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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Gewerbekammorn,

funden. Die wöchentlichen Versammlungen des Gewerbe- und Jndustrievereins,
welche mmmichfach Vorträge über Fragen aus den verschiedensten Gebieten der
gewerblichen Technik veranstalten, gewähren für diesen Ausfall Ersatz.

Auf die Hebung und Entwicklung des gewerblichen Schulwesens und der
theoretischen Fortbildung der Gewerbtreibenden hat die Kammer gleichfalls Ein¬
fluß gehabt. Die Zeichcnschule für Künstler und Handwerker ist zwar keine
eigentliche Lehranstalt der Kammer, steht aber gleichwohl mit ihr in einer ge¬
wissen Verbindung. Sie hat ihren Platz im Gewerbehcmsc. Von der Kammer
ist vorgeschlagen worden, sie in eine gewerbliche Fortbildungsschule, verbunden
mit einer gewerblichen Fachschule, umzugestalten, ein Plan, der gegenwärtig
noch von der Schuldeputation beraten wird. Eine eigentliche Schöpfung der
Kammer aber ist die schon erwähnte technische Anstalt für Gewerbtreibende oder,
wie sie seit dem 12. Februar dieses Jahres heißt, das "Gewerbcmuseum."
Schon im Jahre 1864 war die Begründung eines solchen im Gewerbe- und
Jndustrieverein zur Sprache gekommen, da man mit ihm insbesondre den Mi߬
ständen, welche sich seit Einführung der Gewerbefreiheit zeigten, zu begegnen
gedachte. Die Kommission indes, welche die Angelegenheit begutachtete, wußte
nichts als ein Rohstofflager vorzuschlagen, und so ließ der Verein die Idee
fallen. Der Vorsitzende der Kommission gab dieselbe jedoch noch nicht auf und
fand bei näherer Nachforschung in der würtembergischen Kontrolstelle für Gewerbe
und Handel eine sehr zweckentsprechende Organisation. Man legte nun in
Bremen namentlich Gewicht darauf, ein Institut zu bekommen, welches muster-
giltige Zeichnungen oder Detailzeichnnngen lieferte, nach denen die Gewerb-
treibenden arbeiten könnten. Diese Idee fand die verfassungsmäßige Zustimmung
von Senat und Bürgerschaft, und im Mai 1872 erfolgte die Eröffnung der ge¬
nannten technischen Anstalt, für welche die Kammer gleichzeitig einen Tarif aus¬
arbeitete, nach welchem ihre Leistungen von den sie benutzenden Gewerbtreibenden
honorirt werden mußten. Mit der Zeit ist die Anstalt dann erweitert worden;
ihre nach bestimmten Vorschriften angelegte Sammlung von Abbildungen, Mo¬
dellen und Zeichnungen vergrößerte sich, und die Idee eines Kunstgewerbe¬
museums, d. h. einer Sammlung älterer mustergiltiger Arbeiten des Kunstge-
werbes, trat mehr und mehr in den Vordergrund. Publikum und Gewerbtreibende
bedienten sich der Anstalt immer häusiger, die Aufträge auf Zeichnungen nahmen
stark zu, die Vorbildersammlung wurde zahlreich besucht, und es mußten ver-
schiedne Maßregeln angeordnet werden, um die Benutzbarkeit zweckmäßig zu
organisiren. Schließlich aber wurde eine Erweiterung der Anstalt doch unver¬
meidlich; sie wurde von der Kammer beantragt, sowie in einer Denkschrift über die
Pflege der Kunst in Gewerbe und Industrie im allgemeinen begründet und durch
Senat und Bürgerschaft im Oktober 1879 gutgeheißen. Nunmehr besteht das
Institut aus fünf Hauptabteilungen, nämlich 1. einer Mustersammlung für Kunst-
gewerbe, 2. einer permanenten Ausstellung, 3. einer Vorbildersammlung mit


Gewerbekammorn,

funden. Die wöchentlichen Versammlungen des Gewerbe- und Jndustrievereins,
welche mmmichfach Vorträge über Fragen aus den verschiedensten Gebieten der
gewerblichen Technik veranstalten, gewähren für diesen Ausfall Ersatz.

