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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Die Erhaltung der Denkmäler.

Kommission eingesetzt wurde, die sich den weitergehenden Aufgaben der Erhaltung,
Erforschung, Jnventarisativn u. f. w. widmen sollte. Die gleichfalls beabsichtigten
Publikationen sind bisher aus Mangel an Fonds unterblieben. Für einzelne
Restaurationen sind dagegen bedeutende Summen bewilligt worden.

In Sachsen ist es einem Vereine, dem der König, die Prinzen, viele Be¬
amten, Künstler und andre angehören, gelungen, die notwendigen Maßnahmen
zu treffen, sodaß weder die Gesetzgebung noch die Verwaltung zum Eingreifen
genötigt war. In Würtemberg ist auf dem Verwaltungswege viel erreicht
worden. Auch ein Konservatorium hat gute Dienste geleistet; so ist z. B. das
Inventar für einige Bezirke festgestellt worden. Die im Jahre 1862 errichtete
Staatssammlung vaterländischer Kunst- und Altertumsdenkmäler erfreut sich
eines regen Interesses. Die Gesetzgebung des Großherzogtums Baden weist
bereits zu Anfang dieses Jahrhunderts Schutzbestimmuugen auf; ferner bildeten
die Sammlungen zu Mannheim, Baden, Karlsruhe natürliche Mittelpunkte der
Vereinsthätigkeit. Auch in Baden existirte das Amt eines Konservators.
Neuerdings ist eine umfassende Regelung der gesetzlichen Bestimmungen geplant,
was angesichts des im Lande sich kundgebenden regen Eifers beste Früchte
tragen dürfte.

In den übrigen deutschen Staaten sind ähnliche Bestrebungen und Resul¬
tate zu verzeichnen. Neben der Gesetzgebung ist es das Interesse des Landes¬
herrn oder der Vereine, welches der Denkmälererhaltung am meisten zu gute
kommt. Eine Jnventarisativn ist allerorten angestrebt und teilweise bereits
durchgeführt. Auch in den Neichslcmden Elsaß-Lothringen, wo noch die Gesetze
der französischen Regierung maßgebend sind, macht sich ein erfreuliches Interesse
geltend. Ein allgemeines Landesmuseum ist neuerdings in Aussicht genommen.

Die Fürsorge der österreichisch-ungarischen Regierung für die Erhaltung
der Kunstwerke begann mit dem 1818 erlassenen Verbote der Ausfuhr natio¬
naler Kunstgegenstände. Dieser Schutz der beweglichen Denkmäler wurde 1850
auf die Bauwerke ausgedehnt, indem eine Zentralkommission in Wien errichtet
und in den Kronländern Konservatoren angestellt wurden. Eine Reorganisirung
dieses Systems fand 1873 statt; das neue Statut der k, k. Zentralkommission
für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale giebt
äußerst umfassende und genaue Bestimmungen. Die Zentralkommission zerfällt
w drei Sektionen, denen 1. die Gegenstände der prähistorischen Zeit und der
antiken Künste, 2. die Gegenstände der Architektur, Plastik, Malerei und der
zeichnenden Künste aus der Zeit des Mittelalters und der folgenden Zeit bis
zum Schluß des achtzehnten Jahrhunderts und 3. die historischen Denkmäler
verschiedener Art, Handschriften, Dokumente u. s. w. zur Fürsorge überwiesen
sind. Wichtig ist, daß die Ämter fast durchweg Ehrenämter sind. Die Jnven¬
tarisativn nebst Anfertigung einer Kunfttvpographic schreitet rüstig vorwärts.
In Ungarn ist für den Schutz der unbeweglichen Denkmäler in durchgreifender


Die Erhaltung der Denkmäler.

Kommission eingesetzt wurde, die sich den weitergehenden Aufgaben der Erhaltung,
Erforschung, Jnventarisativn u. f. w. widmen sollte. Die gleichfalls beabsichtigten
Publikationen sind bisher aus Mangel an Fonds unterblieben. Für einzelne
Restaurationen sind dagegen bedeutende Summen bewilligt worden.

In Sachsen ist es einem Vereine, dem der König, die Prinzen, viele Be¬
amten, Künstler und andre angehören, gelungen, die notwendigen Maßnahmen
zu treffen, sodaß weder die Gesetzgebung noch die Verwaltung zum Eingreifen
genötigt war. In Würtemberg ist auf dem Verwaltungswege viel erreicht
worden. Auch ein Konservatorium hat gute Dienste geleistet; so ist z. B. das
Inventar für einige Bezirke festgestellt worden. Die im Jahre 1862 errichtete
Staatssammlung vaterländischer Kunst- und Altertumsdenkmäler erfreut sich
eines regen Interesses. Die Gesetzgebung des Großherzogtums Baden weist
bereits zu Anfang dieses Jahrhunderts Schutzbestimmuugen auf; ferner bildeten
die Sammlungen zu Mannheim, Baden, Karlsruhe natürliche Mittelpunkte der
Vereinsthätigkeit. Auch in Baden existirte das Amt eines Konservators.
Neuerdings ist eine umfassende Regelung der gesetzlichen Bestimmungen geplant,
was angesichts des im Lande sich kundgebenden regen Eifers beste Früchte
tragen dürfte.

