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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Ltwas vom Theater.

In den letzten Jahren seines Lebens sollte David noch Gelegenheit finden,
seine republikanischen Gesinnungen auch in der praktischen Politik zu vertreten.
Aber er hatte darin ebensowenig Glück wie sein Namensvetter, der Maler.
Nach der Revolution von 1848, an welcher er lebhaften Anteil nahm, wurde
er zum Maire des elften Arrondissements von Paris und später zum Deputirten
gewählt. Nach dem Staatsstreiche wurde er gefangen gesetzt. Um den Preis,
daß er sein Vaterland verließ, erhielt er die Freiheit wieder. Er ging nach
Belgien, fand aber dort nicht die Ruhe, welche sich David der Maler in der
Fortführung seiner künstlerischen Thätigkeit zu erarbeiten wußte. Er unter¬
nahm eine Reise nach seinem geliebten Griechenland; die veränderten Verhält¬
nisse bereiteten ihm jedoch nur schwere Enttäuschungen. Zu seinem Schmerze
mußte er wahrnehmen, daß sein hochherziges Geschenk, die junge Griechin für
das Grab des Botzaris, grausam mißhandelt worden war. Man brachte es
nach Athen, wo es vor dem gänzlichen Untergange gerettet wurde und auch
wiederhergestellt werden konnte. In Athen führte er noch die Kolvssalbüste des
Kanaris aus. Aber auf die Dauer konnte er die Verbannung nicht ertragen.
Als ihm 1853 die Heimkehr gestattet wurde, kam er als ein gebrochener Mann
zurück. Die letzte Freude seines Lebens war ein Besuch seiner Vaterstadt im
Sommer 1855. Hier sah er einen großen Teil seiner Werke wieder, von denen
er selbst die Ghpsabgüsse dorthin geschickt hatte. Am 5. Januar 1856 starb
er. Die Stadt Angers hat jene Kopien inzwischen vervollständigt und sie in
einem besondern Museum vereinigt, welches nur in dem Thorwaldsenmuseum in
Kopenhagen und in dem Rauchmuseum in Berlin seinesgleichen hat.


Adolf Rosenberg.


Etwas vom Theater.

er heute eine täglich erscheinende Zeitung, ja selbst nur ein wöchent¬
lich ein- oder ein paarmal erscheinendes Lokalblättchen liest, um
hiernach die Bedeutung unsers Theaters für das geistige und ge¬
sellschaftliche Leben unsrer Zeit zu beurteilen, der muß zu der
Überzeugung kommen, daß es etwas bedeutsameres wie das Theater
eigentlich kaum gebe. Jede Nummer bringt lange Theaterbesprechungen, und
nicht nur über das am Orte selbst etwa bestehende Theater, sondern auch noch
über die Bühnen in der Provinziell- oder Landeshauptstadt und sonstige wich-,^MM


Ltwas vom Theater.

In den letzten Jahren seines Lebens sollte David noch Gelegenheit finden,
seine republikanischen Gesinnungen auch in der praktischen Politik zu vertreten.
Aber er hatte darin ebensowenig Glück wie sein Namensvetter, der Maler.
Nach der Revolution von 1848, an welcher er lebhaften Anteil nahm, wurde
er zum Maire des elften Arrondissements von Paris und später zum Deputirten
gewählt. Nach dem Staatsstreiche wurde er gefangen gesetzt. Um den Preis,
daß er sein Vaterland verließ, erhielt er die Freiheit wieder. Er ging nach
Belgien, fand aber dort nicht die Ruhe, welche sich David der Maler in der
Fortführung seiner künstlerischen Thätigkeit zu erarbeiten wußte. Er unter¬
nahm eine Reise nach seinem geliebten Griechenland; die veränderten Verhält¬
nisse bereiteten ihm jedoch nur schwere Enttäuschungen. Zu seinem Schmerze
mußte er wahrnehmen, daß sein hochherziges Geschenk, die junge Griechin für
das Grab des Botzaris, grausam mißhandelt worden war. Man brachte es
nach Athen, wo es vor dem gänzlichen Untergange gerettet wurde und auch
wiederhergestellt werden konnte. In Athen führte er noch die Kolvssalbüste des
Kanaris aus. Aber auf die Dauer konnte er die Verbannung nicht ertragen.
Als ihm 1853 die Heimkehr gestattet wurde, kam er als ein gebrochener Mann
zurück. Die letzte Freude seines Lebens war ein Besuch seiner Vaterstadt im
Sommer 1855. Hier sah er einen großen Teil seiner Werke wieder, von denen
er selbst die Ghpsabgüsse dorthin geschickt hatte. Am 5. Januar 1856 starb
er. Die Stadt Angers hat jene Kopien inzwischen vervollständigt und sie in
einem besondern Museum vereinigt, welches nur in dem Thorwaldsenmuseum in
Kopenhagen und in dem Rauchmuseum in Berlin seinesgleichen hat.


