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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal.

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Die Lngel auf Lrden.

Das ist einer, der eine gute Klinge schlägt!

Er legte, wie das seine Gewohnheit war, seinen Arm in den des jungen
Mannes, Nun, was giebts neues, Valgrcmde?

Dieser brachte das Gespräch sofort auf den Gegenstand, der den Vorsätzen
des Gatten Lanrettens sehr gelegen kam. Er erzählte die von Mund zu Mund
laufende Geschichte von Paul lind Nina,

Sehr hübsch! sagte der Graf. Ich zweifle garnicht daran. Dieser Herr
Literat besitzt alles, was dazu gehört, um der Held von dergleichen Abenteuern
zu werden. Meint Ihr nicht auch?

Valgrcmde stieß ein Hin! heraus, welches einen verächtlichen Protest be¬
deutete.

Ju Florenz, fuhr der Graf fort, wo ich ihn vor sechs Jahren kennen
lernte, war er schon ein vollendeter Don Juan. Er hat viel Verstand und
gute Manieren.

Findet Ihr? fragte der junge Graf mißmutig.

Das finden alle. Was mich betrifft, so sehe ich nur eine Null in ihm;
aber die Frauen nehmen es nicht so genau. Wenn sie nur ein einigermaßen
interessantes Gesicht vor sich haben, und dieser Amardi, das läßt sich nicht
leugnen, hat ein interessantes Gesicht.

Pah!

Diese Schwätzer verstehen es, die Frauen mit ihren sentimentalen Roman¬
phrasen zu ködern, daß es eine wahre Lust ist, und er weiß in der That gut
zu reden.

Wer? Der Herr Amardi? fragte Valgrcmde verächtlich.
Gewiß! Er versteht es, wenn es darauf ankommt, zu reden wie ein Pe¬
trarca.

Ich habe das noch nicht bemerkt, sagte Valgrcmde, dessen Verdruß, wie
der Graf mit stiller Freude bemerkte, im Steigen begriffen war.

Ich glaube es, erwiederte er, denn er wird diese schönen Dinge Euch nicht
zu kosten geben, da er, beiläufig gesagt, sich nicht gerade viel aus Euch zu
machen scheint.

Meint Ihr?

Vielleicht irre ich mich, aber ich glaube mehr als einmal in der Art und
Weise, wie er zu Euch sprach, einen Ton bemerkt zu haben.

Valgrcmde wurde rot bis an die Ohren. Wie? Wäre es möglich, daß
dieser Vagabund es an Respekt gegen mich Hütte mangeln lassen?

Das will ich nicht sagen. Aber es hat ihm ganz sicher an Wohlwollen
gefehlt.

Meinetwegen; an dem Wohlwollen eines solchen Tintenklexers liegt mir
ebensoviel wie an einem ausgegangenen Zigarrenstummel. Und bei der ersten
Gelegenheit werde ich ihm das zu verstehen geben.

Nehmt Euch in Acht! Ich möchte nicht, daß ein Unheil entstünde. Dieser
Herr hat keine Lammsnatur und weiß die Krallen zu zeigen.

Glaubt Ihr, ich fürchtete mich vor ihm?

Nein, ich weiß zu genau, wer Ihr seid und was Ihr gellet; aber ich weiß
auch, daß er sich von niemand imponiren läßt; und da er ein Mensch ist,
mit dem es nicht der Mühe wert ist, sich abzugeben, so rate ich Euch, klug
zu sein.

Valgrcmde bäumte auf wie ein gesporntes Pferd. Klug zu sein! Beim


Die Lngel auf Lrden.

Das ist einer, der eine gute Klinge schlägt!

Er legte, wie das seine Gewohnheit war, seinen Arm in den des jungen
Mannes, Nun, was giebts neues, Valgrcmde?

Dieser brachte das Gespräch sofort auf den Gegenstand, der den Vorsätzen
des Gatten Lanrettens sehr gelegen kam. Er erzählte die von Mund zu Mund
laufende Geschichte von Paul lind Nina,

Sehr hübsch! sagte der Graf. Ich zweifle garnicht daran. Dieser Herr
Literat besitzt alles, was dazu gehört, um der Held von dergleichen Abenteuern
zu werden. Meint Ihr nicht auch?

Valgrcmde stieß ein Hin! heraus, welches einen verächtlichen Protest be¬
deutete.

Ju Florenz, fuhr der Graf fort, wo ich ihn vor sechs Jahren kennen
lernte, war er schon ein vollendeter Don Juan. Er hat viel Verstand und
gute Manieren.

Findet Ihr? fragte der junge Graf mißmutig.

Das finden alle. Was mich betrifft, so sehe ich nur eine Null in ihm;
aber die Frauen nehmen es nicht so genau. Wenn sie nur ein einigermaßen
interessantes Gesicht vor sich haben, und dieser Amardi, das läßt sich nicht
leugnen, hat ein interessantes Gesicht.

Pah!

Diese Schwätzer verstehen es, die Frauen mit ihren sentimentalen Roman¬
phrasen zu ködern, daß es eine wahre Lust ist, und er weiß in der That gut
zu reden.

Wer? Der Herr Amardi? fragte Valgrcmde verächtlich.
Gewiß! Er versteht es, wenn es darauf ankommt, zu reden wie ein Pe¬
trarca.

