Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Pfisters Mühle. Widerstand zu leisten, war also nicht von mir zu verlangen an dem schönen Herz, mein Herz, was sagst du heute zu unserm Leben und zu Pfisters Himmlisch ists, Männchen! Und bei solchem Wetter, ehe der Tag zu heiß Die Kleine hatte wie gewöhnlich Recht. Es wurde sehr heiß an diesem Der kühlste Platz aber war die Mühlstube, oder, wie der wissenschaftliche Ich bin ein ungelehrter Müllerssohn und sonst im Leben ein einfacher In der Mühlstube von Pfisters Mühle habe ich Emmy von Frau Alber¬ Pfisters Mühle. Widerstand zu leisten, war also nicht von mir zu verlangen an dem schönen Herz, mein Herz, was sagst du heute zu unserm Leben und zu Pfisters Himmlisch ists, Männchen! Und bei solchem Wetter, ehe der Tag zu heiß Die Kleine hatte wie gewöhnlich Recht. Es wurde sehr heiß an diesem Der kühlste Platz aber war die Mühlstube, oder, wie der wissenschaftliche Ich bin ein ungelehrter Müllerssohn und sonst im Leben ein einfacher In der Mühlstube von Pfisters Mühle habe ich Emmy von Frau Alber¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157176"/> <fw type="header" place="top"> Pfisters Mühle.</fw><lb/> <p xml:id="ID_881"> Widerstand zu leisten, war also nicht von mir zu verlangen an dem schönen<lb/> Morgen. Ich nahm ihn mit allem, was er an süßen Reizen brachte, hielt mich<lb/> durchaus nicht länger beim gestrigen Abend auf, sondern fragte nur im logik-<lb/> vergesfensten Behagen:</p><lb/> <p xml:id="ID_882"> Herz, mein Herz, was sagst du heute zu unserm Leben und zu Pfisters<lb/> Mühle?</p><lb/> <p xml:id="ID_883"> Himmlisch ists, Männchen! Und bei solchem Wetter, ehe der Tag zu heiß<lb/> wird, wirklich schade, daß es so bald damit aus und vorbei ist — eure Pfisters<lb/> Mühle meine ich natürlich. Läge sie nur ein bischen näher bei den Leuten,<lb/> so wärs zu hübsch, alle paar Jahre uns wieder einmal in die Stille hinzusetzen!<lb/> Ja, wovon ich geträumt habe, fragtest du? Natürlich von schlechten Gerüchen,<lb/> von ganz greulichen, und von großer Wäsche bei uns in Berlin, und von Doktor<lb/> Asche; aber wie gesagt, hauptsächlich von schrecklichem Gestank, gerade wie du<lb/> mir vorher davon erzählt hattest. Habe ich nicht geächzt im Schlafe? Nicht? Na,<lb/> dann ist es einfach zu arg darin gewesen, und ich habe nicht gekonnt. Übrigens<lb/> begreife ich jetzt an diesem reizenden Morgen keinen von euch allen — deinen<lb/> seligen Papa nicht, dich nicht und eure Gäste auch nicht mit ihrem Naserümpfen.<lb/> Doktor Asche hatte ganz Recht, daß er garnichts auf eure Querelen gab, sondern<lb/> sich bloß ganz einfach über euch luftig machte mit seinem eignen gelehrten, scheu߬<lb/> lichen und wissenschaftlichen Geruch zum Besten der Welt und der Industrie. . . .<lb/> Aber heiß wird es heute werden, und da wird es heute in Berlin schrecklich sein,<lb/> und es ist wirklich himmlisch, Ebert, daß wir jetzt hier so in der wonnigen Kühle<lb/> und der Sonne und dem Thau sitzen und uns auch den ganzen Tag über von<lb/> einem schattigen Sitz auf den andern ziehen können. Wie schade, daß wir nicht<lb/> Frau Albertine und den Doktor bei uns haben! Die werden heute auch genug<lb/> in Berlin ausstehen müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_884"> Die Kleine hatte wie gewöhnlich Recht. Es wurde sehr heiß an diesem<lb/> Tage, so heiß, daß wir uns nach Mittag aus dem schwülen Garten doch ins<lb/> Haus und im Hause an den kühlsten Platz verzogen.</p><lb/> <p xml:id="ID_885"> Der kühlste Platz aber war die Mühlstube, oder, wie der wissenschaftliche<lb/> Mühlengelehrte das heute nennt, die Turbinenstube.</p><lb/> <p xml:id="ID_886"> Ich bin ein ungelehrter Müllerssohn und sonst im Leben ein einfacher<lb/> Schulmeister, der sich bescheiden wegduckt und in den Winkel drückt mit seinem<lb/> Griechischen und Lateinischen, wenn die Tagesherrin, die reale Wissenschaft, mit<lb/> ihren Philosophischen Ansprüchen und gelehrten Ausdrücken kommt. Ich fand es<lb/> wie Emmy ebenfalls am kühlsten in der Mühlstube von meiner Väter Mühle<lb/> und ließ in urültester Weltweisheit den Wassern draußen ihren rauschenden<lb/> Weg vorbei an den nutzlosen, gestellten Rädern.</p><lb/> <p xml:id="ID_887"> In der Mühlstube von Pfisters Mühle habe ich Emmy von Frau Alber¬<lb/> tine Asche und ihrem Mann, da wir sie in Person leider nicht bei uns haben<lb/> konnten in der Kühle, weiter erzählt und — mir auch.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0251]
Pfisters Mühle.
