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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Englands Feldzug gegen den Mcchdi.

Katastrophe verhütet werden soll. Nach langem Zaudern und nachdem man
eine Anzahl von Plänen aufgestellt, geprüft und zuletzt verworfen hatte, hat
sich die britische Regierung endlich zu einem Feldzuge entschlossen, dessen Zweck
die Rettung Gordons und der Garnison von Chartum ist, und zwar ist der
eine Zeit lang bevorzugte Gedanke, vom Roten Meere her mittelst einer durch
die Wüste zwischen Suakin und Berber zu erbauenden Eisenbahn vorzudringen,
aufgegeben worden, und die Expedition wird dem Laufe des Nil folgen. Gordon
kann, wenn überhaupt noch, nur innerhalb der nächsten sechs Monate befreit
werden, und so hat man von der Route Suakin-Berber, die, nur etwa fünfzig
deutsche Meilen lang, nicht nur die bequemste, sondern genau betrachtet am
Ende auch die wohlfeilste gewesen wäre, absehen müssen, da versäumt worden
ist, zu rechter Zeit das Material zu der betreffenden Eisenbahn abzusenden, die
der kurzsichtigen Sparsamkeit Gladstones wohl auch zu kostspielig erschienen
sein wird.

Über die Einzelheiten des Planes, der im englischen Kriegsministerium für
diesen Feldzug entworfen worden ist, berichten die Londoner Blätter folgendes.
Zuvörderst sollen wenigstens 6000 Mann nach Wady Halfa (in Nubien an den
zweiten Stromschnellen des Nil gelegen) abgehen, von denen man die Hälfte in
etwa zwölf Wochen dort versammeln zu können hofft. Anfangs gedachte man
sich zur Beförderung dieser Streitkräfte slachgehender Dampfer, Prahme und
Boote zu bedienen. Dies erwies sich jedoch wegen der Wasserverhältnisse des
Stromes unthunlich, und so entschloß sich die Negierung, 1000 Ruderboote,
jedes 32 Fuß lang und 8 Fuß breit, in Bestellung zu geben. 500 davon
sollen in zehn Wochen, 200 weitere in drei ferneren Wochen abgeliefert werden,
um dann so schnell wie möglich auf Dampfern nach Alexandrien und von da
zu Wasser und mit der Eisenbahn nach Assuan (112 deutsche Meilen südlich
von Kairo und an den ersten Stromschnellen gelegen) befördert zu werden. Hier
werden sie ohne viel Mühe durch die Stromschnellen gebracht und dann, von
Flußdampfern ins Schlepptau genommen, stromaufwärts nach Wady Halfa bngsirt
werden, wo sich, 62 Meilen südlicher, die zweiten Stromschnellen befinden, die
ein ungleich Schwierigeres Hindernis für die Schiffahrt sind. Ursprünglich
wollte man 16 gewöhnliche Nildampfer oberhalb des Katarakts von Assuan
sammeln, aber der Plan erwies sich als unpraktisch, und so wird man eine
Anzahl von Dampfprahmen, die sich leichter durch die Stromschnellen schaffen
lassen, statt jener Fahrzeuge verwenden. Es wird beabsichtigt, nur britische
Truppen zu der eigentlichen Expedition abzusenden, doch sollen ägyptische
Soldaten hinter dem vordringenden Heere verschiedne Punkte der Operations¬
linie besetzen. Wady Halfa wird der erste Haltepunkt der Expedition und die
Basis der weiteren Operationen sein, und so werden hier Magazine mit großen
Vorräten an Munition und Lebensmitteln für Menschen und Pferde, desgleichen
für 10- bis 12 000 Tonnen Kohlen angelegt werden. Von hier werden die


Englands Feldzug gegen den Mcchdi.

Katastrophe verhütet werden soll. Nach langem Zaudern und nachdem man
eine Anzahl von Plänen aufgestellt, geprüft und zuletzt verworfen hatte, hat
sich die britische Regierung endlich zu einem Feldzuge entschlossen, dessen Zweck
die Rettung Gordons und der Garnison von Chartum ist, und zwar ist der
eine Zeit lang bevorzugte Gedanke, vom Roten Meere her mittelst einer durch
die Wüste zwischen Suakin und Berber zu erbauenden Eisenbahn vorzudringen,
aufgegeben worden, und die Expedition wird dem Laufe des Nil folgen. Gordon
kann, wenn überhaupt noch, nur innerhalb der nächsten sechs Monate befreit
werden, und so hat man von der Route Suakin-Berber, die, nur etwa fünfzig
deutsche Meilen lang, nicht nur die bequemste, sondern genau betrachtet am
Ende auch die wohlfeilste gewesen wäre, absehen müssen, da versäumt worden
ist, zu rechter Zeit das Material zu der betreffenden Eisenbahn abzusenden, die
der kurzsichtigen Sparsamkeit Gladstones wohl auch zu kostspielig erschienen
sein wird.

