Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Pfisters Mühle. dern denkt an den alten, richtigen fideler Vater Pfister von Pfisters richtiger
das ist ein Reim, den die juristischen Herren Studenten mir oftmals auch an Wollen sie am Orte, im Dorfe bleiben, was ich aber nicht vermute, so kriegt Pfisters Mühle. dern denkt an den alten, richtigen fideler Vater Pfister von Pfisters richtiger
das ist ein Reim, den die juristischen Herren Studenten mir oftmals auch an Wollen sie am Orte, im Dorfe bleiben, was ich aber nicht vermute, so kriegt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0655" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157580"/> <fw type="header" place="top"> Pfisters Mühle.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2291" prev="#ID_2290"> dern denkt an den alten, richtigen fideler Vater Pfister von Pfisters richtiger<lb/> Mühle, wenn ich euch später mal bei einem Liede, oder bei Tische, oder in einer<lb/> andern Wirtschaft, oder wenn ihr mal bei euern lieben Frauen und Kindern<lb/> sitzet, durch den Sinn gehe. Es ist manch ein Lied hier gesungen und manch<lb/> eine Rede gehalten, lustig lind ernsthaft; manch eine Bowle habe ich hier auf<lb/> den Tisch gestellt, und manch einer ist auch mal drunter gefallen und gelegen<lb/> gewesen, und die andern haben weiter gesungen und Sonne und Mond ihren<lb/> Weg unbesehen gehen lassen. Nun, Ebert, mein armer Junge, und ihr andern,<lb/> liebste Freunde/macht euch gciruichts draus, wenn auch ich jetzo das letzte<lb/> Beispiel nachahme und unter meinen eigenen Gasttisch rutsche! . . . Rede mir<lb/> keiner drein; wie es gekommen ist, weiß ich in meiner jetzigen Verfassung selber<lb/> nicht ganz genau anzugeben; aber 'n bischen zuviel habe ich, und es ist ein<lb/> Glück," daß ich nicht weit nach Hause habe. Der Nachtwächter, der mich unterm<lb/> Arm fassen soll, steht, vom Herrgott abgeschickt, hinterm Stuhl und hat schon<lb/> mehrmals gesagt: Na, wenn's beliebt. Herr Pfister! — Laß das Tuch von<lb/> den Augen, Herzmädchen, dich meine ich eben nicht mit dem Wächter, mein liebes<lb/> Leben! Denkt an meine Devise, ihr andern! Ja, es beliebt mir, durch alle<lb/> Knochen und durch die ganze Seele, Und weil ich's weiß, daß es mit mir<lb/> zu Ende geht, so wird es euch ein Trost sein, zu wissen, daß es mir eine Be¬<lb/> ruhigung ist, daß kein Fremder da unter dem Dach und hier unter den Bäumen<lb/> sich auf meinen Ruf und Namen setzt, sondern daß mit dem alten Pfister es<lb/> auch mit der Pfister uralter Mühle aus ist. — Nun höret mein Testament.<lb/> Ihr werdet's zwar auch aufgeschrieben im Pult finden, und ich hätte auch wohl<lb/> den Doktor Riechei dazu berufen können, um es euch vor meinem Bett vor¬<lb/> lesen; aber plcisirlicher ist mir pläsirlicher, und der Baum hier über uns soll<lb/> nicht vergebens zum zweitenmal seine Maienkcrzen aufgesteckt haben. Es soll<lb/> sein, als ob durch ihn mein Garten mir das letzte vergnügte Gesicht zu meinem<lb/> letzten Willen machte! Denn sintemalen ich stets ein Mann der Ordnung ge¬<lb/> wesen bin, trotzdem daß die Welt und die Herren Studiosen mich nur als den<lb/> rechten Wirt zu Pfisters Mühle ästimirt haben, so wird ja auch jetzt alles<lb/> nach seiner Ordnung zugehen.</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_34" type="poem"> <l> Wer selig will sterben,<lb/> Soll lassen vererben<lb/> Sem Allvdegnt<lb/> An's nttchstgcsippt Blut —</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_2292"> das ist ein Reim, den die juristischen Herren Studenten mir oftmals auch an<lb/> diesem Tische zitirt haben, wenn unter ihnen die Rede kam auf ihrer Herren<lb/> Väter Güter und so ein kleines Konto bei mir. Und so komm her, mein eigen<lb/> nächstgesippt Blut, mein lieber Sohn und vootor MlosoxtÜÄS Ebert Pfister,<lb/> und tritt mit Verstand und Gleichmut, mit einem vergnügten Herzen, wenn auch<lb/> im Moment nicht fideler Gesichte, die Erbschaft an von Pfisters Mühle mit<lb/> allem, was dazu gehört, und was zu deinem Vater in Treue gehalten hat in<lb/> guten und bösen Tagen, durch Sauer und Süß, durch Sommer und Winter,<lb/> durch Wohlduft und Gestanke. Darauf gieb deine Hand nicht mir, sondern der<lb/> Christine da und dem saufe; oder, noch besser, leg jedem, wie sie da bei dir<lb/> sitzen, den Arm 'mal um die Schulter und denke: Ich weiß, wie es der alte<lb/> Mann meint!</p><lb/> <p xml:id="ID_2293" next="#ID_2294"> Wollen sie am Orte, im Dorfe bleiben, was ich aber nicht vermute, so kriegt<lb/> die Jungfer Christine Voigt eine volle Altjungferaussteuer an Bett, Geschirr und</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0655]
Pfisters Mühle.