Auf die Hebung und Entwicklung des gewerblichen Schulwesens und der
theoretischen Fortbildung der Gewerbtreibenden hat die Kammer gleichfalls Ein¬
fluß gehabt. Die Zeichcnschule für Künstler und Handwerker ist zwar keine
eigentliche Lehranstalt der Kammer, steht aber gleichwohl mit ihr in einer ge¬
wissen Verbindung. Sie hat ihren Platz im Gewerbehcmsc. Von der Kammer
ist vorgeschlagen worden, sie in eine gewerbliche Fortbildungsschule, verbunden
mit einer gewerblichen Fachschule, umzugestalten, ein Plan, der gegenwärtig
noch von der Schuldeputation beraten wird. Eine eigentliche Schöpfung der
Kammer aber ist die schon erwähnte technische Anstalt für Gewerbtreibende oder,
wie sie seit dem 12. Februar dieses Jahres heißt, das „Gewerbcmuseum."
Schon im Jahre 1864 war die Begründung eines solchen im Gewerbe- und
Jndustrieverein zur Sprache gekommen, da man mit ihm insbesondre den Mi߬
ständen, welche sich seit Einführung der Gewerbefreiheit zeigten, zu begegnen
gedachte. Die Kommission indes, welche die Angelegenheit begutachtete, wußte
nichts als ein Rohstofflager vorzuschlagen, und so ließ der Verein die Idee
fallen. Der Vorsitzende der Kommission gab dieselbe jedoch noch nicht auf und
fand bei näherer Nachforschung in der würtembergischen Kontrolstelle für Gewerbe
und Handel eine sehr zweckentsprechende Organisation. Man legte nun in
Bremen namentlich Gewicht darauf, ein Institut zu bekommen, welches muster-
giltige Zeichnungen oder Detailzeichnnngen lieferte, nach denen die Gewerb-
treibenden arbeiten könnten. Diese Idee fand die verfassungsmäßige Zustimmung
von Senat und Bürgerschaft, und im Mai 1872 erfolgte die Eröffnung der ge¬
nannten technischen Anstalt, für welche die Kammer gleichzeitig einen Tarif aus¬
arbeitete, nach welchem ihre Leistungen von den sie benutzenden Gewerbtreibenden
honorirt werden mußten. Mit der Zeit ist die Anstalt dann erweitert worden;
ihre nach bestimmten Vorschriften angelegte Sammlung von Abbildungen, Mo¬
dellen und Zeichnungen vergrößerte sich, und die Idee eines Kunstgewerbe¬
museums, d. h. einer Sammlung älterer mustergiltiger Arbeiten des Kunstge-
werbes, trat mehr und mehr in den Vordergrund. Publikum und Gewerbtreibende
bedienten sich der Anstalt immer häusiger, die Aufträge auf Zeichnungen nahmen
stark zu, die Vorbildersammlung wurde zahlreich besucht, und es mußten ver-
schiedne Maßregeln angeordnet werden, um die Benutzbarkeit zweckmäßig zu
organisiren. Schließlich aber wurde eine Erweiterung der Anstalt doch unver¬
meidlich; sie wurde von der Kammer beantragt, sowie in einer Denkschrift über die
Pflege der Kunst in Gewerbe und Industrie im allgemeinen begründet und durch
Senat und Bürgerschaft im Oktober 1879 gutgeheißen. Nunmehr besteht das
Institut aus fünf Hauptabteilungen, nämlich 1. einer Mustersammlung für Kunst-
gewerbe, 2. einer permanenten Ausstellung, 3. einer Vorbildersammlung mit


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[0411] Gewerbekammorn, funden. Die wöchentlichen Versammlungen des Gewerbe- und Jndustrievereins, welche mmmichfach Vorträge über Fragen aus den verschiedensten Gebieten der gewerblichen Technik veranstalten, gewähren für diesen Ausfall Ersatz. Auf die Hebung und Entwicklung des gewerblichen Schulwesens und der theoretischen Fortbildung der Gewerbtreibenden hat die Kammer gleichfalls Ein¬ fluß gehabt. Die Zeichcnschule für Künstler und Handwerker ist zwar keine eigentliche Lehranstalt der Kammer, steht aber gleichwohl mit ihr in einer ge¬ wissen Verbindung. Sie hat ihren Platz im Gewerbehcmsc. Von der Kammer ist vorgeschlagen worden, sie in eine gewerbliche Fortbildungsschule, verbunden mit einer gewerblichen Fachschule, umzugestalten, ein Plan, der gegenwärtig noch von der Schuldeputation beraten wird. Eine eigentliche Schöpfung der Kammer aber ist die schon erwähnte technische Anstalt für Gewerbtreibende oder, wie sie seit dem 12. Februar dieses Jahres heißt, das „Gewerbcmuseum." Schon im Jahre 1864 war die Begründung eines solchen im Gewerbe- und Jndustrieverein zur Sprache gekommen, da man mit ihm insbesondre den Mi߬ ständen, welche sich seit Einführung der Gewerbefreiheit zeigten, zu begegnen gedachte. Die Kommission indes, welche die Angelegenheit begutachtete, wußte nichts als ein Rohstofflager vorzuschlagen, und so ließ der Verein die Idee fallen. Der Vorsitzende der Kommission gab dieselbe jedoch noch nicht auf und fand bei näherer Nachforschung in der würtembergischen Kontrolstelle für Gewerbe und Handel eine sehr zweckentsprechende Organisation. Man legte nun in Bremen namentlich Gewicht darauf, ein Institut zu bekommen, welches muster- giltige Zeichnungen oder Detailzeichnnngen lieferte, nach denen die Gewerb- treibenden arbeiten könnten. Diese Idee fand die verfassungsmäßige Zustimmung von Senat und Bürgerschaft, und im Mai 1872 erfolgte die Eröffnung der ge¬ nannten technischen Anstalt, für welche die Kammer gleichzeitig einen Tarif aus¬ arbeitete, nach welchem ihre Leistungen von den sie benutzenden Gewerbtreibenden honorirt werden mußten. Mit der Zeit ist die Anstalt dann erweitert worden; ihre nach bestimmten Vorschriften angelegte Sammlung von Abbildungen, Mo¬ dellen und Zeichnungen vergrößerte sich, und die Idee eines Kunstgewerbe¬ museums, d. h. einer Sammlung älterer mustergiltiger Arbeiten des Kunstge- werbes, trat mehr und mehr in den Vordergrund. Publikum und Gewerbtreibende bedienten sich der Anstalt immer häusiger, die Aufträge auf Zeichnungen nahmen stark zu, die Vorbildersammlung wurde zahlreich besucht, und es mußten ver- schiedne Maßregeln angeordnet werden, um die Benutzbarkeit zweckmäßig zu organisiren. Schließlich aber wurde eine Erweiterung der Anstalt doch unver¬ meidlich; sie wurde von der Kammer beantragt, sowie in einer Denkschrift über die Pflege der Kunst in Gewerbe und Industrie im allgemeinen begründet und durch Senat und Bürgerschaft im Oktober 1879 gutgeheißen. Nunmehr besteht das Institut aus fünf Hauptabteilungen, nämlich 1. einer Mustersammlung für Kunst- gewerbe, 2. einer permanenten Ausstellung, 3. einer Vorbildersammlung mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/411>, abgerufen am 22.06.2024.