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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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pfisters Mühle.

denkend. Aber an Pfisters Mühle, Vater Pfister und seine fröhlichen Weihnachts¬
tannen dachte ich, und -- wieder -- wie damals -- kam ein Schritt die Treppe
herauf, und jemand klopfte an meine Thür -- und beinahe hätte ich im Zwischen-
lichtshalbtrcmm wiederum gerufen:

Alle Wetter, das ist ja der Alte! Was will denn der Alte heute noch
und so spät am Tage in der Stadt?

Ich bins, mein Junge, sagte Doktor A. A. Asche, und er legte mir seine
Hand fast so schwer auf die Schulter, wie damals mein Verdruß gequälter,
sorgen- und kummervoller Vater, Eberhard Pfister, du bist ein belesener junger
Mensch, Philologe noch dazu; -- erinnerst du dich vielleicht eines der kleinern
Meisterwerke erzählender deutscher Dichtung, welches beginnt: Ein Knabe aß,
wie viele Knaben, die Datteln für sein Leben gern --


Und um der Datteln viel zu haben,
Pflanzt' er sich einen Dattelkern,

stammelte ich.

Ganz richtig, Telemachos, oder doch so ungefähr. Nun denn, jener Knabe
war ich; aber wenn auch nicht ethisch ausgepusteter, so doch um ein erkleckliches
schlauer, als mir der Fabulist in seinen Reimen nachsagte.

Du redest wahrlich in Rätseln, Adam.

Keineswegs für den nur mit einigem Weltverständnis Begabten. Wer nicht
seiner Palmen Keime in ein Mistbeet pflanzt, wird sehr selten Datteln davon
in seine eigne Tasche, für sein eigen Maul herunterholen. Avr sist, wie der
römische Allezeitmehrer sagte. Ich werde es durchsetzen, und wie Mr. Franyois
Marie Arouet, genannt de Voltaire, werde ich Geld machen, um meine Meinung
und jedem Lumpen das, was er wert ist, sagen zu können. Im nächsten Früh¬
jahr legen wir den Grundstein zu A. A, Asches eignem Erdenlappenlumpennnd-
fetzenreinigungsinstitut am Ufer der grauen Spree, Du reisest morgen nach
Hause, und ich fahre mit dir und feiere noch einmal, mit gewaschenen Händen,
mit euch Weihnachten in Pfisters Mühle,

Ich that einen jauchzenden Schrei:

Asche, das ist ja wundervoll!

Durchaus nicht, seufzte der Freund und Exmentor. Mir ist ziemlich öde
und katzenjämmerlich zumute. --

Man kann nicht immer auf den Ellenbogen in der Fensterbank liegen,
wenn die Nacht draußen auch noch so schön und duftig ist. So traten wir
in den Lichtkreis von Christinens kleiner Lampe zurück; aber wir saßen nicht wieder
am Tisch, wir saßen auf unsern Reisekoffern einander gegenüber und verplauderten
so den Rest des Abends.




pfisters Mühle.

denkend. Aber an Pfisters Mühle, Vater Pfister und seine fröhlichen Weihnachts¬
tannen dachte ich, und — wieder — wie damals — kam ein Schritt die Treppe
herauf, und jemand klopfte an meine Thür — und beinahe hätte ich im Zwischen-
lichtshalbtrcmm wiederum gerufen:

Alle Wetter, das ist ja der Alte! Was will denn der Alte heute noch
und so spät am Tage in der Stadt?

Ich bins, mein Junge, sagte Doktor A. A. Asche, und er legte mir seine
Hand fast so schwer auf die Schulter, wie damals mein Verdruß gequälter,
sorgen- und kummervoller Vater, Eberhard Pfister, du bist ein belesener junger
Mensch, Philologe noch dazu; — erinnerst du dich vielleicht eines der kleinern
Meisterwerke erzählender deutscher Dichtung, welches beginnt: Ein Knabe aß,
wie viele Knaben, die Datteln für sein Leben gern —


Und um der Datteln viel zu haben,
Pflanzt' er sich einen Dattelkern,

stammelte ich.

Ganz richtig, Telemachos, oder doch so ungefähr. Nun denn, jener Knabe
war ich; aber wenn auch nicht ethisch ausgepusteter, so doch um ein erkleckliches
schlauer, als mir der Fabulist in seinen Reimen nachsagte.

Du redest wahrlich in Rätseln, Adam.

