Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Erstes Quartal.Auf der Leiter des Glücks. Diese Reflexionen stellte Kaspar Benedikt nach seiner Weise im stillen an. Liebe Frau, sagte er, ich denke mir, dies merkwürdige Besitztum wird deu Er gefiel mir ausnehmend, begütigte Frau Anna. Auch mir, stimmte der Fabrikant bei. Aber du sagtest doch -- Daß ihm bei seiner Jugend und seinem ungestümen Temperament im Nun, hie und da ein Nelkenstöckchcn zu setzen -- Aber als ob uns jemand daran hinderte! fiel der Gemahl ihr ins Wort. Ist Kaspar! Oder eine Lachenalia, wo sich ein Draco -- Kaspar Benedikt! Wo sich ein Dracocepha -- Aber bester Hartig! Wo sich ein Dracocephalnm, zu deutsch ein Drachenkopf, wohl fühlt. Frau Anna mußte sich setzen. Dn bist über Nacht ein Lateiner geworden? Wenigstens ein angehender Botaniker, lachte der Fabrikant. Was ich sagen Auf der Leiter des Glücks. Diese Reflexionen stellte Kaspar Benedikt nach seiner Weise im stillen an. Liebe Frau, sagte er, ich denke mir, dies merkwürdige Besitztum wird deu Er gefiel mir ausnehmend, begütigte Frau Anna. Auch mir, stimmte der Fabrikant bei. Aber du sagtest doch — Daß ihm bei seiner Jugend und seinem ungestümen Temperament im Nun, hie und da ein Nelkenstöckchcn zu setzen — Aber als ob uns jemand daran hinderte! fiel der Gemahl ihr ins Wort. Ist Kaspar! Oder eine Lachenalia, wo sich ein Draco — Kaspar Benedikt! Wo sich ein Dracocepha — Aber bester Hartig! Wo sich ein Dracocephalnm, zu deutsch ein Drachenkopf, wohl fühlt. Frau Anna mußte sich setzen. Dn bist über Nacht ein Lateiner geworden? Wenigstens ein angehender Botaniker, lachte der Fabrikant. Was ich sagen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0111" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154994"/> <fw type="header" place="top"> Auf der Leiter des Glücks.</fw><lb/> <p xml:id="ID_375"> Diese Reflexionen stellte Kaspar Benedikt nach seiner Weise im stillen an.<lb/> Wozu Frau Anna damit plagen? Im Grunde konnte man sichs ja auch Wohl<lb/> auf andre Weise im Paradiese wohl sein lassen, als auf die Fayon des Prinzen<lb/> Ottokar.</p><lb/> <p xml:id="ID_376"> Liebe Frau, sagte er, ich denke mir, dies merkwürdige Besitztum wird deu<lb/> Leuten zeitlebens zu spintisiren geben, und das allein schon wäre für uns ein<lb/> Grund, uns daran herzlich zu gaudireu. Ich spreche nicht von denen, die es<lb/> uns nicht gönnen. Deren giebt es hoffentlich nicht gar viele. Neid und Mi߬<lb/> gunst sind so üble Seeleukrankheiteu, daß unsre gegen alle Krankheiten mit immer<lb/> wachsendem Erfolge zu Felde ziehende Zeit gewiß auch für die Verminderung<lb/> jener Krankheiten Sorge getragen hat. Nein, ich spreche von unruhigen Köpfen,<lb/> wie unser glücklicherweise nicht successionsfähiger Prinz Ottokar.</p><lb/> <p xml:id="ID_377"> Er gefiel mir ausnehmend, begütigte Frau Anna.</p><lb/> <p xml:id="ID_378"> Auch mir, stimmte der Fabrikant bei.</p><lb/> <p xml:id="ID_379"> Aber du sagtest doch —</p><lb/> <p xml:id="ID_380"> Daß ihm bei seiner Jugend und seinem ungestümen Temperament im<lb/> Grunde des Herzens doch kaum ganz verständlich sein mag, wie man jemals<lb/> über die Lust am Ungestalten, Einreiben und Neuschaffen hinaus gelangen kann.<lb/> Und solcher Leute giebt es gewiß viele.</p><lb/> <p xml:id="ID_381"> Nun, hie und da ein Nelkenstöckchcn zu setzen —</p><lb/> <p xml:id="ID_382"> Aber als ob uns jemand daran hinderte! fiel der Gemahl ihr ins Wort. Ist<lb/> unser Eichenwäldchen nicht ein Sammelplatz, auf dem sich unsre Grillen nach<lb/> Belieben austoben können? Ich hoffe, du willst nicht, den unruhigen Köpfen<lb/> zuliebe, dir einzureden beginnen, es sei wirkliche Befriedigung dabei, wenn man<lb/> eme Gesneria pflanze, wo eine Crassula steht, oder ein Zygophyllum, wo sich<lb/> eine Centaurea wohl fühlt, oder ein Hedysarum, wo eine Lantana gedeiht,<lb/> oder eine —</p><lb/> <p xml:id="ID_383"> Kaspar!