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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Verkauf seiner Gemälde bedacht war. Im Jahre 1613 war sein Ruhm soweit
verbreitet, daß er für ein "Paradies" in einem Briefe an Bicmchi schon acht¬
hundert Gulden fordern durfte, mit dem Bemerken, daß er überall einen gleichen
Preis für ein Bild solcher Qualität erhalte. Selbst Rubens erzielte um diese
Zeit noch keine höhern Preise für seine Bilder. Für einen sechs Fuß hohen
und drei Fuß breiten "Prometheus auf dem Kaukasus," auf welchem der Adler
noch dazu von Snyders gemalt war, forderte er im Jahre 1618 fünfhundert
Gulden.

Gleichwohl gewann natürlich eine Landschaft von Brueghel bedeutend an
Wert, sobald Rubens die Figuren darin malte. Eines der schönsten Stücke,
auf welchem Rubens in der Feinheit und Zartheit der Durchführung, in Schmelz
und Transparenz des Kolorits mit dem ausgezeichnetsten Feinmaler der flämischen
Schule wetteiferte, ist das Paradies im Museum des Haag. Hier hat Rubens
die Gestalten von Adam und Eva, welche im Begriff ist, die verbotene Frucht
zu pflücken, in den Mittelgrund hineingemalt. Auf einer Landschaft der Ber¬
liner Galerie ist der heilige Hubertus, welchem der Hirsch mit dem Kruzifix
zwischen dem Geweih begegnet, von Rubens' Hand. Die Münchener Pinakothek
besitzt ein Gemälde, auf welchem die von der Jagd ermüdeten und eingeschlafenen
Nymphen der Diana, die von Satyrn belauscht werden, und wahrscheinlich auch
die Landschaft von Rubens gemalt sind, während die auf dem Erdboden liegende
Jagdbeute von Brueghel ausgeführt ist: Federwild, Rehe, Hasen und dazwischen
zwei Jagdhörner. Auch in der Entfaltung reichster Farbenpracht wetteifern
beide Künstler auf einem Bilde derselben Galerie. Hier wird ein Madonnen¬
bild von einer üppigen Blnmenguirlande umkränzt, welche von elf Engelsbübchen
gehalten wird. Die Mutter mit dem heiligen Kinde ist im Kolorit so lebendig
und glühend gehalten, daß man trotz des Nahmens, welcher auf einem Tische
steht, an ein lebendes Bild denken möchte. Gleichwohl bleibt der Farbenzauber,
welcher von dem Blumenkranz ausgeht, nicht dahinter zurück. Es sind Rosen,
Lilien, Tulpen, Schneeballen, Nelken, Maßliebchen und andre Blumen, welche
sämtlich so getreu und charaktervoll gemalt sind, daß sie der Pflanzcnknndige
leicht bestimmen kann. Kein Wunder! Arbeitete doch Brueghel mit unermüd¬
licher Geduld nach der Natur. Bei strengem Winter mußte er das Blumen-
maler unterbrechen und seine Auftraggeber auf milderes Wetter vertrösten. Er
ließ sich sogar die Mühe nicht verdrießen, gelegentlich nach Brüssel zu fahren,
um dort Blume"? zu malen, die in Antwerpen nicht aufzutreiben waren. Wir
erfahren diese Einzelheiten wiederum aus jener Mailändischen Korrespondenz,
welche sich im Jahre 1606 um ein Blumenstück in naturgroße dreht, das
Brueghel für den Kardinal in Arbeit hatte. "Es sind an Zahl mehr als
hundert Blumen darin, schreibt er, zum großem Teile alle selten und schön-
Gewöhnliche Blumen sind Lilien, Rosen, Nelken und Veilchen. Die andern
sind außergewöhnlich, einige darunter, die man in unserm Lande noch nicht


Verkauf seiner Gemälde bedacht war. Im Jahre 1613 war sein Ruhm soweit
verbreitet, daß er für ein „Paradies" in einem Briefe an Bicmchi schon acht¬
hundert Gulden fordern durfte, mit dem Bemerken, daß er überall einen gleichen
Preis für ein Bild solcher Qualität erhalte. Selbst Rubens erzielte um diese
Zeit noch keine höhern Preise für seine Bilder. Für einen sechs Fuß hohen
und drei Fuß breiten „Prometheus auf dem Kaukasus," auf welchem der Adler
noch dazu von Snyders gemalt war, forderte er im Jahre 1618 fünfhundert
Gulden.

