Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.Aus den Thüringer Manöverwgcn. die entscheidenden Schläge durch die Infanterie auf beiden Flügeln und eine Das markirte Korps hatte den aus der Roßbachcr Schlacht wohlbekannten Da stiegen hohe dichte Staubwolken auf, sie näherten sich auf der eben- Aus den Thüringer Manöverwgcn. die entscheidenden Schläge durch die Infanterie auf beiden Flügeln und eine Das markirte Korps hatte den aus der Roßbachcr Schlacht wohlbekannten Da stiegen hohe dichte Staubwolken auf, sie näherten sich auf der eben- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0231" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154396"/> <fw type="header" place="top"> Aus den Thüringer Manöverwgcn.</fw><lb/> <p xml:id="ID_646" prev="#ID_645"> die entscheidenden Schläge durch die Infanterie auf beiden Flügeln und eine<lb/> Entstellung, die sich der Kreislinie nähert. Hierbei fielen vor allem die kolossalen<lb/> Dimensionen auf, mit denen man infolge der weittragenden Schießwaffen heut¬<lb/> zutage rechnen muß. Die Front des Angreifenden in der Stärke eines Korps<lb/> betrug gegen Ende des Manövers nicht weniger als 6^ Kilometer.</p><lb/> <p xml:id="ID_647"> Das markirte Korps hatte den aus der Roßbachcr Schlacht wohlbekannten<lb/> Jannshügel besetzt, eine» Höhenzug, der in der Mitte zwischen Merseburg und<lb/> Weißenfels in westöstlicher Richtung gelagert ist, uach Westen zu deutliche Kamin¬<lb/> form hat und sich nach Osten plateaumäßig ausbreitet. Das Volk, welches<lb/> den pp. Jeans nicht kennt, hat einen Johanneshügel aus ihm gemacht. Er ist<lb/> völlig kahl, ebenso eine Mulde, die sich südlich vor ihm, sich nach Westen zu<lb/> vertiefend, entlang zieht. Vor dem Hügel liegen nach rechts dicht bei einander<lb/> die Dörfer Lunstedt und Roßbach; hier hatte das markirte Nordkorps seine Avant¬<lb/> garde eingenistet. Weitab nach links liegt Reichardtswerbcn. Die Aussicht nach<lb/> Süden Ivird durch eine den Jannshügel noch überhöhende parallele Bodenwelle<lb/> abgeschlossen, deren Entfernung etwa vier Kilometer beträgt. Hinter derselben<lb/> wurde der Anmarsch des Südkorps erwartet. Man sah eine auf dem Kamme<lb/> des Hügelzuges sich hinziehende Baumallee, davor leere, nach dem Thale vor<lb/> dem Jannshügel sich senkende Feldflächen und eine Chaussee, die in nördlicher<lb/> Richtung von dem nicht sichtbaren Pcttstedt auf Lunstedt zu und über den<lb/> Jannshügel führte.</p><lb/> <p xml:id="ID_648" next="#ID_649"> Da stiegen hohe dichte Staubwolken auf, sie näherten sich auf der eben-<lb/> erwähnten Chaussee, einzelne Reiter hüpften wie die Mäuse auf dem Acker herum.<lb/> Jetzt erkennen wir eine Schwadron Dragoner; sie reitet bis auf Lunstedt heran,<lb/> erhält von dem Dorfrande aus Feuer und verschwindet, wie sie gekommen ist.<lb/> Nach einiger Zeit taucht rechts von der Chaussee aus einer Bodenfalte in weiter<lb/> Ferne Artillerie auf. Die Batterie fährt vor, giebt Feuer auf die Dorfränder<lb/> und erhält Antwort von den rückwärts auf dem Janushügcl postirtcu Batterien<lb/> des Nordkorps. Das ist eine Entfernung von nahezu 3000 Metern. Auf<lb/> diese Entfernung sind selbst Batterien nur als eine Reihe von Punkten erkennbar.<lb/> Nach einiger Zeit reitet ein Kavallerieregiment der äußersten linken Flanke des<lb/> Südkvrps zu, und über den Höhenkamm kommen breitgezogene Jnfanterie-<lb/> fronten herab. Es ist offenbar mehr als eine Brigade, vielleicht eine<lb/> ganze Division. So rücken die Angreifenden in langen Zeilen neben- und<lb/> hintereinander („gerade durch die Zuckerrüben," sagte mein Nachbar) auf die<lb/> beide» Dörfer zu. Jetzt sind sie in Gewehrschnßweite, ans der ganzen Linie<lb/> rasselt das Schützenfeuer, untermischt mit Gewehrsalven, immer schneller, immer<lb/> hastiger, die angreifenden, in lange zweigliedrige Reihen aufgelösten Bataillone<lb/> gehen aus dem Geschwindmarsch in Laufschritt über, aber noch ist die Ent¬<lb/> fernung bis zum Dorfrande sehr groß. Der Angriff kommt ins Stocken. Die<lb/> Aufregung legt sich, das Gefecht steht. Doch nur für kurze Zeit. Das zweite</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0231]
Aus den Thüringer Manöverwgcn.
