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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Bekannt ist, daß die Modellformen gewisser gesuchten Thonfabrikate noch
lange Zeit nach Auflösung der betreffenden Fabrik bez. nach dem Tode des
Künstlers in Benutzung geblieben sind und Erzeugnisse geliefert haben, welche
nicht immer als Fälschungen im strengen Sinne angesehen werden können. Das
gilt von den Gegenständen, welche Palissys Nachkommen mit Hilfe seiner
Formen hergestellt haben, von den Gefäßen, welche Ginori in Doccia aus den
Formen der Fabrik von Capo ti Monte hat Pressen lassen u. a. in. Endet
bringt eine Fülle von Daten dieser Art bei, desgleichen von den Scherzen,
welche sich manche Dilettanten erlaubt haben, ohne daran zu denken, daß sie
dem Betrug in die Hände arbeiteten, von den Robbia-Reliefs, welche die Käufer
selbst von der Mauer ablösen lassen dürfen und welche immer wieder durch neue
Exemplare ersetzt werden, von den "alten" Fayencen, die in Bauernhäusern der
Bretagne und der Normandie aufgespürt werden und angeblich noch vom Gro߬
vater herrühren, in Wahrheit aber zu Beginn der Reisesaison dort von Händlern
deponirt worden sind, von dem Schwindel, mit Pvrzellanmarken ?e. Um bei
dem Kauf von Rouengeschirr, welches bei allen Freunden der Keramik mit Recht
in hoher Gunst steht, nicht übers Ohr gehauen zu werden, muß man ein gutes
Auge, eine gute Nase und ein gutes Gehör haben, dann wird man die zu
regelmäßige Zeichnung, die harten Farben und die glänzende Glasur, den
matteren Klang der neuen Fabrikate und den Firnisgernch der restaurirten
leicht unterscheiden.

Werfen wir noch einen Blick auf zwei Spezialitäten, die Instrumente des
Kriegers und des Musikers.

Echte alte Waffen, meint Endet, seien eigentlich nur in der Armeria zu
Madrid (welche leider neulich durch Feuer zerstört worden ist), in der Ambraser
Sammlung zu Wien, im Londoner Tower, im kaiserlichen Schatze zu Moskau,
im Pariser Jnvalidenhause und in einigen wenigen Privatsammlungen, wie
denen der Herren Riggs und spitzer, zu finden; was sonst vorkomme, namentlich
in aristokratischen Herren- und Vorzimmern, die Figuren Geharnischter und die
Trophäen, rühre von italienischen, spanischen oder deutschen Waffenschmieden
der Gegenwart her. Das ist allerdings übertrieben, der Verfasser scheint die
Rüstkammern in Dresden, Turin und andern Städten, die Sammlung des
Prinzen Karl von Preußen und manche andre nicht zu kennen oder zu unter¬
schätzen. Im übrigen aber wird man ihm nicht widersprechen können.

Mit Humor schildert er das Nebeneinander von Sorglosigkeit und Ver¬
schlagenheit bei den Fälschern im Orient. Sie arbeiten, wie jeder Handwerker
dort, vor den Thüren und lassen unbekümmert jeden zuschauen, wenn sie
Handschars mit Nephrit-, Achat- oder Elfenbeingriff, Jatagans mit Damas¬
zenerklinge und Kvransprüchen, Säbel mit Korallen, Türkisen und Granaten
am Griff, Dolche mit getriebenen Silberscheiden, mongolische Bogen und Köcher,
tscherlessische Panzerhemden mit Schließen von niellirtem Silber, Flinten mit


Bekannt ist, daß die Modellformen gewisser gesuchten Thonfabrikate noch
lange Zeit nach Auflösung der betreffenden Fabrik bez. nach dem Tode des
Künstlers in Benutzung geblieben sind und Erzeugnisse geliefert haben, welche
nicht immer als Fälschungen im strengen Sinne angesehen werden können. Das
gilt von den Gegenständen, welche Palissys Nachkommen mit Hilfe seiner
Formen hergestellt haben, von den Gefäßen, welche Ginori in Doccia aus den
Formen der Fabrik von Capo ti Monte hat Pressen lassen u. a. in. Endet
bringt eine Fülle von Daten dieser Art bei, desgleichen von den Scherzen,
welche sich manche Dilettanten erlaubt haben, ohne daran zu denken, daß sie
dem Betrug in die Hände arbeiteten, von den Robbia-Reliefs, welche die Käufer
selbst von der Mauer ablösen lassen dürfen und welche immer wieder durch neue
Exemplare ersetzt werden, von den „alten" Fayencen, die in Bauernhäusern der
Bretagne und der Normandie aufgespürt werden und angeblich noch vom Gro߬
vater herrühren, in Wahrheit aber zu Beginn der Reisesaison dort von Händlern
deponirt worden sind, von dem Schwindel, mit Pvrzellanmarken ?e. Um bei
dem Kauf von Rouengeschirr, welches bei allen Freunden der Keramik mit Recht
in hoher Gunst steht, nicht übers Ohr gehauen zu werden, muß man ein gutes
Auge, eine gute Nase und ein gutes Gehör haben, dann wird man die zu
regelmäßige Zeichnung, die harten Farben und die glänzende Glasur, den
matteren Klang der neuen Fabrikate und den Firnisgernch der restaurirten
leicht unterscheiden.

