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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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England und die Boers.

Artikel 3 sagt: "Wenn ein britischer Beamter beauftragt wird, in Pre¬
toria oder sonstwo innerhalb der südafrikanischen Republik zu residiren
und Funktionen ähnlich denen eines Konsularbeamten auszuüben, so wird
ihm der Schutz und Beistand der Republik zuteil werden." Im vierten
Artikel wird bestimmt: "Die Südafrikanische Republik wird weder mit einem
andern Staate oder Volke als dem Oranjefreistaate einen Vertrag oder
eine Verpflichtung abschließen, noch mit irgendeinem eingebornen Stamme öst¬
lich oder westlich von der Republik, bis die Übereinkunft von Ihrer Majestät
der Königin gebilligt worden ist." Artikel 5 und 6 regeln die finanziellen
Obliegenheiten der Republik, wobei die Schuld von 265 000 Pfund Sterling
auf 250 000 ermäßigt wird. Artikel 7 sorgt dafür, daß die, welche bei den
Kämpfen von 1881 für England Partei ergriffen haben, deswegen weder
kriminell noch zivilgerichtlich verfolgt werden, und sichert ihnen alle ihre bürger¬
lichen Rechte, Artikel 8 lautet: "Die Südafrikanische Republik erneuert die im
Sandriver-Vertrag und der Übereinkunft von Pretoria abgegebene Erklärung, daß
die Regierung besagter Republik keine Sklaverei oder Äpprontiossliix, die etwas
von Sklaverei an sich trägt, dulden wird." Die übrigen Bestimmungen der
Konvention, in welcher nirgends mehr von einer Suzcräuetät der britischen
Krone die Rede ist, können hier folglich Übergänge" werden. Bald nach Ab¬
schluß des Vertrages begab sich die Delegation der Boers zunächst nach Holland,
um hier womöglich eine Anleihe zur Deckung der Summen, die sie England
schuldete, zu kontrcihiren. Im Haag wurden den Herren als südafrikanischen
Vettern, die tapfer und mit Erfolg für ihre Unabhängigkeit gestritten hatten,
von allen Schichten der Gesellschaft Ovationen bereitet. Ein Komitee, an dessen
Spitze der Bürgermeister der Residenzstadt stand, begrüßte sie bei ihrer Ankunft
auf dem Bahnhofe. Beinahe Tag für Tag fanden ihnen zu Ehren Bankette
und sonstige Vereinigungen statt, an welchen sich die angesehensten Männer
beteiligten. Der frühere Minister Graf Lynden van Scmdenburg und der
Präsident der zweiten Kammer veranstalteten Soireen, deren Mittelpunkt die
"Afrikanders" aus dem Transvaallande bildeten. Dabei fiel auf, daß, während
der General Sinn und Superintendent Dudon gutes modernes Holländisch
redeten, ihr Kollege, Präsident Krüger, sich eines Idioms bediente, wie es etwa
um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts in den Niederlanden gesprochen
worden war. Auch der Hof erwies den von der Bevölkerung gefeierten Gästen
die Ehre, sie zu empfangen und zu bewirten. Der Prinz von Oranien lud
Krüger zum Frühstück ein und gab der gesamten Delegation dann am Abend
ein Diner. Der König lehnte zwar einen Empfang der Delegation als solcher
ab, empfing aber später im Beisein seiner Gemahlin den Präsidenten Krüger.
In Amsterdam gab es wieder allgemeine Begeisterung und feierliche Sympathie¬
bezeugungen. Aber die Finanzoperation, welche die Vertreter der Boers im
Auge hatten, wollte, obwohl man anfangs einige Hoffnung haben durfte, nicht


England und die Boers.

Artikel 3 sagt: „Wenn ein britischer Beamter beauftragt wird, in Pre¬
toria oder sonstwo innerhalb der südafrikanischen Republik zu residiren
und Funktionen ähnlich denen eines Konsularbeamten auszuüben, so wird
ihm der Schutz und Beistand der Republik zuteil werden." Im vierten
Artikel wird bestimmt: „Die Südafrikanische Republik wird weder mit einem
andern Staate oder Volke als dem Oranjefreistaate einen Vertrag oder
eine Verpflichtung abschließen, noch mit irgendeinem eingebornen Stamme öst¬
lich oder westlich von der Republik, bis die Übereinkunft von Ihrer Majestät
der Königin gebilligt worden ist." Artikel 5 und 6 regeln die finanziellen
Obliegenheiten der Republik, wobei die Schuld von 265 000 Pfund Sterling
auf 250 000 ermäßigt wird. Artikel 7 sorgt dafür, daß die, welche bei den
Kämpfen von 1881 für England Partei ergriffen haben, deswegen weder
kriminell noch zivilgerichtlich verfolgt werden, und sichert ihnen alle ihre bürger¬
lichen Rechte, Artikel 8 lautet: „Die Südafrikanische Republik erneuert die im
Sandriver-Vertrag und der Übereinkunft von Pretoria abgegebene Erklärung, daß
die Regierung besagter Republik keine Sklaverei oder Äpprontiossliix, die etwas
von Sklaverei an sich trägt, dulden wird." Die übrigen Bestimmungen der
Konvention, in welcher nirgends mehr von einer Suzcräuetät der britischen
Krone die Rede ist, können hier folglich Übergänge» werden. Bald nach Ab¬
schluß des Vertrages begab sich die Delegation der Boers zunächst nach Holland,
um hier womöglich eine Anleihe zur Deckung der Summen, die sie England
schuldete, zu kontrcihiren. Im Haag wurden den Herren als südafrikanischen
Vettern, die tapfer und mit Erfolg für ihre Unabhängigkeit gestritten hatten,
von allen Schichten der Gesellschaft Ovationen bereitet. Ein Komitee, an dessen
Spitze der Bürgermeister der Residenzstadt stand, begrüßte sie bei ihrer Ankunft
auf dem Bahnhofe. Beinahe Tag für Tag fanden ihnen zu Ehren Bankette
und sonstige Vereinigungen statt, an welchen sich die angesehensten Männer
beteiligten. Der frühere Minister Graf Lynden van Scmdenburg und der
Präsident der zweiten Kammer veranstalteten Soireen, deren Mittelpunkt die
„Afrikanders" aus dem Transvaallande bildeten. Dabei fiel auf, daß, während
der General Sinn und Superintendent Dudon gutes modernes Holländisch
redeten, ihr Kollege, Präsident Krüger, sich eines Idioms bediente, wie es etwa
um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts in den Niederlanden gesprochen
worden war. Auch der Hof erwies den von der Bevölkerung gefeierten Gästen
die Ehre, sie zu empfangen und zu bewirten. Der Prinz von Oranien lud
Krüger zum Frühstück ein und gab der gesamten Delegation dann am Abend
ein Diner. Der König lehnte zwar einen Empfang der Delegation als solcher
ab, empfing aber später im Beisein seiner Gemahlin den Präsidenten Krüger.
In Amsterdam gab es wieder allgemeine Begeisterung und feierliche Sympathie¬
bezeugungen. Aber die Finanzoperation, welche die Vertreter der Boers im
Auge hatten, wollte, obwohl man anfangs einige Hoffnung haben durfte, nicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/80>, abgerufen am 22.07.2024.