dern denkt an den alten, richtigen fideler Vater Pfister von Pfisters richtiger
Mühle, wenn ich euch später mal bei einem Liede, oder bei Tische, oder in einer
andern Wirtschaft, oder wenn ihr mal bei euern lieben Frauen und Kindern
sitzet, durch den Sinn gehe. Es ist manch ein Lied hier gesungen und manch
eine Rede gehalten, lustig lind ernsthaft; manch eine Bowle habe ich hier auf
den Tisch gestellt, und manch einer ist auch mal drunter gefallen und gelegen
gewesen, und die andern haben weiter gesungen und Sonne und Mond ihren
Weg unbesehen gehen lassen. Nun, Ebert, mein armer Junge, und ihr andern,
liebste Freunde/macht euch gciruichts draus, wenn auch ich jetzo das letzte
Beispiel nachahme und unter meinen eigenen Gasttisch rutsche! . . . Rede mir
keiner drein; wie es gekommen ist, weiß ich in meiner jetzigen Verfassung selber
nicht ganz genau anzugeben; aber 'n bischen zuviel habe ich, und es ist ein
Glück," daß ich nicht weit nach Hause habe. Der Nachtwächter, der mich unterm
Arm fassen soll, steht, vom Herrgott abgeschickt, hinterm Stuhl und hat schon
mehrmals gesagt: Na, wenn's beliebt. Herr Pfister! — Laß das Tuch von
den Augen, Herzmädchen, dich meine ich eben nicht mit dem Wächter, mein liebes
Leben! Denkt an meine Devise, ihr andern! Ja, es beliebt mir, durch alle
Knochen und durch die ganze Seele, Und weil ich's weiß, daß es mit mir
zu Ende geht, so wird es euch ein Trost sein, zu wissen, daß es mir eine Be¬
ruhigung ist, daß kein Fremder da unter dem Dach und hier unter den Bäumen
sich auf meinen Ruf und Namen setzt, sondern daß mit dem alten Pfister es
auch mit der Pfister uralter Mühle aus ist. — Nun höret mein Testament.
Ihr werdet's zwar auch aufgeschrieben im Pult finden, und ich hätte auch wohl
den Doktor Riechei dazu berufen können, um es euch vor meinem Bett vor¬
lesen; aber plcisirlicher ist mir pläsirlicher, und der Baum hier über uns soll
nicht vergebens zum zweitenmal seine Maienkcrzen aufgesteckt haben. Es soll
sein, als ob durch ihn mein Garten mir das letzte vergnügte Gesicht zu meinem
letzten Willen machte! Denn sintemalen ich stets ein Mann der Ordnung ge¬
wesen bin, trotzdem daß die Welt und die Herren Studiosen mich nur als den
rechten Wirt zu Pfisters Mühle ästimirt haben, so wird ja auch jetzt alles
nach seiner Ordnung zugehen.
Wer selig will sterben,
Soll lassen vererben
Sem Allvdegnt
An's nttchstgcsippt Blut —
das ist ein Reim, den die juristischen Herren Studenten mir oftmals auch an
diesem Tische zitirt haben, wenn unter ihnen die Rede kam auf ihrer Herren
Väter Güter und so ein kleines Konto bei mir. Und so komm her, mein eigen
nächstgesippt Blut, mein lieber Sohn und vootor MlosoxtÜÄS Ebert Pfister,
und tritt mit Verstand und Gleichmut, mit einem vergnügten Herzen, wenn auch
im Moment nicht fideler Gesichte, die Erbschaft an von Pfisters Mühle mit
allem, was dazu gehört, und was zu deinem Vater in Treue gehalten hat in
guten und bösen Tagen, durch Sauer und Süß, durch Sommer und Winter,
durch Wohlduft und Gestanke. Darauf gieb deine Hand nicht mir, sondern der
Christine da und dem saufe; oder, noch besser, leg jedem, wie sie da bei dir
sitzen, den Arm 'mal um die Schulter und denke: Ich weiß, wie es der alte
Mann meint!
Wollen sie am Orte, im Dorfe bleiben, was ich aber nicht vermute, so kriegt
die Jungfer Christine Voigt eine volle Altjungferaussteuer an Bett, Geschirr und
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |