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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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England und die Boers.

schuanen sum die es sich hier vorzüglich handelte! nur in dem Falle Halt ge¬
boten werden, wenn England die Schutzherrschaft über dieses übernähme, und
zu einem so folgenschweren Vorgehen werde das Kabinet sich nicht wohl ent¬
schließen. Die konservative Presse war sehr andrer Meinung. Sie bemerkte
nicht ohne Grund, daß mit der Bezeichnung "Südafrikanische Republik" An¬
spruch ans britisches Gebiet erhoben werde jetwa wie mit dem Namen der nord¬
amerikanischen Union "Vereinigte Staaten von Amerika," nicht "Nordamerika"!
und verurteilte energisch eine Preisgebung der Betschuanen, die Englands Ver¬
bündete seien und ihm ihr Vertrauen geschenkt hätten.

Die Verhandlungen über den Abschluß einer neuen Konvention zogen sich
einige Wochen hin und endigten damit, daß die britische Negierung den Dele-
girten der Boers verschiedne Zugeständnisse machte. Die finanziellen Ansprüche
Englands wurden ermäßigt, da Lord Derby zugeben mußte, daß bei der Zer¬
streuung der Bevölkerung Transvaals und deren geringer Seßhaftigkeit Steuern
schwer einzutreiben seien. Ferner machte der Minister für die Kolonien in der
That keine Einwendungen gegen die Vertauschung des bisherigen Namens des
Bvernstaates mit dem der "südafrikanischen Republik." Dagegen gab er den
Vorstellungen des Vertreters der Kapkolonie, in denen darauf hingewiesen
wurde, daß die Boers sich in der letzten Zeit fort und fort weiter über das
zwischen dieser Kolonie und dem Transvaal sich erstreckende Gebiet der Bet¬
schuanen ausgedehnt hätten, und daß deshalb dieser große Stamm der Ein-
gebornen unter das Protektorat der britischen Regierung gestellt werden müsse,
insofern nach, als er hier eine bestimmte Demarkation und die Zusage der
Boers verlangte, diese Scheidelinie nicht überschreiten zu wollen. Von der
Proklmnirung eines förmlichen Protektorats über die Betschuanen und einer
darauf bezüglichen Klausel in dem in Aussicht genommenen neuen Vertrage sah
er ab, und so kam derselbe am 27. Februar 1884 zustande und wurde von
Sir Hercules Robinson, Krüger, Sinn und Dudon unterzeichnet.

Dieser Londoner Traktat enthält zwanzig Artikel, deren erster in aus¬
führlichster Weise Gebiet und Grenzen der "südafrikanischen Republik" bestimmt.
Im zweiten heißt es: "Die Regierung der südafrikanischen Republik wird sich
streng an die im ersten Artikel dieser Übereinkunft festgesetzten Grenzen halten
und ihr äußerstes thun, um jeden ihrer Einwohner zu verhindern, daß er sich
solcher Landstriche bemächtige, die jenseits besagter Grenzen liegen. Die Re¬
gierung der südafrikanischen Republik wird an den östlichen und westlichen
Grenzen Kommissare ernennen, deren Pflicht es sein wird, sorgfältig über Un¬
regelmäßigkeiten und alle Verletzungen der Grenzen zu weichen. Die Regierung
Ihrer Majestät wird, falls es notwendig ist, in den Gebieten der Eingebornen
jenseits der Grenzen im Osten stgegen die Zulus j und im Westen sgegen
die Betschuanen"! der südafrikanischen Republik Kommissare zur Aufrecht¬
haltung der Ordnung und zur Verhütung von Überschreitungen einsetzen."


England und die Boers.

schuanen sum die es sich hier vorzüglich handelte! nur in dem Falle Halt ge¬
boten werden, wenn England die Schutzherrschaft über dieses übernähme, und
zu einem so folgenschweren Vorgehen werde das Kabinet sich nicht wohl ent¬
schließen. Die konservative Presse war sehr andrer Meinung. Sie bemerkte
nicht ohne Grund, daß mit der Bezeichnung „Südafrikanische Republik" An¬
spruch ans britisches Gebiet erhoben werde jetwa wie mit dem Namen der nord¬
amerikanischen Union „Vereinigte Staaten von Amerika," nicht „Nordamerika"!
und verurteilte energisch eine Preisgebung der Betschuanen, die Englands Ver¬
bündete seien und ihm ihr Vertrauen geschenkt hätten.

Die Verhandlungen über den Abschluß einer neuen Konvention zogen sich
einige Wochen hin und endigten damit, daß die britische Negierung den Dele-
girten der Boers verschiedne Zugeständnisse machte. Die finanziellen Ansprüche
Englands wurden ermäßigt, da Lord Derby zugeben mußte, daß bei der Zer¬
streuung der Bevölkerung Transvaals und deren geringer Seßhaftigkeit Steuern
schwer einzutreiben seien. Ferner machte der Minister für die Kolonien in der
That keine Einwendungen gegen die Vertauschung des bisherigen Namens des
Bvernstaates mit dem der „südafrikanischen Republik." Dagegen gab er den
Vorstellungen des Vertreters der Kapkolonie, in denen darauf hingewiesen
wurde, daß die Boers sich in der letzten Zeit fort und fort weiter über das
zwischen dieser Kolonie und dem Transvaal sich erstreckende Gebiet der Bet¬
schuanen ausgedehnt hätten, und daß deshalb dieser große Stamm der Ein-
gebornen unter das Protektorat der britischen Regierung gestellt werden müsse,
insofern nach, als er hier eine bestimmte Demarkation und die Zusage der
Boers verlangte, diese Scheidelinie nicht überschreiten zu wollen. Von der
Proklmnirung eines förmlichen Protektorats über die Betschuanen und einer
darauf bezüglichen Klausel in dem in Aussicht genommenen neuen Vertrage sah
er ab, und so kam derselbe am 27. Februar 1884 zustande und wurde von
Sir Hercules Robinson, Krüger, Sinn und Dudon unterzeichnet.

