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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Gewerbekammern.

n einem Augenblicke, wo die allgemeine Errichtung von Gewerbe¬
kammern wieder lebhafter als je erörtert und es beispielsweise
als eine der nächsten Aufgaben des neubelebten preußischen
Staatsrath bezeichnet wird, über ihre Organisation zu beraten,
kommt eine Schrift, welche die fnnfunddreißigjährige Wirksamkeit
eines dieser Institute schildert, sehr gelegen. "Reine Gewerbekammern" giebt
es nur in wenigen deutschen Städten, in Hamburg, Lübeck, Bremen, Leipzig
und Weimar, "gemischte," d. h, Kammern, die eine Handels- und Gewerbe¬
abteilung miteinander verbinden, in mehreren Staaten, so in Baiern, in
Württemberg, in Sachsen und Meiningen. Anderswo fehlt überhaupt jede
Vertretung der Gewerbe. Umso dankenswerter ist unter diesen Umständen eine
Arbeit, welche den besten Einblick in das Gefüge und Getriebe dieser so spärlich
gesäten und neuerdings doch so sehr begehrten Schöpfungen gewährt. Und
doppelt erfreulich ist sie, wenn sie den Vorteil hat, die Geschichte der ältesten
derartigen Vereinigung in Deutschland bieten zu können und wenn sie aus
bewährter Feder stammt. Beides erfüllt der von dem Kousulenten der Bremischen
Gewerbekammer, Dr. ^'ur. I. Jacobi, soeben veröffentlichte Bericht: Die
Bremische Gewerbekammer in den Jahren von 1349 bis 1884.*)

Die gewerbepolitische Literatur besitzt bereits einige Werke und Aufsätze
über diesen Gegenstand. Der Privatdozent an der Berliner Universität, von
Kaufmann, hat vor einigen Jahren ein umfangreiches Werk über die Vertretung
der wirtschaftlichen Interessen publizirt, in welchem die Reorganisation der
Handels- und Gewerbekammern besprochen ist. Doch ist das große Buch mehr
Materialsammlung als eine wissenschaftliche Verarbeitung. Verdienstlicher war
ein Aufsatz des Sekretärs der Hamburger Gewerbekammer, Nagel, über Wesen
und Bedeutung der hanseatischen Gewerbekammern in Schmollers Jahrbuch (1882),
bemerkenswert die Denkschrift des Ausschusses deutscher Handels- und Gewerbe¬
kammern, betreffend die Errichtung von Gcwerbekammern, ihre Organisation,
Zuständigkeit u. f. w. Jacobis Schrift hat den Vorzug, über ein sehr reiches
Material zu verfügen, welches ihm ermöglichte, ein in Einzelheiten genaues
und im ganzen anschauliches und lebenswahres Bild von der Entstehung, Ent¬
wicklung und gegenwärtigen Leistungsfähigkeit der Kammer zu liefern. Durch
ein paar Kapitel von allgemeinerem Interesse über den Kampf um die Einführung



Im Namen und Auftrage- der Gewcrbcrcmnner bearbeitet. V, 312 S.
Gewerbekammern.

n einem Augenblicke, wo die allgemeine Errichtung von Gewerbe¬
kammern wieder lebhafter als je erörtert und es beispielsweise
als eine der nächsten Aufgaben des neubelebten preußischen
Staatsrath bezeichnet wird, über ihre Organisation zu beraten,
kommt eine Schrift, welche die fnnfunddreißigjährige Wirksamkeit
eines dieser Institute schildert, sehr gelegen. „Reine Gewerbekammern" giebt
es nur in wenigen deutschen Städten, in Hamburg, Lübeck, Bremen, Leipzig
und Weimar, „gemischte," d. h, Kammern, die eine Handels- und Gewerbe¬
abteilung miteinander verbinden, in mehreren Staaten, so in Baiern, in
Württemberg, in Sachsen und Meiningen. Anderswo fehlt überhaupt jede
Vertretung der Gewerbe. Umso dankenswerter ist unter diesen Umständen eine
Arbeit, welche den besten Einblick in das Gefüge und Getriebe dieser so spärlich
gesäten und neuerdings doch so sehr begehrten Schöpfungen gewährt. Und
doppelt erfreulich ist sie, wenn sie den Vorteil hat, die Geschichte der ältesten
derartigen Vereinigung in Deutschland bieten zu können und wenn sie aus
bewährter Feder stammt. Beides erfüllt der von dem Kousulenten der Bremischen
Gewerbekammer, Dr. ^'ur. I. Jacobi, soeben veröffentlichte Bericht: Die
Bremische Gewerbekammer in den Jahren von 1349 bis 1884.*)

