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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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richtigen Schritt gethan, sie ist nicht nur entschlossen, Erfüllung von Verträgen
zu fordern, sondern hat auch die Mittel zur Erzwingung ihrer Forderung be¬
schafft. Was wir uns selbst und was wir den Eingebornen schulden, die ihr
Vertrauen auf uns gesetzt haben, wird, so nehmen wir an, gewissenhaft und
befriedigend erfüllt werden, und die Betschuanen, deren wachsende Gesittung so
schwer verletzt, deren Fleiß, deren gute Aufführung und deren Ehrlichkeit so
übel belohnt worden sind, werden hoffentlich auf soliderer Basis von neuem
einen Anfang machen können. . . , Sir Charles Warren ist ein Mann von
außerordentlicher Erfahrung, Er macht jetzt nicht zum ersten male Bekannt¬
schaft mit dem Volke und dem Lande. Er kennt sowohl den Charakter der
Boers als den der Eingebornen, und da er mit tüchtigen Weisungen ausge¬
rüstet ist, so kann es keine Frage sein, daß er seinen Auftrag befriedigend aus¬
führen wird, , , . Aber die Wirren im Betschnanenlande sind nur ein Punkt
in der weit größeren und wichtigeren Frage, die jetzt zur Sprache kommen und
entschieden werden muß. Wer soll in Südafrika herrschen? Eine sehr
eigentümliche Frage heutzutage! Die Königin Victoria herrscht in Süd¬
afrika, nicht der König von Holland, nicht Präsident Krüger oder Präsi¬
dent Brand, nicht der Zuluhäuptliug Dinizulu oder Herr Upingtou, Ohne
Frage giebt es in dein uns von unsern Vorvätern vererbten Lande drei
Nassen: die Eingebornen, welche die bei weitem überwiegende Mehrzahl bilden,
die Holländer, die das alte Land zum Teil verlassen haben, und die Engländer,
Die ersten können keinerlei Regierung zustande bringen, welche in den Angen der
Zivilisation irgend erträglich wäre. Die zweiten begünstigen nach Sir Bartle
Frere ein System, das wir in seiner besten Gestalt in Java sehen, das aber
der britischen Billigkeit und Gerechtigkeit ganz und gar widerspricht, weil es
die eingebornen Nassen als Heloten oder Knechte betrachtet, die menschlich zu
behandeln, aber nicht von Natur aus so beschaffen sind, daß man sie praktisch
irgendwie auf gleiche Stufe mit den weißen Rassen stellen dürfte. Die Eng¬
länder andrerseits erkennen an, daß alle Rassen vor dem Gesetze wesentlich
gleichberechtigt sind. Nach diesem Grundsätze sind wir, wie Sir Bartle Frere
schrieb, zwei Generationen hindurch mit den Eingebornen Südafrikas mehr oder
minder gleichförmig und erfolgreich verfahren, und unsre Kolonien sind dabei
zu einem großen Reiche geworden. Wir sehen keinen zwingenden Grund, von
dieser Praxis abzugehen. , . . Neben der Nützlichkeit und Gerechtigkeit unsrer
Regierungsmethode steht aber die Thatsache, daß Südafrika einen bedeutenden
Handel hat, und daß durch das Land der britischen Kolonien die Straße nach
dem Innern läuft, welches die in Berlin zusanunenberufenen Mächte mit solchem
Eifer in Verbindung mit Europa zu bringen bemüht sind. Der Weg, über
welchen der Handel sich bewegen würde, ist derjenige, dessen sich jetzt die Horden
bemächtigt haben, welche räuberisch ins Betschucmenlaud eingebrochen sind. Die
Kapkolonie ist in ihrem eignen Interesse verpflichtet, zur Sicherstellung dieses


richtigen Schritt gethan, sie ist nicht nur entschlossen, Erfüllung von Verträgen
zu fordern, sondern hat auch die Mittel zur Erzwingung ihrer Forderung be¬
schafft. Was wir uns selbst und was wir den Eingebornen schulden, die ihr
Vertrauen auf uns gesetzt haben, wird, so nehmen wir an, gewissenhaft und
befriedigend erfüllt werden, und die Betschuanen, deren wachsende Gesittung so
schwer verletzt, deren Fleiß, deren gute Aufführung und deren Ehrlichkeit so
übel belohnt worden sind, werden hoffentlich auf soliderer Basis von neuem
einen Anfang machen können. . . , Sir Charles Warren ist ein Mann von
außerordentlicher Erfahrung, Er macht jetzt nicht zum ersten male Bekannt¬
schaft mit dem Volke und dem Lande. Er kennt sowohl den Charakter der
Boers als den der Eingebornen, und da er mit tüchtigen Weisungen ausge¬
rüstet ist, so kann es keine Frage sein, daß er seinen Auftrag befriedigend aus¬
führen wird, , , . Aber die Wirren im Betschnanenlande sind nur ein Punkt
in der weit größeren und wichtigeren Frage, die jetzt zur Sprache kommen und
entschieden werden muß. Wer soll in Südafrika herrschen? Eine sehr
eigentümliche Frage heutzutage! Die Königin Victoria herrscht in Süd¬
afrika, nicht der König von Holland, nicht Präsident Krüger oder Präsi¬
dent Brand, nicht der Zuluhäuptliug Dinizulu oder Herr Upingtou, Ohne
Frage giebt es in dein uns von unsern Vorvätern vererbten Lande drei
Nassen: die Eingebornen, welche die bei weitem überwiegende Mehrzahl bilden,
die Holländer, die das alte Land zum Teil verlassen haben, und die Engländer,
Die ersten können keinerlei Regierung zustande bringen, welche in den Angen der
Zivilisation irgend erträglich wäre. Die zweiten begünstigen nach Sir Bartle
Frere ein System, das wir in seiner besten Gestalt in Java sehen, das aber
der britischen Billigkeit und Gerechtigkeit ganz und gar widerspricht, weil es
die eingebornen Nassen als Heloten oder Knechte betrachtet, die menschlich zu
behandeln, aber nicht von Natur aus so beschaffen sind, daß man sie praktisch
irgendwie auf gleiche Stufe mit den weißen Rassen stellen dürfte. Die Eng¬
länder andrerseits erkennen an, daß alle Rassen vor dem Gesetze wesentlich
gleichberechtigt sind. Nach diesem Grundsätze sind wir, wie Sir Bartle Frere
schrieb, zwei Generationen hindurch mit den Eingebornen Südafrikas mehr oder
minder gleichförmig und erfolgreich verfahren, und unsre Kolonien sind dabei
zu einem großen Reiche geworden. Wir sehen keinen zwingenden Grund, von
dieser Praxis abzugehen. , . . Neben der Nützlichkeit und Gerechtigkeit unsrer
Regierungsmethode steht aber die Thatsache, daß Südafrika einen bedeutenden
Handel hat, und daß durch das Land der britischen Kolonien die Straße nach
dem Innern läuft, welches die in Berlin zusanunenberufenen Mächte mit solchem
Eifer in Verbindung mit Europa zu bringen bemüht sind. Der Weg, über
welchen der Handel sich bewegen würde, ist derjenige, dessen sich jetzt die Horden
bemächtigt haben, welche räuberisch ins Betschucmenlaud eingebrochen sind. Die
Kapkolonie ist in ihrem eignen Interesse verpflichtet, zur Sicherstellung dieses


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/128>, abgerufen am 22.07.2024.