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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Englands Feldzug gegen den Mahdi.

gangspunkte der ersten nach Chartum führenden Wüstenstraße) oder Ambukol
(dem Anfangsort der zweiten Straße, die zunächst südöstlich auf Schendy zu¬
läuft) gelangt sind, nicht weiter vorzurücken haben werden, da Gordon und seine
Ägypter auf die Kunde von ihrer Annäherung wahrscheinlich einen großen
Ausfall machen und sich mit ihnen vereinigen würden.

Sehen wir von dieser Aunahme ab, so werden die Engländer für den
Marsch durch die Wüsten, welche das Innere der großen Nilkrümmung zwischen
Alt-Dongola und Chartum einnehmen, eine sehr beträchtliche Anzahl von
Kameelen bedürfen -- man rechnet auf ungefähr 20 000. Sie werden, wenn
sie die direkte Route nach Chartum für ihren Marsch wählen, den Nil zwischen
Dongola und Debbeh verlassen, um zunächst genau südlich vorzurücken. Die
gesamte Strecke, die sie zurückzulegen haben, beträgt 54 deutsche Meilen. Nach
den ersten acht Meilen werden sie die Brunnen von Machdul erreichen, wobei
sie zunächst etwa vier Meilen weit durch eine völlig öde Sandwüste, dann
felsiges Terrain zu Passiren haben. Das Wasser der Quellen von Machdul
-- es sind deren drei -- ist schwach salzig, man glaubt aber, daß es in hin¬
reichender Menge zu haben sein wird. Der nächste Halt- und Erfrischungspunkt
für die Sechstausend Stephensons würde, falls alles gut ginge, bei den Brunnen
von Sotal sein, die etwas weiter von Machdul entfernt sind als dieses von: Nil
zwischen Debbeh und Dongola. Aber die letztgenannten Brunnen -- zwei an der
Zahl -- enthalten in der Regel nur wenig Wasser, und im Juli 1876 waren sie
völlig trocken. Der Weg von Machdul dahin geht durch ein flaches Thal, das
früher stellenweise angebaut war, jetzt aber nur mit kleinen verkrüppelten Akazien
bewachsen ist. Die folgende Station auf dieser Route ist bei den Quellen von
Amiri, die wieder acht Meilen weiter südlich liegen, die vierte, ungefähr gleich weit
entfernt, bei denen von Elag, die fünfte bei denen von Gambar, bis zu welchen
vierundzwanzig Meilen weit zu marschiren ist. Der Weg führt über felsige
Plateaus, durch Schluchten und über Sandstrecken mit grobem Halfigras, aber
ohne Baumwuchs. Weiterhin wird das Land besser, und nach einer Strecke
von sechs Meilen, von denen zwei durch schwarzen Sand führen, gelangt man
zu den Quellen von Gabra, von wo man erst nach zwölf weitern Meilen zu
Omdurman am weißen Nil, gegenüber von Chartum, wieder Wasser erreicht.

Wer aus Erfahrung weiß, was ein Wüstcnmarsch unter afrikanischer Sonne,
bei dem man mehrere Tage kein genügendes Wasser findet, zu bedeuten hat,
wird fast an ein Wunder glauben, wenn die englischen Notröcke ohne sehr
schwere Verluste diesen Marsch überstehe" sollten.

Indes giebt es, wie angedeutet, noch einen andern Weg, der weniger Ent¬
behrungen und Strapazen auferlegt. Man verläßt auf diesem den Nil bei
Ambukol und erreicht ihn nach einem Marsche von 35 Meilen (wir meinen hier
immer deutsche Meilen) bei Schendy wieder. Auch kann man von Merauwi (dem
alten Meroe, weiter stromaufwärts) aufbrechen und nach Schendy gehen. Hier


Englands Feldzug gegen den Mahdi.

gangspunkte der ersten nach Chartum führenden Wüstenstraße) oder Ambukol
(dem Anfangsort der zweiten Straße, die zunächst südöstlich auf Schendy zu¬
läuft) gelangt sind, nicht weiter vorzurücken haben werden, da Gordon und seine
Ägypter auf die Kunde von ihrer Annäherung wahrscheinlich einen großen
Ausfall machen und sich mit ihnen vereinigen würden.

Sehen wir von dieser Aunahme ab, so werden die Engländer für den
Marsch durch die Wüsten, welche das Innere der großen Nilkrümmung zwischen
Alt-Dongola und Chartum einnehmen, eine sehr beträchtliche Anzahl von
Kameelen bedürfen — man rechnet auf ungefähr 20 000. Sie werden, wenn
sie die direkte Route nach Chartum für ihren Marsch wählen, den Nil zwischen
Dongola und Debbeh verlassen, um zunächst genau südlich vorzurücken. Die
gesamte Strecke, die sie zurückzulegen haben, beträgt 54 deutsche Meilen. Nach
den ersten acht Meilen werden sie die Brunnen von Machdul erreichen, wobei
sie zunächst etwa vier Meilen weit durch eine völlig öde Sandwüste, dann
felsiges Terrain zu Passiren haben. Das Wasser der Quellen von Machdul
— es sind deren drei — ist schwach salzig, man glaubt aber, daß es in hin¬
reichender Menge zu haben sein wird. Der nächste Halt- und Erfrischungspunkt
für die Sechstausend Stephensons würde, falls alles gut ginge, bei den Brunnen
von Sotal sein, die etwas weiter von Machdul entfernt sind als dieses von: Nil
zwischen Debbeh und Dongola. Aber die letztgenannten Brunnen — zwei an der
Zahl — enthalten in der Regel nur wenig Wasser, und im Juli 1876 waren sie
völlig trocken. Der Weg von Machdul dahin geht durch ein flaches Thal, das
früher stellenweise angebaut war, jetzt aber nur mit kleinen verkrüppelten Akazien
bewachsen ist. Die folgende Station auf dieser Route ist bei den Quellen von
Amiri, die wieder acht Meilen weiter südlich liegen, die vierte, ungefähr gleich weit
entfernt, bei denen von Elag, die fünfte bei denen von Gambar, bis zu welchen
vierundzwanzig Meilen weit zu marschiren ist. Der Weg führt über felsige
Plateaus, durch Schluchten und über Sandstrecken mit grobem Halfigras, aber
ohne Baumwuchs. Weiterhin wird das Land besser, und nach einer Strecke
von sechs Meilen, von denen zwei durch schwarzen Sand führen, gelangt man
zu den Quellen von Gabra, von wo man erst nach zwölf weitern Meilen zu
Omdurman am weißen Nil, gegenüber von Chartum, wieder Wasser erreicht.