die entscheidenden Schläge durch die Infanterie auf beiden Flügeln und eine
Entstellung, die sich der Kreislinie nähert. Hierbei fielen vor allem die kolossalen
Dimensionen auf, mit denen man infolge der weittragenden Schießwaffen heut¬
zutage rechnen muß. Die Front des Angreifenden in der Stärke eines Korps
betrug gegen Ende des Manövers nicht weniger als 6^ Kilometer.
Das markirte Korps hatte den aus der Roßbachcr Schlacht wohlbekannten
Jannshügel besetzt, eine» Höhenzug, der in der Mitte zwischen Merseburg und
Weißenfels in westöstlicher Richtung gelagert ist, uach Westen zu deutliche Kamin¬
form hat und sich nach Osten plateaumäßig ausbreitet. Das Volk, welches
den pp. Jeans nicht kennt, hat einen Johanneshügel aus ihm gemacht. Er ist
völlig kahl, ebenso eine Mulde, die sich südlich vor ihm, sich nach Westen zu
vertiefend, entlang zieht. Vor dem Hügel liegen nach rechts dicht bei einander
die Dörfer Lunstedt und Roßbach; hier hatte das markirte Nordkorps seine Avant¬
garde eingenistet. Weitab nach links liegt Reichardtswerbcn. Die Aussicht nach
Süden Ivird durch eine den Jannshügel noch überhöhende parallele Bodenwelle
abgeschlossen, deren Entfernung etwa vier Kilometer beträgt. Hinter derselben
wurde der Anmarsch des Südkorps erwartet. Man sah eine auf dem Kamme
des Hügelzuges sich hinziehende Baumallee, davor leere, nach dem Thale vor
dem Jannshügel sich senkende Feldflächen und eine Chaussee, die in nördlicher
Richtung von dem nicht sichtbaren Pcttstedt auf Lunstedt zu und über den
Jannshügel führte.
Da stiegen hohe dichte Staubwolken auf, sie näherten sich auf der eben-
erwähnten Chaussee, einzelne Reiter hüpften wie die Mäuse auf dem Acker herum.
Jetzt erkennen wir eine Schwadron Dragoner; sie reitet bis auf Lunstedt heran,
erhält von dem Dorfrande aus Feuer und verschwindet, wie sie gekommen ist.
Nach einiger Zeit taucht rechts von der Chaussee aus einer Bodenfalte in weiter
Ferne Artillerie auf. Die Batterie fährt vor, giebt Feuer auf die Dorfränder
und erhält Antwort von den rückwärts auf dem Janushügcl postirtcu Batterien
des Nordkorps. Das ist eine Entfernung von nahezu 3000 Metern. Auf
diese Entfernung sind selbst Batterien nur als eine Reihe von Punkten erkennbar.
Nach einiger Zeit reitet ein Kavallerieregiment der äußersten linken Flanke des
Südkvrps zu, und über den Höhenkamm kommen breitgezogene Jnfanterie-
fronten herab. Es ist offenbar mehr als eine Brigade, vielleicht eine
ganze Division. So rücken die Angreifenden in langen Zeilen neben- und
hintereinander („gerade durch die Zuckerrüben," sagte mein Nachbar) auf die
beide» Dörfer zu. Jetzt sind sie in Gewehrschnßweite, ans der ganzen Linie
rasselt das Schützenfeuer, untermischt mit Gewehrsalven, immer schneller, immer
hastiger, die angreifenden, in lange zweigliedrige Reihen aufgelösten Bataillone
gehen aus dem Geschwindmarsch in Laufschritt über, aber noch ist die Ent¬
fernung bis zum Dorfrande sehr groß. Der Angriff kommt ins Stocken. Die
Aufregung legt sich, das Gefecht steht. Doch nur für kurze Zeit. Das zweite
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