Über die Einzelheiten des Planes, der im englischen Kriegsministerium für
diesen Feldzug entworfen worden ist, berichten die Londoner Blätter folgendes.
Zuvörderst sollen wenigstens 6000 Mann nach Wady Halfa (in Nubien an den
zweiten Stromschnellen des Nil gelegen) abgehen, von denen man die Hälfte in
etwa zwölf Wochen dort versammeln zu können hofft. Anfangs gedachte man
sich zur Beförderung dieser Streitkräfte slachgehender Dampfer, Prahme und
Boote zu bedienen. Dies erwies sich jedoch wegen der Wasserverhältnisse des
Stromes unthunlich, und so entschloß sich die Negierung, 1000 Ruderboote,
jedes 32 Fuß lang und 8 Fuß breit, in Bestellung zu geben. 500 davon
sollen in zehn Wochen, 200 weitere in drei ferneren Wochen abgeliefert werden,
um dann so schnell wie möglich auf Dampfern nach Alexandrien und von da
zu Wasser und mit der Eisenbahn nach Assuan (112 deutsche Meilen südlich
von Kairo und an den ersten Stromschnellen gelegen) befördert zu werden. Hier
werden sie ohne viel Mühe durch die Stromschnellen gebracht und dann, von
Flußdampfern ins Schlepptau genommen, stromaufwärts nach Wady Halfa bngsirt
werden, wo sich, 62 Meilen südlicher, die zweiten Stromschnellen befinden, die
ein ungleich Schwierigeres Hindernis für die Schiffahrt sind. Ursprünglich
wollte man 16 gewöhnliche Nildampfer oberhalb des Katarakts von Assuan
sammeln, aber der Plan erwies sich als unpraktisch, und so wird man eine
Anzahl von Dampfprahmen, die sich leichter durch die Stromschnellen schaffen
lassen, statt jener Fahrzeuge verwenden. Es wird beabsichtigt, nur britische
Truppen zu der eigentlichen Expedition abzusenden, doch sollen ägyptische
Soldaten hinter dem vordringenden Heere verschiedne Punkte der Operations¬
linie besetzen. Wady Halfa wird der erste Haltepunkt der Expedition und die
Basis der weiteren Operationen sein, und so werden hier Magazine mit großen
Vorräten an Munition und Lebensmitteln für Menschen und Pferde, desgleichen
für 10- bis 12 000 Tonnen Kohlen angelegt werden. Von hier werden die


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[0402] Englands Feldzug gegen den Mcchdi. Katastrophe verhütet werden soll. Nach langem Zaudern und nachdem man eine Anzahl von Plänen aufgestellt, geprüft und zuletzt verworfen hatte, hat sich die britische Regierung endlich zu einem Feldzuge entschlossen, dessen Zweck die Rettung Gordons und der Garnison von Chartum ist, und zwar ist der eine Zeit lang bevorzugte Gedanke, vom Roten Meere her mittelst einer durch die Wüste zwischen Suakin und Berber zu erbauenden Eisenbahn vorzudringen, aufgegeben worden, und die Expedition wird dem Laufe des Nil folgen. Gordon kann, wenn überhaupt noch, nur innerhalb der nächsten sechs Monate befreit werden, und so hat man von der Route Suakin-Berber, die, nur etwa fünfzig deutsche Meilen lang, nicht nur die bequemste, sondern genau betrachtet am Ende auch die wohlfeilste gewesen wäre, absehen müssen, da versäumt worden ist, zu rechter Zeit das Material zu der betreffenden Eisenbahn abzusenden, die der kurzsichtigen Sparsamkeit Gladstones wohl auch zu kostspielig erschienen sein wird. Über die Einzelheiten des Planes, der im englischen Kriegsministerium für diesen Feldzug entworfen worden ist, berichten die Londoner Blätter folgendes. Zuvörderst sollen wenigstens 6000 Mann nach Wady Halfa (in Nubien an den zweiten Stromschnellen des Nil gelegen) abgehen, von denen man die Hälfte in etwa zwölf Wochen dort versammeln zu können hofft. Anfangs gedachte man sich zur Beförderung dieser Streitkräfte slachgehender Dampfer, Prahme und Boote zu bedienen. Dies erwies sich jedoch wegen der Wasserverhältnisse des Stromes unthunlich, und so entschloß sich die Negierung, 1000 Ruderboote, jedes 32 Fuß lang und 8 Fuß breit, in Bestellung zu geben. 500 davon sollen in zehn Wochen, 200 weitere in drei ferneren Wochen abgeliefert werden, um dann so schnell wie möglich auf Dampfern nach Alexandrien und von da zu Wasser und mit der Eisenbahn nach Assuan (112 deutsche Meilen südlich von Kairo und an den ersten Stromschnellen gelegen) befördert zu werden. Hier werden sie ohne viel Mühe durch die Stromschnellen gebracht und dann, von Flußdampfern ins Schlepptau genommen, stromaufwärts nach Wady Halfa bngsirt werden, wo sich, 62 Meilen südlicher, die zweiten Stromschnellen befinden, die ein ungleich Schwierigeres Hindernis für die Schiffahrt sind. Ursprünglich wollte man 16 gewöhnliche Nildampfer oberhalb des Katarakts von Assuan sammeln, aber der Plan erwies sich als unpraktisch, und so wird man eine Anzahl von Dampfprahmen, die sich leichter durch die Stromschnellen schaffen lassen, statt jener Fahrzeuge verwenden. Es wird beabsichtigt, nur britische Truppen zu der eigentlichen Expedition abzusenden, doch sollen ägyptische Soldaten hinter dem vordringenden Heere verschiedne Punkte der Operations¬ linie besetzen. Wady Halfa wird der erste Haltepunkt der Expedition und die Basis der weiteren Operationen sein, und so werden hier Magazine mit großen Vorräten an Munition und Lebensmitteln für Menschen und Pferde, desgleichen für 10- bis 12 000 Tonnen Kohlen angelegt werden. Von hier werden die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/402>, abgerufen am 22.06.2024.