Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Lin Reichsmonopol ans Getreide - Einfuhr.

rügen, und es würde das Personal unsrer Zollbehörden auch nicht um einen
Mann vermehrt zu werden brauchen. Anders steht es mit dem Ankauf und der
Verwertung, wofür besondre Einrichtungen geschaffen werden müßten. Übrigens
ließe sich auch hier eine ziemlich einfache Form finden, indem mau eine Zentral¬
stelle für die Geschäftsführung schüfe, die es wiederum in der Hand hätte, kau¬
tionsfähige, selbständige, gegen einen Gewinnanteil arbeitende Agenten an ge¬
eigneten Orten aufzustellen. Außerdem würde nur noch bei jedem Depot ein
Verwalter nebst einem Magazinaufseher nötig sein. Sehr wünschenswert wäre
es endlich, daß nicht nur in größern Handelsstädten, fondern auch an geeigneten
Orten auf dem Lande bestimmte Getreidemarkttage festgesetzt würden, zu denen
sich Produzenten und Konsumenten, der betreffenden Gegend und gleicherweise
auch die obengenannten Agenten einfinden könnten.

Bei so beschaffenen Einrichtungen dürfte sich dann der Gang der Dinge
etwa gestalten, wie folgt.

Schon vor Einbringung der inländischen Ernte würde die Zentralstelle aus
Grund vorläufiger Ernteberichte den ungefähren Bedarf an ausländischem Ge¬
treide zu ermitteln suchen, um darnach ihre Ankäufe im Auslande einzurichten.
Die Irrtümer, die sich hierbei allerdings ergeben müßten, würden nicht von
großem Belang fein, da sie sich jedenfalls nur auf einen relativ kleinen Prozent¬
satz des Gesamtbedarfes erstrecken würden und nachträglich leicht regulirt werden
könnten. Im übrigen hätte die Zentralstelle sich beim Ankauf lediglich nach
soliden geschäftlichen Prinzipien zu richte", über welche hier kein Wort zu ver¬
lieren ist.

Die Einfuhr selbst könnte aus Billigkeitsrücksichtcn auf denselben Wegen
erfolgen, auf welchen sie sich bisher bewegte; denn in den Handelsstädten, die
sich mit dem Getreide-Import befassen, finden sich viele Magazinbesitzer, Magazin¬
arbeiter u. s. w., welche die bisher aus dem Getreideverkehr gezogenen Vorteile
einbüßen müßten, wenn der Import andre Wege nähme.

Das Getreide könnte sodann ja am ersten Ankunftsorte lagern bis nach
geschehenem Verkauf, wonach die verkauften Quantitäten von den Ankunftsorten
direkt nach den endgiltigen Bestimmungsorten versandt werden könnten.

Zunächst könnte aus dem Import der Bedarf des Rcichsheeres und der
Marine zum Einfuhrpreise entnommen werden, woraus sich eine bedeutende Er¬
sparnis für die Militärverwaltung ergeben müßte.

Zum Verkaufe des Restes (noch etwa neun Zehntel der importirten Menge)
würden die einzelnen Agenten mit Mustern aus dem Nächstliegende" Depot, sowie mit
einem Minimalpreisansatz versehen werden, der je nach Bedürfnis geändert werden
könnte, und über dem sie ohne besondre Genehmigung verkaufen dürften. Zur
Vereinfachung des Geschäftes könnten ja für größere Bezirke Hauptagenten be¬
stehen, die die Bestellungen der Einzelagenten sammeln und dieselben zur Aus¬
führung an die Depots einreichen würden. Die Zentralstelle würde durch die


Lin Reichsmonopol ans Getreide - Einfuhr.

rügen, und es würde das Personal unsrer Zollbehörden auch nicht um einen
Mann vermehrt zu werden brauchen. Anders steht es mit dem Ankauf und der
Verwertung, wofür besondre Einrichtungen geschaffen werden müßten. Übrigens
ließe sich auch hier eine ziemlich einfache Form finden, indem mau eine Zentral¬
stelle für die Geschäftsführung schüfe, die es wiederum in der Hand hätte, kau¬
tionsfähige, selbständige, gegen einen Gewinnanteil arbeitende Agenten an ge¬
eigneten Orten aufzustellen. Außerdem würde nur noch bei jedem Depot ein
Verwalter nebst einem Magazinaufseher nötig sein. Sehr wünschenswert wäre
es endlich, daß nicht nur in größern Handelsstädten, fondern auch an geeigneten
Orten auf dem Lande bestimmte Getreidemarkttage festgesetzt würden, zu denen
sich Produzenten und Konsumenten, der betreffenden Gegend und gleicherweise
auch die obengenannten Agenten einfinden könnten.

Bei so beschaffenen Einrichtungen dürfte sich dann der Gang der Dinge
etwa gestalten, wie folgt.