Ich habe das noch nicht bemerkt, sagte Valgrcmde, dessen Verdruß, wie
der Graf mit stiller Freude bemerkte, im Steigen begriffen war.

Ich glaube es, erwiederte er, denn er wird diese schönen Dinge Euch nicht
zu kosten geben, da er, beiläufig gesagt, sich nicht gerade viel aus Euch zu
machen scheint.

Meint Ihr?

Vielleicht irre ich mich, aber ich glaube mehr als einmal in der Art und
Weise, wie er zu Euch sprach, einen Ton bemerkt zu haben.

Valgrcmde wurde rot bis an die Ohren. Wie? Wäre es möglich, daß
dieser Vagabund es an Respekt gegen mich Hütte mangeln lassen?

Das will ich nicht sagen. Aber es hat ihm ganz sicher an Wohlwollen
gefehlt.

Meinetwegen; an dem Wohlwollen eines solchen Tintenklexers liegt mir
ebensoviel wie an einem ausgegangenen Zigarrenstummel. Und bei der ersten
Gelegenheit werde ich ihm das zu verstehen geben.

Nehmt Euch in Acht! Ich möchte nicht, daß ein Unheil entstünde. Dieser
Herr hat keine Lammsnatur und weiß die Krallen zu zeigen.

Glaubt Ihr, ich fürchtete mich vor ihm?

Nein, ich weiß zu genau, wer Ihr seid und was Ihr gellet; aber ich weiß
auch, daß er sich von niemand imponiren läßt; und da er ein Mensch ist,
mit dem es nicht der Mühe wert ist, sich abzugeben, so rate ich Euch, klug
zu sein.

Valgrcmde bäumte auf wie ein gesporntes Pferd. Klug zu sein! Beim


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[0346] Die Lngel auf Lrden. Das ist einer, der eine gute Klinge schlägt! Er legte, wie das seine Gewohnheit war, seinen Arm in den des jungen Mannes, Nun, was giebts neues, Valgrcmde? Dieser brachte das Gespräch sofort auf den Gegenstand, der den Vorsätzen des Gatten Lanrettens sehr gelegen kam. Er erzählte die von Mund zu Mund laufende Geschichte von Paul lind Nina, Sehr hübsch! sagte der Graf. Ich zweifle garnicht daran. Dieser Herr Literat besitzt alles, was dazu gehört, um der Held von dergleichen Abenteuern zu werden. Meint Ihr nicht auch? Valgrcmde stieß ein Hin! heraus, welches einen verächtlichen Protest be¬ deutete. Ju Florenz, fuhr der Graf fort, wo ich ihn vor sechs Jahren kennen lernte, war er schon ein vollendeter Don Juan. Er hat viel Verstand und gute Manieren. Findet Ihr? fragte der junge Graf mißmutig. Das finden alle. Was mich betrifft, so sehe ich nur eine Null in ihm; aber die Frauen nehmen es nicht so genau. Wenn sie nur ein einigermaßen interessantes Gesicht vor sich haben, und dieser Amardi, das läßt sich nicht leugnen, hat ein interessantes Gesicht. Pah! Diese Schwätzer verstehen es, die Frauen mit ihren sentimentalen Roman¬ phrasen zu ködern, daß es eine wahre Lust ist, und er weiß in der That gut zu reden. Wer? Der Herr Amardi? fragte Valgrcmde verächtlich. Gewiß! Er versteht es, wenn es darauf ankommt, zu reden wie ein Pe¬ trarca. Ich habe das noch nicht bemerkt, sagte Valgrcmde, dessen Verdruß, wie der Graf mit stiller Freude bemerkte, im Steigen begriffen war. Ich glaube es, erwiederte er, denn er wird diese schönen Dinge Euch nicht zu kosten geben, da er, beiläufig gesagt, sich nicht gerade viel aus Euch zu machen scheint. Meint Ihr? Vielleicht irre ich mich, aber ich glaube mehr als einmal in der Art und Weise, wie er zu Euch sprach, einen Ton bemerkt zu haben. Valgrcmde wurde rot bis an die Ohren. Wie? Wäre es möglich, daß dieser Vagabund es an Respekt gegen mich Hütte mangeln lassen? Das will ich nicht sagen. Aber es hat ihm ganz sicher an Wohlwollen gefehlt. Meinetwegen; an dem Wohlwollen eines solchen Tintenklexers liegt mir ebensoviel wie an einem ausgegangenen Zigarrenstummel. Und bei der ersten Gelegenheit werde ich ihm das zu verstehen geben. Nehmt Euch in Acht! Ich möchte nicht, daß ein Unheil entstünde. Dieser Herr hat keine Lammsnatur und weiß die Krallen zu zeigen. Glaubt Ihr, ich fürchtete mich vor ihm? Nein, ich weiß zu genau, wer Ihr seid und was Ihr gellet; aber ich weiß auch, daß er sich von niemand imponiren läßt; und da er ein Mensch ist, mit dem es nicht der Mühe wert ist, sich abzugeben, so rate ich Euch, klug zu sein. Valgrcmde bäumte auf wie ein gesporntes Pferd. Klug zu sein! Beim

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156270/346>, abgerufen am 22.06.2024.