Wer aus Erfahrung weiß, was ein Wüstcnmarsch unter afrikanischer Sonne,
bei dem man mehrere Tage kein genügendes Wasser findet, zu bedeuten hat,
wird fast an ein Wunder glauben, wenn die englischen Notröcke ohne sehr
schwere Verluste diesen Marsch überstehe» sollten.

Indes giebt es, wie angedeutet, noch einen andern Weg, der weniger Ent¬
behrungen und Strapazen auferlegt. Man verläßt auf diesem den Nil bei
Ambukol und erreicht ihn nach einem Marsche von 35 Meilen (wir meinen hier
immer deutsche Meilen) bei Schendy wieder. Auch kann man von Merauwi (dem
alten Meroe, weiter stromaufwärts) aufbrechen und nach Schendy gehen. Hier


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[0405] Englands Feldzug gegen den Mahdi. gangspunkte der ersten nach Chartum führenden Wüstenstraße) oder Ambukol (dem Anfangsort der zweiten Straße, die zunächst südöstlich auf Schendy zu¬ läuft) gelangt sind, nicht weiter vorzurücken haben werden, da Gordon und seine Ägypter auf die Kunde von ihrer Annäherung wahrscheinlich einen großen Ausfall machen und sich mit ihnen vereinigen würden. Sehen wir von dieser Aunahme ab, so werden die Engländer für den Marsch durch die Wüsten, welche das Innere der großen Nilkrümmung zwischen Alt-Dongola und Chartum einnehmen, eine sehr beträchtliche Anzahl von Kameelen bedürfen — man rechnet auf ungefähr 20 000. Sie werden, wenn sie die direkte Route nach Chartum für ihren Marsch wählen, den Nil zwischen Dongola und Debbeh verlassen, um zunächst genau südlich vorzurücken. Die gesamte Strecke, die sie zurückzulegen haben, beträgt 54 deutsche Meilen. Nach den ersten acht Meilen werden sie die Brunnen von Machdul erreichen, wobei sie zunächst etwa vier Meilen weit durch eine völlig öde Sandwüste, dann felsiges Terrain zu Passiren haben. Das Wasser der Quellen von Machdul — es sind deren drei — ist schwach salzig, man glaubt aber, daß es in hin¬ reichender Menge zu haben sein wird. Der nächste Halt- und Erfrischungspunkt für die Sechstausend Stephensons würde, falls alles gut ginge, bei den Brunnen von Sotal sein, die etwas weiter von Machdul entfernt sind als dieses von: Nil zwischen Debbeh und Dongola. Aber die letztgenannten Brunnen — zwei an der Zahl — enthalten in der Regel nur wenig Wasser, und im Juli 1876 waren sie völlig trocken. Der Weg von Machdul dahin geht durch ein flaches Thal, das früher stellenweise angebaut war, jetzt aber nur mit kleinen verkrüppelten Akazien bewachsen ist. Die folgende Station auf dieser Route ist bei den Quellen von Amiri, die wieder acht Meilen weiter südlich liegen, die vierte, ungefähr gleich weit entfernt, bei denen von Elag, die fünfte bei denen von Gambar, bis zu welchen vierundzwanzig Meilen weit zu marschiren ist. Der Weg führt über felsige Plateaus, durch Schluchten und über Sandstrecken mit grobem Halfigras, aber ohne Baumwuchs. Weiterhin wird das Land besser, und nach einer Strecke von sechs Meilen, von denen zwei durch schwarzen Sand führen, gelangt man zu den Quellen von Gabra, von wo man erst nach zwölf weitern Meilen zu Omdurman am weißen Nil, gegenüber von Chartum, wieder Wasser erreicht. Wer aus Erfahrung weiß, was ein Wüstcnmarsch unter afrikanischer Sonne, bei dem man mehrere Tage kein genügendes Wasser findet, zu bedeuten hat, wird fast an ein Wunder glauben, wenn die englischen Notröcke ohne sehr schwere Verluste diesen Marsch überstehe» sollten. Indes giebt es, wie angedeutet, noch einen andern Weg, der weniger Ent¬ behrungen und Strapazen auferlegt. Man verläßt auf diesem den Nil bei Ambukol und erreicht ihn nach einem Marsche von 35 Meilen (wir meinen hier immer deutsche Meilen) bei Schendy wieder. Auch kann man von Merauwi (dem alten Meroe, weiter stromaufwärts) aufbrechen und nach Schendy gehen. Hier

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/405>, abgerufen am 22.06.2024.