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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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Ans den Thüringer Manövertcigon,

Treffen kommt heran, verlängert und verstärkt das erste, abermals flammt das
Schnellfeuer auf, ein neuer Anlauf -- die Dorflinic ist genommen. Die Verteidiger
der beiden Dörfer ziehen sich auf den Janushügcl zurück. Die Felder werden
leer, die beiden Dörfer liegen so harmlos in ihrem grünen Gebüsch, als gäbe
es gar keine Soldaten ans der Welt. Wer freilich scharf hinsah, erblickte längs
der Wiescngräben und Gebüsche ein eigentümliches goldenes Funkeln von Lau¬
fenden von Hakenspitzen. Aber man blieb verborgen und wartete ans den gün¬
stigen Moment.

Während dieser Zeit, als noch der Angriff auf Roßbach vorbereitet wurde,
war, die Angriffslinie des Südkorps uach Osten verlängernd, Batterie auf
Batterie, schließlich die gesamte Kvrpsartillerie aufgefahren. Es entwickelte sich
ein Geschützkampf zwischen dieser Artillerie und der auf dem Janushügcl pvstirteu.
Da sendet das Nordkorps eine Kavallericdivision gegen die rechte Flanke der
feindlichen Artillerie. Die vier (markirten) Regimenter sausen hinüber wie Ra¬
keten; ehe sie jedoch an den Feind kommen, flutet in unabsehbarer Front über
den Hügclkmnm herüber die Kavalleriedivision des Gegners, es giebt eine Attake
großen Stils, gleich darauf ist alles in undurchdringliche braune Wolken ein¬
gehüllt. Die angreifende Division ist geworfen und kehrt zum Janushügcl
zurück, verfolgt von den siegreichen Regimentern, die jedoch bald in Artillerie-
"ut Jnfanteriefeuer geraten und auch ihrerseits umkehren müssen. Jetzt tritt
auch hier eine Gefechtspause ein, während deren sich die Entscheidung auf den
Flügeln vorbereitet. Die achte Division war, hinter dem sie verdeckenden Hügel
marschirend, auf dem ihre Artillerie stand, und eine Bodensenkung benutzend, un¬
gesehen bis in das Dorf Reichardtswerben gelangt, welches, wie erwähnt, dem
linken Flügel der feindlichen Position gegenüberliegt. Jenseits desselben erschien
sie unvermutet in Gefechtsordnung, indem sie nach rechts ausholte und den
Gegner weit überflügelte. Dieser, der im Zentrum und in seinein rechten Flügel
bereits angagirt war, hatte keine äquivalenten Kräfte entgegenzubringen, und so
mußte seine Kvrpsartillerie die Aufgabe der Abwehr übernehmen. Aber in dem
Maße, wie der Jnfanterieangriff vorschritt, rückte ihm auch die gegnerische Ar¬
tillerie, batterieweise heranjagend, auf den Leib. Jetzt entbrennt überall auf
dem linken Flügel das Jnfanteriegefecht. Die Feuerlinien schreiten sprungweise vor¬
wärts, jetzt im Laufschritt vorrückend, jetzt Salve ans Salve gebend. Die Umfassung
dieses Flügels ist nicht mehr abzuwehren. Aber auch der rechte Flügel ist bedroht.
Die siebente Division erscheint an dem Westende von Roßbach und bereitet ihren
Angriff vor, nicht geradeaus die steile Böschung des Hügels hinan, sondern
indem sie den Hügel umfaßt und in der Richtung seiner Längslinie, also in
die Flanke des Verteidigers vorgeht. Zu derselben Zeit, wo gegen den linken
Flügel der Angriff der achten Divisio" geschieht, ersteigt auch die siebente Di¬
vision den Hügel. Ihr Angriff, man spürt das selbst jetzt, wo doch nur blind
geschossen wird, ist von vernichtender Wucht. Das Kesseltreiben beginnt, die


