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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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David d'Angers.

weilen getrosten wir uns der Erwartung, daß die geistige Stimmung und
Kraft, welche von Angelus Silesius bis zu Annette von Droste-Hülshoff eine
Reihe von katholischen Dichtern zu höchsten Zierden unsrer Literatur, zu Dol¬
metschern tiefer, echt deutscher Empfindungen, zu Darstellern ursprünglichen
deutschen Lebens gemacht hat, auch auf künftige, vielleicht auf größere Talente
übergehen werde!




David d'Angers/)

n noch höherem Grade, als der Einfluß Pradiers in der Gegen¬
wart nachwirkt, ist derjenige von David d'Angers, welcher mit
Pradier in den zwanziger und dreißiger Jahren die Richtung der
französischen Plastik bestimmte, in der jüngsten Generation mächtig,
Pierre Jean David wurde am 12. März 1788 in Angers als
der Sohn eines Holzschnitzers geboren."*) Die unruhigen Zeiten der Revolution,
in welche seine ersten Jugendjahre fielen, beschränkten den Erwerb des Vaters
dergestalt, daß dieser lange Zeit Widerstand leistete, bevor er seine Einwilligung
dazu gab, daß der Sohn sich gleichfalls einem künstlerischen Berufe widmen
durfte. Nach einigen Vorstudien in seiner Vaterstadt gewährte ihm sein Lehrer,
ein Maler Delusse, die Möglichkeit, nach Paris zu gehen, wo er im übrigen
jedoch auf sich selbst angewiesen war. Er suchte sich seinen Unterhalt durch
ornamentale Arbeiten zu erwerben, und später gelang es ihm auch, in Rolands
Atelier Aufnahme zu finden, welcher sich unter den damaligen Bildhauern noch
am meisten durch eine selbständige und energische Auffassung der Antike aus¬
zeichnete. Auch Jacques Louis David, der Maler, wurde auf den jungen
Künstler aufmerksam und wurde ihm später durch seine Protektion und durch




') Aus der demnächst erscheinenden finster Lieferung von Adolf Roscnbcrgs Ge¬
schichte der modernen Kunst.
**) (Zustkvo xi-wods, ?c>rtra,its ä'^rtistvs. Paris, 18S3. II, S, 63--131. -- OK. LlMv,
I^hö ^.rtistss as wor tomps, S. 129--144. -- Usurz^ 5ouin, of.via ä'^riAers, vis, son
csuvrs, öff sorits se sog oontsmxorÄns. 2 Bde. Paris, 1878. (Mit den Abbildungen der
Hauptwerke.) -- A. Schmarsow in Dohmes "Kunst und Künstler des neunzehnten Jahr¬
hunderts."
Grenzboten III. 1884. 43
David d'Angers.

weilen getrosten wir uns der Erwartung, daß die geistige Stimmung und
Kraft, welche von Angelus Silesius bis zu Annette von Droste-Hülshoff eine
Reihe von katholischen Dichtern zu höchsten Zierden unsrer Literatur, zu Dol¬
metschern tiefer, echt deutscher Empfindungen, zu Darstellern ursprünglichen
deutschen Lebens gemacht hat, auch auf künftige, vielleicht auf größere Talente
übergehen werde!




David d'Angers/)

n noch höherem Grade, als der Einfluß Pradiers in der Gegen¬
wart nachwirkt, ist derjenige von David d'Angers, welcher mit
Pradier in den zwanziger und dreißiger Jahren die Richtung der
französischen Plastik bestimmte, in der jüngsten Generation mächtig,
Pierre Jean David wurde am 12. März 1788 in Angers als
der Sohn eines Holzschnitzers geboren."*) Die unruhigen Zeiten der Revolution,
in welche seine ersten Jugendjahre fielen, beschränkten den Erwerb des Vaters
dergestalt, daß dieser lange Zeit Widerstand leistete, bevor er seine Einwilligung
dazu gab, daß der Sohn sich gleichfalls einem künstlerischen Berufe widmen
durfte. Nach einigen Vorstudien in seiner Vaterstadt gewährte ihm sein Lehrer,
ein Maler Delusse, die Möglichkeit, nach Paris zu gehen, wo er im übrigen
jedoch auf sich selbst angewiesen war. Er suchte sich seinen Unterhalt durch
ornamentale Arbeiten zu erwerben, und später gelang es ihm auch, in Rolands
Atelier Aufnahme zu finden, welcher sich unter den damaligen Bildhauern noch
am meisten durch eine selbständige und energische Auffassung der Antike aus¬
zeichnete. Auch Jacques Louis David, der Maler, wurde auf den jungen
Künstler aufmerksam und wurde ihm später durch seine Protektion und durch




