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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.

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Die cLrhaltung und Wiederherstellung älterer Bau- und Uunstdenkmäler.

Leider ist für diese Frage das Reich nicht zuständig; es ist daher Sache
der Einzelstaaten, bezüglich der Provinzen, sie in die Hand zu nehmen. Unter
den zu lösenden Aufgaben ist eine der dringendsten die Feststellung des gegen¬
wärtigen Bestandes, die Jnventarisation. Wie leicht kann ein Krieg oder ein
elementares Ereignis unsern gegenwärtig noch so stolzen und schönen Besitz zer¬
stören oder vermindern! Da gilt es Vorsorge zu treffen, daß unsre Nachkommen
später auf alle Fälle wissen, was wir gehabt haben und wie es ausgesehen hat.
Vor allem müssen wir das selbst genau erfahren. Diese Jnventarisation ist jetzt
fast überall in mehr oder weniger gutem Gange. Den preußischen Provinzen*)
ist durch das Dotationsgesetz von 1874 zwar nicht ein Zwang, aber eine Art
sittlicher Verpflichtung auferlegt worden, für die in ihrem Gebiete gelegenen
Kunstdenkmäler zu sorgen. Die meisten haben das auch in ihrem wohlver¬
standenen Interesse gethan, und Posen und Schlesien, die bisher sehr zurück¬
haltend waren, scheinen jetzt auch willfähriger werden zu wollen. Bereits fertig
find die Arbeiten über Hannover und Hessen-Nassau. Mitten in tüchtiger Aus¬
führung begriffen sind die Provinzen Sachsen und Westfalen. Bei den übrigen
sind mit Ausnahme von Posen und Schlesien die Vorarbeiten im Gange. Von
Staatswegen waren für die Provinz Preußen die Arbeiten bereits früher be¬
gonnen, und Privatunternehmungen liegen mehrere vor. Von den übrigen
Staaten haben sich kürzlich die thüringischen Staaten, mit alleiniger Ausnahme
von Schwarzburg-Sondershausen, zu einem gemeinsamen Vorgehen zusammen-
gethan; das Königreich Sachsen hat bereits ein zweites Heft herausgegeben, in
Baden, Württemberg, Baiern ist die Sache beschlossen, Elsaß-Lothringen ist bei
voller Arbeit. Über die andern deutschen Staaten bin ich im Augenblick nicht
genau unterrichtet. Die Veröffentlichungen, die bisher erschienen sind, betreffen
zwar nur zum Teil Gegenden, die kunstgeschichtlich wichtig sind, aber trotzdem
läßt sich bereits jetzt erkennen, ein wie ungeheures Material bisher uoch großen¬
teils unbekannt war, wie viel noch gefunden werden, und wie sich dann erst
ein richtiger Überblick gewinnen lassen wird.

Dieses Einzelvorgehen der deutschen Landschaften hat vielleicht das Gute,
daß die Arbeiten schneller zum Abschluß gelangen werden. Aber einen Nach¬
teil hat es bisher doch im Gefolge gehobt, nämlich den großer Ungleichheit.
Die erschienenen Hefte weichen in der äußern Erscheinung wie in der innern
Gestaltung so sehr von einander ab, daß eine gemeinsame Besprechung der
Herausgeber zur Hebung dieses Übelstandes dringend wünschenswert erscheint,
zumal da eine Einigung garnicht so schwer fallen dürfte. Die vornehmlichsten
Punkte möchte ich hier kurz berühren. Als Format wird sich am besten Quart
empfehlen, es hält die richtige Mitte zwischen dem unförmlichen, kaum zu hand-



*) Vergl. Jastrow, Zur Erforschung und Erhaltung der Kuustdenkmciler im preußisch",
Staatsgebiet. Mai-Juni-Hest der Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde, 1883.
Die cLrhaltung und Wiederherstellung älterer Bau- und Uunstdenkmäler.

Leider ist für diese Frage das Reich nicht zuständig; es ist daher Sache
der Einzelstaaten, bezüglich der Provinzen, sie in die Hand zu nehmen. Unter
den zu lösenden Aufgaben ist eine der dringendsten die Feststellung des gegen¬
wärtigen Bestandes, die Jnventarisation. Wie leicht kann ein Krieg oder ein
elementares Ereignis unsern gegenwärtig noch so stolzen und schönen Besitz zer¬
stören oder vermindern! Da gilt es Vorsorge zu treffen, daß unsre Nachkommen
später auf alle Fälle wissen, was wir gehabt haben und wie es ausgesehen hat.
Vor allem müssen wir das selbst genau erfahren. Diese Jnventarisation ist jetzt
fast überall in mehr oder weniger gutem Gange. Den preußischen Provinzen*)
ist durch das Dotationsgesetz von 1874 zwar nicht ein Zwang, aber eine Art
sittlicher Verpflichtung auferlegt worden, für die in ihrem Gebiete gelegenen
Kunstdenkmäler zu sorgen. Die meisten haben das auch in ihrem wohlver¬
standenen Interesse gethan, und Posen und Schlesien, die bisher sehr zurück¬
haltend waren, scheinen jetzt auch willfähriger werden zu wollen. Bereits fertig
find die Arbeiten über Hannover und Hessen-Nassau. Mitten in tüchtiger Aus¬
führung begriffen sind die Provinzen Sachsen und Westfalen. Bei den übrigen
sind mit Ausnahme von Posen und Schlesien die Vorarbeiten im Gange. Von
Staatswegen waren für die Provinz Preußen die Arbeiten bereits früher be¬
gonnen, und Privatunternehmungen liegen mehrere vor. Von den übrigen
Staaten haben sich kürzlich die thüringischen Staaten, mit alleiniger Ausnahme
von Schwarzburg-Sondershausen, zu einem gemeinsamen Vorgehen zusammen-
gethan; das Königreich Sachsen hat bereits ein zweites Heft herausgegeben, in
Baden, Württemberg, Baiern ist die Sache beschlossen, Elsaß-Lothringen ist bei
voller Arbeit. Über die andern deutschen Staaten bin ich im Augenblick nicht
genau unterrichtet. Die Veröffentlichungen, die bisher erschienen sind, betreffen
zwar nur zum Teil Gegenden, die kunstgeschichtlich wichtig sind, aber trotzdem
läßt sich bereits jetzt erkennen, ein wie ungeheures Material bisher uoch großen¬
teils unbekannt war, wie viel noch gefunden werden, und wie sich dann erst
ein richtiger Überblick gewinnen lassen wird.

