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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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England und die Boers.

passe mit den Führern seiner Gegner ohne Verzug in Verhandlung über einen
Waffenstillstand, der später wiederholt verlängert wurde nud dann zu einem
Prälimincirfrieden führte, welcher zwischen Wood, den Führern der Boers und
dem zum Vermittler gewählten Präsidenten des Ormijefreistciats Brand am
25. März abgeschlossen wurde. Durch diese vorläufige Verständigung wurden
der britischen Krone von seiten der Boers gewisse Befugnisse innerhalb des
Transvaal eingeräumt, im übrigen aber das Recht desselben, sich selbst zu
regieren, im allgemeinen wieder festgestellt. Die Erledigung aller Einzelheiten
und die Formulirung des definitiven Friedensvertrages übertrug man einer
Kommission, die aus Sir Hercules Robinson, General Wood und dem Chef
der Justiz de Villiers bestand. Dieselbe machte sich unverweilt an die Aus¬
arbeitung einer Konvention, diese wurde vou den Führern der Boers annehmbar
befunden und gelangte am 3. August 1881 zur Unterzeichnung, worauf sich am
10. der alte Volksraad von neuem konstituirte.

England hatte hier nicht bloß im Hinblick auf die unvermutete Stärke
und das Waffenglück seiner republikanischen Gegner von der Fortsetzung der
Feindseligkeiten abgesehen und Nachgiebigkeit gegen die Forderungen der Boers
gezeigt, sondern auch in Erwägung der Stimmung, die sein Verhalten in
Transvaal bei den Nachbarn im Westen der Drakenberge und südlich vom
Vaalslusse, ja selbst in der Kapkolonie erregt hatte, und die während der
Wasfenstillstandsverhandlungen eine ziemlich bedrohliche Sprache führte. Mit
andern Worten: eine längere Fortsetzung des Krieges gegen die Insur¬
genten des Transvaal konnte leicht ernstlichere Verwicklungen zur Folge
haben, da die Boers sich in ihrem Widerstande gegen England und in ihrem
Verlangen nach Rückerstattung der mit der Sandriver-Konvention erlangten
Freiheit nicht nur der Sympathien ihrer Volksgenossen in dem Omnjesreistaate,
sondern auch in Natal und weiter südlich bis zum Kap erfreuten. Fanden doch
nach den englischen Blaubüchern im März 1881 allein in der Kapkolonie nicht
weniger als vierunddreißig Volksversammlungen statt, welche Resolutionen und
Petitionen beschlossen, in denen den Boers in unzweideutigen Worten Recht
gegeben wurde.

Der Vertrag von Pretoria, der am 3. August 1881 zwischen Robinson,
Wood und de Villiers auf britischer und Johann Paul Krüger, Martin Wessel
Pretorius und Peter Jakob Joubert auf südafrikanischer Seite abgeschlossen
worden war, trug den Charakter eines Kompromisses und gab den Boers ihre
Unabhängigkeit nur teilweise zurück. Die Einleitung verspricht und verbürgt
den Bewohnern des Transvaalgebietes nur "Gewährung vollständiger Selbst¬
regierung unter der Suzerünetät der Königin von England." Artikel 1
bestimmt die Grenzen "des Gebietes, weiches hierin jm der Konvention^ fortan
der "Transvaalstaat" genannt werden soll" -- also nicht, wie die Boers wollten,
die "Südafrikanische Republik." Artikel 2 wahrt der Königin und ihren Nach-


England und die Boers.

passe mit den Führern seiner Gegner ohne Verzug in Verhandlung über einen
Waffenstillstand, der später wiederholt verlängert wurde nud dann zu einem
Prälimincirfrieden führte, welcher zwischen Wood, den Führern der Boers und
dem zum Vermittler gewählten Präsidenten des Ormijefreistciats Brand am
25. März abgeschlossen wurde. Durch diese vorläufige Verständigung wurden
der britischen Krone von seiten der Boers gewisse Befugnisse innerhalb des
Transvaal eingeräumt, im übrigen aber das Recht desselben, sich selbst zu
regieren, im allgemeinen wieder festgestellt. Die Erledigung aller Einzelheiten
und die Formulirung des definitiven Friedensvertrages übertrug man einer
Kommission, die aus Sir Hercules Robinson, General Wood und dem Chef
der Justiz de Villiers bestand. Dieselbe machte sich unverweilt an die Aus¬
arbeitung einer Konvention, diese wurde vou den Führern der Boers annehmbar
befunden und gelangte am 3. August 1881 zur Unterzeichnung, worauf sich am
10. der alte Volksraad von neuem konstituirte.

