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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Englands Feldzug gegen den Mahdi.

besteht die Wüste aus "weitgedehnten Ebenen, die von niedrigen Hügelketten
durchschnitten werden," und es giebt auf der ganzen Route keine schwierigen Pässe,
dagegen ziemlich viel Vegetation. Die nasse Jahreszeit fällt in die Monate
Mai bis August, doch ist es vorgekommen, daß hier zwei Jahre hindurch kein
Regen fiel. Von Ambukol erreicht man die ersten Brunnen, die aus Löchern
bestehen, welche man in Chors (ausgetrocknete Betten von Bächen der Regenzeit)
gegraben hat, bei dem zwölf Meilen südöstlich von dort gelegnen Hanbok. Die
folgende Station, abermals zwei Meilen weiter, hat ähnliche Brunnen. Dann
folgt der Haltepunkt Abu Halfa, drei Meilen weiter, ebenfalls mit Brunnen,
und hierauf nach einer nochmaligen Strecke von zwei Meilen Gcikdul mit
reichlich fließendem und nie versiegenden Wasser. Neun Meilen von hier, bei
Alm Klea, trifft man von neuem auf Quellen mit gutem Wasser, das nur
spärlich fließt, aber nie austrocknet. Dann folgt, zwei Meilen weiterhin, Schebakat
mit reichlichem, wenn auch schwach salzigem Wasser, und wieder eine Meile
weiter wird bei Matemmeh, Schendy gegenüber, der Nil wieder erreicht.

Bei einem direkten Marsche von Dongola nach Chartum würde man ge¬
nötigt sein, einen großen Teil der Kameele mit Wasser für die Tiere und
Menschen der Expedition zu beladen, und die Kameele selbst würden jeden Tag
wenigstens einmal zu tränken sein, wenn nicht viele derselben fallen sollen. Daß
die Truppen des Mahdi der Expedition in den Pässen der Wüste entgegen¬
treten werden, ist nicht unmöglich. Doch hofft man nicht ohne Grund, daß
dann der Sieg der besseren Bewaffnung der Europäer bleiben würde. Wehe
aber, wen" dies nicht der Fall wäre! Es würde dann weit mehr verloren
gehen als das Leben von sechstausend englischen Soldaten und Offizieren und
dasjenige Gordons und seiner Ägypter. Es wäre auch um das untere Nil¬
land, um Kairo und Alexandrien, es wäre, jedenfalls für mehrere Jahre, um
Englands Ansehen in der ganzen Welt des Islam geschehen. Britische Zähig¬
keit und Tapferkeit hat im Kampfe mit Heeren der wilden und halbwilden Tropen¬
völker schon oft möglich gemacht, was unmöglich erschien. Wir erinnern an
den Entsatz Bcckncms während der großen Sipoy-Empörung und an die Be¬
freiung Kandahars dnrch den Niesenmarsch des Generals Roberts von Kabul.
Aber es giebt auch dunkle Stellen in der neuern Geschichte der englischen Armee:
die vernichtende Niederlage in den Kaibarpässen, der Sieg Ejub Chans am
Herirud, die Schlappen im Kaffernkriege und im Kampfe mit den Boers, und
niemand weiß mit voller Bestimmtheit zu sagen, ob der Mahdi nicht berufen
ist, das, was bei Tel El Kebir geschehen, zu rächen und wett zu macheu.




Englands Feldzug gegen den Mahdi.

besteht die Wüste aus „weitgedehnten Ebenen, die von niedrigen Hügelketten
durchschnitten werden," und es giebt auf der ganzen Route keine schwierigen Pässe,
dagegen ziemlich viel Vegetation. Die nasse Jahreszeit fällt in die Monate
Mai bis August, doch ist es vorgekommen, daß hier zwei Jahre hindurch kein
Regen fiel. Von Ambukol erreicht man die ersten Brunnen, die aus Löchern
bestehen, welche man in Chors (ausgetrocknete Betten von Bächen der Regenzeit)
gegraben hat, bei dem zwölf Meilen südöstlich von dort gelegnen Hanbok. Die
folgende Station, abermals zwei Meilen weiter, hat ähnliche Brunnen. Dann
folgt der Haltepunkt Abu Halfa, drei Meilen weiter, ebenfalls mit Brunnen,
und hierauf nach einer nochmaligen Strecke von zwei Meilen Gcikdul mit
reichlich fließendem und nie versiegenden Wasser. Neun Meilen von hier, bei
Alm Klea, trifft man von neuem auf Quellen mit gutem Wasser, das nur
spärlich fließt, aber nie austrocknet. Dann folgt, zwei Meilen weiterhin, Schebakat
mit reichlichem, wenn auch schwach salzigem Wasser, und wieder eine Meile
weiter wird bei Matemmeh, Schendy gegenüber, der Nil wieder erreicht.

