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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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August von Jochmus' Schriften.

Wien erschienen und hier als Appendix zum zweiten Bande wieder abgedruckt
worden ist.

Im ersten Bande bildet das Hauptstück die geheime Denkschrift vom
26. März 1846, die JvchmuS für Lord Ponsonby, den damaligen britischen
Botschafter in Wien, verfaßte. Sie erzählt de" Feldzug in Syrien, gestützt ans
die nachfolgenden offiziellen und sekreter Aktenstücke, und wirft mit ihren Ent-
hüllungen vielfach neues Licht auf die betreffenden Vorgänge und die dabei
beteiligten Personen, von denen wir nur den Admiral Stopford, den Kommo¬
dore Napier, den General Michell und die beiden türkischen Grvßwessiere Chosrcw
und Jzzet Mehemed Pascha nennen. Der zweite Band giebt in einer Einleitung
eine Übersicht über die geschichtlichen Ereignisse und die Grundursachen, aus
welchen sich der äußere und innere Niedergang der Türkei erklärt, eine Dar¬
stellung, die wieder mit vielen interessanten Dokumenten belegt ist und durch
Mitteilung einer geheimen Denkschrift vom 14. Januar 1850, die Jochmus für
den Fürsten Felix Schwarzenberg verfaßte, ergänzt wird. Die vertraulichen
Briefe und authentischen Aktenstücke des Bandes bereiten den Leser auf die
große Krisis von 1853 vor. In Jochmus' eignen Briefen lind Berichten giebt
sich allenthalben der genaue Kenner der orientalischen Verhältnisse kund, von
den übrigen sind namentlich die Ponsonbhschen von Interesse, in denen man
durchweg einem echten Staatsmanne von klarsten Geist und Grundsätzen, die
auf der Natur der Dinge beruhen, begegnet. Einzelne derselben sind geradezu
Muster in ihrer Art.

Die Sammlung authentischer Schriftstücke, die der dritte Band bietet, ge¬
stattet zwar kein Urteil über die gesamte Wirksamkeit des Reichsministeriums
Wittgenstein-Jochmus-Detmold-Merck; denn sie ist fast nur den Archiven der
Departements entnommen, denen Jvchmus vorstand, auch hat derselbe eine An¬
zahl geheimer und privater Briefe davon ausgeschlossen, doch mag sie in einigen
Punkten immerhin von Wert für die vaterländische Geschichte sein. Für die
Absichten und Bestrebungen des Reichsverwesers und seines letzten Kabinets
werden hier zuweilen Erklärungen geboten, nach welchen auch die Gegner sich
bestimmen lassen dürften, weniger abfällig zu urteilen. Der vierte Band be¬
greift hauptsächlich den Briefwechsel in sich, den Jochmus mit dem Erzherzoge
Johann von Österreich von 1850 an bis zu dessen Tode über die deutschen
und europäischen Angelegenheiten geführt hat, und der ehemalige Reichsverweser
tritt uns hier vielfach mit gewinnenden Zügen entgegen. Er trägt, soweit dies
möglich ist, was sich allerdings nicht über viele Fragen erstreckte, den Vorteil
Österreichs und seines Hauses in gleichem Maße wie den des ganzen damaligen
Deutschlands am Herzen, und wenn er beim Aufsteigen der Kriegswolke von
1859, wenige Wochen vor seinem Tode, das einst unrühmlich Verlorne und
1815 infolge von Mißgunst und Schwachheit nicht wiedergewonnene Elsaß als
Preis des erhofften Kampfes und Sieges zurückverlangt, ein Begehren, das


August von Jochmus' Schriften.

Wien erschienen und hier als Appendix zum zweiten Bande wieder abgedruckt
worden ist.

Im ersten Bande bildet das Hauptstück die geheime Denkschrift vom
26. März 1846, die JvchmuS für Lord Ponsonby, den damaligen britischen
Botschafter in Wien, verfaßte. Sie erzählt de» Feldzug in Syrien, gestützt ans
die nachfolgenden offiziellen und sekreter Aktenstücke, und wirft mit ihren Ent-
hüllungen vielfach neues Licht auf die betreffenden Vorgänge und die dabei
beteiligten Personen, von denen wir nur den Admiral Stopford, den Kommo¬
dore Napier, den General Michell und die beiden türkischen Grvßwessiere Chosrcw
und Jzzet Mehemed Pascha nennen. Der zweite Band giebt in einer Einleitung
eine Übersicht über die geschichtlichen Ereignisse und die Grundursachen, aus
welchen sich der äußere und innere Niedergang der Türkei erklärt, eine Dar¬
stellung, die wieder mit vielen interessanten Dokumenten belegt ist und durch
Mitteilung einer geheimen Denkschrift vom 14. Januar 1850, die Jochmus für
den Fürsten Felix Schwarzenberg verfaßte, ergänzt wird. Die vertraulichen
Briefe und authentischen Aktenstücke des Bandes bereiten den Leser auf die
große Krisis von 1853 vor. In Jochmus' eignen Briefen lind Berichten giebt
sich allenthalben der genaue Kenner der orientalischen Verhältnisse kund, von
den übrigen sind namentlich die Ponsonbhschen von Interesse, in denen man
durchweg einem echten Staatsmanne von klarsten Geist und Grundsätzen, die
auf der Natur der Dinge beruhen, begegnet. Einzelne derselben sind geradezu
Muster in ihrer Art.

Die Sammlung authentischer Schriftstücke, die der dritte Band bietet, ge¬
stattet zwar kein Urteil über die gesamte Wirksamkeit des Reichsministeriums
Wittgenstein-Jochmus-Detmold-Merck; denn sie ist fast nur den Archiven der
Departements entnommen, denen Jvchmus vorstand, auch hat derselbe eine An¬
zahl geheimer und privater Briefe davon ausgeschlossen, doch mag sie in einigen
Punkten immerhin von Wert für die vaterländische Geschichte sein. Für die
Absichten und Bestrebungen des Reichsverwesers und seines letzten Kabinets
werden hier zuweilen Erklärungen geboten, nach welchen auch die Gegner sich
bestimmen lassen dürften, weniger abfällig zu urteilen. Der vierte Band be¬
greift hauptsächlich den Briefwechsel in sich, den Jochmus mit dem Erzherzoge
Johann von Österreich von 1850 an bis zu dessen Tode über die deutschen
und europäischen Angelegenheiten geführt hat, und der ehemalige Reichsverweser
tritt uns hier vielfach mit gewinnenden Zügen entgegen. Er trägt, soweit dies
möglich ist, was sich allerdings nicht über viele Fragen erstreckte, den Vorteil
Österreichs und seines Hauses in gleichem Maße wie den des ganzen damaligen
Deutschlands am Herzen, und wenn er beim Aufsteigen der Kriegswolke von
1859, wenige Wochen vor seinem Tode, das einst unrühmlich Verlorne und
1815 infolge von Mißgunst und Schwachheit nicht wiedergewonnene Elsaß als
Preis des erhofften Kampfes und Sieges zurückverlangt, ein Begehren, das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/82>, abgerufen am 27.06.2024.