Widerstand zu leisten, war also nicht von mir zu verlangen an dem schönen
Morgen. Ich nahm ihn mit allem, was er an süßen Reizen brachte, hielt mich
durchaus nicht länger beim gestrigen Abend auf, sondern fragte nur im logik-
vergesfensten Behagen:
Herz, mein Herz, was sagst du heute zu unserm Leben und zu Pfisters
Mühle?
Himmlisch ists, Männchen! Und bei solchem Wetter, ehe der Tag zu heiß
wird, wirklich schade, daß es so bald damit aus und vorbei ist — eure Pfisters
Mühle meine ich natürlich. Läge sie nur ein bischen näher bei den Leuten,
so wärs zu hübsch, alle paar Jahre uns wieder einmal in die Stille hinzusetzen!
Ja, wovon ich geträumt habe, fragtest du? Natürlich von schlechten Gerüchen,
von ganz greulichen, und von großer Wäsche bei uns in Berlin, und von Doktor
Asche; aber wie gesagt, hauptsächlich von schrecklichem Gestank, gerade wie du
mir vorher davon erzählt hattest. Habe ich nicht geächzt im Schlafe? Nicht? Na,
dann ist es einfach zu arg darin gewesen, und ich habe nicht gekonnt. Übrigens
begreife ich jetzt an diesem reizenden Morgen keinen von euch allen — deinen
seligen Papa nicht, dich nicht und eure Gäste auch nicht mit ihrem Naserümpfen.
Doktor Asche hatte ganz Recht, daß er garnichts auf eure Querelen gab, sondern
sich bloß ganz einfach über euch luftig machte mit seinem eignen gelehrten, scheu߬
lichen und wissenschaftlichen Geruch zum Besten der Welt und der Industrie. . . .
Aber heiß wird es heute werden, und da wird es heute in Berlin schrecklich sein,
und es ist wirklich himmlisch, Ebert, daß wir jetzt hier so in der wonnigen Kühle
und der Sonne und dem Thau sitzen und uns auch den ganzen Tag über von
einem schattigen Sitz auf den andern ziehen können. Wie schade, daß wir nicht
Frau Albertine und den Doktor bei uns haben! Die werden heute auch genug
in Berlin ausstehen müssen.
Die Kleine hatte wie gewöhnlich Recht. Es wurde sehr heiß an diesem
Tage, so heiß, daß wir uns nach Mittag aus dem schwülen Garten doch ins
Haus und im Hause an den kühlsten Platz verzogen.
Der kühlste Platz aber war die Mühlstube, oder, wie der wissenschaftliche
Mühlengelehrte das heute nennt, die Turbinenstube.
Ich bin ein ungelehrter Müllerssohn und sonst im Leben ein einfacher
Schulmeister, der sich bescheiden wegduckt und in den Winkel drückt mit seinem
Griechischen und Lateinischen, wenn die Tagesherrin, die reale Wissenschaft, mit
ihren Philosophischen Ansprüchen und gelehrten Ausdrücken kommt. Ich fand es
wie Emmy ebenfalls am kühlsten in der Mühlstube von meiner Väter Mühle
und ließ in urültester Weltweisheit den Wassern draußen ihren rauschenden
Weg vorbei an den nutzlosen, gestellten Rädern.
In der Mühlstube von Pfisters Mühle habe ich Emmy von Frau Alber¬
tine Asche und ihrem Mann, da wir sie in Person leider nicht bei uns haben
konnten in der Kühle, weiter erzählt und — mir auch.
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