Keineswegs für den nur mit einigem Weltverständnis Begabten. Wer nicht
seiner Palmen Keime in ein Mistbeet pflanzt, wird sehr selten Datteln davon
in seine eigne Tasche, für sein eigen Maul herunterholen. Avr sist, wie der
römische Allezeitmehrer sagte. Ich werde es durchsetzen, und wie Mr. Franyois
Marie Arouet, genannt de Voltaire, werde ich Geld machen, um meine Meinung
und jedem Lumpen das, was er wert ist, sagen zu können. Im nächsten Früh¬
jahr legen wir den Grundstein zu A. A, Asches eignem Erdenlappenlumpennnd-
fetzenreinigungsinstitut am Ufer der grauen Spree, Du reisest morgen nach
Hause, und ich fahre mit dir und feiere noch einmal, mit gewaschenen Händen,
mit euch Weihnachten in Pfisters Mühle,

Ich that einen jauchzenden Schrei:

Asche, das ist ja wundervoll!

Durchaus nicht, seufzte der Freund und Exmentor. Mir ist ziemlich öde
und katzenjämmerlich zumute. —

Man kann nicht immer auf den Ellenbogen in der Fensterbank liegen,
wenn die Nacht draußen auch noch so schön und duftig ist. So traten wir
in den Lichtkreis von Christinens kleiner Lampe zurück; aber wir saßen nicht wieder
am Tisch, wir saßen auf unsern Reisekoffern einander gegenüber und verplauderten
so den Rest des Abends.




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[0547] pfisters Mühle. denkend. Aber an Pfisters Mühle, Vater Pfister und seine fröhlichen Weihnachts¬ tannen dachte ich, und — wieder — wie damals — kam ein Schritt die Treppe herauf, und jemand klopfte an meine Thür — und beinahe hätte ich im Zwischen- lichtshalbtrcmm wiederum gerufen: Alle Wetter, das ist ja der Alte! Was will denn der Alte heute noch und so spät am Tage in der Stadt? Ich bins, mein Junge, sagte Doktor A. A. Asche, und er legte mir seine Hand fast so schwer auf die Schulter, wie damals mein Verdruß gequälter, sorgen- und kummervoller Vater, Eberhard Pfister, du bist ein belesener junger Mensch, Philologe noch dazu; — erinnerst du dich vielleicht eines der kleinern Meisterwerke erzählender deutscher Dichtung, welches beginnt: Ein Knabe aß, wie viele Knaben, die Datteln für sein Leben gern — Und um der Datteln viel zu haben, Pflanzt' er sich einen Dattelkern, stammelte ich. Ganz richtig, Telemachos, oder doch so ungefähr. Nun denn, jener Knabe war ich; aber wenn auch nicht ethisch ausgepusteter, so doch um ein erkleckliches schlauer, als mir der Fabulist in seinen Reimen nachsagte. Du redest wahrlich in Rätseln, Adam. Keineswegs für den nur mit einigem Weltverständnis Begabten. Wer nicht seiner Palmen Keime in ein Mistbeet pflanzt, wird sehr selten Datteln davon in seine eigne Tasche, für sein eigen Maul herunterholen. Avr sist, wie der römische Allezeitmehrer sagte. Ich werde es durchsetzen, und wie Mr. Franyois Marie Arouet, genannt de Voltaire, werde ich Geld machen, um meine Meinung und jedem Lumpen das, was er wert ist, sagen zu können. Im nächsten Früh¬ jahr legen wir den Grundstein zu A. A, Asches eignem Erdenlappenlumpennnd- fetzenreinigungsinstitut am Ufer der grauen Spree, Du reisest morgen nach Hause, und ich fahre mit dir und feiere noch einmal, mit gewaschenen Händen, mit euch Weihnachten in Pfisters Mühle, Ich that einen jauchzenden Schrei: Asche, das ist ja wundervoll! Durchaus nicht, seufzte der Freund und Exmentor. Mir ist ziemlich öde und katzenjämmerlich zumute. — Man kann nicht immer auf den Ellenbogen in der Fensterbank liegen, wenn die Nacht draußen auch noch so schön und duftig ist. So traten wir in den Lichtkreis von Christinens kleiner Lampe zurück; aber wir saßen nicht wieder am Tisch, wir saßen auf unsern Reisekoffern einander gegenüber und verplauderten so den Rest des Abends.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/547>, abgerufen am 29.12.2024.