Die gewerbepolitische Literatur besitzt bereits einige Werke und Aufsätze
über diesen Gegenstand. Der Privatdozent an der Berliner Universität, von
Kaufmann, hat vor einigen Jahren ein umfangreiches Werk über die Vertretung
der wirtschaftlichen Interessen publizirt, in welchem die Reorganisation der
Handels- und Gewerbekammern besprochen ist. Doch ist das große Buch mehr
Materialsammlung als eine wissenschaftliche Verarbeitung. Verdienstlicher war
ein Aufsatz des Sekretärs der Hamburger Gewerbekammer, Nagel, über Wesen
und Bedeutung der hanseatischen Gewerbekammern in Schmollers Jahrbuch (1882),
bemerkenswert die Denkschrift des Ausschusses deutscher Handels- und Gewerbe¬
kammern, betreffend die Errichtung von Gcwerbekammern, ihre Organisation,
Zuständigkeit u. f. w. Jacobis Schrift hat den Vorzug, über ein sehr reiches
Material zu verfügen, welches ihm ermöglichte, ein in Einzelheiten genaues
und im ganzen anschauliches und lebenswahres Bild von der Entstehung, Ent¬
wicklung und gegenwärtigen Leistungsfähigkeit der Kammer zu liefern. Durch
ein paar Kapitel von allgemeinerem Interesse über den Kampf um die Einführung



Im Namen und Auftrage- der Gewcrbcrcmnner bearbeitet. V, 312 S.
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[0407] Gewerbekammern. n einem Augenblicke, wo die allgemeine Errichtung von Gewerbe¬ kammern wieder lebhafter als je erörtert und es beispielsweise als eine der nächsten Aufgaben des neubelebten preußischen Staatsrath bezeichnet wird, über ihre Organisation zu beraten, kommt eine Schrift, welche die fnnfunddreißigjährige Wirksamkeit eines dieser Institute schildert, sehr gelegen. „Reine Gewerbekammern" giebt es nur in wenigen deutschen Städten, in Hamburg, Lübeck, Bremen, Leipzig und Weimar, „gemischte," d. h, Kammern, die eine Handels- und Gewerbe¬ abteilung miteinander verbinden, in mehreren Staaten, so in Baiern, in Württemberg, in Sachsen und Meiningen. Anderswo fehlt überhaupt jede Vertretung der Gewerbe. Umso dankenswerter ist unter diesen Umständen eine Arbeit, welche den besten Einblick in das Gefüge und Getriebe dieser so spärlich gesäten und neuerdings doch so sehr begehrten Schöpfungen gewährt. Und doppelt erfreulich ist sie, wenn sie den Vorteil hat, die Geschichte der ältesten derartigen Vereinigung in Deutschland bieten zu können und wenn sie aus bewährter Feder stammt. Beides erfüllt der von dem Kousulenten der Bremischen Gewerbekammer, Dr. ^'ur. I. Jacobi, soeben veröffentlichte Bericht: Die Bremische Gewerbekammer in den Jahren von 1349 bis 1884.*) Die gewerbepolitische Literatur besitzt bereits einige Werke und Aufsätze über diesen Gegenstand. Der Privatdozent an der Berliner Universität, von Kaufmann, hat vor einigen Jahren ein umfangreiches Werk über die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen publizirt, in welchem die Reorganisation der Handels- und Gewerbekammern besprochen ist. Doch ist das große Buch mehr Materialsammlung als eine wissenschaftliche Verarbeitung. Verdienstlicher war ein Aufsatz des Sekretärs der Hamburger Gewerbekammer, Nagel, über Wesen und Bedeutung der hanseatischen Gewerbekammern in Schmollers Jahrbuch (1882), bemerkenswert die Denkschrift des Ausschusses deutscher Handels- und Gewerbe¬ kammern, betreffend die Errichtung von Gcwerbekammern, ihre Organisation, Zuständigkeit u. f. w. Jacobis Schrift hat den Vorzug, über ein sehr reiches Material zu verfügen, welches ihm ermöglichte, ein in Einzelheiten genaues und im ganzen anschauliches und lebenswahres Bild von der Entstehung, Ent¬ wicklung und gegenwärtigen Leistungsfähigkeit der Kammer zu liefern. Durch ein paar Kapitel von allgemeinerem Interesse über den Kampf um die Einführung Im Namen und Auftrage- der Gewcrbcrcmnner bearbeitet. V, 312 S.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/407>, abgerufen am 22.06.2024.