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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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August von Jochmus' Schriften.

des Äußern und der Marine, welches Amt er bis zum Rücktritte des Erzherzogs
(Ende 1849) bekleidete. 1853 unternahm er eine Reise um die Welt, die bis
1835 dauerte. Schon im Orient war er mit dem österreichischen Kaiserhause
und dessen Vertretern in enge Beziehungen getreten, und als Privatmann wußte
er sich dieselben zu erhalten. Ja Ende Mai 1859, als der Krieg mit Italien
und Frankreich ausbrach, sollte er als Feldmarschallleutnant in die österreichische
Armee eintreten, um bei den beabsichtigten Operationen am Rhein mitzuwirken.
Da indes aus letzteren nichts wurde, unterblieb seine förmliche Ernennung, doch
erhob ihn der Kaiser Franz Josef nach dem Frieden von Villafranca zum
erblichen Baron mit dem Titel von Cotignola. Anfangs 1866 wollte Feld-
zeugmeister von Heß abermals die Ernennung des Generals, der ein tüchtiger
Militär war und stets zur Anhängerschaft Österreichs gehört hatte, durchsetzen,
aber Skrupel gegenüber dem Ausländer, die der Kriegsminister empfand, ver¬
zögerten die Sache auch dann noch, als der Kampf mit Preußen unvermeidlich
geworden war; und als die Bewilligung zur Aufnahme des Generals in das
österreichische Heer auf Andringen des Erzherzogs Albrecht erfolgt war und
Jvchmus sich anschickte, das Kommando über die Landesverteidigung in Böhmen
und den Erzherzogtümern, sowie die oberste Leitung der Operationen auf den
Verbindungslinien der Preußen zu übernehmen, war die Entscheidungsschlacht
bei Königgrätz bereits geschlagen, und der Präliminarfriede von Nieolsburg
machte allen weitern strategischen Plänen rasch ein Ende. Mit dein Jahre 1866
schloß der General seine öffentliche Thätigkeit ganz ab, doch las, beobachtete
und korrespvndirte er noch fleißig, auch machte er 1870 und 1871 eine zweite
Reise um die Welt. Als er zurückkam, war das deutsche Reich geschaffen, und,
wie der Herausgeber seiner Schriften sagt, "das hohe, stolze Gefühl, ein Deut¬
scher zu sein, trat nun auch bei ihm voll in seine Rechte ein." Er lebte aber
von jetzt an in großer Zurückgezogenheit, zuletzt in Bamberg, wo er im Sep¬
tember 1881 ans dem Leben schied.

Jochmus selbst hat seinen schriftlichen Nachlaß in drei Gruppen geteilt.
Die erste umfaßt den syrischen Krieg und allerlei Gedanken und Briefe, die
sich auf den Verfall der Türkei beziehe", und reicht von 1840 bis 1848. Die
zweite enthält Akten aus der Zeit des Neichsministeriums und die Korrespon¬
denz mit dem Erzherzog Johann bis 1859. Die dritte setzt sich aus den Be¬
schreibungen der beiden Reisen um die Welt, einigen geographischen Abhandlungen
und verschiednen Briefen und Aufzeichnungen mit Bezug auf die Periode von
1859 bis 1866 zusammen. Kurze Versuche zur Verarbeitung dieses weitschich¬
tigen Materials, das zu einem großen Teile von erheblichem Werte für den
Historiker ist, sind alles, was Jochmus außer seinen hier mitgeteilten Briefen
selbst für die Geschichte geleistet hat. Dagegen hat der österreichische Genie-
vberst von scholl aus den Schriftstücken der ersten Gruppe zu seinem "Abriß
der Geschichte des Krieges 1840 bis 1841 in Syrien" geschöpft, der 1866 in


Grenzboten III. 1384.^ 10
August von Jochmus' Schriften.

des Äußern und der Marine, welches Amt er bis zum Rücktritte des Erzherzogs
(Ende 1849) bekleidete. 1853 unternahm er eine Reise um die Welt, die bis
1835 dauerte. Schon im Orient war er mit dem österreichischen Kaiserhause
und dessen Vertretern in enge Beziehungen getreten, und als Privatmann wußte
er sich dieselben zu erhalten. Ja Ende Mai 1859, als der Krieg mit Italien
und Frankreich ausbrach, sollte er als Feldmarschallleutnant in die österreichische
Armee eintreten, um bei den beabsichtigten Operationen am Rhein mitzuwirken.
Da indes aus letzteren nichts wurde, unterblieb seine förmliche Ernennung, doch
erhob ihn der Kaiser Franz Josef nach dem Frieden von Villafranca zum
erblichen Baron mit dem Titel von Cotignola. Anfangs 1866 wollte Feld-
zeugmeister von Heß abermals die Ernennung des Generals, der ein tüchtiger
Militär war und stets zur Anhängerschaft Österreichs gehört hatte, durchsetzen,
aber Skrupel gegenüber dem Ausländer, die der Kriegsminister empfand, ver¬
zögerten die Sache auch dann noch, als der Kampf mit Preußen unvermeidlich
geworden war; und als die Bewilligung zur Aufnahme des Generals in das
österreichische Heer auf Andringen des Erzherzogs Albrecht erfolgt war und
Jvchmus sich anschickte, das Kommando über die Landesverteidigung in Böhmen
und den Erzherzogtümern, sowie die oberste Leitung der Operationen auf den
Verbindungslinien der Preußen zu übernehmen, war die Entscheidungsschlacht
bei Königgrätz bereits geschlagen, und der Präliminarfriede von Nieolsburg
machte allen weitern strategischen Plänen rasch ein Ende. Mit dein Jahre 1866
schloß der General seine öffentliche Thätigkeit ganz ab, doch las, beobachtete
und korrespvndirte er noch fleißig, auch machte er 1870 und 1871 eine zweite
Reise um die Welt. Als er zurückkam, war das deutsche Reich geschaffen, und,
wie der Herausgeber seiner Schriften sagt, „das hohe, stolze Gefühl, ein Deut¬
scher zu sein, trat nun auch bei ihm voll in seine Rechte ein." Er lebte aber
von jetzt an in großer Zurückgezogenheit, zuletzt in Bamberg, wo er im Sep¬
tember 1881 ans dem Leben schied.