England hatte hier nicht bloß im Hinblick auf die unvermutete Stärke
und das Waffenglück seiner republikanischen Gegner von der Fortsetzung der
Feindseligkeiten abgesehen und Nachgiebigkeit gegen die Forderungen der Boers
gezeigt, sondern auch in Erwägung der Stimmung, die sein Verhalten in
Transvaal bei den Nachbarn im Westen der Drakenberge und südlich vom
Vaalslusse, ja selbst in der Kapkolonie erregt hatte, und die während der
Wasfenstillstandsverhandlungen eine ziemlich bedrohliche Sprache führte. Mit
andern Worten: eine längere Fortsetzung des Krieges gegen die Insur¬
genten des Transvaal konnte leicht ernstlichere Verwicklungen zur Folge
haben, da die Boers sich in ihrem Widerstande gegen England und in ihrem
Verlangen nach Rückerstattung der mit der Sandriver-Konvention erlangten
Freiheit nicht nur der Sympathien ihrer Volksgenossen in dem Omnjesreistaate,
sondern auch in Natal und weiter südlich bis zum Kap erfreuten. Fanden doch
nach den englischen Blaubüchern im März 1881 allein in der Kapkolonie nicht
weniger als vierunddreißig Volksversammlungen statt, welche Resolutionen und
Petitionen beschlossen, in denen den Boers in unzweideutigen Worten Recht
gegeben wurde.

Der Vertrag von Pretoria, der am 3. August 1881 zwischen Robinson,
Wood und de Villiers auf britischer und Johann Paul Krüger, Martin Wessel
Pretorius und Peter Jakob Joubert auf südafrikanischer Seite abgeschlossen
worden war, trug den Charakter eines Kompromisses und gab den Boers ihre
Unabhängigkeit nur teilweise zurück. Die Einleitung verspricht und verbürgt
den Bewohnern des Transvaalgebietes nur „Gewährung vollständiger Selbst¬
regierung unter der Suzerünetät der Königin von England." Artikel 1
bestimmt die Grenzen „des Gebietes, weiches hierin jm der Konvention^ fortan
der »Transvaalstaat« genannt werden soll" — also nicht, wie die Boers wollten,
die „Südafrikanische Republik." Artikel 2 wahrt der Königin und ihren Nach-


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[0075] England und die Boers. passe mit den Führern seiner Gegner ohne Verzug in Verhandlung über einen Waffenstillstand, der später wiederholt verlängert wurde nud dann zu einem Prälimincirfrieden führte, welcher zwischen Wood, den Führern der Boers und dem zum Vermittler gewählten Präsidenten des Ormijefreistciats Brand am 25. März abgeschlossen wurde. Durch diese vorläufige Verständigung wurden der britischen Krone von seiten der Boers gewisse Befugnisse innerhalb des Transvaal eingeräumt, im übrigen aber das Recht desselben, sich selbst zu regieren, im allgemeinen wieder festgestellt. Die Erledigung aller Einzelheiten und die Formulirung des definitiven Friedensvertrages übertrug man einer Kommission, die aus Sir Hercules Robinson, General Wood und dem Chef der Justiz de Villiers bestand. Dieselbe machte sich unverweilt an die Aus¬ arbeitung einer Konvention, diese wurde vou den Führern der Boers annehmbar befunden und gelangte am 3. August 1881 zur Unterzeichnung, worauf sich am 10. der alte Volksraad von neuem konstituirte. England hatte hier nicht bloß im Hinblick auf die unvermutete Stärke und das Waffenglück seiner republikanischen Gegner von der Fortsetzung der Feindseligkeiten abgesehen und Nachgiebigkeit gegen die Forderungen der Boers gezeigt, sondern auch in Erwägung der Stimmung, die sein Verhalten in Transvaal bei den Nachbarn im Westen der Drakenberge und südlich vom Vaalslusse, ja selbst in der Kapkolonie erregt hatte, und die während der Wasfenstillstandsverhandlungen eine ziemlich bedrohliche Sprache führte. Mit andern Worten: eine längere Fortsetzung des Krieges gegen die Insur¬ genten des Transvaal konnte leicht ernstlichere Verwicklungen zur Folge haben, da die Boers sich in ihrem Widerstande gegen England und in ihrem Verlangen nach Rückerstattung der mit der Sandriver-Konvention erlangten Freiheit nicht nur der Sympathien ihrer Volksgenossen in dem Omnjesreistaate, sondern auch in Natal und weiter südlich bis zum Kap erfreuten. Fanden doch nach den englischen Blaubüchern im März 1881 allein in der Kapkolonie nicht weniger als vierunddreißig Volksversammlungen statt, welche Resolutionen und Petitionen beschlossen, in denen den Boers in unzweideutigen Worten Recht gegeben wurde. Der Vertrag von Pretoria, der am 3. August 1881 zwischen Robinson, Wood und de Villiers auf britischer und Johann Paul Krüger, Martin Wessel Pretorius und Peter Jakob Joubert auf südafrikanischer Seite abgeschlossen worden war, trug den Charakter eines Kompromisses und gab den Boers ihre Unabhängigkeit nur teilweise zurück. Die Einleitung verspricht und verbürgt den Bewohnern des Transvaalgebietes nur „Gewährung vollständiger Selbst¬ regierung unter der Suzerünetät der Königin von England." Artikel 1 bestimmt die Grenzen „des Gebietes, weiches hierin jm der Konvention^ fortan der »Transvaalstaat« genannt werden soll" — also nicht, wie die Boers wollten, die „Südafrikanische Republik." Artikel 2 wahrt der Königin und ihren Nach-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/75>, abgerufen am 22.07.2024.