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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Lngel auf Lrden.

Inzwischen hatte Moschillo trotz des Dämmerlichtes den Kleinen und Rina
erkannt, und ebenso die Gegenwart des alten Feindes seines Herrn gewittert.
Als hätte er erraten, daß in diesem Umstände ein Unglück für die erster" lag,
wurde sein Gebell so wütend, daß Paul davon aufwachte. Das Tier suchte
einen Ausweg aus dein Garten, in welchem es eingeschlossen war, und als es
keinen fand, nahm es einen Anlauf, und es gelang seiner Kraft und Gewandt¬
heit, über die Mauer zu setzen. Er rollte auf die Straße, sprang aber sofort
wieder ans und lief mit rasender Schnelle hinter der Kutsche her, welche so¬
eben an der Straßenbiegung verschwunden war.

In kurzem hatte er sie eingeholt und eilte bellend nach der Seite, wo er
Gnidos Köpfchen hatte auftauchen sehen.

Es ist Moschillo, es ist Moschillo! rief der Kleine fröhlich, und machte
eine Bewegung, um aus dem Wagenfenster zu blicken.

Mandozzi zog Guido mit einer Hand zurück, und mit der andern ergriff
er eine der Pistolen. Im Nu hatte er abgefeuert. Der arme Hund stieß einen
Schmerzenslaut aus und fiel der Länge nach in den Straßenkot.

Er hat seine Strafe weg, dieser Teufelshund! sagte Mandozzi gelassen,
indem er die Pistole wieder neben sich legte.

Guido stieß einen Schrei des Schmerzes und des Abscheus aus und ver¬
barg sein Gesicht am Busen der Mutter, welche ebenso erschrocken war wie er.

Cota hatte sich ans seinem Sitze umgedreht, um zu sehen, was vorgefallen
war. Carambo! sagte er im stille". Dieser Satan trifft niemals fehl. Es ist
kein Vergnügen, das Ziel seines Schusses zu sein!

Dann gab er den Pferden einen kräftigen Peitschenschlag, sodaß sie ans
dem Trabe in Galopp übergingen.

Paul war durch Mvschillos wütendes Bellen aufgewacht. Er lief ans
Fenster und riß es ans, um zu sehen, was es gäbe; aber Moschillo war bereits
aus dein Garten verschwunden, und sein Herr hörte, wie sich das Bellen in
weiter Ferne verlor.

Aber jetzt that sich die Hausthür auf, und im Garten erschien der Doktor,
der ebenfalls die Nacht nicht hatte schlafen können und den das ungewöhnliche
Bellen des Hundes herbeigerufen hatte.

Was giebts? rief Paul vom Fettster aus.

Wer weiß es? Der Hund muß über die Mauer gesprungen sein, denn
ich habe es in der Entfernung auf der Straße bellen hören, und das Gitter
ist verschlossen.

Aber um das zu thun, muß Moschillo etwas ganz Besondres gesehen haben.
Ich kenne seine Klugheit. Es ist sicher etwas passirt. Warte einen Augenblick,
ich komme hinunter.

Er kleidete sich eiligst an und stieg hinab. Der Morgen dämmerte bereits,
die Gegenstände erhellten sich allmählich und ihre Umrisse wurde" den Augen
ruiner 'deutlicher.

Cerci hatte, als der Schwager zu ihm trat, bereits das Gartengitter ge¬
öffnet und nach beiden Seiten, soweit sein scharfes Auge reichte, geblickt.
Nun? fragte Paul.

, Der Doktor wies auf die Straße, die nach allen Seiten leer war und
nichts Verdächtiges zeigte.

Moschillo ist nach dieser Richtung gelaufen, sagte Paul. Laß uns ein
Stuck hinuntergehen.


Grenzboten III. 1884. 73
Die Lngel auf Lrden.

Inzwischen hatte Moschillo trotz des Dämmerlichtes den Kleinen und Rina
erkannt, und ebenso die Gegenwart des alten Feindes seines Herrn gewittert.
Als hätte er erraten, daß in diesem Umstände ein Unglück für die erster» lag,
wurde sein Gebell so wütend, daß Paul davon aufwachte. Das Tier suchte
einen Ausweg aus dein Garten, in welchem es eingeschlossen war, und als es
keinen fand, nahm es einen Anlauf, und es gelang seiner Kraft und Gewandt¬
heit, über die Mauer zu setzen. Er rollte auf die Straße, sprang aber sofort
wieder ans und lief mit rasender Schnelle hinter der Kutsche her, welche so¬
eben an der Straßenbiegung verschwunden war.

In kurzem hatte er sie eingeholt und eilte bellend nach der Seite, wo er
Gnidos Köpfchen hatte auftauchen sehen.

Es ist Moschillo, es ist Moschillo! rief der Kleine fröhlich, und machte
eine Bewegung, um aus dem Wagenfenster zu blicken.

Mandozzi zog Guido mit einer Hand zurück, und mit der andern ergriff
er eine der Pistolen. Im Nu hatte er abgefeuert. Der arme Hund stieß einen
Schmerzenslaut aus und fiel der Länge nach in den Straßenkot.

Er hat seine Strafe weg, dieser Teufelshund! sagte Mandozzi gelassen,
indem er die Pistole wieder neben sich legte.

Guido stieß einen Schrei des Schmerzes und des Abscheus aus und ver¬
barg sein Gesicht am Busen der Mutter, welche ebenso erschrocken war wie er.

Cota hatte sich ans seinem Sitze umgedreht, um zu sehen, was vorgefallen
war. Carambo! sagte er im stille». Dieser Satan trifft niemals fehl. Es ist
kein Vergnügen, das Ziel seines Schusses zu sein!

Dann gab er den Pferden einen kräftigen Peitschenschlag, sodaß sie ans
dem Trabe in Galopp übergingen.

Paul war durch Mvschillos wütendes Bellen aufgewacht. Er lief ans
Fenster und riß es ans, um zu sehen, was es gäbe; aber Moschillo war bereits
aus dein Garten verschwunden, und sein Herr hörte, wie sich das Bellen in
weiter Ferne verlor.

Aber jetzt that sich die Hausthür auf, und im Garten erschien der Doktor,
der ebenfalls die Nacht nicht hatte schlafen können und den das ungewöhnliche
Bellen des Hundes herbeigerufen hatte.

Was giebts? rief Paul vom Fettster aus.

Wer weiß es? Der Hund muß über die Mauer gesprungen sein, denn
ich habe es in der Entfernung auf der Straße bellen hören, und das Gitter
ist verschlossen.

Aber um das zu thun, muß Moschillo etwas ganz Besondres gesehen haben.
Ich kenne seine Klugheit. Es ist sicher etwas passirt. Warte einen Augenblick,
ich komme hinunter.

Er kleidete sich eiligst an und stieg hinab. Der Morgen dämmerte bereits,
die Gegenstände erhellten sich allmählich und ihre Umrisse wurde» den Augen
ruiner 'deutlicher.

Cerci hatte, als der Schwager zu ihm trat, bereits das Gartengitter ge¬
öffnet und nach beiden Seiten, soweit sein scharfes Auge reichte, geblickt.
Nun? fragte Paul.

, Der Doktor wies auf die Straße, die nach allen Seiten leer war und
nichts Verdächtiges zeigte.

Moschillo ist nach dieser Richtung gelaufen, sagte Paul. Laß uns ein
Stuck hinuntergehen.


Grenzboten III. 1884. 73
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/585>, abgerufen am 27.06.2024.