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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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La Reichsmonopol auf Getreide-Lmfnhr.

erwachsen müssen, welche zum Schutze der Landwirtschaft erforderlich sind, keines¬
wegs in Abrede gestellt werden sollen, daß sie aber in den Hintergrund treten
müssen gegenüber den Vorteilen, welche sür die allgemeine Wohlfahrt aus einer
Hebung der Landwirtschaft sich ergeben würden. Durch Einführung des Mo¬
nopols würde nun allerdings der Getreide-Import durch Private nicht nur
beeinträchtigt, sondern überhaupt verhindert werden. Wollten aber die Inter¬
essenten sich hierüber beklagen, so dürfte man ihnen füglich erwiedern, sie könnten
sich ja einer andern Handelsbranche zuwenden, und das mindestens mit dem¬
selben Recht, mit welchem man heute der Landwirtschaft zumuten will, den
Körnerban zu verlassen und sich auf den Bau andrer Gewächse zu werfen.

Was nun das Monopol selbst anlangt, so soll unser Aufsatz keineswegs
nähere Vorschläge bezüglich der Einführung und Handhabung desselben geben,
sondern er soll nur die Gründe entwickeln, welche, wenn die deutsche Landwirt¬
schaft nicht völlig verkommen soll, notwendig an allen andern Hilfsmitteln vorbei
zon Einsuhrmonopol treiben müssen. Immerhin wird es aber am Platze sein,
hier einige kurze Andeutungen darüber zu geben, wie wir uns das Monopol
etwa denken.

Durch Reichsgesctz würde lediglich zu bestimmen sein:

Die Getreide- und Mehleinfuhr durch Private ist verboten. Der Reichs-
regiernng steht es zu, nach Maßgabe des Bedarfes für die inländische Konsumtion
Getreide aus dem Auslande einzuführen und in jeder ihr geeignet erscheinenden
Weise im Inlande abzusetzen. Der Transitverkehr wird von diesen Bestimmungen
nicht berührt.

Weiter würde an Stelle der M 73 und 74 der Gewerbeordnung zu
setzen sein:

§ 73. Die Bäcker und Verkäufer von Backwaaren haben die Preise und das
Gewicht ihrer verschiednen Backwaaren je für die laufende Woche durch einen von
außen sichtbaren Anschlag am Verkaufstokale zur Kenntnis des Publikums zu bringe".
Bei Bestimmung ihrer Preise haben sich dieselben jedoch nach einer ihnen von den
Behörden nach Billigkeit und mit Rücksicht auf die laufenden Getreidepreise vor¬
geschriebenen Maximaltaxe zu richten. Die Bezeichnung derjenigen Behörden, welche
je für ihren Wirkungskreis diese Taxe festzusetzen haben, hat in den einzelne"
Bundesstaaten auf dem Verordnungswege zu geschehen. Die Ortspolizeibehörden
haben den Verkäufern durch Aufdrücken des polizeilichen Stempels auf die Preis¬
listen kostenfrei zu bestätigen, daß die angesetzten Preise die Maximaltaxe nicht
übersteigen.

8 74. Die Bäcker und Verkäufer von Backwaaren haben im Verkaufslokale
eine Wage mit den erforderlichen gecnchtcn Gewichten aufzustellen und die Be¬
nutzung derselben zum Nachwiegen der verkauften Backwaaren zu gestatten.

Soweit wäre alles ganz einfach. Die schwierigere Frage wäre nur, in
welcher Weise der Vollzug zu bewerkstelligen wäre.

Was zunächst die Durchführung des Verbotes der Getreideeinfuhr durch
Private anlangt, so würden unsre bestehenden Einrichtungen vollkommen ge-


La Reichsmonopol auf Getreide-Lmfnhr.

erwachsen müssen, welche zum Schutze der Landwirtschaft erforderlich sind, keines¬
wegs in Abrede gestellt werden sollen, daß sie aber in den Hintergrund treten
müssen gegenüber den Vorteilen, welche sür die allgemeine Wohlfahrt aus einer
Hebung der Landwirtschaft sich ergeben würden. Durch Einführung des Mo¬
nopols würde nun allerdings der Getreide-Import durch Private nicht nur
beeinträchtigt, sondern überhaupt verhindert werden. Wollten aber die Inter¬
essenten sich hierüber beklagen, so dürfte man ihnen füglich erwiedern, sie könnten
sich ja einer andern Handelsbranche zuwenden, und das mindestens mit dem¬
selben Recht, mit welchem man heute der Landwirtschaft zumuten will, den
Körnerban zu verlassen und sich auf den Bau andrer Gewächse zu werfen.

Was nun das Monopol selbst anlangt, so soll unser Aufsatz keineswegs
nähere Vorschläge bezüglich der Einführung und Handhabung desselben geben,
sondern er soll nur die Gründe entwickeln, welche, wenn die deutsche Landwirt¬
schaft nicht völlig verkommen soll, notwendig an allen andern Hilfsmitteln vorbei
zon Einsuhrmonopol treiben müssen. Immerhin wird es aber am Platze sein,
hier einige kurze Andeutungen darüber zu geben, wie wir uns das Monopol
etwa denken.

Durch Reichsgesctz würde lediglich zu bestimmen sein:

Die Getreide- und Mehleinfuhr durch Private ist verboten. Der Reichs-
regiernng steht es zu, nach Maßgabe des Bedarfes für die inländische Konsumtion
Getreide aus dem Auslande einzuführen und in jeder ihr geeignet erscheinenden
Weise im Inlande abzusetzen. Der Transitverkehr wird von diesen Bestimmungen
nicht berührt.