Werfen wir noch einen Blick auf zwei Spezialitäten, die Instrumente des
Kriegers und des Musikers.

Echte alte Waffen, meint Endet, seien eigentlich nur in der Armeria zu
Madrid (welche leider neulich durch Feuer zerstört worden ist), in der Ambraser
Sammlung zu Wien, im Londoner Tower, im kaiserlichen Schatze zu Moskau,
im Pariser Jnvalidenhause und in einigen wenigen Privatsammlungen, wie
denen der Herren Riggs und spitzer, zu finden; was sonst vorkomme, namentlich
in aristokratischen Herren- und Vorzimmern, die Figuren Geharnischter und die
Trophäen, rühre von italienischen, spanischen oder deutschen Waffenschmieden
der Gegenwart her. Das ist allerdings übertrieben, der Verfasser scheint die
Rüstkammern in Dresden, Turin und andern Städten, die Sammlung des
Prinzen Karl von Preußen und manche andre nicht zu kennen oder zu unter¬
schätzen. Im übrigen aber wird man ihm nicht widersprechen können.

Mit Humor schildert er das Nebeneinander von Sorglosigkeit und Ver¬
schlagenheit bei den Fälschern im Orient. Sie arbeiten, wie jeder Handwerker
dort, vor den Thüren und lassen unbekümmert jeden zuschauen, wenn sie
Handschars mit Nephrit-, Achat- oder Elfenbeingriff, Jatagans mit Damas¬
zenerklinge und Kvransprüchen, Säbel mit Korallen, Türkisen und Granaten
am Griff, Dolche mit getriebenen Silberscheiden, mongolische Bogen und Köcher,
tscherlessische Panzerhemden mit Schließen von niellirtem Silber, Flinten mit


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[0615] Bekannt ist, daß die Modellformen gewisser gesuchten Thonfabrikate noch lange Zeit nach Auflösung der betreffenden Fabrik bez. nach dem Tode des Künstlers in Benutzung geblieben sind und Erzeugnisse geliefert haben, welche nicht immer als Fälschungen im strengen Sinne angesehen werden können. Das gilt von den Gegenständen, welche Palissys Nachkommen mit Hilfe seiner Formen hergestellt haben, von den Gefäßen, welche Ginori in Doccia aus den Formen der Fabrik von Capo ti Monte hat Pressen lassen u. a. in. Endet bringt eine Fülle von Daten dieser Art bei, desgleichen von den Scherzen, welche sich manche Dilettanten erlaubt haben, ohne daran zu denken, daß sie dem Betrug in die Hände arbeiteten, von den Robbia-Reliefs, welche die Käufer selbst von der Mauer ablösen lassen dürfen und welche immer wieder durch neue Exemplare ersetzt werden, von den „alten" Fayencen, die in Bauernhäusern der Bretagne und der Normandie aufgespürt werden und angeblich noch vom Gro߬ vater herrühren, in Wahrheit aber zu Beginn der Reisesaison dort von Händlern deponirt worden sind, von dem Schwindel, mit Pvrzellanmarken ?e. Um bei dem Kauf von Rouengeschirr, welches bei allen Freunden der Keramik mit Recht in hoher Gunst steht, nicht übers Ohr gehauen zu werden, muß man ein gutes Auge, eine gute Nase und ein gutes Gehör haben, dann wird man die zu regelmäßige Zeichnung, die harten Farben und die glänzende Glasur, den matteren Klang der neuen Fabrikate und den Firnisgernch der restaurirten leicht unterscheiden. Werfen wir noch einen Blick auf zwei Spezialitäten, die Instrumente des Kriegers und des Musikers. Echte alte Waffen, meint Endet, seien eigentlich nur in der Armeria zu Madrid (welche leider neulich durch Feuer zerstört worden ist), in der Ambraser Sammlung zu Wien, im Londoner Tower, im kaiserlichen Schatze zu Moskau, im Pariser Jnvalidenhause und in einigen wenigen Privatsammlungen, wie denen der Herren Riggs und spitzer, zu finden; was sonst vorkomme, namentlich in aristokratischen Herren- und Vorzimmern, die Figuren Geharnischter und die Trophäen, rühre von italienischen, spanischen oder deutschen Waffenschmieden der Gegenwart her. Das ist allerdings übertrieben, der Verfasser scheint die Rüstkammern in Dresden, Turin und andern Städten, die Sammlung des Prinzen Karl von Preußen und manche andre nicht zu kennen oder zu unter¬ schätzen. Im übrigen aber wird man ihm nicht widersprechen können. Mit Humor schildert er das Nebeneinander von Sorglosigkeit und Ver¬ schlagenheit bei den Fälschern im Orient. Sie arbeiten, wie jeder Handwerker dort, vor den Thüren und lassen unbekümmert jeden zuschauen, wenn sie Handschars mit Nephrit-, Achat- oder Elfenbeingriff, Jatagans mit Damas¬ zenerklinge und Kvransprüchen, Säbel mit Korallen, Türkisen und Granaten am Griff, Dolche mit getriebenen Silberscheiden, mongolische Bogen und Köcher, tscherlessische Panzerhemden mit Schließen von niellirtem Silber, Flinten mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/615>, abgerufen am 27.09.2024.