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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Kleine Goethicma.

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Der Brief Goethes lautet:


Wohlgebohruer,
Jnsonders hochgeehrtester Herr!

Je seltner es ist daß man ein gutes und, sowohl wegen des Gegenstandes,
als der Arbeit, merkwürdiges altes Kunstwerk in Deutschland findet, desto größer
war das Vergnügen das Ew Wohlgeb mir, dnrch die gefällige Uebersendung der
hiervey zurückkehrenden Statue, verschafften. Sie hat bisher, zu nicht geringer
Erbauung aller acht Kunstgläubigen, in der Gesellschafft meiner kleinen Hausgötter
gestanden und darum, wie beyliegcnder Aufsatz ausweißt, einen der ersten Plätze
eingenommen.

Mein lebhafter Dank begleitet nunmehr dieses kleine Bild wieder zu seinem
würdigen Besitzer zurück, dem ich noch vor kurzem so manche angenehme und lehr¬
reiche Unterhaltung verdanke. Möchte dieser Brief doch Ew. Wohlgeb bey recht
guter Gesundheit nntrcffeu!

Unser gnädigster Fürst befindet sich gegenwärtig in Eisenach und wie ich höre
recht wohl. Er trug mir schon früher auf Ihren freundlichen Gruß aufs beste
zu erwiedern.

Nicht ohne die größte Zufriedenheit bemerke ich wenn Männer, welche die
Welt kennen und Verdienste zu schätzen wissen, mit lebhafter Achtung von unserm
Fürsten sprechen; da wir, die wir ihm so viel schuldig und ihm von Herzen er¬
geben find, uns selbst geehrt fühlen, wenn auch Auswärtige unsern Enthusiasmus
für einen so seltnen Mann mit Ueberzeugung theilen.

Der ich recht wohl zu leben wünsche mich zu freundschaftlichem Andenken
empfehle und mit besonderer Hochachtung unterzeichne.


Ew Wohlgeb
gehorsamsten Diener
JWGoethe.

Weimar
am 21 Juli 1800.

Der dazu gehörige Aussatz Goethes lautet, wie folgt:

Die kleine Herme, von orientalischem Alabaster, mit Kopf und Füßen von
Bronze, ist in Hinsicht auf die Kunst der Arbeit ein ungemein schätzbares Werk,
sie ist es nicht weniger wenn man die Seltenheit der Vorstellung betrachtet.

Es leidet keinen Zweifel daß es eine Juno sey. Das Diadem, die ernsten
großen Züge des Gesichts, das hehre, königliche in Gestalt und Haltung der ganzen
Figur, würden nicht leicht zu eiuer andern Benennung passen.

Offenbar hatte der Künstler die Absicht in diesem seinen Werk die Egyptischen
Figuren nachzuahmen, und die Drcippcrie, die er so zierlich umgeworfen, der untere
Theil der als Herme gestaltet ist, sind blos als geschickte Wendungen anzusehen,
die er genommen um jenes Steife und gerade welches in der Stellung der
egyptischen Figuren herrschend ist, mit deu Forderungen des guten Geschmacks zu
vereinigen und man muß gestehen daß er diese schwere Aufgabe glücklich zu lösen
gewußt hat.



*) Die Kenntnis dieser drei Schriftstücke verdanke ich der Güte des Herrn Dr. Arthur
Heffter in Rostock. Sie stammen aus dem Besitz einer Dame, die im Frcgischen Hause in
Leipzig Erzieherin gewesen war. "
Grenzboten III. 1884. 59
Kleine Goethicma.

hat nur das Datum und die Namensunterschrift hinzugefügt und einige ortho¬
graphische Fehler des Schreibers verbessert.*)

Der Brief Goethes lautet:


Wohlgebohruer,
Jnsonders hochgeehrtester Herr!

Je seltner es ist daß man ein gutes und, sowohl wegen des Gegenstandes,
als der Arbeit, merkwürdiges altes Kunstwerk in Deutschland findet, desto größer
war das Vergnügen das Ew Wohlgeb mir, dnrch die gefällige Uebersendung der
hiervey zurückkehrenden Statue, verschafften. Sie hat bisher, zu nicht geringer
Erbauung aller acht Kunstgläubigen, in der Gesellschafft meiner kleinen Hausgötter
gestanden und darum, wie beyliegcnder Aufsatz ausweißt, einen der ersten Plätze
eingenommen.

Mein lebhafter Dank begleitet nunmehr dieses kleine Bild wieder zu seinem
würdigen Besitzer zurück, dem ich noch vor kurzem so manche angenehme und lehr¬
reiche Unterhaltung verdanke. Möchte dieser Brief doch Ew. Wohlgeb bey recht
guter Gesundheit nntrcffeu!

Unser gnädigster Fürst befindet sich gegenwärtig in Eisenach und wie ich höre
recht wohl. Er trug mir schon früher auf Ihren freundlichen Gruß aufs beste
zu erwiedern.

Nicht ohne die größte Zufriedenheit bemerke ich wenn Männer, welche die
Welt kennen und Verdienste zu schätzen wissen, mit lebhafter Achtung von unserm
Fürsten sprechen; da wir, die wir ihm so viel schuldig und ihm von Herzen er¬
geben find, uns selbst geehrt fühlen, wenn auch Auswärtige unsern Enthusiasmus
für einen so seltnen Mann mit Ueberzeugung theilen.