Bei einem direkten Marsche von Dongola nach Chartum würde man ge¬
nötigt sein, einen großen Teil der Kameele mit Wasser für die Tiere und
Menschen der Expedition zu beladen, und die Kameele selbst würden jeden Tag
wenigstens einmal zu tränken sein, wenn nicht viele derselben fallen sollen. Daß
die Truppen des Mahdi der Expedition in den Pässen der Wüste entgegen¬
treten werden, ist nicht unmöglich. Doch hofft man nicht ohne Grund, daß
dann der Sieg der besseren Bewaffnung der Europäer bleiben würde. Wehe
aber, wen» dies nicht der Fall wäre! Es würde dann weit mehr verloren
gehen als das Leben von sechstausend englischen Soldaten und Offizieren und
dasjenige Gordons und seiner Ägypter. Es wäre auch um das untere Nil¬
land, um Kairo und Alexandrien, es wäre, jedenfalls für mehrere Jahre, um
Englands Ansehen in der ganzen Welt des Islam geschehen. Britische Zähig¬
keit und Tapferkeit hat im Kampfe mit Heeren der wilden und halbwilden Tropen¬
völker schon oft möglich gemacht, was unmöglich erschien. Wir erinnern an
den Entsatz Bcckncms während der großen Sipoy-Empörung und an die Be¬
freiung Kandahars dnrch den Niesenmarsch des Generals Roberts von Kabul.
Aber es giebt auch dunkle Stellen in der neuern Geschichte der englischen Armee:
die vernichtende Niederlage in den Kaibarpässen, der Sieg Ejub Chans am
Herirud, die Schlappen im Kaffernkriege und im Kampfe mit den Boers, und
niemand weiß mit voller Bestimmtheit zu sagen, ob der Mahdi nicht berufen
ist, das, was bei Tel El Kebir geschehen, zu rächen und wett zu macheu.




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[0406] Englands Feldzug gegen den Mahdi. besteht die Wüste aus „weitgedehnten Ebenen, die von niedrigen Hügelketten durchschnitten werden," und es giebt auf der ganzen Route keine schwierigen Pässe, dagegen ziemlich viel Vegetation. Die nasse Jahreszeit fällt in die Monate Mai bis August, doch ist es vorgekommen, daß hier zwei Jahre hindurch kein Regen fiel. Von Ambukol erreicht man die ersten Brunnen, die aus Löchern bestehen, welche man in Chors (ausgetrocknete Betten von Bächen der Regenzeit) gegraben hat, bei dem zwölf Meilen südöstlich von dort gelegnen Hanbok. Die folgende Station, abermals zwei Meilen weiter, hat ähnliche Brunnen. Dann folgt der Haltepunkt Abu Halfa, drei Meilen weiter, ebenfalls mit Brunnen, und hierauf nach einer nochmaligen Strecke von zwei Meilen Gcikdul mit reichlich fließendem und nie versiegenden Wasser. Neun Meilen von hier, bei Alm Klea, trifft man von neuem auf Quellen mit gutem Wasser, das nur spärlich fließt, aber nie austrocknet. Dann folgt, zwei Meilen weiterhin, Schebakat mit reichlichem, wenn auch schwach salzigem Wasser, und wieder eine Meile weiter wird bei Matemmeh, Schendy gegenüber, der Nil wieder erreicht. Bei einem direkten Marsche von Dongola nach Chartum würde man ge¬ nötigt sein, einen großen Teil der Kameele mit Wasser für die Tiere und Menschen der Expedition zu beladen, und die Kameele selbst würden jeden Tag wenigstens einmal zu tränken sein, wenn nicht viele derselben fallen sollen. Daß die Truppen des Mahdi der Expedition in den Pässen der Wüste entgegen¬ treten werden, ist nicht unmöglich. Doch hofft man nicht ohne Grund, daß dann der Sieg der besseren Bewaffnung der Europäer bleiben würde. Wehe aber, wen» dies nicht der Fall wäre! Es würde dann weit mehr verloren gehen als das Leben von sechstausend englischen Soldaten und Offizieren und dasjenige Gordons und seiner Ägypter. Es wäre auch um das untere Nil¬ land, um Kairo und Alexandrien, es wäre, jedenfalls für mehrere Jahre, um Englands Ansehen in der ganzen Welt des Islam geschehen. Britische Zähig¬ keit und Tapferkeit hat im Kampfe mit Heeren der wilden und halbwilden Tropen¬ völker schon oft möglich gemacht, was unmöglich erschien. Wir erinnern an den Entsatz Bcckncms während der großen Sipoy-Empörung und an die Be¬ freiung Kandahars dnrch den Niesenmarsch des Generals Roberts von Kabul. Aber es giebt auch dunkle Stellen in der neuern Geschichte der englischen Armee: die vernichtende Niederlage in den Kaibarpässen, der Sieg Ejub Chans am Herirud, die Schlappen im Kaffernkriege und im Kampfe mit den Boers, und niemand weiß mit voller Bestimmtheit zu sagen, ob der Mahdi nicht berufen ist, das, was bei Tel El Kebir geschehen, zu rächen und wett zu macheu.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/406>, abgerufen am 22.06.2024.