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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Die Leipziger Gewandhanskouzerte.

zu begegnen, und es macht einen wahrhaft erfrischenden Eindruck, der durch Photo¬
typographie vermittelten unbeschädigten künstlerischen Persönlichkeit zu begegnen.

Solange das Meisenbnchsche Patent läuft, wird eine allgemeine Einführung
der Autotypie Hindernissen begegnen. Inzwischen thut die Wiederaufnahme eines
schon früher geübten Ersatzverfahrens gute Dienste, wenn nämlich für die
Illustration gezeichnet wird. Man wendet nämlich mit einem Kreidegrunde
überzogenes Zeichenpapier an, in welches ein enges Gitter sich kreuzender
Linien eingepreßt ist, und zeichnet mit einer absolut schwarzen Farbe. Helle
Tone entstehen so, daß man leicht über das Gitterwerk hinweggeht und also
nur Punktreihen aufsetzt. Jemehr Farbe verwendet wird, destomehr wachsen
diese Punkte zu Strichen und Flächen zusammen. Auch kann man mit dem
Radirmesser hineinarbeiten. So hergestellte Zeichnungen lassen sich photographisch
auf Zink übertragen und hvchätzen. Wenn also z. B. Montag Mittag in Kiel
eine Flottenrevue gewesen ist, so kann der Zeichner ganz gut bis Dienstag
Abend mit seiner Arbeit fertig sein. In der Nacht geht die Zeichnung nach
Berlin oder Leipzig, wird Mittwoch früh photographirt und kann Mittwoch
Abend druckfertig unter der Presse liegen.

Wir sind am Ende unsrer Wanderung angelangt und hätten nur noch das
Einstäubverfahren zu erklären; aber wir können dasselbe übergehen, da es eine
Hilfsmethode ist, die nur für die Werkstatt selbst von Bedeutung ist. Natürlich
haben wir auf dem eng begrenzten Raume dieser Blätter nichts andres als
flüchtige Umrisse liefern können. Immerhin dürfte der Leser den Eindruck ge¬
wonnen haben, daß auf photographischem Gebiete, vornehmlich in der praktisch¬
technischen Anwendung der Photographie, Fortschritte gemacht worden sind, die
uns mit Genugthuung erfüllen können.




Die Leipziger Gewandhaus konzerte.

le Leipziger Gewandhauskonzerte, das älteste und berühmteste
Konzertinstitnt Deutschlands, stehen in diesen Tagen vor einem
wichtigen Wendepunkte: aus dem schlichten, aber um seiner un¬
vergleichlichen Akustik willen weltbekannten Saale des Gewand¬
hauses, in welchem die Konzerte hundertunddrei Jahre ihre Heim¬
stätte gehabt haben, werden sie im Laufe dieses Monats in das neue Konzert-
Haus übersiedeln, das -- vorläufig noch in einsamer Schönheit -- auf dem
seit einigen Jahren erschlossenen Baugründe des früheren Schimmelschen Gutes
zwischen den beiden neuangelegter Straßen, der Mozart- und der Beethoven¬
straße, sich erhebt. Durch drei Konzerte, die an drei auf einander folgenden


Die Leipziger Gewandhanskouzerte.

zu begegnen, und es macht einen wahrhaft erfrischenden Eindruck, der durch Photo¬
typographie vermittelten unbeschädigten künstlerischen Persönlichkeit zu begegnen.

Solange das Meisenbnchsche Patent läuft, wird eine allgemeine Einführung
der Autotypie Hindernissen begegnen. Inzwischen thut die Wiederaufnahme eines
schon früher geübten Ersatzverfahrens gute Dienste, wenn nämlich für die
Illustration gezeichnet wird. Man wendet nämlich mit einem Kreidegrunde
überzogenes Zeichenpapier an, in welches ein enges Gitter sich kreuzender
Linien eingepreßt ist, und zeichnet mit einer absolut schwarzen Farbe. Helle
Tone entstehen so, daß man leicht über das Gitterwerk hinweggeht und also
nur Punktreihen aufsetzt. Jemehr Farbe verwendet wird, destomehr wachsen
diese Punkte zu Strichen und Flächen zusammen. Auch kann man mit dem
Radirmesser hineinarbeiten. So hergestellte Zeichnungen lassen sich photographisch
auf Zink übertragen und hvchätzen. Wenn also z. B. Montag Mittag in Kiel
eine Flottenrevue gewesen ist, so kann der Zeichner ganz gut bis Dienstag
Abend mit seiner Arbeit fertig sein. In der Nacht geht die Zeichnung nach
Berlin oder Leipzig, wird Mittwoch früh photographirt und kann Mittwoch
Abend druckfertig unter der Presse liegen.

