rahmen
seiner gegenwärtigen Lage als unabweisbar erscheinen dürften. Wir denken hierbei
in erster Linie an eine geeignetere Gesetzgebung für Fischerfahrzeuge und eine
Trennung derselben von den für die Kauffahrteischiffe geltenden gesetzlichen Vor¬
schriften. Für unsre Hochseefischerfahrzenge besteht gegenwärtig nach Maßgabe
ihres Nanmgehaltes der Zwang, daß sie von examinirten Führern geleitet
werden müssen, und daß von dieser Führung nur in den Füllen abgesehen
werden darf, wo ihre Inhaber angeworbene Ausländer sind.^) Abgesehen von
dem Widersprüche, welchen unsers Erachtens diese Anordnung enthält, scheint
uns auch der Einwand gegen dieselbe berechtigt zu sein, daß die Führung eines
Fischerfahrzeuges durch einen examinirten Seemann einen durch die Sicherheit
nicht gebotenen und daher überflüssigen Kostenaufwand bedeutet. Thatsächlich haben
sich ihm die Logger der Emdener Heringsfischerei vielfach dadurch entzogen, daß
sie mit angeworbenen Ausländern in See gehen. Die im Auslande ungekannte
Gleichstellung der größern Fischerfahrzeuge mit Kauffahrteischiffen hinsichtlich
der Anmusteruugsgclmhren, der Lootsen- und Hafengelder?c. darf ebenfalls als,
eine Benachteiligung des Gewerbes betrachtet werden, die umsomehr vermieden
werden sollte, als die wirtschaftliche Notlage desselben die Befreiung von jeder
und der kleinsten Belastung fordert. Einem rationellen Transportwesen, dessen
Aufschwung allerdings erst von den Großuuternchmungcn ausgehen müßte,
sollte vom Staate das größte Entgegenkommen gezeigt werden; die hohe Trans-



*) Seit der Abfassung dieses Aufsatzes ist dem Bundesrate ein diese Einrichtungen
ändernder Antrag zugegangen, und eS ist nicht zweifelhaft, daß derselbe Annahme finden
D. Red. wird.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/295>, abgerufen am 22.07.2024.