Adolf Rosenberg.


Etwas vom Theater.

er heute eine täglich erscheinende Zeitung, ja selbst nur ein wöchent¬
lich ein- oder ein paarmal erscheinendes Lokalblättchen liest, um
hiernach die Bedeutung unsers Theaters für das geistige und ge¬
sellschaftliche Leben unsrer Zeit zu beurteilen, der muß zu der
Überzeugung kommen, daß es etwas bedeutsameres wie das Theater
eigentlich kaum gebe. Jede Nummer bringt lange Theaterbesprechungen, und
nicht nur über das am Orte selbst etwa bestehende Theater, sondern auch noch
über die Bühnen in der Provinziell- oder Landeshauptstadt und sonstige wich-,^MM


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[0428] Ltwas vom Theater. In den letzten Jahren seines Lebens sollte David noch Gelegenheit finden, seine republikanischen Gesinnungen auch in der praktischen Politik zu vertreten. Aber er hatte darin ebensowenig Glück wie sein Namensvetter, der Maler. Nach der Revolution von 1848, an welcher er lebhaften Anteil nahm, wurde er zum Maire des elften Arrondissements von Paris und später zum Deputirten gewählt. Nach dem Staatsstreiche wurde er gefangen gesetzt. Um den Preis, daß er sein Vaterland verließ, erhielt er die Freiheit wieder. Er ging nach Belgien, fand aber dort nicht die Ruhe, welche sich David der Maler in der Fortführung seiner künstlerischen Thätigkeit zu erarbeiten wußte. Er unter¬ nahm eine Reise nach seinem geliebten Griechenland; die veränderten Verhält¬ nisse bereiteten ihm jedoch nur schwere Enttäuschungen. Zu seinem Schmerze mußte er wahrnehmen, daß sein hochherziges Geschenk, die junge Griechin für das Grab des Botzaris, grausam mißhandelt worden war. Man brachte es nach Athen, wo es vor dem gänzlichen Untergange gerettet wurde und auch wiederhergestellt werden konnte. In Athen führte er noch die Kolvssalbüste des Kanaris aus. Aber auf die Dauer konnte er die Verbannung nicht ertragen. Als ihm 1853 die Heimkehr gestattet wurde, kam er als ein gebrochener Mann zurück. Die letzte Freude seines Lebens war ein Besuch seiner Vaterstadt im Sommer 1855. Hier sah er einen großen Teil seiner Werke wieder, von denen er selbst die Ghpsabgüsse dorthin geschickt hatte. Am 5. Januar 1856 starb er. Die Stadt Angers hat jene Kopien inzwischen vervollständigt und sie in einem besondern Museum vereinigt, welches nur in dem Thorwaldsenmuseum in Kopenhagen und in dem Rauchmuseum in Berlin seinesgleichen hat. Adolf Rosenberg. Etwas vom Theater. er heute eine täglich erscheinende Zeitung, ja selbst nur ein wöchent¬ lich ein- oder ein paarmal erscheinendes Lokalblättchen liest, um hiernach die Bedeutung unsers Theaters für das geistige und ge¬ sellschaftliche Leben unsrer Zeit zu beurteilen, der muß zu der Überzeugung kommen, daß es etwas bedeutsameres wie das Theater eigentlich kaum gebe. Jede Nummer bringt lange Theaterbesprechungen, und nicht nur über das am Orte selbst etwa bestehende Theater, sondern auch noch über die Bühnen in der Provinziell- oder Landeshauptstadt und sonstige wich-,^MM

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/428>, abgerufen am 22.06.2024.