Schon vor Einbringung der inländischen Ernte würde die Zentralstelle aus
Grund vorläufiger Ernteberichte den ungefähren Bedarf an ausländischem Ge¬
treide zu ermitteln suchen, um darnach ihre Ankäufe im Auslande einzurichten.
Die Irrtümer, die sich hierbei allerdings ergeben müßten, würden nicht von
großem Belang fein, da sie sich jedenfalls nur auf einen relativ kleinen Prozent¬
satz des Gesamtbedarfes erstrecken würden und nachträglich leicht regulirt werden
könnten. Im übrigen hätte die Zentralstelle sich beim Ankauf lediglich nach
soliden geschäftlichen Prinzipien zu richte», über welche hier kein Wort zu ver¬
lieren ist.

Die Einfuhr selbst könnte aus Billigkeitsrücksichtcn auf denselben Wegen
erfolgen, auf welchen sie sich bisher bewegte; denn in den Handelsstädten, die
sich mit dem Getreide-Import befassen, finden sich viele Magazinbesitzer, Magazin¬
arbeiter u. s. w., welche die bisher aus dem Getreideverkehr gezogenen Vorteile
einbüßen müßten, wenn der Import andre Wege nähme.

Das Getreide könnte sodann ja am ersten Ankunftsorte lagern bis nach
geschehenem Verkauf, wonach die verkauften Quantitäten von den Ankunftsorten
direkt nach den endgiltigen Bestimmungsorten versandt werden könnten.

Zunächst könnte aus dem Import der Bedarf des Rcichsheeres und der
Marine zum Einfuhrpreise entnommen werden, woraus sich eine bedeutende Er¬
sparnis für die Militärverwaltung ergeben müßte.