Der ich recht wohl zu leben wünsche mich zu freundschaftlichem Andenken
empfehle und mit besonderer Hochachtung unterzeichne.


Ew Wohlgeb
gehorsamsten Diener
JWGoethe.

Weimar
am 21 Juli 1800.

Der dazu gehörige Aussatz Goethes lautet, wie folgt:

Die kleine Herme, von orientalischem Alabaster, mit Kopf und Füßen von
Bronze, ist in Hinsicht auf die Kunst der Arbeit ein ungemein schätzbares Werk,
sie ist es nicht weniger wenn man die Seltenheit der Vorstellung betrachtet.

Es leidet keinen Zweifel daß es eine Juno sey. Das Diadem, die ernsten
großen Züge des Gesichts, das hehre, königliche in Gestalt und Haltung der ganzen
Figur, würden nicht leicht zu eiuer andern Benennung passen.

Offenbar hatte der Künstler die Absicht in diesem seinen Werk die Egyptischen
Figuren nachzuahmen, und die Drcippcrie, die er so zierlich umgeworfen, der untere
Theil der als Herme gestaltet ist, sind blos als geschickte Wendungen anzusehen,
die er genommen um jenes Steife und gerade welches in der Stellung der
egyptischen Figuren herrschend ist, mit deu Forderungen des guten Geschmacks zu
vereinigen und man muß gestehen daß er diese schwere Aufgabe glücklich zu lösen
gewußt hat.



*) Die Kenntnis dieser drei Schriftstücke verdanke ich der Güte des Herrn Dr. Arthur
Heffter in Rostock. Sie stammen aus dem Besitz einer Dame, die im Frcgischen Hause in
Leipzig Erzieherin gewesen war. »
Grenzboten III. 1884. 59
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[0473] Kleine Goethicma. hat nur das Datum und die Namensunterschrift hinzugefügt und einige ortho¬ graphische Fehler des Schreibers verbessert.*) Der Brief Goethes lautet: Wohlgebohruer, Jnsonders hochgeehrtester Herr! Je seltner es ist daß man ein gutes und, sowohl wegen des Gegenstandes, als der Arbeit, merkwürdiges altes Kunstwerk in Deutschland findet, desto größer war das Vergnügen das Ew Wohlgeb mir, dnrch die gefällige Uebersendung der hiervey zurückkehrenden Statue, verschafften. Sie hat bisher, zu nicht geringer Erbauung aller acht Kunstgläubigen, in der Gesellschafft meiner kleinen Hausgötter gestanden und darum, wie beyliegcnder Aufsatz ausweißt, einen der ersten Plätze eingenommen. Mein lebhafter Dank begleitet nunmehr dieses kleine Bild wieder zu seinem würdigen Besitzer zurück, dem ich noch vor kurzem so manche angenehme und lehr¬ reiche Unterhaltung verdanke. Möchte dieser Brief doch Ew. Wohlgeb bey recht guter Gesundheit nntrcffeu! Unser gnädigster Fürst befindet sich gegenwärtig in Eisenach und wie ich höre recht wohl. Er trug mir schon früher auf Ihren freundlichen Gruß aufs beste zu erwiedern. Nicht ohne die größte Zufriedenheit bemerke ich wenn Männer, welche die Welt kennen und Verdienste zu schätzen wissen, mit lebhafter Achtung von unserm Fürsten sprechen; da wir, die wir ihm so viel schuldig und ihm von Herzen er¬ geben find, uns selbst geehrt fühlen, wenn auch Auswärtige unsern Enthusiasmus für einen so seltnen Mann mit Ueberzeugung theilen. Der ich recht wohl zu leben wünsche mich zu freundschaftlichem Andenken empfehle und mit besonderer Hochachtung unterzeichne. Ew Wohlgeb gehorsamsten Diener JWGoethe. Weimar am 21 Juli 1800. Der dazu gehörige Aussatz Goethes lautet, wie folgt: Die kleine Herme, von orientalischem Alabaster, mit Kopf und Füßen von Bronze, ist in Hinsicht auf die Kunst der Arbeit ein ungemein schätzbares Werk, sie ist es nicht weniger wenn man die Seltenheit der Vorstellung betrachtet. Es leidet keinen Zweifel daß es eine Juno sey. Das Diadem, die ernsten großen Züge des Gesichts, das hehre, königliche in Gestalt und Haltung der ganzen Figur, würden nicht leicht zu eiuer andern Benennung passen. Offenbar hatte der Künstler die Absicht in diesem seinen Werk die Egyptischen Figuren nachzuahmen, und die Drcippcrie, die er so zierlich umgeworfen, der untere Theil der als Herme gestaltet ist, sind blos als geschickte Wendungen anzusehen, die er genommen um jenes Steife und gerade welches in der Stellung der egyptischen Figuren herrschend ist, mit deu Forderungen des guten Geschmacks zu vereinigen und man muß gestehen daß er diese schwere Aufgabe glücklich zu lösen gewußt hat. *) Die Kenntnis dieser drei Schriftstücke verdanke ich der Güte des Herrn Dr. Arthur Heffter in Rostock. Sie stammen aus dem Besitz einer Dame, die im Frcgischen Hause in Leipzig Erzieherin gewesen war. » Grenzboten III. 1884. 59

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/473>, abgerufen am 27.06.2024.