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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Gewerbekammern.

sich sehr vermehrt haben, ein Gehilfe beigesellt worden. Der technische Konsulent
ist zugleich Dirigent der von der Kammer begründeten und verwalteten
"Technischen Anstalt für Gcwerbtreibende" mit ihren Sammlungen und ihrer
Bibliothek, die vorwiegend aus Werken der Technik, der Technologie, der
Architektur, Malerei u. s. w. besteht. Der juristische Konsulent hat die Kanzlei
und das Archiv nnter sich, hat die Bearbeitung aller schriftlichen Kammersacheu,
führt in den Sitzungen der Kammer das Protokoll und hat die Auskunfts¬
und Ratserteilung an Gewerbetreibende. Beide Beamten werden vom bremischen
Staate besoldet, welcher überhaupt dem Institute weitgehende Unterstützung an-
gedeihen läßt. So ist z. B. auch das Gewerbehaus -- das zu diesem Zwecke
umgebaute vormalige "Krameramthaus" --, in welchem die Kammer ihren Sitz
hat, Staatseigentum, aber der Kammer zur Benutzung und Verwaltung über¬
wiesen. Die Kanzlei in diesem Gewerbehause ist an allen Wochentagen von
9 bis 1 Uhr und nachmittags von 3 bis 7 Uhr geöffnet. Alle für den Ge¬
werbestand wichtigen Eingänge, wie Programme, Prospekte, Zirkulare, Zeit¬
schriften u. f. w., liegen zur Einsicht daselbst aus.

Sind dies in Kürze die wesentlichsten Bestimmungen der Gesetzgebung,
welche ein so wichtiges und mehrfach zur Nachahmung empfohlenes Institut
regeln, so ist es uicht minder interessant, aus den Leistungen und Arbeiten der
Kammer selbst, welche or. Jacobi in dankenswerter Vollständigkeit bespricht, sich
über den allgemeinen Nutzen derselben zu vergewissern. Da hat die Kammer
sich interessirt für die Beschickung der allgemeinen Welt-Industrieausstellungen
durch bremische Gewerbetreibende, von der ersten in London im Jahre 1861 an
bis zu der Amsterdamer im vorigen Jahre. Überall fast haben bremische Pro¬
duzenten geglänzt und Beifall errungen und haben mit Hilfe der Kammer ihre Er¬
zeugnisse zur Geltung bringen können. Sie hat dann alljährlich seit 1376 in
Bremen selbst eine kunstgewerbliche Weihnachtsausstelluug veranlaßt, die sich als
sehr nutzbringend erwiesen hat, den Ausstellern Gelegenheit zum Verkauf ihrer
Arbeiten bot und bei dem Publikum die Neigung entwickelte, auf dem ein¬
heimischen Markt ihre Einkäufe zu besorgen. Auch die Ausstellung von Lehrlings¬
arbeiten, die ursprünglich im Jahre 1878 durch den Ortsverein als Organ der
Bremer Innungen ins Leben gerufen wurde, hat die Gewerbekammer anf sich
genommen zu leiten, als jener Verein mit seiner Thätigkeit aufhörte, und hat eine
Reihe von Grundsätzen zu einem Programm vereinigt, das Beachtung verdient.

Von der Bibliothek der Kammer war schon oben die Rede; sie ist eine
öffentliche und in erster Linie für die Gewerbtreibenden Bremens bestimmt.
Zur Zeit umfaßt sie 839 Werke in 2100 Bänden. Die Bücher werden teils
ausgeliehen, teils an zwei wöchentlichen Leseabenden von acht bis zehn Uhr zur
Verfügung gestellt und von jüngern Gewerbtreibenden, Gesellen und Lehrlingen
vielfach benutzt. Vorträge, wie sie die Bibliothekkommission früher zur Belehrung
der Handwerker veranstaltete, haben seit dem Jahre 1879 nicht mehr stattge-


Gewerbekammern.

