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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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Politische Wetterfahnen,

kennen. Von hugenottischen Vorfahren <M et'aigux siiAns, sagt er selbst) scheint
er zuerst alles, was ihm vorkam, besungen zu haben, auch eine Schauspielen"
am IIMiM krkm</.!Ü", Diese Verse wurden nach fünfundzwanzig Jahren wieder
hervorgesucht und sollten in einer Sammlung abgedruckt werden; mittlerweile
war jedoch Fontanes ein großer Mann geworden und hatte Einfluß genug,
diese ärgerliche Renüniseenz durch die Zensur unterdrücken zu lassen. Die Aus¬
züge aus seinen Reden und Gedichten zeigen, daß er erstens für die Republik,
das Konsulat, das Kaiserreich u, s. f, immer die nämliche Begeisterung vorrätig
hatte, und daß er zweitens, so oft er eine poetische Arbeit vorhatte, so glücklich
war, die Entdeckung zu machen, daß die großen Dichter aller Zeiten sich mit
Vorliebe eben jener Gattung der Poesie gewidmet hätten. Als Llranä-iriMre
as l'univsiÄt" hielt er an den Kaiser, an den König, um die Studenten bei
Preisverteilungen eine Menge Anreden, welche einander auf ein Haar ähnlich
sehen, natürlich mit zeitgemäßer Abwechslung zwischen imxvrml und roM.
Von großen Männern, sagte er 1813, könne man nicht anders als enthusiastisch
sprechen. "So von dem Unsterblichen, der natürlich seinen Platz mitten in all
unsern Studien einnimmt und dessen Leben allein uns der Mühe überhebt, nach
andern Beispielen des Heldentums zu suchen. Sein Ruhm verschönt all unsre
Feste. Unter seinen Auspicien, in seinem Namen, ihr Jünglinge, erteilen wir
euch die Kränze, um sie euch noch teurer und ehrenvoller zu machen." Ein
Jahr reichte hin, um ihm den gleichen Enthusiasmus für einen König einzu¬
flößen, welcher kein Held war. "Französische Jünglinge, die ihr unsre Erregung
und unsre Freude teilt, ihr werdet nicht mehr, wie wir, den kecken Wagnissen
eines unbekannten Regimes ausgesetzt sein: die legitime Herrschaft nimmt wieder
ihren Anfang, es ist gewissermaßen die väterliche Autorität, welche wieder ihre
Rechte geltend macht... . Seine ^des Königs^ Rückkehr ist ein Glück für Europa,
wie für Frankreich. Ein Bourbon allein konnte den Frieden bringen, und der
Friede kehrt mit ihm zurück."

Nicolas Fran^vis de Neufchateau, der 1304 im Namen des Senates
Napoleon bat, sich mit dem kaiserlichen Purpur zu bekleiden, war auch Dichter
und begleitete mit seinen Hymnen und Chansons alle Wandlungen von 1789
an. Im Jahre 1815 wurde ihm die Gnade zu teil, dem König seine Fabeln
überreichen zu dürfen; doch hatte er aus dieser Ausgabe vorsichtig die äußerst
geistreiche kahle nouvÄlö xour ornsr is. msmoirs ass xstits SÄNWulotte-s ge¬
strichen, welche 1792 erschienen war und eine Geschichte von Raubtieren erzählt,
die den Wald verwüstet hatten, verjagt worden waren und wieder einzubrechen
drohten.

Auch die aktenmäßige Geschichte der Pariser Nationalgarde in den Jahren
1814 und 1815 ist recht erbaulich. Ende Januar 1814 fühlen die Offiziere
sich gedrungen, in den bombastischsten Phrasen dem Kaiser den Eid der Treue
zu erneuern; am 2. April haben sie die Ehre, dem Kaiser von Nußland vor-


Politische Wetterfahnen,

kennen. Von hugenottischen Vorfahren <M et'aigux siiAns, sagt er selbst) scheint
er zuerst alles, was ihm vorkam, besungen zu haben, auch eine Schauspielen»
am IIMiM krkm</.!Ü», Diese Verse wurden nach fünfundzwanzig Jahren wieder
hervorgesucht und sollten in einer Sammlung abgedruckt werden; mittlerweile
war jedoch Fontanes ein großer Mann geworden und hatte Einfluß genug,
diese ärgerliche Renüniseenz durch die Zensur unterdrücken zu lassen. Die Aus¬
züge aus seinen Reden und Gedichten zeigen, daß er erstens für die Republik,
das Konsulat, das Kaiserreich u, s. f, immer die nämliche Begeisterung vorrätig
hatte, und daß er zweitens, so oft er eine poetische Arbeit vorhatte, so glücklich
war, die Entdeckung zu machen, daß die großen Dichter aller Zeiten sich mit
Vorliebe eben jener Gattung der Poesie gewidmet hätten. Als Llranä-iriMre
as l'univsiÄt« hielt er an den Kaiser, an den König, um die Studenten bei
Preisverteilungen eine Menge Anreden, welche einander auf ein Haar ähnlich
sehen, natürlich mit zeitgemäßer Abwechslung zwischen imxvrml und roM.
Von großen Männern, sagte er 1813, könne man nicht anders als enthusiastisch
sprechen. „So von dem Unsterblichen, der natürlich seinen Platz mitten in all
unsern Studien einnimmt und dessen Leben allein uns der Mühe überhebt, nach
andern Beispielen des Heldentums zu suchen. Sein Ruhm verschönt all unsre
Feste. Unter seinen Auspicien, in seinem Namen, ihr Jünglinge, erteilen wir
euch die Kränze, um sie euch noch teurer und ehrenvoller zu machen." Ein
Jahr reichte hin, um ihm den gleichen Enthusiasmus für einen König einzu¬
flößen, welcher kein Held war. „Französische Jünglinge, die ihr unsre Erregung
und unsre Freude teilt, ihr werdet nicht mehr, wie wir, den kecken Wagnissen
eines unbekannten Regimes ausgesetzt sein: die legitime Herrschaft nimmt wieder
ihren Anfang, es ist gewissermaßen die väterliche Autorität, welche wieder ihre
Rechte geltend macht... . Seine ^des Königs^ Rückkehr ist ein Glück für Europa,
wie für Frankreich. Ein Bourbon allein konnte den Frieden bringen, und der
Friede kehrt mit ihm zurück."

Nicolas Fran^vis de Neufchateau, der 1304 im Namen des Senates
Napoleon bat, sich mit dem kaiserlichen Purpur zu bekleiden, war auch Dichter
und begleitete mit seinen Hymnen und Chansons alle Wandlungen von 1789
an. Im Jahre 1815 wurde ihm die Gnade zu teil, dem König seine Fabeln
überreichen zu dürfen; doch hatte er aus dieser Ausgabe vorsichtig die äußerst
geistreiche kahle nouvÄlö xour ornsr is. msmoirs ass xstits SÄNWulotte-s ge¬
strichen, welche 1792 erschienen war und eine Geschichte von Raubtieren erzählt,
die den Wald verwüstet hatten, verjagt worden waren und wieder einzubrechen
drohten.

Auch die aktenmäßige Geschichte der Pariser Nationalgarde in den Jahren
1814 und 1815 ist recht erbaulich. Ende Januar 1814 fühlen die Offiziere
sich gedrungen, in den bombastischsten Phrasen dem Kaiser den Eid der Treue
zu erneuern; am 2. April haben sie die Ehre, dem Kaiser von Nußland vor-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/664>, abgerufen am 28.07.2024.