Gleichwohl gewann natürlich eine Landschaft von Brueghel bedeutend an
Wert, sobald Rubens die Figuren darin malte. Eines der schönsten Stücke,
auf welchem Rubens in der Feinheit und Zartheit der Durchführung, in Schmelz
und Transparenz des Kolorits mit dem ausgezeichnetsten Feinmaler der flämischen
Schule wetteiferte, ist das Paradies im Museum des Haag. Hier hat Rubens
die Gestalten von Adam und Eva, welche im Begriff ist, die verbotene Frucht
zu pflücken, in den Mittelgrund hineingemalt. Auf einer Landschaft der Ber¬
liner Galerie ist der heilige Hubertus, welchem der Hirsch mit dem Kruzifix
zwischen dem Geweih begegnet, von Rubens' Hand. Die Münchener Pinakothek
besitzt ein Gemälde, auf welchem die von der Jagd ermüdeten und eingeschlafenen
Nymphen der Diana, die von Satyrn belauscht werden, und wahrscheinlich auch
die Landschaft von Rubens gemalt sind, während die auf dem Erdboden liegende
Jagdbeute von Brueghel ausgeführt ist: Federwild, Rehe, Hasen und dazwischen
zwei Jagdhörner. Auch in der Entfaltung reichster Farbenpracht wetteifern
beide Künstler auf einem Bilde derselben Galerie. Hier wird ein Madonnen¬
bild von einer üppigen Blnmenguirlande umkränzt, welche von elf Engelsbübchen
gehalten wird. Die Mutter mit dem heiligen Kinde ist im Kolorit so lebendig
und glühend gehalten, daß man trotz des Nahmens, welcher auf einem Tische
steht, an ein lebendes Bild denken möchte. Gleichwohl bleibt der Farbenzauber,
welcher von dem Blumenkranz ausgeht, nicht dahinter zurück. Es sind Rosen,
Lilien, Tulpen, Schneeballen, Nelken, Maßliebchen und andre Blumen, welche
sämtlich so getreu und charaktervoll gemalt sind, daß sie der Pflanzcnknndige
leicht bestimmen kann. Kein Wunder! Arbeitete doch Brueghel mit unermüd¬
licher Geduld nach der Natur. Bei strengem Winter mußte er das Blumen-
maler unterbrechen und seine Auftraggeber auf milderes Wetter vertrösten. Er
ließ sich sogar die Mühe nicht verdrießen, gelegentlich nach Brüssel zu fahren,
um dort Blume«? zu malen, die in Antwerpen nicht aufzutreiben waren. Wir
erfahren diese Einzelheiten wiederum aus jener Mailändischen Korrespondenz,
welche sich im Jahre 1606 um ein Blumenstück in naturgroße dreht, das
Brueghel für den Kardinal in Arbeit hatte. „Es sind an Zahl mehr als
hundert Blumen darin, schreibt er, zum großem Teile alle selten und schön-
Gewöhnliche Blumen sind Lilien, Rosen, Nelken und Veilchen. Die andern
sind außergewöhnlich, einige darunter, die man in unserm Lande noch nicht


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[0312] Verkauf seiner Gemälde bedacht war. Im Jahre 1613 war sein Ruhm soweit verbreitet, daß er für ein „Paradies" in einem Briefe an Bicmchi schon acht¬ hundert Gulden fordern durfte, mit dem Bemerken, daß er überall einen gleichen Preis für ein Bild solcher Qualität erhalte. Selbst Rubens erzielte um diese Zeit noch keine höhern Preise für seine Bilder. Für einen sechs Fuß hohen und drei Fuß breiten „Prometheus auf dem Kaukasus," auf welchem der Adler noch dazu von Snyders gemalt war, forderte er im Jahre 1618 fünfhundert Gulden. Gleichwohl gewann natürlich eine Landschaft von Brueghel bedeutend an Wert, sobald Rubens die Figuren darin malte. Eines der schönsten Stücke, auf welchem Rubens in der Feinheit und Zartheit der Durchführung, in Schmelz und Transparenz des Kolorits mit dem ausgezeichnetsten Feinmaler der flämischen Schule wetteiferte, ist das Paradies im Museum des Haag. Hier hat Rubens die Gestalten von Adam und Eva, welche im Begriff ist, die verbotene Frucht zu pflücken, in den Mittelgrund hineingemalt. Auf einer Landschaft der Ber¬ liner Galerie ist der heilige Hubertus, welchem der Hirsch mit dem Kruzifix zwischen dem Geweih begegnet, von Rubens' Hand. Die Münchener Pinakothek besitzt ein Gemälde, auf welchem die von der Jagd ermüdeten und eingeschlafenen Nymphen der Diana, die von Satyrn belauscht werden, und wahrscheinlich auch die Landschaft von Rubens gemalt sind, während die auf dem Erdboden liegende Jagdbeute von Brueghel ausgeführt ist: Federwild, Rehe, Hasen und dazwischen zwei Jagdhörner. Auch in der Entfaltung reichster Farbenpracht wetteifern beide Künstler auf einem Bilde derselben Galerie. Hier wird ein Madonnen¬ bild von einer üppigen Blnmenguirlande umkränzt, welche von elf Engelsbübchen gehalten wird. Die Mutter mit dem heiligen Kinde ist im Kolorit so lebendig und glühend gehalten, daß man trotz des Nahmens, welcher auf einem Tische steht, an ein lebendes Bild denken möchte. Gleichwohl bleibt der Farbenzauber, welcher von dem Blumenkranz ausgeht, nicht dahinter zurück. Es sind Rosen, Lilien, Tulpen, Schneeballen, Nelken, Maßliebchen und andre Blumen, welche sämtlich so getreu und charaktervoll gemalt sind, daß sie der Pflanzcnknndige leicht bestimmen kann. Kein Wunder! Arbeitete doch Brueghel mit unermüd¬ licher Geduld nach der Natur. Bei strengem Winter mußte er das Blumen- maler unterbrechen und seine Auftraggeber auf milderes Wetter vertrösten. Er ließ sich sogar die Mühe nicht verdrießen, gelegentlich nach Brüssel zu fahren, um dort Blume«? zu malen, die in Antwerpen nicht aufzutreiben waren. Wir erfahren diese Einzelheiten wiederum aus jener Mailändischen Korrespondenz, welche sich im Jahre 1606 um ein Blumenstück in naturgroße dreht, das Brueghel für den Kardinal in Arbeit hatte. „Es sind an Zahl mehr als hundert Blumen darin, schreibt er, zum großem Teile alle selten und schön- Gewöhnliche Blumen sind Lilien, Rosen, Nelken und Veilchen. Die andern sind außergewöhnlich, einige darunter, die man in unserm Lande noch nicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/312>, abgerufen am 01.07.2024.