Zum Verkaufe des Restes (noch etwa neun Zehntel der importirten Menge)
würden die einzelnen Agenten mit Mustern aus dem Nächstliegende» Depot, sowie mit
einem Minimalpreisansatz versehen werden, der je nach Bedürfnis geändert werden
könnte, und über dem sie ohne besondre Genehmigung verkaufen dürften. Zur
Vereinfachung des Geschäftes könnten ja für größere Bezirke Hauptagenten be¬
stehen, die die Bestellungen der Einzelagenten sammeln und dieselben zur Aus¬
führung an die Depots einreichen würden. Die Zentralstelle würde durch die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0242" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154407"/>
          <fw type="header" place="top"> Lin Reichsmonopol ans Getreide - Einfuhr.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_693" prev="#ID_692"> rügen, und es würde das Personal unsrer Zollbehörden auch nicht um einen<lb/>
Mann vermehrt zu werden brauchen. Anders steht es mit dem Ankauf und der<lb/>
Verwertung, wofür besondre Einrichtungen geschaffen werden müßten. Übrigens<lb/>
ließe sich auch hier eine ziemlich einfache Form finden, indem mau eine Zentral¬<lb/>
stelle für die Geschäftsführung schüfe, die es wiederum in der Hand hätte, kau¬<lb/>
tionsfähige, selbständige, gegen einen Gewinnanteil arbeitende Agenten an ge¬<lb/>
eigneten Orten aufzustellen. Außerdem würde nur noch bei jedem Depot ein<lb/>
Verwalter nebst einem Magazinaufseher nötig sein. Sehr wünschenswert wäre<lb/>
es endlich, daß nicht nur in größern Handelsstädten, fondern auch an geeigneten<lb/>
Orten auf dem Lande bestimmte Getreidemarkttage festgesetzt würden, zu denen<lb/>
sich Produzenten und Konsumenten, der betreffenden Gegend und gleicherweise<lb/>
auch die obengenannten Agenten einfinden könnten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_694"> Bei so beschaffenen Einrichtungen dürfte sich dann der Gang der Dinge<lb/>
etwa gestalten, wie folgt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_695"> Schon vor Einbringung der inländischen Ernte würde die Zentralstelle aus<lb/>
Grund vorläufiger Ernteberichte den ungefähren Bedarf an ausländischem Ge¬<lb/>
treide zu ermitteln suchen, um darnach ihre Ankäufe im Auslande einzurichten.<lb/>
Die Irrtümer, die sich hierbei allerdings ergeben müßten, würden nicht von<lb/>
großem Belang fein, da sie sich jedenfalls nur auf einen relativ kleinen Prozent¬<lb/>
satz des Gesamtbedarfes erstrecken würden und nachträglich leicht regulirt werden<lb/>
könnten. Im übrigen hätte die Zentralstelle sich beim Ankauf lediglich nach<lb/>
soliden geschäftlichen Prinzipien zu richte», über welche hier kein Wort zu ver¬<lb/>
lieren ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_696"> Die Einfuhr selbst könnte aus Billigkeitsrücksichtcn auf denselben Wegen<lb/>
erfolgen, auf welchen sie sich bisher bewegte; denn in den Handelsstädten, die<lb/>
sich mit dem Getreide-Import befassen, finden sich viele Magazinbesitzer, Magazin¬<lb/>
arbeiter u. s. w., welche die bisher aus dem Getreideverkehr gezogenen Vorteile<lb/>
einbüßen müßten, wenn der Import andre Wege nähme.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_697"> Das Getreide könnte sodann ja am ersten Ankunftsorte lagern bis nach<lb/>
geschehenem Verkauf, wonach die verkauften Quantitäten von den Ankunftsorten<lb/>
direkt nach den endgiltigen Bestimmungsorten versandt werden könnten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_698"> Zunächst könnte aus dem Import der Bedarf des Rcichsheeres und der<lb/>
Marine zum Einfuhrpreise entnommen werden, woraus sich eine bedeutende Er¬<lb/>
sparnis für die Militärverwaltung ergeben müßte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_699" next="#ID_700"> Zum Verkaufe des Restes (noch etwa neun Zehntel der importirten Menge)<lb/>
würden die einzelnen Agenten mit Mustern aus dem Nächstliegende» Depot, sowie mit<lb/>
einem Minimalpreisansatz versehen werden, der je nach Bedürfnis geändert werden<lb/>
könnte, und über dem sie ohne besondre Genehmigung verkaufen dürften. Zur<lb/>
Vereinfachung des Geschäftes könnten ja für größere Bezirke Hauptagenten be¬<lb/>
stehen, die die Bestellungen der Einzelagenten sammeln und dieselben zur Aus¬<lb/>
führung an die Depots einreichen würden. Die Zentralstelle würde durch die</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0242] Lin Reichsmonopol ans Getreide - Einfuhr. rügen, und es würde das Personal unsrer Zollbehörden auch nicht um einen Mann vermehrt zu werden brauchen. Anders steht es mit dem Ankauf und der Verwertung, wofür besondre Einrichtungen geschaffen werden müßten. Übrigens ließe sich auch hier eine ziemlich einfache Form finden, indem mau eine Zentral¬ stelle für die Geschäftsführung schüfe, die es wiederum in der Hand hätte, kau¬ tionsfähige, selbständige, gegen einen Gewinnanteil arbeitende Agenten an ge¬ eigneten Orten aufzustellen. Außerdem würde nur noch bei jedem Depot ein Verwalter nebst einem Magazinaufseher nötig sein. Sehr wünschenswert wäre es endlich, daß nicht nur in größern Handelsstädten, fondern auch an geeigneten Orten auf dem Lande bestimmte Getreidemarkttage festgesetzt würden, zu denen sich Produzenten und Konsumenten, der betreffenden Gegend und gleicherweise auch die obengenannten Agenten einfinden könnten. Bei so beschaffenen Einrichtungen dürfte sich dann der Gang der Dinge etwa gestalten, wie folgt. Schon vor Einbringung der inländischen Ernte würde die Zentralstelle aus Grund vorläufiger Ernteberichte den ungefähren Bedarf an ausländischem Ge¬ treide zu ermitteln suchen, um darnach ihre Ankäufe im Auslande einzurichten. Die Irrtümer, die sich hierbei allerdings ergeben müßten, würden nicht von großem Belang fein, da sie sich jedenfalls nur auf einen relativ kleinen Prozent¬ satz des Gesamtbedarfes erstrecken würden und nachträglich leicht regulirt werden könnten. Im übrigen hätte die Zentralstelle sich beim Ankauf lediglich nach soliden geschäftlichen Prinzipien zu richte», über welche hier kein Wort zu ver¬ lieren ist. Die Einfuhr selbst könnte aus Billigkeitsrücksichtcn auf denselben Wegen erfolgen, auf welchen sie sich bisher bewegte; denn in den Handelsstädten, die sich mit dem Getreide-Import befassen, finden sich viele Magazinbesitzer, Magazin¬ arbeiter u. s. w., welche die bisher aus dem Getreideverkehr gezogenen Vorteile einbüßen müßten, wenn der Import andre Wege nähme. Das Getreide könnte sodann ja am ersten Ankunftsorte lagern bis nach geschehenem Verkauf, wonach die verkauften Quantitäten von den Ankunftsorten direkt nach den endgiltigen Bestimmungsorten versandt werden könnten. Zunächst könnte aus dem Import der Bedarf des Rcichsheeres und der Marine zum Einfuhrpreise entnommen werden, woraus sich eine bedeutende Er¬ sparnis für die Militärverwaltung ergeben müßte. Zum Verkaufe des Restes (noch etwa neun Zehntel der importirten Menge) würden die einzelnen Agenten mit Mustern aus dem Nächstliegende» Depot, sowie mit einem Minimalpreisansatz versehen werden, der je nach Bedürfnis geändert werden könnte, und über dem sie ohne besondre Genehmigung verkaufen dürften. Zur Vereinfachung des Geschäftes könnten ja für größere Bezirke Hauptagenten be¬ stehen, die die Bestellungen der Einzelagenten sammeln und dieselben zur Aus¬ führung an die Depots einreichen würden. Die Zentralstelle würde durch die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/242
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/242>, abgerufen am 01.09.2024.