Weiter würde an Stelle der M 73 und 74 der Gewerbeordnung zu
setzen sein:

§ 73. Die Bäcker und Verkäufer von Backwaaren haben die Preise und das
Gewicht ihrer verschiednen Backwaaren je für die laufende Woche durch einen von
außen sichtbaren Anschlag am Verkaufstokale zur Kenntnis des Publikums zu bringe».
Bei Bestimmung ihrer Preise haben sich dieselben jedoch nach einer ihnen von den
Behörden nach Billigkeit und mit Rücksicht auf die laufenden Getreidepreise vor¬
geschriebenen Maximaltaxe zu richten. Die Bezeichnung derjenigen Behörden, welche
je für ihren Wirkungskreis diese Taxe festzusetzen haben, hat in den einzelne»
Bundesstaaten auf dem Verordnungswege zu geschehen. Die Ortspolizeibehörden
haben den Verkäufern durch Aufdrücken des polizeilichen Stempels auf die Preis¬
listen kostenfrei zu bestätigen, daß die angesetzten Preise die Maximaltaxe nicht
übersteigen.

8 74. Die Bäcker und Verkäufer von Backwaaren haben im Verkaufslokale
eine Wage mit den erforderlichen gecnchtcn Gewichten aufzustellen und die Be¬
nutzung derselben zum Nachwiegen der verkauften Backwaaren zu gestatten.

Soweit wäre alles ganz einfach. Die schwierigere Frage wäre nur, in
welcher Weise der Vollzug zu bewerkstelligen wäre.

Was zunächst die Durchführung des Verbotes der Getreideeinfuhr durch
Private anlangt, so würden unsre bestehenden Einrichtungen vollkommen ge-


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[0241] La Reichsmonopol auf Getreide-Lmfnhr. erwachsen müssen, welche zum Schutze der Landwirtschaft erforderlich sind, keines¬ wegs in Abrede gestellt werden sollen, daß sie aber in den Hintergrund treten müssen gegenüber den Vorteilen, welche sür die allgemeine Wohlfahrt aus einer Hebung der Landwirtschaft sich ergeben würden. Durch Einführung des Mo¬ nopols würde nun allerdings der Getreide-Import durch Private nicht nur beeinträchtigt, sondern überhaupt verhindert werden. Wollten aber die Inter¬ essenten sich hierüber beklagen, so dürfte man ihnen füglich erwiedern, sie könnten sich ja einer andern Handelsbranche zuwenden, und das mindestens mit dem¬ selben Recht, mit welchem man heute der Landwirtschaft zumuten will, den Körnerban zu verlassen und sich auf den Bau andrer Gewächse zu werfen. Was nun das Monopol selbst anlangt, so soll unser Aufsatz keineswegs nähere Vorschläge bezüglich der Einführung und Handhabung desselben geben, sondern er soll nur die Gründe entwickeln, welche, wenn die deutsche Landwirt¬ schaft nicht völlig verkommen soll, notwendig an allen andern Hilfsmitteln vorbei zon Einsuhrmonopol treiben müssen. Immerhin wird es aber am Platze sein, hier einige kurze Andeutungen darüber zu geben, wie wir uns das Monopol etwa denken. Durch Reichsgesctz würde lediglich zu bestimmen sein: Die Getreide- und Mehleinfuhr durch Private ist verboten. Der Reichs- regiernng steht es zu, nach Maßgabe des Bedarfes für die inländische Konsumtion Getreide aus dem Auslande einzuführen und in jeder ihr geeignet erscheinenden Weise im Inlande abzusetzen. Der Transitverkehr wird von diesen Bestimmungen nicht berührt. Weiter würde an Stelle der M 73 und 74 der Gewerbeordnung zu setzen sein: § 73. Die Bäcker und Verkäufer von Backwaaren haben die Preise und das Gewicht ihrer verschiednen Backwaaren je für die laufende Woche durch einen von außen sichtbaren Anschlag am Verkaufstokale zur Kenntnis des Publikums zu bringe». Bei Bestimmung ihrer Preise haben sich dieselben jedoch nach einer ihnen von den Behörden nach Billigkeit und mit Rücksicht auf die laufenden Getreidepreise vor¬ geschriebenen Maximaltaxe zu richten. Die Bezeichnung derjenigen Behörden, welche je für ihren Wirkungskreis diese Taxe festzusetzen haben, hat in den einzelne» Bundesstaaten auf dem Verordnungswege zu geschehen. Die Ortspolizeibehörden haben den Verkäufern durch Aufdrücken des polizeilichen Stempels auf die Preis¬ listen kostenfrei zu bestätigen, daß die angesetzten Preise die Maximaltaxe nicht übersteigen. 8 74. Die Bäcker und Verkäufer von Backwaaren haben im Verkaufslokale eine Wage mit den erforderlichen gecnchtcn Gewichten aufzustellen und die Be¬ nutzung derselben zum Nachwiegen der verkauften Backwaaren zu gestatten. Soweit wäre alles ganz einfach. Die schwierigere Frage wäre nur, in welcher Weise der Vollzug zu bewerkstelligen wäre. Was zunächst die Durchführung des Verbotes der Getreideeinfuhr durch Private anlangt, so würden unsre bestehenden Einrichtungen vollkommen ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/241>, abgerufen am 27.07.2024.