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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Der deutsche Schulverein in Ästerreich.

Weniger bedeutend erscheinen die Erfolge des Vereins in Görz und Trieft.
In jener Gegend gewährte er Ehrengaben für deutsche" Sprachunterricht in
zwei Orten, in Trieft hat er einen deutschen Kindergarten eröffnet. Dagegen
konnte auf der Linzer Hauptversammlung im Mai dieses Jahres der Referent
Dr. Otto Schnittwender freudig konstatiren, daß in Südtirol der Prozeß der
Verwcilschung zum Stillstand gebracht worden sei. Abgesehen von mannich-
fachen einzelnen Spenden, von der Unterstützung armer Schüler der deutschen
Parallelklassen des Trientiner Gymnasiums u. a. in., griff hier der Verein an
elf Orten durch Gewährung von Baugelderu hilfreich ein und konnte im August
1382, mannichfach unterstützt auch durch Beiträge aus dem deutscheu Reiche,
unter denen sich ein erheblicher der Kaiserin Augusta befand, die lang geplante
Schule zu Proveis eröffnen, deren Stiftung den ersten Anstoß zu seiner eignen
Gründung gegeben hatte.

Daß solche Thätigkeit den leitenden Männern, unter denen wir den gegen¬
wärtigen Vorstand und feinen Stellvertreter, die Herren Weitlof und von Kraus,
sowie von den Mitgliedern des engern Ausschusses die Herren Steinwender und
Maresch besonders hervorheben wollen, eine gewaltige Arbeitslast aufbürdet, ver¬
steht sich von selbst. Waren doch z. B. im Jahre 1881 4721 Eingänge, im
Jahre 1882 deren 6576 zu erledigen, eine ausgedehnte, verwickelte Geld¬
rechnung zu führen, zahlreiche, oft langwierige und mühsame Reisen an Ort
und Stelle zu unternehmen. Und ebenso hat es selbstverständlich an Anfein¬
dungen und Hemmnissen nicht gefehlt. Als eines der schwersten bezeichnen die
Referenten in den Hauptversammlungen selbst die Schwierigkeit, in sprachlich
gemischten Gegenden Geistliche für Erteilung des deutschen Religionsunterrichtes
zu gewinnen. In Südsteiermark weigerte sich z. B. ein Pfarramt, den Reli¬
gionslehrer für eine Vereinsfchule zu stellen; in Krain (Lichtenwald) war es damit
nicht genug, sondern die kirchliche Oberbehörde versagte dem inzwischen erwählten Re¬
ligionslehrer, einem pensionirten Priester, die Bestätigung, weil er (für eine deutsche
Schule!) zu wenig slovenisch verstehe. Darnach ist es begreiflich, wenn in Linz die
Ortsgruppe Reichenberg den Antrag stellte, der Verein möge mit dem Bistum
Leitmeritz in Unterhandlungen treten, um die Heranbildung eines deutschen
Klerus in Böhmen anzubahnen, aber ebenso begreiflich, wenn der Vorstand das
als aussichtslos ablehnte. Auch an andern Hemmnissen hat es nicht gefehlt.
"Sprechen (bei jüdischen Gemeinden in Böhmen) nur irgendwelche Anzeichen
für Beziehungen zum deutschen Schulverein, so wird ein so zielbewußtes System
von Angriffen in Szene gesetzt, daß die vornehmlich auf Handel und Wandel
angewiesenen Kultusangehörigen auf die Dauer nicht Stand halten können. So
wurde im Vorjahre (1882) eine Kultusgemeinde gezwungen, die vom Schul¬
verein gespendeten Lehrmittel wieder einzupacken und sich über die richtig er¬
folgte Rücksendung nach Wien auszuweisen." Sogar in den Landtagen richteten
die Slaven ihre Pfeile gegen den verhaßten Verein, der ein deutsches Bollwerk


Der deutsche Schulverein in Ästerreich.

Weniger bedeutend erscheinen die Erfolge des Vereins in Görz und Trieft.
In jener Gegend gewährte er Ehrengaben für deutsche» Sprachunterricht in
zwei Orten, in Trieft hat er einen deutschen Kindergarten eröffnet. Dagegen
konnte auf der Linzer Hauptversammlung im Mai dieses Jahres der Referent
Dr. Otto Schnittwender freudig konstatiren, daß in Südtirol der Prozeß der
Verwcilschung zum Stillstand gebracht worden sei. Abgesehen von mannich-
fachen einzelnen Spenden, von der Unterstützung armer Schüler der deutschen
Parallelklassen des Trientiner Gymnasiums u. a. in., griff hier der Verein an
elf Orten durch Gewährung von Baugelderu hilfreich ein und konnte im August
1382, mannichfach unterstützt auch durch Beiträge aus dem deutscheu Reiche,
unter denen sich ein erheblicher der Kaiserin Augusta befand, die lang geplante
Schule zu Proveis eröffnen, deren Stiftung den ersten Anstoß zu seiner eignen
Gründung gegeben hatte.