Jochmus selbst hat seinen schriftlichen Nachlaß in drei Gruppen geteilt.
Die erste umfaßt den syrischen Krieg und allerlei Gedanken und Briefe, die
sich auf den Verfall der Türkei beziehe», und reicht von 1840 bis 1848. Die
zweite enthält Akten aus der Zeit des Neichsministeriums und die Korrespon¬
denz mit dem Erzherzog Johann bis 1859. Die dritte setzt sich aus den Be¬
schreibungen der beiden Reisen um die Welt, einigen geographischen Abhandlungen
und verschiednen Briefen und Aufzeichnungen mit Bezug auf die Periode von
1859 bis 1866 zusammen. Kurze Versuche zur Verarbeitung dieses weitschich¬
tigen Materials, das zu einem großen Teile von erheblichem Werte für den
Historiker ist, sind alles, was Jochmus außer seinen hier mitgeteilten Briefen
selbst für die Geschichte geleistet hat. Dagegen hat der österreichische Genie-
vberst von scholl aus den Schriftstücken der ersten Gruppe zu seinem „Abriß
der Geschichte des Krieges 1840 bis 1841 in Syrien" geschöpft, der 1866 in


Grenzboten III. 1384.^ 10
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[0081] August von Jochmus' Schriften. des Äußern und der Marine, welches Amt er bis zum Rücktritte des Erzherzogs (Ende 1849) bekleidete. 1853 unternahm er eine Reise um die Welt, die bis 1835 dauerte. Schon im Orient war er mit dem österreichischen Kaiserhause und dessen Vertretern in enge Beziehungen getreten, und als Privatmann wußte er sich dieselben zu erhalten. Ja Ende Mai 1859, als der Krieg mit Italien und Frankreich ausbrach, sollte er als Feldmarschallleutnant in die österreichische Armee eintreten, um bei den beabsichtigten Operationen am Rhein mitzuwirken. Da indes aus letzteren nichts wurde, unterblieb seine förmliche Ernennung, doch erhob ihn der Kaiser Franz Josef nach dem Frieden von Villafranca zum erblichen Baron mit dem Titel von Cotignola. Anfangs 1866 wollte Feld- zeugmeister von Heß abermals die Ernennung des Generals, der ein tüchtiger Militär war und stets zur Anhängerschaft Österreichs gehört hatte, durchsetzen, aber Skrupel gegenüber dem Ausländer, die der Kriegsminister empfand, ver¬ zögerten die Sache auch dann noch, als der Kampf mit Preußen unvermeidlich geworden war; und als die Bewilligung zur Aufnahme des Generals in das österreichische Heer auf Andringen des Erzherzogs Albrecht erfolgt war und Jvchmus sich anschickte, das Kommando über die Landesverteidigung in Böhmen und den Erzherzogtümern, sowie die oberste Leitung der Operationen auf den Verbindungslinien der Preußen zu übernehmen, war die Entscheidungsschlacht bei Königgrätz bereits geschlagen, und der Präliminarfriede von Nieolsburg machte allen weitern strategischen Plänen rasch ein Ende. Mit dein Jahre 1866 schloß der General seine öffentliche Thätigkeit ganz ab, doch las, beobachtete und korrespvndirte er noch fleißig, auch machte er 1870 und 1871 eine zweite Reise um die Welt. Als er zurückkam, war das deutsche Reich geschaffen, und, wie der Herausgeber seiner Schriften sagt, „das hohe, stolze Gefühl, ein Deut¬ scher zu sein, trat nun auch bei ihm voll in seine Rechte ein." Er lebte aber von jetzt an in großer Zurückgezogenheit, zuletzt in Bamberg, wo er im Sep¬ tember 1881 ans dem Leben schied. Jochmus selbst hat seinen schriftlichen Nachlaß in drei Gruppen geteilt. Die erste umfaßt den syrischen Krieg und allerlei Gedanken und Briefe, die sich auf den Verfall der Türkei beziehe», und reicht von 1840 bis 1848. Die zweite enthält Akten aus der Zeit des Neichsministeriums und die Korrespon¬ denz mit dem Erzherzog Johann bis 1859. Die dritte setzt sich aus den Be¬ schreibungen der beiden Reisen um die Welt, einigen geographischen Abhandlungen und verschiednen Briefen und Aufzeichnungen mit Bezug auf die Periode von 1859 bis 1866 zusammen. Kurze Versuche zur Verarbeitung dieses weitschich¬ tigen Materials, das zu einem großen Teile von erheblichem Werte für den Historiker ist, sind alles, was Jochmus außer seinen hier mitgeteilten Briefen selbst für die Geschichte geleistet hat. Dagegen hat der österreichische Genie- vberst von scholl aus den Schriftstücken der ersten Gruppe zu seinem „Abriß der Geschichte des Krieges 1840 bis 1841 in Syrien" geschöpft, der 1866 in Grenzboten III. 1384.^ 10

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/81>, abgerufen am 27.06.2024.