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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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nach dem andern schuf, am heftigsten natürlich in Kram. Hier entspann sich
über die Jnterpellation des Abgeordneten Kinn, der den Schulverein der Störung
des Komischen Schulwesens und der Verhetzung des Volkes anklagte, ja ihn
nahezu hochverräterischer Tendenzen bezichtigte, eine heftige Debatte. Sie schloß
freilich damit, daß der Statthalter von Winkler das Verhalten des angegriffenen
Vereins als ein völlig gesetzmäßiges nachwies (September und Oktober 1882).
Im steirischen Landtage hatte es einer ähnlichen Anklage gegenüber nicht bloß
mit der Zurückweisung derselben durch den Statthalter Freiherrn von Kübeck
sein Bewenden, sondern es wurde auch der Antrag des Unterrichtsausschusses,
daß der Landtag "das Wirken des Vereins als ein sehr ersprießliches und segens¬
reiches anerkenne," mit großer Mehrheit angenommen (30. Juni 1882). Noch
weitergehende Anerkennung fand der Verein im ober- und niederösterreichischen
Landtage. Jener widmete eine einmalige Spende von 200 Gulden, dieser
dagegen, mit dem Ausdruck besondrer Sympathien, einen Jahresbeitrag von
2000 Gulden.

Solche Beweise herzlicher Teilnahme vermögen den leitenden Männern des
deutschen Schulvereins freilich die schweren, mit Selbstverleugnung gebrachten
Opfer an Zeit und Arbeitskraft nicht zu vergelten. Für sie ist und bleibt der
beste Lohn das Bewußtsein, ihre nationale Pflicht zu thun, besonnen, schlicht,
prunklos, erfüllt nur von einem Gedanken, aber von ihm auch ganz erfüllt,
von dem Gedanken:

Ein Wahrzeichen nur gilts, das ist: für die Heimat zu kämpfen!




Kuno Ascher und sein Kant.
von A. Llassen.

er berühmte Historiker der Philosophie, dem jeder, der in Deutsch¬
land Philosophie studiert hat, wohl zweifellos einen großen Teil
dessen verdankt, was er gelernt hat, Kuno Fischer, hat gleichsam
als Vorläufer zum nächsten Bande seines großen historischen
Werkes eine "Kritik der Kantischen Philosophie" erscheinen lassen,
weil er wünschte, der unmittelbaren Gegenwart zu dienen, und "die Irrtümer,
die von vielen Seiten in der heutigen Tagesliteratur über Kant verbreitet
werden, zu berichtigen." Damit zielt er besonders auf das Werk von Albrecht
Krause "Die Gesetze des menschlichen Herzens," welches er in der Vorrede als
"ein unreifes, konfuses Buch" charakterisirt. von einem Dilettanten geschrieben und


nach dem andern schuf, am heftigsten natürlich in Kram. Hier entspann sich
über die Jnterpellation des Abgeordneten Kinn, der den Schulverein der Störung
des Komischen Schulwesens und der Verhetzung des Volkes anklagte, ja ihn
nahezu hochverräterischer Tendenzen bezichtigte, eine heftige Debatte. Sie schloß
freilich damit, daß der Statthalter von Winkler das Verhalten des angegriffenen
Vereins als ein völlig gesetzmäßiges nachwies (September und Oktober 1882).
Im steirischen Landtage hatte es einer ähnlichen Anklage gegenüber nicht bloß
mit der Zurückweisung derselben durch den Statthalter Freiherrn von Kübeck
sein Bewenden, sondern es wurde auch der Antrag des Unterrichtsausschusses,
daß der Landtag „das Wirken des Vereins als ein sehr ersprießliches und segens¬
reiches anerkenne," mit großer Mehrheit angenommen (30. Juni 1882). Noch
weitergehende Anerkennung fand der Verein im ober- und niederösterreichischen
Landtage. Jener widmete eine einmalige Spende von 200 Gulden, dieser
dagegen, mit dem Ausdruck besondrer Sympathien, einen Jahresbeitrag von
2000 Gulden.