Daß solche Thätigkeit den leitenden Männern, unter denen wir den gegen¬
wärtigen Vorstand und feinen Stellvertreter, die Herren Weitlof und von Kraus,
sowie von den Mitgliedern des engern Ausschusses die Herren Steinwender und
Maresch besonders hervorheben wollen, eine gewaltige Arbeitslast aufbürdet, ver¬
steht sich von selbst. Waren doch z. B. im Jahre 1881 4721 Eingänge, im
Jahre 1882 deren 6576 zu erledigen, eine ausgedehnte, verwickelte Geld¬
rechnung zu führen, zahlreiche, oft langwierige und mühsame Reisen an Ort
und Stelle zu unternehmen. Und ebenso hat es selbstverständlich an Anfein¬
dungen und Hemmnissen nicht gefehlt. Als eines der schwersten bezeichnen die
Referenten in den Hauptversammlungen selbst die Schwierigkeit, in sprachlich
gemischten Gegenden Geistliche für Erteilung des deutschen Religionsunterrichtes
zu gewinnen. In Südsteiermark weigerte sich z. B. ein Pfarramt, den Reli¬
gionslehrer für eine Vereinsfchule zu stellen; in Krain (Lichtenwald) war es damit
nicht genug, sondern die kirchliche Oberbehörde versagte dem inzwischen erwählten Re¬
ligionslehrer, einem pensionirten Priester, die Bestätigung, weil er (für eine deutsche
Schule!) zu wenig slovenisch verstehe. Darnach ist es begreiflich, wenn in Linz die
Ortsgruppe Reichenberg den Antrag stellte, der Verein möge mit dem Bistum
Leitmeritz in Unterhandlungen treten, um die Heranbildung eines deutschen
Klerus in Böhmen anzubahnen, aber ebenso begreiflich, wenn der Vorstand das
als aussichtslos ablehnte. Auch an andern Hemmnissen hat es nicht gefehlt.
„Sprechen (bei jüdischen Gemeinden in Böhmen) nur irgendwelche Anzeichen
für Beziehungen zum deutschen Schulverein, so wird ein so zielbewußtes System
von Angriffen in Szene gesetzt, daß die vornehmlich auf Handel und Wandel
angewiesenen Kultusangehörigen auf die Dauer nicht Stand halten können. So
wurde im Vorjahre (1882) eine Kultusgemeinde gezwungen, die vom Schul¬
verein gespendeten Lehrmittel wieder einzupacken und sich über die richtig er¬
folgte Rücksendung nach Wien auszuweisen." Sogar in den Landtagen richteten
die Slaven ihre Pfeile gegen den verhaßten Verein, der ein deutsches Bollwerk


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[0556] Der deutsche Schulverein in Ästerreich. Weniger bedeutend erscheinen die Erfolge des Vereins in Görz und Trieft. In jener Gegend gewährte er Ehrengaben für deutsche» Sprachunterricht in zwei Orten, in Trieft hat er einen deutschen Kindergarten eröffnet. Dagegen konnte auf der Linzer Hauptversammlung im Mai dieses Jahres der Referent Dr. Otto Schnittwender freudig konstatiren, daß in Südtirol der Prozeß der Verwcilschung zum Stillstand gebracht worden sei. Abgesehen von mannich- fachen einzelnen Spenden, von der Unterstützung armer Schüler der deutschen Parallelklassen des Trientiner Gymnasiums u. a. in., griff hier der Verein an elf Orten durch Gewährung von Baugelderu hilfreich ein und konnte im August 1382, mannichfach unterstützt auch durch Beiträge aus dem deutscheu Reiche, unter denen sich ein erheblicher der Kaiserin Augusta befand, die lang geplante Schule zu Proveis eröffnen, deren Stiftung den ersten Anstoß zu seiner eignen Gründung gegeben hatte. Daß solche Thätigkeit den leitenden Männern, unter denen wir den gegen¬ wärtigen Vorstand und feinen Stellvertreter, die Herren Weitlof und von Kraus, sowie von den Mitgliedern des engern Ausschusses die Herren Steinwender und Maresch besonders hervorheben wollen, eine gewaltige Arbeitslast aufbürdet, ver¬ steht sich von selbst. Waren doch z. B. im Jahre 1881 4721 Eingänge, im Jahre 1882 deren 6576 zu erledigen, eine ausgedehnte, verwickelte Geld¬ rechnung zu führen, zahlreiche, oft langwierige und mühsame Reisen an Ort und Stelle zu unternehmen. Und ebenso hat es selbstverständlich an Anfein¬ dungen und Hemmnissen nicht gefehlt. Als eines der schwersten bezeichnen die Referenten in den Hauptversammlungen selbst die Schwierigkeit, in sprachlich gemischten Gegenden Geistliche für Erteilung des deutschen Religionsunterrichtes zu gewinnen. In Südsteiermark weigerte sich z. B. ein Pfarramt, den Reli¬ gionslehrer für eine Vereinsfchule zu stellen; in Krain (Lichtenwald) war es damit nicht genug, sondern die kirchliche Oberbehörde versagte dem inzwischen erwählten Re¬ ligionslehrer, einem pensionirten Priester, die Bestätigung, weil er (für eine deutsche Schule!) zu wenig slovenisch verstehe. Darnach ist es begreiflich, wenn in Linz die Ortsgruppe Reichenberg den Antrag stellte, der Verein möge mit dem Bistum Leitmeritz in Unterhandlungen treten, um die Heranbildung eines deutschen Klerus in Böhmen anzubahnen, aber ebenso begreiflich, wenn der Vorstand das als aussichtslos ablehnte. Auch an andern Hemmnissen hat es nicht gefehlt. „Sprechen (bei jüdischen Gemeinden in Böhmen) nur irgendwelche Anzeichen für Beziehungen zum deutschen Schulverein, so wird ein so zielbewußtes System von Angriffen in Szene gesetzt, daß die vornehmlich auf Handel und Wandel angewiesenen Kultusangehörigen auf die Dauer nicht Stand halten können. So wurde im Vorjahre (1882) eine Kultusgemeinde gezwungen, die vom Schul¬ verein gespendeten Lehrmittel wieder einzupacken und sich über die richtig er¬ folgte Rücksendung nach Wien auszuweisen." Sogar in den Landtagen richteten die Slaven ihre Pfeile gegen den verhaßten Verein, der ein deutsches Bollwerk

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/556>, abgerufen am 08.09.2024.