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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Künste der Fälscher.
2.

iejenige Falschmünzerei, welche es nicht auf die Nachbildung von
noch knrsirenden Geldstücken abgesehen hat, kann ebenso einträglich
sein wie die andre und setzt sich nicht den gleichen Gefahren aus;
was wunder, daß fie fleißig ausgeübt wird, so fleißig, daß Endet
glaubt behaupten zu dürfen, auf keinem Gebiete werde die Fälschung
mit solcher Kühnheit und solchem Erfolge betrieben, wie auf dem numismatischen!
Wie auf alles Antike, warf sich in der Renaissancezeit der Sammeleifer anch
auf die Münzen des Altertums, und Cellini erzählt, wie er den damals noch
naiven römischen Winzern dergleichen Funde für ein geringes abgenommen habe,
um sie mit gutem Gewinn an kunstfreundliche Prälaten zu verhandeln. Andre
Künstler warteten nicht erst auf Ausgrabungen, sondern kopirten römische Münzen
in solcher Vollendung, daß die einschlägigen Arbeiten von Giovanni Cavino und
Alessandro Bassicmo noch jetzt von den Numismatikern gesucht werden sollen.

Neuen Antrieb in dieser Richtung brachten die Aufdeckung Pompejis und
Herculanums, die Wiederbelebung der klassischen Archäologie, das Kokettiren der
französischen Republikaner mit dem Nömertum. Unser Autor erklärt Becker in
Speyer (1780) für den geschicktesten aller Fälscher, der sich alles anzueignen
gewußt habe, die Eleganz und Grazie der Griechen, die strenge Schönheit der
römischen Kunst und nicht minder die eigentümliche Technik und Zeichnung
mittelalterlicher Münzen. Um seinen Machwerken das Ansehen des Alters zu
geben, that er sie in ein unter seinem Wagen aufgehängtes und mit einer
Brühe gefülltes Behältnis, und wenn sie so Monate lang durcheinander ge¬
schüttelt worden waren, kamen sie geschwärzt und scheinbar abgenutzt wieder
zum Vorschein. Seine Erben haben dann die vorgefundenen Stempel zum
Prägen von Münzen aus einer besondrer Legirung benutzt, die uicht mehr
geeignet waren, zu täuschen, vielmehr Sammler zu belehren und gegen Täuschung
zu waffnen. Aber auch die 331 ursprünglichen Prägungen Beckers werden
gegenwärtig von Münzkuudigen sofort an der Technik und an dem bläulichen
Stich des Metalls erkannt.

Auf den einen Fälscher, welcher bekannt geworden ist, kommen aber zahllose,
deren Verdienste zwar nicht im stillen geblieben sind, wohl aber ihre Namen,
und es ist schon öfter vorgeschlagen worden, eigne Sammlungen von Fälschcr-
cirbeiten anzulegen; ein Verfahren, welches sich für sämtliche Kunstzweige


Die Künste der Fälscher.
2.

iejenige Falschmünzerei, welche es nicht auf die Nachbildung von
noch knrsirenden Geldstücken abgesehen hat, kann ebenso einträglich
sein wie die andre und setzt sich nicht den gleichen Gefahren aus;
was wunder, daß fie fleißig ausgeübt wird, so fleißig, daß Endet
glaubt behaupten zu dürfen, auf keinem Gebiete werde die Fälschung
mit solcher Kühnheit und solchem Erfolge betrieben, wie auf dem numismatischen!
Wie auf alles Antike, warf sich in der Renaissancezeit der Sammeleifer anch
auf die Münzen des Altertums, und Cellini erzählt, wie er den damals noch
naiven römischen Winzern dergleichen Funde für ein geringes abgenommen habe,
um sie mit gutem Gewinn an kunstfreundliche Prälaten zu verhandeln. Andre
Künstler warteten nicht erst auf Ausgrabungen, sondern kopirten römische Münzen
in solcher Vollendung, daß die einschlägigen Arbeiten von Giovanni Cavino und
Alessandro Bassicmo noch jetzt von den Numismatikern gesucht werden sollen.

