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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Der lvirtschaftsbetriob des Staates.

werden. Indessen wird ihnen dann auch der inzwischen angewachsene Reserve¬
fonds und der Fonds des Grundstückkontos zur Hälfte zuwachsen und dadurch
das mit 30 Prozent gezahlte Aufgeld nahezu gedeckt werden. Man kann daher
jenen Prozentsatz ohne erheblichen Abzug als den Betrag ansehen, zu welchem
das Bankkapital sich verzinst.

Hier haben wir also ein wirtschaftliches Institut größten Maßstabes, aus¬
gerüstet mit sehr erheblichen Privilegien, betrieben vom Reiche. Die Übernahme
dieses Betriebes durch das Reich wurde von der Mehrheit des Reichstages so
wenig gescheut, daß sie dieselbe vielmehr dringend forderte. Allerdings aber
arbeitet dieser Betrieb in erster Linie zum Nutzen von Privaten. Hierfür
wurde wiederum der Satz geltend gemacht, daß der Staat ein Gewerbe nicht
betreiben solle und daß, wer eine Ausnahme behaupte, den Beweis führen
müsse. Eine solche zivilprozessualische Behandlung von Fragen dieser Art dürfte
schwerlich am Platze sein. In der That möchten wir glauben, daß von jenem
Satz eine unrichtige Anwendung gemacht worden sei. Der Staat soll kein Ge¬
werbe treiben, weil er in der Regel es schlechter betreibt als der Private, und
weil er gefahrbringende Geschäfte nicht unternehmen soll. Übernimmt aber der
Staat wegen des dabei vorwaltenden öffentlichen Interesses einen Gewerbebetrieb,
und zwar einen solchen, der nach Lage der Verhältnisse eine Gefahr kaum in
sich trägt, dann ist wahrlich kein Grund vorhanden, daß er dabei in erster Linie
für den Nutzen von Privaten arbeitet. Der Gewinn der Bank für die Anteils¬
eigner ist allerdings bisher bei weitem nicht so groß gewesen wie der Gewinn,
welchen die Anteilseigner der preußischen Bank vordem bezogen haben. Immerhin
aber hat doch die Beteiligung eine recht vorteilhafte Kapitalanlage geboten.
Dies findet auch seinen Ausdruck in dem Kurs der Bankanteile, welcher bisher
stets weit über dem Zeichnungsbetrage, meist zwischen 16V und 160, gestanden
hat. Nehmen wir an, die Anteilseigner hätten ihre Anteile nur zu 150 Pro¬
zent verkauft, so würden daran die frühern preußischen Anteilseigner einen Betrag
von mehr als 18 Millionen, die neuen Zeichner einen Betrag von mehr als 9 Mil¬
lionen Mark gewonnen haben. Eine solche Zuwendung von Neichswegen war
nicht notwendig und ist im Interesse des Ganzen umsomehr zu beklagen, als
sie mutmaßlich solchen zuteil geworden ist, die dessen am allerwenigsten bedurften.
Auch der Grund, daß bei Beteiligung des Reiches an der Kapitalanlage die
Bankverwaltung leichter in Verdacht kommen würde, fiskalisch zu verwalten,
dürfte schwerlich zutreffen. Eine Behörde, welche allein mit Staatsmitteln ar¬
beitet, kann weit eher ohne Vorwurf lediglich durch öffentliche Interessen sich
bestimmen lassen, als eine solche, welche Privatkapital mit in Aussicht gestelltem
Gewinn verwaltet. Denn in diesen- Falle haben die Privaten einen wohlbe¬
gründeten Anspruch darauf, daß für sie auch Geld verdient werde, und dieser
Anspruch wiegt weit schwerer als das eigne fiskalische Interesse. Aber das
letztere ist in dem vorliegenden Verhältnis nicht einmal ausgeschlossen, da ja


Grenzboten III. 1384. S
Der lvirtschaftsbetriob des Staates.

werden. Indessen wird ihnen dann auch der inzwischen angewachsene Reserve¬
fonds und der Fonds des Grundstückkontos zur Hälfte zuwachsen und dadurch
das mit 30 Prozent gezahlte Aufgeld nahezu gedeckt werden. Man kann daher
jenen Prozentsatz ohne erheblichen Abzug als den Betrag ansehen, zu welchem
das Bankkapital sich verzinst.

Hier haben wir also ein wirtschaftliches Institut größten Maßstabes, aus¬
gerüstet mit sehr erheblichen Privilegien, betrieben vom Reiche. Die Übernahme
dieses Betriebes durch das Reich wurde von der Mehrheit des Reichstages so
wenig gescheut, daß sie dieselbe vielmehr dringend forderte. Allerdings aber
arbeitet dieser Betrieb in erster Linie zum Nutzen von Privaten. Hierfür
wurde wiederum der Satz geltend gemacht, daß der Staat ein Gewerbe nicht
betreiben solle und daß, wer eine Ausnahme behaupte, den Beweis führen
müsse. Eine solche zivilprozessualische Behandlung von Fragen dieser Art dürfte
schwerlich am Platze sein. In der That möchten wir glauben, daß von jenem
Satz eine unrichtige Anwendung gemacht worden sei. Der Staat soll kein Ge¬
werbe treiben, weil er in der Regel es schlechter betreibt als der Private, und
weil er gefahrbringende Geschäfte nicht unternehmen soll. Übernimmt aber der
Staat wegen des dabei vorwaltenden öffentlichen Interesses einen Gewerbebetrieb,
und zwar einen solchen, der nach Lage der Verhältnisse eine Gefahr kaum in
sich trägt, dann ist wahrlich kein Grund vorhanden, daß er dabei in erster Linie
für den Nutzen von Privaten arbeitet. Der Gewinn der Bank für die Anteils¬
eigner ist allerdings bisher bei weitem nicht so groß gewesen wie der Gewinn,
welchen die Anteilseigner der preußischen Bank vordem bezogen haben. Immerhin
aber hat doch die Beteiligung eine recht vorteilhafte Kapitalanlage geboten.
Dies findet auch seinen Ausdruck in dem Kurs der Bankanteile, welcher bisher
stets weit über dem Zeichnungsbetrage, meist zwischen 16V und 160, gestanden
hat. Nehmen wir an, die Anteilseigner hätten ihre Anteile nur zu 150 Pro¬
zent verkauft, so würden daran die frühern preußischen Anteilseigner einen Betrag
von mehr als 18 Millionen, die neuen Zeichner einen Betrag von mehr als 9 Mil¬
lionen Mark gewonnen haben. Eine solche Zuwendung von Neichswegen war
nicht notwendig und ist im Interesse des Ganzen umsomehr zu beklagen, als
sie mutmaßlich solchen zuteil geworden ist, die dessen am allerwenigsten bedurften.
Auch der Grund, daß bei Beteiligung des Reiches an der Kapitalanlage die
Bankverwaltung leichter in Verdacht kommen würde, fiskalisch zu verwalten,
dürfte schwerlich zutreffen. Eine Behörde, welche allein mit Staatsmitteln ar¬
beitet, kann weit eher ohne Vorwurf lediglich durch öffentliche Interessen sich
bestimmen lassen, als eine solche, welche Privatkapital mit in Aussicht gestelltem
Gewinn verwaltet. Denn in diesen- Falle haben die Privaten einen wohlbe¬
gründeten Anspruch darauf, daß für sie auch Geld verdient werde, und dieser
Anspruch wiegt weit schwerer als das eigne fiskalische Interesse. Aber das
letztere ist in dem vorliegenden Verhältnis nicht einmal ausgeschlossen, da ja


Grenzboten III. 1384. S
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[0073] Der lvirtschaftsbetriob des Staates. werden. Indessen wird ihnen dann auch der inzwischen angewachsene Reserve¬ fonds und der Fonds des Grundstückkontos zur Hälfte zuwachsen und dadurch das mit 30 Prozent gezahlte Aufgeld nahezu gedeckt werden. Man kann daher jenen Prozentsatz ohne erheblichen Abzug als den Betrag ansehen, zu welchem das Bankkapital sich verzinst. Hier haben wir also ein wirtschaftliches Institut größten Maßstabes, aus¬ gerüstet mit sehr erheblichen Privilegien, betrieben vom Reiche. Die Übernahme dieses Betriebes durch das Reich wurde von der Mehrheit des Reichstages so wenig gescheut, daß sie dieselbe vielmehr dringend forderte. Allerdings aber arbeitet dieser Betrieb in erster Linie zum Nutzen von Privaten. Hierfür wurde wiederum der Satz geltend gemacht, daß der Staat ein Gewerbe nicht betreiben solle und daß, wer eine Ausnahme behaupte, den Beweis führen müsse. Eine solche zivilprozessualische Behandlung von Fragen dieser Art dürfte schwerlich am Platze sein. In der That möchten wir glauben, daß von jenem Satz eine unrichtige Anwendung gemacht worden sei. Der Staat soll kein Ge¬ werbe treiben, weil er in der Regel es schlechter betreibt als der Private, und weil er gefahrbringende Geschäfte nicht unternehmen soll. Übernimmt aber der Staat wegen des dabei vorwaltenden öffentlichen Interesses einen Gewerbebetrieb, und zwar einen solchen, der nach Lage der Verhältnisse eine Gefahr kaum in sich trägt, dann ist wahrlich kein Grund vorhanden, daß er dabei in erster Linie für den Nutzen von Privaten arbeitet. Der Gewinn der Bank für die Anteils¬ eigner ist allerdings bisher bei weitem nicht so groß gewesen wie der Gewinn, welchen die Anteilseigner der preußischen Bank vordem bezogen haben. Immerhin aber hat doch die Beteiligung eine recht vorteilhafte Kapitalanlage geboten. Dies findet auch seinen Ausdruck in dem Kurs der Bankanteile, welcher bisher stets weit über dem Zeichnungsbetrage, meist zwischen 16V und 160, gestanden hat. Nehmen wir an, die Anteilseigner hätten ihre Anteile nur zu 150 Pro¬ zent verkauft, so würden daran die frühern preußischen Anteilseigner einen Betrag von mehr als 18 Millionen, die neuen Zeichner einen Betrag von mehr als 9 Mil¬ lionen Mark gewonnen haben. Eine solche Zuwendung von Neichswegen war nicht notwendig und ist im Interesse des Ganzen umsomehr zu beklagen, als sie mutmaßlich solchen zuteil geworden ist, die dessen am allerwenigsten bedurften. Auch der Grund, daß bei Beteiligung des Reiches an der Kapitalanlage die Bankverwaltung leichter in Verdacht kommen würde, fiskalisch zu verwalten, dürfte schwerlich zutreffen. Eine Behörde, welche allein mit Staatsmitteln ar¬ beitet, kann weit eher ohne Vorwurf lediglich durch öffentliche Interessen sich bestimmen lassen, als eine solche, welche Privatkapital mit in Aussicht gestelltem Gewinn verwaltet. Denn in diesen- Falle haben die Privaten einen wohlbe¬ gründeten Anspruch darauf, daß für sie auch Geld verdient werde, und dieser Anspruch wiegt weit schwerer als das eigne fiskalische Interesse. Aber das letztere ist in dem vorliegenden Verhältnis nicht einmal ausgeschlossen, da ja Grenzboten III. 1384. S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/73>, abgerufen am 27.09.2024.