Solche Beweise herzlicher Teilnahme vermögen den leitenden Männern des
deutschen Schulvereins freilich die schweren, mit Selbstverleugnung gebrachten
Opfer an Zeit und Arbeitskraft nicht zu vergelten. Für sie ist und bleibt der
beste Lohn das Bewußtsein, ihre nationale Pflicht zu thun, besonnen, schlicht,
prunklos, erfüllt nur von einem Gedanken, aber von ihm auch ganz erfüllt,
von dem Gedanken:

Ein Wahrzeichen nur gilts, das ist: für die Heimat zu kämpfen!




Kuno Ascher und sein Kant.
von A. Llassen.

er berühmte Historiker der Philosophie, dem jeder, der in Deutsch¬
land Philosophie studiert hat, wohl zweifellos einen großen Teil
dessen verdankt, was er gelernt hat, Kuno Fischer, hat gleichsam
als Vorläufer zum nächsten Bande seines großen historischen
Werkes eine „Kritik der Kantischen Philosophie" erscheinen lassen,
weil er wünschte, der unmittelbaren Gegenwart zu dienen, und „die Irrtümer,
die von vielen Seiten in der heutigen Tagesliteratur über Kant verbreitet
werden, zu berichtigen." Damit zielt er besonders auf das Werk von Albrecht
Krause „Die Gesetze des menschlichen Herzens," welches er in der Vorrede als
„ein unreifes, konfuses Buch" charakterisirt. von einem Dilettanten geschrieben und


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[0557] nach dem andern schuf, am heftigsten natürlich in Kram. Hier entspann sich über die Jnterpellation des Abgeordneten Kinn, der den Schulverein der Störung des Komischen Schulwesens und der Verhetzung des Volkes anklagte, ja ihn nahezu hochverräterischer Tendenzen bezichtigte, eine heftige Debatte. Sie schloß freilich damit, daß der Statthalter von Winkler das Verhalten des angegriffenen Vereins als ein völlig gesetzmäßiges nachwies (September und Oktober 1882). Im steirischen Landtage hatte es einer ähnlichen Anklage gegenüber nicht bloß mit der Zurückweisung derselben durch den Statthalter Freiherrn von Kübeck sein Bewenden, sondern es wurde auch der Antrag des Unterrichtsausschusses, daß der Landtag „das Wirken des Vereins als ein sehr ersprießliches und segens¬ reiches anerkenne," mit großer Mehrheit angenommen (30. Juni 1882). Noch weitergehende Anerkennung fand der Verein im ober- und niederösterreichischen Landtage. Jener widmete eine einmalige Spende von 200 Gulden, dieser dagegen, mit dem Ausdruck besondrer Sympathien, einen Jahresbeitrag von 2000 Gulden. Solche Beweise herzlicher Teilnahme vermögen den leitenden Männern des deutschen Schulvereins freilich die schweren, mit Selbstverleugnung gebrachten Opfer an Zeit und Arbeitskraft nicht zu vergelten. Für sie ist und bleibt der beste Lohn das Bewußtsein, ihre nationale Pflicht zu thun, besonnen, schlicht, prunklos, erfüllt nur von einem Gedanken, aber von ihm auch ganz erfüllt, von dem Gedanken: Ein Wahrzeichen nur gilts, das ist: für die Heimat zu kämpfen! Kuno Ascher und sein Kant. von A. Llassen. er berühmte Historiker der Philosophie, dem jeder, der in Deutsch¬ land Philosophie studiert hat, wohl zweifellos einen großen Teil dessen verdankt, was er gelernt hat, Kuno Fischer, hat gleichsam als Vorläufer zum nächsten Bande seines großen historischen Werkes eine „Kritik der Kantischen Philosophie" erscheinen lassen, weil er wünschte, der unmittelbaren Gegenwart zu dienen, und „die Irrtümer, die von vielen Seiten in der heutigen Tagesliteratur über Kant verbreitet werden, zu berichtigen." Damit zielt er besonders auf das Werk von Albrecht Krause „Die Gesetze des menschlichen Herzens," welches er in der Vorrede als „ein unreifes, konfuses Buch" charakterisirt. von einem Dilettanten geschrieben und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/557>, abgerufen am 08.09.2024.