sich sehr vermehrt haben, ein Gehilfe beigesellt worden. Der technische Konsulent
ist zugleich Dirigent der von der Kammer begründeten und verwalteten
„Technischen Anstalt für Gcwerbtreibende" mit ihren Sammlungen und ihrer
Bibliothek, die vorwiegend aus Werken der Technik, der Technologie, der
Architektur, Malerei u. s. w. besteht. Der juristische Konsulent hat die Kanzlei
und das Archiv nnter sich, hat die Bearbeitung aller schriftlichen Kammersacheu,
führt in den Sitzungen der Kammer das Protokoll und hat die Auskunfts¬
und Ratserteilung an Gewerbetreibende. Beide Beamten werden vom bremischen
Staate besoldet, welcher überhaupt dem Institute weitgehende Unterstützung an-
gedeihen läßt. So ist z. B. auch das Gewerbehaus — das zu diesem Zwecke
umgebaute vormalige „Krameramthaus" —, in welchem die Kammer ihren Sitz
hat, Staatseigentum, aber der Kammer zur Benutzung und Verwaltung über¬
wiesen. Die Kanzlei in diesem Gewerbehause ist an allen Wochentagen von
9 bis 1 Uhr und nachmittags von 3 bis 7 Uhr geöffnet. Alle für den Ge¬
werbestand wichtigen Eingänge, wie Programme, Prospekte, Zirkulare, Zeit¬
schriften u. f. w., liegen zur Einsicht daselbst aus.

Sind dies in Kürze die wesentlichsten Bestimmungen der Gesetzgebung,
welche ein so wichtiges und mehrfach zur Nachahmung empfohlenes Institut
regeln, so ist es uicht minder interessant, aus den Leistungen und Arbeiten der
Kammer selbst, welche or. Jacobi in dankenswerter Vollständigkeit bespricht, sich
über den allgemeinen Nutzen derselben zu vergewissern. Da hat die Kammer
sich interessirt für die Beschickung der allgemeinen Welt-Industrieausstellungen
durch bremische Gewerbetreibende, von der ersten in London im Jahre 1861 an
bis zu der Amsterdamer im vorigen Jahre. Überall fast haben bremische Pro¬
duzenten geglänzt und Beifall errungen und haben mit Hilfe der Kammer ihre Er¬
zeugnisse zur Geltung bringen können. Sie hat dann alljährlich seit 1376 in
Bremen selbst eine kunstgewerbliche Weihnachtsausstelluug veranlaßt, die sich als
sehr nutzbringend erwiesen hat, den Ausstellern Gelegenheit zum Verkauf ihrer
Arbeiten bot und bei dem Publikum die Neigung entwickelte, auf dem ein¬
heimischen Markt ihre Einkäufe zu besorgen. Auch die Ausstellung von Lehrlings¬
arbeiten, die ursprünglich im Jahre 1878 durch den Ortsverein als Organ der
Bremer Innungen ins Leben gerufen wurde, hat die Gewerbekammer anf sich
genommen zu leiten, als jener Verein mit seiner Thätigkeit aufhörte, und hat eine
Reihe von Grundsätzen zu einem Programm vereinigt, das Beachtung verdient.

Von der Bibliothek der Kammer war schon oben die Rede; sie ist eine
öffentliche und in erster Linie für die Gewerbtreibenden Bremens bestimmt.
Zur Zeit umfaßt sie 839 Werke in 2100 Bänden. Die Bücher werden teils
ausgeliehen, teils an zwei wöchentlichen Leseabenden von acht bis zehn Uhr zur
Verfügung gestellt und von jüngern Gewerbtreibenden, Gesellen und Lehrlingen
vielfach benutzt. Vorträge, wie sie die Bibliothekkommission früher zur Belehrung
der Handwerker veranstaltete, haben seit dem Jahre 1879 nicht mehr stattge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/410>, abgerufen am 22.06.2024.