Ans den Thüringer Manövertcigon,

Treffen kommt heran, verlängert und verstärkt das erste, abermals flammt das
Schnellfeuer auf, ein neuer Anlauf — die Dorflinic ist genommen. Die Verteidiger
der beiden Dörfer ziehen sich auf den Janushügcl zurück. Die Felder werden
leer, die beiden Dörfer liegen so harmlos in ihrem grünen Gebüsch, als gäbe
es gar keine Soldaten ans der Welt. Wer freilich scharf hinsah, erblickte längs
der Wiescngräben und Gebüsche ein eigentümliches goldenes Funkeln von Lau¬
fenden von Hakenspitzen. Aber man blieb verborgen und wartete ans den gün¬
stigen Moment.

Während dieser Zeit, als noch der Angriff auf Roßbach vorbereitet wurde,
war, die Angriffslinie des Südkorps uach Osten verlängernd, Batterie auf
Batterie, schließlich die gesamte Kvrpsartillerie aufgefahren. Es entwickelte sich
ein Geschützkampf zwischen dieser Artillerie und der auf dem Janushügcl pvstirteu.
Da sendet das Nordkorps eine Kavallericdivision gegen die rechte Flanke der
feindlichen Artillerie. Die vier (markirten) Regimenter sausen hinüber wie Ra¬
keten; ehe sie jedoch an den Feind kommen, flutet in unabsehbarer Front über
den Hügclkmnm herüber die Kavalleriedivision des Gegners, es giebt eine Attake
großen Stils, gleich darauf ist alles in undurchdringliche braune Wolken ein¬
gehüllt. Die angreifende Division ist geworfen und kehrt zum Janushügcl
zurück, verfolgt von den siegreichen Regimentern, die jedoch bald in Artillerie-
»ut Jnfanteriefeuer geraten und auch ihrerseits umkehren müssen. Jetzt tritt
auch hier eine Gefechtspause ein, während deren sich die Entscheidung auf den
Flügeln vorbereitet. Die achte Division war, hinter dem sie verdeckenden Hügel
marschirend, auf dem ihre Artillerie stand, und eine Bodensenkung benutzend, un¬
gesehen bis in das Dorf Reichardtswerben gelangt, welches, wie erwähnt, dem
linken Flügel der feindlichen Position gegenüberliegt. Jenseits desselben erschien
sie unvermutet in Gefechtsordnung, indem sie nach rechts ausholte und den
Gegner weit überflügelte. Dieser, der im Zentrum und in seinein rechten Flügel
bereits angagirt war, hatte keine äquivalenten Kräfte entgegenzubringen, und so
mußte seine Kvrpsartillerie die Aufgabe der Abwehr übernehmen. Aber in dem
Maße, wie der Jnfanterieangriff vorschritt, rückte ihm auch die gegnerische Ar¬
tillerie, batterieweise heranjagend, auf den Leib. Jetzt entbrennt überall auf
dem linken Flügel das Jnfanteriegefecht. Die Feuerlinien schreiten sprungweise vor¬
wärts, jetzt im Laufschritt vorrückend, jetzt Salve ans Salve gebend. Die Umfassung
dieses Flügels ist nicht mehr abzuwehren. Aber auch der rechte Flügel ist bedroht.
Die siebente Division erscheint an dem Westende von Roßbach und bereitet ihren
Angriff vor, nicht geradeaus die steile Böschung des Hügels hinan, sondern
indem sie den Hügel umfaßt und in der Richtung seiner Längslinie, also in
die Flanke des Verteidigers vorgeht. Zu derselben Zeit, wo gegen den linken
Flügel der Angriff der achten Divisio» geschieht, ersteigt auch die siebente Di¬
vision den Hügel. Ihr Angriff, man spürt das selbst jetzt, wo doch nur blind
geschossen wird, ist von vernichtender Wucht. Das Kesseltreiben beginnt, die


