Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.UM 1100 die Magnetnadel, wahrscheinlich eine chinesische Erfindung, bekannt Das Atlantische Meer, von den Alten schlechthin Ozean genannt, lag ihnen Grenzlwtt'n II. IL8Ü, 29
UM 1100 die Magnetnadel, wahrscheinlich eine chinesische Erfindung, bekannt Das Atlantische Meer, von den Alten schlechthin Ozean genannt, lag ihnen Grenzlwtt'n II. IL8Ü, 29
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UM 1100 die Magnetnadel, wahrscheinlich eine chinesische Erfindung, bekannt
wurde; die Chinesen hatten dieselbe, die ursprünglich zur Orientirung bei Land¬
reisen gedient hatte, schon unter der Tsin-Dhnasiie (265—416 n, Chr.) bei der
Schifffahrt eingeführt. Über die afrikanische Ostküste südlich vom Kap Gucir-
dnfui sind wir mangelhaft unterrichtet. Was wir darüber wissen, haben wir
aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. durch Ptolemäos erfahren, der in Nlexau-
dria lebte und seine Nachrichten jedenfalls von Seeleuten einzog. Ptolemäos
aber, dessen Ansicht im allgemeinen bis zum Anbruch der neueren Zeit ma߬
gebend gewesen ist, nahm an, daß sich Afrika überhaupt mehr nach Osten er¬
strecke, und daß im Besondern dieser Erdteil mit der Halbinsel Malakka, dem
alten Chryse, zusammenhänge. Er hatte also ein unbekanntes Land, welches ihm
Afrika mit Hinterindien verband und durch welches der indische Ozean ein im
Süden durch das unbekannte Land begrenztes Binnenmeer wurde. Er hat auf
seiner Karte noch eine Insel Menuthias und ein Vorgebirge Prasum, die man
in der Insel Sansibar und dem Kap Delgcido hat wiederfinden wollen. Träfe
dies zu, so müßte man annehmen, dusz man etwa bis zum 15. Grad südlicher
Breite hinuntergekommcu sei, also über die neueste deutsche Erwerbung Usagara
hinaus, die zwischen dem 5. und 10 Grad südlicher Breite gelegen ist. Dann
könnte auch die Insel Madagaskar und die nördlich davon gelegenen Insel¬
gruppen den Glauben an ein nach Indien sich erstreckendes Festland erweckt
haben. Indessen hat man daran festzuhalten, daß für den Seemann und den Kauf¬
mann, deren Unternehmungsgeist der Handel nach Indien lenkte und leitete,
im allgemeinen die Küste von Afrika mit dem Kap Guardafni aufhörte. Die
Ostküste sollte von Westen her entdeckt werden.
Das Atlantische Meer, von den Alten schlechthin Ozean genannt, lag ihnen
außerhalb des Gesichtskreises, ja der Welt. Gelegentliche Fahrten einzelner
über die Säulen des Herkules hinaus dienten nur dazu, ein wunderbares
Sagengemisch in Umlauf zu setzen, wie sie die phantasievolle Unkunde so gern
der nüchternen Wirklichkeit entgegensetzt. Der Dulder Odysseus findet hier die
Unterwelt, für deren frevelhaftes Betreten ihn noch Dante in seiner Göttlichen
Komödie leiden läßt. Hier liegen aber auch die seligen Inseln, wohin die der
Erde entrückten versetzt werden, um nun in ewiger Freude dort zu leben. Im
Mittelalter bildete sich mehr und mehr die durch römische Schriftsteller ver¬
breitete Ansicht aus, die noch von den listigen Karthagern herstammen mochte,
welche andern die Lust, den Ozean zu befahren, nehmen wollten, daß ein zäher
Nebel auf den Gewässern das Tageslicht unterbreche und in Finsternis ver¬
kehre. Die Araber erzählten weiter, daß an dem westlichen Uferrande oder auf
den Inseln Säulen oder Bildsäulen errichtet seien, die durch Inschriften oder
gebieterische Geberden als Hüter des Unbctretbaren die Schiffer vor der Fahrt
gegen Westen warnten. Die Wissenschaft hatte diesen Aberglauben unterstützt.
Aristoteles hatte die Räume innerhalb der Wendekreise für unbelebt erklärt,
Grenzlwtt'n II. IL8Ü, 29
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