Dieser Londoner Traktat enthält zwanzig Artikel, deren erster in aus¬
führlichster Weise Gebiet und Grenzen der „südafrikanischen Republik" bestimmt.
Im zweiten heißt es: „Die Regierung der südafrikanischen Republik wird sich
streng an die im ersten Artikel dieser Übereinkunft festgesetzten Grenzen halten
und ihr äußerstes thun, um jeden ihrer Einwohner zu verhindern, daß er sich
solcher Landstriche bemächtige, die jenseits besagter Grenzen liegen. Die Re¬
gierung der südafrikanischen Republik wird an den östlichen und westlichen
Grenzen Kommissare ernennen, deren Pflicht es sein wird, sorgfältig über Un¬
regelmäßigkeiten und alle Verletzungen der Grenzen zu weichen. Die Regierung
Ihrer Majestät wird, falls es notwendig ist, in den Gebieten der Eingebornen
jenseits der Grenzen im Osten stgegen die Zulus j und im Westen sgegen
die Betschuanen"! der südafrikanischen Republik Kommissare zur Aufrecht¬
haltung der Ordnung und zur Verhütung von Überschreitungen einsetzen."


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[0079] England und die Boers. schuanen sum die es sich hier vorzüglich handelte! nur in dem Falle Halt ge¬ boten werden, wenn England die Schutzherrschaft über dieses übernähme, und zu einem so folgenschweren Vorgehen werde das Kabinet sich nicht wohl ent¬ schließen. Die konservative Presse war sehr andrer Meinung. Sie bemerkte nicht ohne Grund, daß mit der Bezeichnung „Südafrikanische Republik" An¬ spruch ans britisches Gebiet erhoben werde jetwa wie mit dem Namen der nord¬ amerikanischen Union „Vereinigte Staaten von Amerika," nicht „Nordamerika"! und verurteilte energisch eine Preisgebung der Betschuanen, die Englands Ver¬ bündete seien und ihm ihr Vertrauen geschenkt hätten. Die Verhandlungen über den Abschluß einer neuen Konvention zogen sich einige Wochen hin und endigten damit, daß die britische Negierung den Dele- girten der Boers verschiedne Zugeständnisse machte. Die finanziellen Ansprüche Englands wurden ermäßigt, da Lord Derby zugeben mußte, daß bei der Zer¬ streuung der Bevölkerung Transvaals und deren geringer Seßhaftigkeit Steuern schwer einzutreiben seien. Ferner machte der Minister für die Kolonien in der That keine Einwendungen gegen die Vertauschung des bisherigen Namens des Bvernstaates mit dem der „südafrikanischen Republik." Dagegen gab er den Vorstellungen des Vertreters der Kapkolonie, in denen darauf hingewiesen wurde, daß die Boers sich in der letzten Zeit fort und fort weiter über das zwischen dieser Kolonie und dem Transvaal sich erstreckende Gebiet der Bet¬ schuanen ausgedehnt hätten, und daß deshalb dieser große Stamm der Ein- gebornen unter das Protektorat der britischen Regierung gestellt werden müsse, insofern nach, als er hier eine bestimmte Demarkation und die Zusage der Boers verlangte, diese Scheidelinie nicht überschreiten zu wollen. Von der Proklmnirung eines förmlichen Protektorats über die Betschuanen und einer darauf bezüglichen Klausel in dem in Aussicht genommenen neuen Vertrage sah er ab, und so kam derselbe am 27. Februar 1884 zustande und wurde von Sir Hercules Robinson, Krüger, Sinn und Dudon unterzeichnet. Dieser Londoner Traktat enthält zwanzig Artikel, deren erster in aus¬ führlichster Weise Gebiet und Grenzen der „südafrikanischen Republik" bestimmt. Im zweiten heißt es: „Die Regierung der südafrikanischen Republik wird sich streng an die im ersten Artikel dieser Übereinkunft festgesetzten Grenzen halten und ihr äußerstes thun, um jeden ihrer Einwohner zu verhindern, daß er sich solcher Landstriche bemächtige, die jenseits besagter Grenzen liegen. Die Re¬ gierung der südafrikanischen Republik wird an den östlichen und westlichen Grenzen Kommissare ernennen, deren Pflicht es sein wird, sorgfältig über Un¬ regelmäßigkeiten und alle Verletzungen der Grenzen zu weichen. Die Regierung Ihrer Majestät wird, falls es notwendig ist, in den Gebieten der Eingebornen jenseits der Grenzen im Osten stgegen die Zulus j und im Westen sgegen die Betschuanen"! der südafrikanischen Republik Kommissare zur Aufrecht¬ haltung der Ordnung und zur Verhütung von Überschreitungen einsetzen."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/79>, abgerufen am 22.07.2024.