Dieses Einzelvorgehen der deutschen Landschaften hat vielleicht das Gute,
daß die Arbeiten schneller zum Abschluß gelangen werden. Aber einen Nach¬
teil hat es bisher doch im Gefolge gehobt, nämlich den großer Ungleichheit.
Die erschienenen Hefte weichen in der äußern Erscheinung wie in der innern
Gestaltung so sehr von einander ab, daß eine gemeinsame Besprechung der
Herausgeber zur Hebung dieses Übelstandes dringend wünschenswert erscheint,
zumal da eine Einigung garnicht so schwer fallen dürfte. Die vornehmlichsten
Punkte möchte ich hier kurz berühren. Als Format wird sich am besten Quart
empfehlen, es hält die richtige Mitte zwischen dem unförmlichen, kaum zu hand-



*) Vergl. Jastrow, Zur Erforschung und Erhaltung der Kuustdenkmciler im preußisch«,
Staatsgebiet. Mai-Juni-Hest der Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde, 1883.
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[0092] Die cLrhaltung und Wiederherstellung älterer Bau- und Uunstdenkmäler. Leider ist für diese Frage das Reich nicht zuständig; es ist daher Sache der Einzelstaaten, bezüglich der Provinzen, sie in die Hand zu nehmen. Unter den zu lösenden Aufgaben ist eine der dringendsten die Feststellung des gegen¬ wärtigen Bestandes, die Jnventarisation. Wie leicht kann ein Krieg oder ein elementares Ereignis unsern gegenwärtig noch so stolzen und schönen Besitz zer¬ stören oder vermindern! Da gilt es Vorsorge zu treffen, daß unsre Nachkommen später auf alle Fälle wissen, was wir gehabt haben und wie es ausgesehen hat. Vor allem müssen wir das selbst genau erfahren. Diese Jnventarisation ist jetzt fast überall in mehr oder weniger gutem Gange. Den preußischen Provinzen*) ist durch das Dotationsgesetz von 1874 zwar nicht ein Zwang, aber eine Art sittlicher Verpflichtung auferlegt worden, für die in ihrem Gebiete gelegenen Kunstdenkmäler zu sorgen. Die meisten haben das auch in ihrem wohlver¬ standenen Interesse gethan, und Posen und Schlesien, die bisher sehr zurück¬ haltend waren, scheinen jetzt auch willfähriger werden zu wollen. Bereits fertig find die Arbeiten über Hannover und Hessen-Nassau. Mitten in tüchtiger Aus¬ führung begriffen sind die Provinzen Sachsen und Westfalen. Bei den übrigen sind mit Ausnahme von Posen und Schlesien die Vorarbeiten im Gange. Von Staatswegen waren für die Provinz Preußen die Arbeiten bereits früher be¬ gonnen, und Privatunternehmungen liegen mehrere vor. Von den übrigen Staaten haben sich kürzlich die thüringischen Staaten, mit alleiniger Ausnahme von Schwarzburg-Sondershausen, zu einem gemeinsamen Vorgehen zusammen- gethan; das Königreich Sachsen hat bereits ein zweites Heft herausgegeben, in Baden, Württemberg, Baiern ist die Sache beschlossen, Elsaß-Lothringen ist bei voller Arbeit. Über die andern deutschen Staaten bin ich im Augenblick nicht genau unterrichtet. Die Veröffentlichungen, die bisher erschienen sind, betreffen zwar nur zum Teil Gegenden, die kunstgeschichtlich wichtig sind, aber trotzdem läßt sich bereits jetzt erkennen, ein wie ungeheures Material bisher uoch großen¬ teils unbekannt war, wie viel noch gefunden werden, und wie sich dann erst ein richtiger Überblick gewinnen lassen wird. Dieses Einzelvorgehen der deutschen Landschaften hat vielleicht das Gute, daß die Arbeiten schneller zum Abschluß gelangen werden. Aber einen Nach¬ teil hat es bisher doch im Gefolge gehobt, nämlich den großer Ungleichheit. Die erschienenen Hefte weichen in der äußern Erscheinung wie in der innern Gestaltung so sehr von einander ab, daß eine gemeinsame Besprechung der Herausgeber zur Hebung dieses Übelstandes dringend wünschenswert erscheint, zumal da eine Einigung garnicht so schwer fallen dürfte. Die vornehmlichsten Punkte möchte ich hier kurz berühren. Als Format wird sich am besten Quart empfehlen, es hält die richtige Mitte zwischen dem unförmlichen, kaum zu hand- *) Vergl. Jastrow, Zur Erforschung und Erhaltung der Kuustdenkmciler im preußisch«, Staatsgebiet. Mai-Juni-Hest der Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde, 1883.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_158199/92>, abgerufen am 25.08.2024.