Wir sind am Ende unsrer Wanderung angelangt und hätten nur noch das
Einstäubverfahren zu erklären; aber wir können dasselbe übergehen, da es eine
Hilfsmethode ist, die nur für die Werkstatt selbst von Bedeutung ist. Natürlich
haben wir auf dem eng begrenzten Raume dieser Blätter nichts andres als
flüchtige Umrisse liefern können. Immerhin dürfte der Leser den Eindruck ge¬
wonnen haben, daß auf photographischem Gebiete, vornehmlich in der praktisch¬
technischen Anwendung der Photographie, Fortschritte gemacht worden sind, die
uns mit Genugthuung erfüllen können.




Die Leipziger Gewandhaus konzerte.

le Leipziger Gewandhauskonzerte, das älteste und berühmteste
Konzertinstitnt Deutschlands, stehen in diesen Tagen vor einem
wichtigen Wendepunkte: aus dem schlichten, aber um seiner un¬
vergleichlichen Akustik willen weltbekannten Saale des Gewand¬
hauses, in welchem die Konzerte hundertunddrei Jahre ihre Heim¬
stätte gehabt haben, werden sie im Laufe dieses Monats in das neue Konzert-
Haus übersiedeln, das — vorläufig noch in einsamer Schönheit — auf dem
seit einigen Jahren erschlossenen Baugründe des früheren Schimmelschen Gutes
zwischen den beiden neuangelegter Straßen, der Mozart- und der Beethoven¬
straße, sich erhebt. Durch drei Konzerte, die an drei auf einander folgenden


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[0526] Die Leipziger Gewandhanskouzerte. zu begegnen, und es macht einen wahrhaft erfrischenden Eindruck, der durch Photo¬ typographie vermittelten unbeschädigten künstlerischen Persönlichkeit zu begegnen. Solange das Meisenbnchsche Patent läuft, wird eine allgemeine Einführung der Autotypie Hindernissen begegnen. Inzwischen thut die Wiederaufnahme eines schon früher geübten Ersatzverfahrens gute Dienste, wenn nämlich für die Illustration gezeichnet wird. Man wendet nämlich mit einem Kreidegrunde überzogenes Zeichenpapier an, in welches ein enges Gitter sich kreuzender Linien eingepreßt ist, und zeichnet mit einer absolut schwarzen Farbe. Helle Tone entstehen so, daß man leicht über das Gitterwerk hinweggeht und also nur Punktreihen aufsetzt. Jemehr Farbe verwendet wird, destomehr wachsen diese Punkte zu Strichen und Flächen zusammen. Auch kann man mit dem Radirmesser hineinarbeiten. So hergestellte Zeichnungen lassen sich photographisch auf Zink übertragen und hvchätzen. Wenn also z. B. Montag Mittag in Kiel eine Flottenrevue gewesen ist, so kann der Zeichner ganz gut bis Dienstag Abend mit seiner Arbeit fertig sein. In der Nacht geht die Zeichnung nach Berlin oder Leipzig, wird Mittwoch früh photographirt und kann Mittwoch Abend druckfertig unter der Presse liegen. Wir sind am Ende unsrer Wanderung angelangt und hätten nur noch das Einstäubverfahren zu erklären; aber wir können dasselbe übergehen, da es eine Hilfsmethode ist, die nur für die Werkstatt selbst von Bedeutung ist. Natürlich haben wir auf dem eng begrenzten Raume dieser Blätter nichts andres als flüchtige Umrisse liefern können. Immerhin dürfte der Leser den Eindruck ge¬ wonnen haben, daß auf photographischem Gebiete, vornehmlich in der praktisch¬ technischen Anwendung der Photographie, Fortschritte gemacht worden sind, die uns mit Genugthuung erfüllen können. Die Leipziger Gewandhaus konzerte. le Leipziger Gewandhauskonzerte, das älteste und berühmteste Konzertinstitnt Deutschlands, stehen in diesen Tagen vor einem wichtigen Wendepunkte: aus dem schlichten, aber um seiner un¬ vergleichlichen Akustik willen weltbekannten Saale des Gewand¬ hauses, in welchem die Konzerte hundertunddrei Jahre ihre Heim¬ stätte gehabt haben, werden sie im Laufe dieses Monats in das neue Konzert- Haus übersiedeln, das — vorläufig noch in einsamer Schönheit — auf dem seit einigen Jahren erschlossenen Baugründe des früheren Schimmelschen Gutes zwischen den beiden neuangelegter Straßen, der Mozart- und der Beethoven¬ straße, sich erhebt. Durch drei Konzerte, die an drei auf einander folgenden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/526>, abgerufen am 29.12.2024.