Neuen Antrieb in dieser Richtung brachten die Aufdeckung Pompejis und
Herculanums, die Wiederbelebung der klassischen Archäologie, das Kokettiren der
französischen Republikaner mit dem Nömertum. Unser Autor erklärt Becker in
Speyer (1780) für den geschicktesten aller Fälscher, der sich alles anzueignen
gewußt habe, die Eleganz und Grazie der Griechen, die strenge Schönheit der
römischen Kunst und nicht minder die eigentümliche Technik und Zeichnung
mittelalterlicher Münzen. Um seinen Machwerken das Ansehen des Alters zu
geben, that er sie in ein unter seinem Wagen aufgehängtes und mit einer
Brühe gefülltes Behältnis, und wenn sie so Monate lang durcheinander ge¬
schüttelt worden waren, kamen sie geschwärzt und scheinbar abgenutzt wieder
zum Vorschein. Seine Erben haben dann die vorgefundenen Stempel zum
Prägen von Münzen aus einer besondrer Legirung benutzt, die uicht mehr
geeignet waren, zu täuschen, vielmehr Sammler zu belehren und gegen Täuschung
zu waffnen. Aber auch die 331 ursprünglichen Prägungen Beckers werden
gegenwärtig von Münzkuudigen sofort an der Technik und an dem bläulichen
Stich des Metalls erkannt.

Auf den einen Fälscher, welcher bekannt geworden ist, kommen aber zahllose,
deren Verdienste zwar nicht im stillen geblieben sind, wohl aber ihre Namen,
und es ist schon öfter vorgeschlagen worden, eigne Sammlungen von Fälschcr-
cirbeiten anzulegen; ein Verfahren, welches sich für sämtliche Kunstzweige


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[0610] Die Künste der Fälscher. 2. iejenige Falschmünzerei, welche es nicht auf die Nachbildung von noch knrsirenden Geldstücken abgesehen hat, kann ebenso einträglich sein wie die andre und setzt sich nicht den gleichen Gefahren aus; was wunder, daß fie fleißig ausgeübt wird, so fleißig, daß Endet glaubt behaupten zu dürfen, auf keinem Gebiete werde die Fälschung mit solcher Kühnheit und solchem Erfolge betrieben, wie auf dem numismatischen! Wie auf alles Antike, warf sich in der Renaissancezeit der Sammeleifer anch auf die Münzen des Altertums, und Cellini erzählt, wie er den damals noch naiven römischen Winzern dergleichen Funde für ein geringes abgenommen habe, um sie mit gutem Gewinn an kunstfreundliche Prälaten zu verhandeln. Andre Künstler warteten nicht erst auf Ausgrabungen, sondern kopirten römische Münzen in solcher Vollendung, daß die einschlägigen Arbeiten von Giovanni Cavino und Alessandro Bassicmo noch jetzt von den Numismatikern gesucht werden sollen. Neuen Antrieb in dieser Richtung brachten die Aufdeckung Pompejis und Herculanums, die Wiederbelebung der klassischen Archäologie, das Kokettiren der französischen Republikaner mit dem Nömertum. Unser Autor erklärt Becker in Speyer (1780) für den geschicktesten aller Fälscher, der sich alles anzueignen gewußt habe, die Eleganz und Grazie der Griechen, die strenge Schönheit der römischen Kunst und nicht minder die eigentümliche Technik und Zeichnung mittelalterlicher Münzen. Um seinen Machwerken das Ansehen des Alters zu geben, that er sie in ein unter seinem Wagen aufgehängtes und mit einer Brühe gefülltes Behältnis, und wenn sie so Monate lang durcheinander ge¬ schüttelt worden waren, kamen sie geschwärzt und scheinbar abgenutzt wieder zum Vorschein. Seine Erben haben dann die vorgefundenen Stempel zum Prägen von Münzen aus einer besondrer Legirung benutzt, die uicht mehr geeignet waren, zu täuschen, vielmehr Sammler zu belehren und gegen Täuschung zu waffnen. Aber auch die 331 ursprünglichen Prägungen Beckers werden gegenwärtig von Münzkuudigen sofort an der Technik und an dem bläulichen Stich des Metalls erkannt. Auf den einen Fälscher, welcher bekannt geworden ist, kommen aber zahllose, deren Verdienste zwar nicht im stillen geblieben sind, wohl aber ihre Namen, und es ist schon öfter vorgeschlagen worden, eigne Sammlungen von Fälschcr- cirbeiten anzulegen; ein Verfahren, welches sich für sämtliche Kunstzweige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/610>, abgerufen am 27.06.2024.