') Aus der demnächst erscheinenden finster Lieferung von Adolf Roscnbcrgs Ge¬
schichte der modernen Kunst.
**) (Zustkvo xi-wods, ?c>rtra,its ä'^rtistvs. Paris, 18S3. II, S, 63—131. — OK. LlMv,
I^hö ^.rtistss as wor tomps, S. 129—144. — Usurz^ 5ouin, of.via ä'^riAers, vis, son
csuvrs, öff sorits se sog oontsmxorÄns. 2 Bde. Paris, 1878. (Mit den Abbildungen der
Hauptwerke.) — A. Schmarsow in Dohmes „Kunst und Künstler des neunzehnten Jahr¬
hunderts."
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[0385] David d'Angers. weilen getrosten wir uns der Erwartung, daß die geistige Stimmung und Kraft, welche von Angelus Silesius bis zu Annette von Droste-Hülshoff eine Reihe von katholischen Dichtern zu höchsten Zierden unsrer Literatur, zu Dol¬ metschern tiefer, echt deutscher Empfindungen, zu Darstellern ursprünglichen deutschen Lebens gemacht hat, auch auf künftige, vielleicht auf größere Talente übergehen werde! David d'Angers/) n noch höherem Grade, als der Einfluß Pradiers in der Gegen¬ wart nachwirkt, ist derjenige von David d'Angers, welcher mit Pradier in den zwanziger und dreißiger Jahren die Richtung der französischen Plastik bestimmte, in der jüngsten Generation mächtig, Pierre Jean David wurde am 12. März 1788 in Angers als der Sohn eines Holzschnitzers geboren."*) Die unruhigen Zeiten der Revolution, in welche seine ersten Jugendjahre fielen, beschränkten den Erwerb des Vaters dergestalt, daß dieser lange Zeit Widerstand leistete, bevor er seine Einwilligung dazu gab, daß der Sohn sich gleichfalls einem künstlerischen Berufe widmen durfte. Nach einigen Vorstudien in seiner Vaterstadt gewährte ihm sein Lehrer, ein Maler Delusse, die Möglichkeit, nach Paris zu gehen, wo er im übrigen jedoch auf sich selbst angewiesen war. Er suchte sich seinen Unterhalt durch ornamentale Arbeiten zu erwerben, und später gelang es ihm auch, in Rolands Atelier Aufnahme zu finden, welcher sich unter den damaligen Bildhauern noch am meisten durch eine selbständige und energische Auffassung der Antike aus¬ zeichnete. Auch Jacques Louis David, der Maler, wurde auf den jungen Künstler aufmerksam und wurde ihm später durch seine Protektion und durch ') Aus der demnächst erscheinenden finster Lieferung von Adolf Roscnbcrgs Ge¬ schichte der modernen Kunst. **) (Zustkvo xi-wods, ?c>rtra,its ä'^rtistvs. Paris, 18S3. II, S, 63—131. — OK. LlMv, I^hö ^.rtistss as wor tomps, S. 129—144. — Usurz^ 5ouin, of.via ä'^riAers, vis, son csuvrs, öff sorits se sog oontsmxorÄns. 2 Bde. Paris, 1878. (Mit den Abbildungen der Hauptwerke.) — A. Schmarsow in Dohmes „Kunst und Künstler des neunzehnten Jahr¬ hunderts." Grenzboten III. 1884. 43

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/385>, abgerufen am 21.06.2024.