</p><lb/> <p xml:id="ID_384"> Oder eine Lachenalia, wo sich ein Draco —</p><lb/> <p xml:id="ID_385"> Kaspar Benedikt!</p><lb/> <p xml:id="ID_386"> Wo sich ein Dracocepha —</p><lb/> <p xml:id="ID_387"> Aber bester Hartig!</p><lb/> <p xml:id="ID_388"> Wo sich ein Dracocephalnm, zu deutsch ein Drachenkopf, wohl fühlt.</p><lb/> <p xml:id="ID_389"> Frau Anna mußte sich setzen. Dn bist über Nacht ein Lateiner geworden?<lb/> rief sie.</p><lb/> <p xml:id="ID_390" next="#ID_391"> Wenigstens ein angehender Botaniker, lachte der Fabrikant. Was ich sagen<lb/> wollte, fuhr er fort, ist nur folgendes. Diejenigen, die sich den Kopf darüber zer¬<lb/> brechen, wie wir nur nicht einfältig genug sind, uns ihrem Spotte auszusetzen, also<lb/> entweder uns hier nicht ganz und gar behaglich zu fühlen oder dreiuzupfuscheu<lb/> nach Art von bornirten Krautköpfen, die müssen wir, wie sich verdienen, ab¬<lb/> führen. Wie können wir das am besten? Ich denke, indem wir uns die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0111]
Auf der Leiter des Glücks.
Diese Reflexionen stellte Kaspar Benedikt nach seiner Weise im stillen an.
Wozu Frau Anna damit plagen? Im Grunde konnte man sichs ja auch Wohl
auf andre Weise im Paradiese wohl sein lassen, als auf die Fayon des Prinzen
Ottokar.
Liebe Frau, sagte er, ich denke mir, dies merkwürdige Besitztum wird deu
Leuten zeitlebens zu spintisiren geben, und das allein schon wäre für uns ein
Grund, uns daran herzlich zu gaudireu. Ich spreche nicht von denen, die es
uns nicht gönnen. Deren giebt es hoffentlich nicht gar viele. Neid und Mi߬
gunst sind so üble Seeleukrankheiteu, daß unsre gegen alle Krankheiten mit immer
wachsendem Erfolge zu Felde ziehende Zeit gewiß auch für die Verminderung
jener Krankheiten Sorge getragen hat. Nein, ich spreche von unruhigen Köpfen,
wie unser glücklicherweise nicht successionsfähiger Prinz Ottokar.
Er gefiel mir ausnehmend, begütigte Frau Anna.
Auch mir, stimmte der Fabrikant bei.
Aber du sagtest doch —
Daß ihm bei seiner Jugend und seinem ungestümen Temperament im
Grunde des Herzens doch kaum ganz verständlich sein mag, wie man jemals
über die Lust am Ungestalten, Einreiben und Neuschaffen hinaus gelangen kann.
Und solcher Leute giebt es gewiß viele.
Nun, hie und da ein Nelkenstöckchcn zu setzen —
Aber als ob uns jemand daran hinderte! fiel der Gemahl ihr ins Wort. Ist
unser Eichenwäldchen nicht ein Sammelplatz, auf dem sich unsre Grillen nach
Belieben austoben können? Ich hoffe, du willst nicht, den unruhigen Köpfen
zuliebe, dir einzureden beginnen, es sei wirkliche Befriedigung dabei, wenn man
eme Gesneria pflanze, wo eine Crassula steht, oder ein Zygophyllum, wo sich
eine Centaurea wohl fühlt, oder ein Hedysarum, wo eine Lantana gedeiht,
oder eine —
Kaspar!
Oder eine Lachenalia, wo sich ein Draco —
Kaspar Benedikt!
Wo sich ein Dracocepha —
Aber bester Hartig!
Wo sich ein Dracocephalnm, zu deutsch ein Drachenkopf, wohl fühlt.
Frau Anna mußte sich setzen. Dn bist über Nacht ein Lateiner geworden?
rief sie.
Wenigstens ein angehender Botaniker, lachte der Fabrikant. Was ich sagen
wollte, fuhr er fort, ist nur folgendes. Diejenigen, die sich den Kopf darüber zer¬
brechen, wie wir nur nicht einfältig genug sind, uns ihrem Spotte auszusetzen, also
entweder uns hier nicht ganz und gar behaglich zu fühlen oder dreiuzupfuscheu
nach Art von bornirten Krautköpfen, die müssen wir, wie sich verdienen, ab¬
führen. Wie können wir das am besten? Ich denke, indem wir uns die
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |