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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Der Wirtschaftsbetrieb des Staates.

allen Meere" gemacht haben. Über die starke Auswanderung führen sie,
wenn es eben paßt, Klage, aber die Sorge dafür, daß der Überschuß der
deutschen Bevölkerung nicht einzig dazu diene, fremde Macht zu stärken,
weisen sie weit von sich. Der Grundsatz, die eigne Arbeit da für überflüssig
zu erklären, wo man beim Nachbar die Ware "zu Schleuderpreisen" kaufen kann,
gilt ihnen im großen wie im kleinen, und wenn sie sich getrauten, ganz offen
zu sein, würden sie berechnen, daß es viel billiger käme, im Fall eines Krieges
eine Armee zu mieten, als eine solche vielleicht durch lange Friedensjahre
zu erhalten.

Dies kleine Geschlecht ist im Aussterben begriffen, das darf man zuver¬
sichtlich aussprechen. Aber mittlerweile kann es noch viel Schaden anrichten,
wenn es nicht mit Energie zurückgedrängt wird. Bei dieser patriotischen Arbeit
mitzuwirken, ist die Absicht Wiermcmns, der seine ursprünglich in der "Ost¬
preußischen Zeitung" erschienenen parlamentarischen Studien im Hinblick auf
die bevorstehenden Wahlen zu dem vorliegenden Buche vereinigt hat. Daß es
die journalistische Herkunft nicht ganz verleugnen kann, liegt in der Natur der
Sache; leider hat es auch an zahlreichen Druckfehlern etwas journalistisches an
sich behalten. Wenn wir der Schrift einen Wunsch mit auf den Weg geben
sollen, ist es der, die freisinnigen Blätter möchten ihren gerechten Zorn so sehr
an ihr auslassen, daß deren Leser zur Neugier gereizt werden; dann könnte der
wohlthätige Effekt nicht ausbleiben.




Der Wirtschaftsbetrieb des Staates.
(Schluß.)

me dritte Anstalt, welche in der nämlichen Zeit entstand, hat
einen ganz andern Verlauf genommen. Im Jahre 1765 grün¬
dete Friedrich der Große die Königliche Giro- und Lehnbank
zu Berlin. Dieselbe war bestimmt für den Giro-, Diskonto-
und Lombardverkehr des Landes. Sie arbeitete ohne fremden
Zuschuß, jedoch mußten Depositen- und Pupillengelder zinsbar bei ihr angelegt
werden. Eine neue Gestaltung erhielt die Bank durch die Bankordnung vom
5. Oktober 1846, welche durch weitere Gesetze vom 7. Mai 1856 und vom
24. September 1866 ergänzt wurde. Der Geschäftskreis der Bank wurde er¬
weitert. Sie wurde ermächtigt, Banknoten auszugeben, anfangs bis zum Be¬
trage von 21 Millionen Thalern, später (seit 1856) ohne jede Schranke, jedoch


Der Wirtschaftsbetrieb des Staates.

allen Meere» gemacht haben. Über die starke Auswanderung führen sie,
wenn es eben paßt, Klage, aber die Sorge dafür, daß der Überschuß der
deutschen Bevölkerung nicht einzig dazu diene, fremde Macht zu stärken,
weisen sie weit von sich. Der Grundsatz, die eigne Arbeit da für überflüssig
zu erklären, wo man beim Nachbar die Ware „zu Schleuderpreisen" kaufen kann,
gilt ihnen im großen wie im kleinen, und wenn sie sich getrauten, ganz offen
zu sein, würden sie berechnen, daß es viel billiger käme, im Fall eines Krieges
eine Armee zu mieten, als eine solche vielleicht durch lange Friedensjahre
zu erhalten.

Dies kleine Geschlecht ist im Aussterben begriffen, das darf man zuver¬
sichtlich aussprechen. Aber mittlerweile kann es noch viel Schaden anrichten,
wenn es nicht mit Energie zurückgedrängt wird. Bei dieser patriotischen Arbeit
mitzuwirken, ist die Absicht Wiermcmns, der seine ursprünglich in der „Ost¬
preußischen Zeitung" erschienenen parlamentarischen Studien im Hinblick auf
die bevorstehenden Wahlen zu dem vorliegenden Buche vereinigt hat. Daß es
die journalistische Herkunft nicht ganz verleugnen kann, liegt in der Natur der
Sache; leider hat es auch an zahlreichen Druckfehlern etwas journalistisches an
sich behalten. Wenn wir der Schrift einen Wunsch mit auf den Weg geben
sollen, ist es der, die freisinnigen Blätter möchten ihren gerechten Zorn so sehr
an ihr auslassen, daß deren Leser zur Neugier gereizt werden; dann könnte der
wohlthätige Effekt nicht ausbleiben.




Der Wirtschaftsbetrieb des Staates.
(Schluß.)

me dritte Anstalt, welche in der nämlichen Zeit entstand, hat
einen ganz andern Verlauf genommen. Im Jahre 1765 grün¬
dete Friedrich der Große die Königliche Giro- und Lehnbank
zu Berlin. Dieselbe war bestimmt für den Giro-, Diskonto-
und Lombardverkehr des Landes. Sie arbeitete ohne fremden
Zuschuß, jedoch mußten Depositen- und Pupillengelder zinsbar bei ihr angelegt
werden. Eine neue Gestaltung erhielt die Bank durch die Bankordnung vom
5. Oktober 1846, welche durch weitere Gesetze vom 7. Mai 1856 und vom
24. September 1866 ergänzt wurde. Der Geschäftskreis der Bank wurde er¬
weitert. Sie wurde ermächtigt, Banknoten auszugeben, anfangs bis zum Be¬
trage von 21 Millionen Thalern, später (seit 1856) ohne jede Schranke, jedoch


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[0069] Der Wirtschaftsbetrieb des Staates. allen Meere» gemacht haben. Über die starke Auswanderung führen sie, wenn es eben paßt, Klage, aber die Sorge dafür, daß der Überschuß der deutschen Bevölkerung nicht einzig dazu diene, fremde Macht zu stärken, weisen sie weit von sich. Der Grundsatz, die eigne Arbeit da für überflüssig zu erklären, wo man beim Nachbar die Ware „zu Schleuderpreisen" kaufen kann, gilt ihnen im großen wie im kleinen, und wenn sie sich getrauten, ganz offen zu sein, würden sie berechnen, daß es viel billiger käme, im Fall eines Krieges eine Armee zu mieten, als eine solche vielleicht durch lange Friedensjahre zu erhalten. Dies kleine Geschlecht ist im Aussterben begriffen, das darf man zuver¬ sichtlich aussprechen. Aber mittlerweile kann es noch viel Schaden anrichten, wenn es nicht mit Energie zurückgedrängt wird. Bei dieser patriotischen Arbeit mitzuwirken, ist die Absicht Wiermcmns, der seine ursprünglich in der „Ost¬ preußischen Zeitung" erschienenen parlamentarischen Studien im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen zu dem vorliegenden Buche vereinigt hat. Daß es die journalistische Herkunft nicht ganz verleugnen kann, liegt in der Natur der Sache; leider hat es auch an zahlreichen Druckfehlern etwas journalistisches an sich behalten. Wenn wir der Schrift einen Wunsch mit auf den Weg geben sollen, ist es der, die freisinnigen Blätter möchten ihren gerechten Zorn so sehr an ihr auslassen, daß deren Leser zur Neugier gereizt werden; dann könnte der wohlthätige Effekt nicht ausbleiben. Der Wirtschaftsbetrieb des Staates. (Schluß.) me dritte Anstalt, welche in der nämlichen Zeit entstand, hat einen ganz andern Verlauf genommen. Im Jahre 1765 grün¬ dete Friedrich der Große die Königliche Giro- und Lehnbank zu Berlin. Dieselbe war bestimmt für den Giro-, Diskonto- und Lombardverkehr des Landes. Sie arbeitete ohne fremden Zuschuß, jedoch mußten Depositen- und Pupillengelder zinsbar bei ihr angelegt werden. Eine neue Gestaltung erhielt die Bank durch die Bankordnung vom 5. Oktober 1846, welche durch weitere Gesetze vom 7. Mai 1856 und vom 24. September 1866 ergänzt wurde. Der Geschäftskreis der Bank wurde er¬ weitert. Sie wurde ermächtigt, Banknoten auszugeben, anfangs bis zum Be¬ trage von 21 Millionen Thalern, später (seit 1856) ohne jede Schranke, jedoch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/69>, abgerufen am 27.06.2024.