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[0232] Ans den Thüringer Manövertcigon, Treffen kommt heran, verlängert und verstärkt das erste, abermals flammt das Schnellfeuer auf, ein neuer Anlauf — die Dorflinic ist genommen. Die Verteidiger der beiden Dörfer ziehen sich auf den Janushügcl zurück. Die Felder werden leer, die beiden Dörfer liegen so harmlos in ihrem grünen Gebüsch, als gäbe es gar keine Soldaten ans der Welt. Wer freilich scharf hinsah, erblickte längs der Wiescngräben und Gebüsche ein eigentümliches goldenes Funkeln von Lau¬ fenden von Hakenspitzen. Aber man blieb verborgen und wartete ans den gün¬ stigen Moment. Während dieser Zeit, als noch der Angriff auf Roßbach vorbereitet wurde, war, die Angriffslinie des Südkorps uach Osten verlängernd, Batterie auf Batterie, schließlich die gesamte Kvrpsartillerie aufgefahren. Es entwickelte sich ein Geschützkampf zwischen dieser Artillerie und der auf dem Janushügcl pvstirteu. Da sendet das Nordkorps eine Kavallericdivision gegen die rechte Flanke der feindlichen Artillerie. Die vier (markirten) Regimenter sausen hinüber wie Ra¬ keten; ehe sie jedoch an den Feind kommen, flutet in unabsehbarer Front über den Hügclkmnm herüber die Kavalleriedivision des Gegners, es giebt eine Attake großen Stils, gleich darauf ist alles in undurchdringliche braune Wolken ein¬ gehüllt. Die angreifende Division ist geworfen und kehrt zum Janushügcl zurück, verfolgt von den siegreichen Regimentern, die jedoch bald in Artillerie- »ut Jnfanteriefeuer geraten und auch ihrerseits umkehren müssen. Jetzt tritt auch hier eine Gefechtspause ein, während deren sich die Entscheidung auf den Flügeln vorbereitet. Die achte Division war, hinter dem sie verdeckenden Hügel marschirend, auf dem ihre Artillerie stand, und eine Bodensenkung benutzend, un¬ gesehen bis in das Dorf Reichardtswerben gelangt, welches, wie erwähnt, dem linken Flügel der feindlichen Position gegenüberliegt. Jenseits desselben erschien sie unvermutet in Gefechtsordnung, indem sie nach rechts ausholte und den Gegner weit überflügelte. Dieser, der im Zentrum und in seinein rechten Flügel bereits angagirt war, hatte keine äquivalenten Kräfte entgegenzubringen, und so mußte seine Kvrpsartillerie die Aufgabe der Abwehr übernehmen. Aber in dem Maße, wie der Jnfanterieangriff vorschritt, rückte ihm auch die gegnerische Ar¬ tillerie, batterieweise heranjagend, auf den Leib. Jetzt entbrennt überall auf dem linken Flügel das Jnfanteriegefecht. Die Feuerlinien schreiten sprungweise vor¬ wärts, jetzt im Laufschritt vorrückend, jetzt Salve ans Salve gebend. Die Umfassung dieses Flügels ist nicht mehr abzuwehren. Aber auch der rechte Flügel ist bedroht. Die siebente Division erscheint an dem Westende von Roßbach und bereitet ihren Angriff vor, nicht geradeaus die steile Böschung des Hügels hinan, sondern indem sie den Hügel umfaßt und in der Richtung seiner Längslinie, also in die Flanke des Verteidigers vorgeht. Zu derselben Zeit, wo gegen den linken Flügel der Angriff der achten Divisio» geschieht, ersteigt auch die siebente Di¬ vision den Hügel. Ihr Angriff, man spürt das selbst jetzt, wo doch nur blind geschossen wird, ist von vernichtender Wucht. Das Kesseltreiben beginnt, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/232>, abgerufen am 27.07.2024.