In den übrigen deutschen Staaten sind ähnliche Bestrebungen und Resul¬
tate zu verzeichnen. Neben der Gesetzgebung ist es das Interesse des Landes¬
herrn oder der Vereine, welches der Denkmälererhaltung am meisten zu gute
kommt. Eine Jnventarisativn ist allerorten angestrebt und teilweise bereits
durchgeführt. Auch in den Neichslcmden Elsaß-Lothringen, wo noch die Gesetze
der französischen Regierung maßgebend sind, macht sich ein erfreuliches Interesse
geltend. Ein allgemeines Landesmuseum ist neuerdings in Aussicht genommen.

Die Fürsorge der österreichisch-ungarischen Regierung für die Erhaltung
der Kunstwerke begann mit dem 1818 erlassenen Verbote der Ausfuhr natio¬
naler Kunstgegenstände. Dieser Schutz der beweglichen Denkmäler wurde 1850
auf die Bauwerke ausgedehnt, indem eine Zentralkommission in Wien errichtet
und in den Kronländern Konservatoren angestellt wurden. Eine Reorganisirung
dieses Systems fand 1873 statt; das neue Statut der k, k. Zentralkommission
für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale giebt
äußerst umfassende und genaue Bestimmungen. Die Zentralkommission zerfällt
w drei Sektionen, denen 1. die Gegenstände der prähistorischen Zeit und der
antiken Künste, 2. die Gegenstände der Architektur, Plastik, Malerei und der
zeichnenden Künste aus der Zeit des Mittelalters und der folgenden Zeit bis
zum Schluß des achtzehnten Jahrhunderts und 3. die historischen Denkmäler
verschiedener Art, Handschriften, Dokumente u. s. w. zur Fürsorge überwiesen
sind. Wichtig ist, daß die Ämter fast durchweg Ehrenämter sind. Die Jnven¬
tarisativn nebst Anfertigung einer Kunfttvpographic schreitet rüstig vorwärts.
In Ungarn ist für den Schutz der unbeweglichen Denkmäler in durchgreifender


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[0271] Die Erhaltung der Denkmäler. Kommission eingesetzt wurde, die sich den weitergehenden Aufgaben der Erhaltung, Erforschung, Jnventarisativn u. f. w. widmen sollte. Die gleichfalls beabsichtigten Publikationen sind bisher aus Mangel an Fonds unterblieben. Für einzelne Restaurationen sind dagegen bedeutende Summen bewilligt worden. In Sachsen ist es einem Vereine, dem der König, die Prinzen, viele Be¬ amten, Künstler und andre angehören, gelungen, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, sodaß weder die Gesetzgebung noch die Verwaltung zum Eingreifen genötigt war. In Würtemberg ist auf dem Verwaltungswege viel erreicht worden. Auch ein Konservatorium hat gute Dienste geleistet; so ist z. B. das Inventar für einige Bezirke festgestellt worden. Die im Jahre 1862 errichtete Staatssammlung vaterländischer Kunst- und Altertumsdenkmäler erfreut sich eines regen Interesses. Die Gesetzgebung des Großherzogtums Baden weist bereits zu Anfang dieses Jahrhunderts Schutzbestimmuugen auf; ferner bildeten die Sammlungen zu Mannheim, Baden, Karlsruhe natürliche Mittelpunkte der Vereinsthätigkeit. Auch in Baden existirte das Amt eines Konservators. Neuerdings ist eine umfassende Regelung der gesetzlichen Bestimmungen geplant, was angesichts des im Lande sich kundgebenden regen Eifers beste Früchte tragen dürfte. In den übrigen deutschen Staaten sind ähnliche Bestrebungen und Resul¬ tate zu verzeichnen. Neben der Gesetzgebung ist es das Interesse des Landes¬ herrn oder der Vereine, welches der Denkmälererhaltung am meisten zu gute kommt. Eine Jnventarisativn ist allerorten angestrebt und teilweise bereits durchgeführt. Auch in den Neichslcmden Elsaß-Lothringen, wo noch die Gesetze der französischen Regierung maßgebend sind, macht sich ein erfreuliches Interesse geltend. Ein allgemeines Landesmuseum ist neuerdings in Aussicht genommen. Die Fürsorge der österreichisch-ungarischen Regierung für die Erhaltung der Kunstwerke begann mit dem 1818 erlassenen Verbote der Ausfuhr natio¬ naler Kunstgegenstände. Dieser Schutz der beweglichen Denkmäler wurde 1850 auf die Bauwerke ausgedehnt, indem eine Zentralkommission in Wien errichtet und in den Kronländern Konservatoren angestellt wurden. Eine Reorganisirung dieses Systems fand 1873 statt; das neue Statut der k, k. Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale giebt äußerst umfassende und genaue Bestimmungen. Die Zentralkommission zerfällt w drei Sektionen, denen 1. die Gegenstände der prähistorischen Zeit und der antiken Künste, 2. die Gegenstände der Architektur, Plastik, Malerei und der zeichnenden Künste aus der Zeit des Mittelalters und der folgenden Zeit bis zum Schluß des achtzehnten Jahrhunderts und 3. die historischen Denkmäler verschiedener Art, Handschriften, Dokumente u. s. w. zur Fürsorge überwiesen sind. Wichtig ist, daß die Ämter fast durchweg Ehrenämter sind. Die Jnven¬ tarisativn nebst Anfertigung einer Kunfttvpographic schreitet rüstig vorwärts. In Ungarn ist für den Schutz der unbeweglichen Denkmäler in durchgreifender

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/271>, abgerufen am 29.12.2024.