Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.Lrancesca von Rimini.
Mit frischer Kraft fühlte sich Oswald ausgerüstet, als er des Mittags Lrancesca von Rimini.
Mit frischer Kraft fühlte sich Oswald ausgerüstet, als er des Mittags <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0271" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154436"/> <fw type="header" place="top"> Lrancesca von Rimini.</fw><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_13" type="poem"> <l> Überall Schweigen,<lb/> Die Dolomiten neigen<lb/> Ernst ihr schneeiges Haupt.<lb/> Langsam senkt sich die Nacht,<lb/> Wieder ein Tag vollbracht,<lb/> Den ich zu leben geglaubt.<lb/> Wann ist Frieden<lb/> Auch dir beschieden,<lb/> Du armes, gequältes Herz?<lb/> Wann ist zu Ende die Jagd,<lb/> Die dich ruhelos plagt,<lb/> Und wann endet der Schmerz?<lb/> Ruhe ist nur im Grab,<lb/> Dort hinab<lb/> Steigt nicht der Großen Handel,<lb/> Dort ist nicht Wechsel und Wandel.<lb/> Bald, Herr, zerbrich den Stab!</l> <l> Am Morgen.<lb/><lb/> Alles erwacht,<lb/> Die Nacht<lb/> Ist ganz gewichen,<lb/> Des Mondes Sichel erblichen,<lb/> Sonne steigt auf in Pracht.<lb/> Alles ist Leben.<lb/> Die Dolomiten erheben<lb/> Voll Trotz ihr gigantisches Haupt,<lb/> Vöglein singen zu Haus:<lb/> „Wachet, ihr Schläfer, auf,<lb/> Arbeit dem Tage nicht raubt."<lb/> Fühlst du schlagen<lb/> Das Herz, sollst wagen<lb/> Mit dein Geschick neuen Strauß.<lb/> Leben ist Kämpfen, ist Streit,<lb/> Ruhest noch lange Zeit<lb/> Einst in dem engen Haus.<lb/> Nimmer zurück!<lb/> Den Blick<lb/> Vorwärts gewendet!<lb/> Bis das Leben geendet,<lb/> Hoffe ein besser Geschick.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_794" next="#ID_795"> Mit frischer Kraft fühlte sich Oswald ausgerüstet, als er des Mittags<lb/> von der Anhöhe in sein Gasthaus zur Liroos diswoii zurückkehrte. Er traf an<lb/> der Thür Dr. Cirator, einen Berliner Arzt, dessen Anblick ihm freilich wieder<lb/> seine Passionszeit in Erinnerung brachte, den er aber umsoweniger vermeiden<lb/> konnte, als er mit dessen Sohn zusammen die Akademie besucht hatte. Beim<lb/> Eintritt in die Wirtsstube, wo das Mittagessen bereits aufgetragen war, sahen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0271]
Lrancesca von Rimini.
Überall Schweigen,
Die Dolomiten neigen
Ernst ihr schneeiges Haupt.
Langsam senkt sich die Nacht,
Wieder ein Tag vollbracht,
Den ich zu leben geglaubt.
Wann ist Frieden
Auch dir beschieden,
Du armes, gequältes Herz?
Wann ist zu Ende die Jagd,
Die dich ruhelos plagt,
Und wann endet der Schmerz?
Ruhe ist nur im Grab,
Dort hinab
Steigt nicht der Großen Handel,
Dort ist nicht Wechsel und Wandel.
Bald, Herr, zerbrich den Stab! Am Morgen.
Alles erwacht,
Die Nacht
Ist ganz gewichen,
Des Mondes Sichel erblichen,
Sonne steigt auf in Pracht.
Alles ist Leben.
Die Dolomiten erheben
Voll Trotz ihr gigantisches Haupt,
Vöglein singen zu Haus:
„Wachet, ihr Schläfer, auf,
Arbeit dem Tage nicht raubt."
Fühlst du schlagen
Das Herz, sollst wagen
Mit dein Geschick neuen Strauß.
Leben ist Kämpfen, ist Streit,
Ruhest noch lange Zeit
Einst in dem engen Haus.
Nimmer zurück!
Den Blick
Vorwärts gewendet!
Bis das Leben geendet,
Hoffe ein besser Geschick.
Mit frischer Kraft fühlte sich Oswald ausgerüstet, als er des Mittags
von der Anhöhe in sein Gasthaus zur Liroos diswoii zurückkehrte. Er traf an
der Thür Dr. Cirator, einen Berliner Arzt, dessen Anblick ihm freilich wieder
seine Passionszeit in Erinnerung brachte, den er aber umsoweniger vermeiden
konnte, als er mit dessen Sohn zusammen die Akademie besucht hatte. Beim
Eintritt in die Wirtsstube, wo das Mittagessen bereits aufgetragen war, sahen
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