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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal.

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Der deutsche Schulverein in "Österreich.

schowitz bei Prag fügte ihren drei Klassen eine vierte hinzu, die in Drislawitz
wuchs von sieben auf siebzig Schüler. In Mähren waren 1882 vier Vereins¬
schulen vorhanden, zwei wurden unterstützt. In Schlesien besaß schon 1881 der
Verein zwei Schulen und und unterstützte vier. In Galizien, wo die unter
Josef II. entstandenen deutschen Kolonistendörfer entweder schon polonisirt sind
oder dieser Gefahr ohne Hilfe von außen unterliegen würden, eröffnete der
Verein im Herbst 1882 eine einklassige Schule mit siebenundachtzig Kindern,
muß sie aber mit dem Beginne des Schuljahres 1883--84 in eine zweiklassige
umwandeln. Kaum minder wichtig ist die Errichtung von Kindergärten in aus¬
gesetzten Gemeinden, denn eben im frühesten Alter droht die Gefahr der Ent-
nationnlisirung am meisten, zumal der ärmern Klasse, die selbstverständlich ihre
Kleinen, statt sie während des Arbeitstages unbeaufsichtigt zu Hause zu lassen,
unter Umständen lieber einem slavischen Kindergarten anvertraut. Von diesem
Gesichtspunkte aus hat der Verein deutsche Kindergärten ins Leben gerufen,
und zwar unterhielt er 1881 in Böhmen sechs, in Mähren zwei, 1882 dort
vierzehn, hier zwei, ungerechnet die von ihm mit Zuschüssen unterstützten, deren
er im erstem Jahre neun böhmische und vier mährische, im letztern dreizehn
böhmische und sieben mährische zählte.

Wir übergehen hier die kaum minder zahlreichen Fälle, in denen der Verein
durch Bausubventionen, Zulagen und Ehrengaben, Spendung von Lehrmitteln
und Volksbibliotheken helfend eingriff, um uns noch seiner Wirksamkeit in den
südlichen Provinzen zuzuwenden. Am wenigsten forderte Kärnten zu solcher
Thätigkeit heraus. Dagegen mußten in Steiermark längs der untern Mur und
an der Drau im ganzen mindestens zwölf Orte unterstützt werden. Jenseits
der eigentlichen Sprachgrenze schob der Verein seine deutschen Vorposten bis
an die save, gründete z. B. hier eine Schule in Lichtenwald, sorgte anderwärts
für Unterricht im Deutschen in gewerblichen und landwirtschaftlichen Fächern.
In Krain förderte er die evangelische Volksschule zu Laibach durch einen nam¬
haften Beitrag und nahm die Gründung einer Schule in Weißenfels in Aus¬
sicht, seine Hauptthätigkeit aber konzentrirte er auf die Sprachinsel Gottschee.
Hier, wo, auf allen Seiten umringt von Slovenen und Kroaten, eine arme
deutsche Bevölkerung dürrem Karstboden mühsam ihren Lebensunterhalt abgewinnt,
that Unterstützung besonders not. Deshalb vermittelte hier der Verein im Jahre
1881 an sechs, im Jahre 1882 noch an drei andern Orten die Gründung öffent¬
licher Volksschulen durch Beiträge zu den Baukosten, unterstützte mehrere be¬
drängte Privatschulen, gewährte Lehrmittel an etwa zwanzig Orten und Spenden
für arme Schüler des Gymnasiums in Gottschee, und hatte die Freude, daß
ein patriotischer Prager (Johann Stampft) ein Kapital von 100 000 Gulden
zu Stipendien für Gottschee widmete. Aber auch sür Hebung des Wohlstandes
trat er indirekt ein durch die Gründung einer Holzindustrieschule, welche im
November 1882 eröffnet werden konnte und steigenden Zuspruch siudet.


Der deutsche Schulverein in «Österreich.

schowitz bei Prag fügte ihren drei Klassen eine vierte hinzu, die in Drislawitz
wuchs von sieben auf siebzig Schüler. In Mähren waren 1882 vier Vereins¬
schulen vorhanden, zwei wurden unterstützt. In Schlesien besaß schon 1881 der
Verein zwei Schulen und und unterstützte vier. In Galizien, wo die unter
Josef II. entstandenen deutschen Kolonistendörfer entweder schon polonisirt sind
oder dieser Gefahr ohne Hilfe von außen unterliegen würden, eröffnete der
Verein im Herbst 1882 eine einklassige Schule mit siebenundachtzig Kindern,
muß sie aber mit dem Beginne des Schuljahres 1883—84 in eine zweiklassige
umwandeln. Kaum minder wichtig ist die Errichtung von Kindergärten in aus¬
gesetzten Gemeinden, denn eben im frühesten Alter droht die Gefahr der Ent-
nationnlisirung am meisten, zumal der ärmern Klasse, die selbstverständlich ihre
Kleinen, statt sie während des Arbeitstages unbeaufsichtigt zu Hause zu lassen,
unter Umständen lieber einem slavischen Kindergarten anvertraut. Von diesem
Gesichtspunkte aus hat der Verein deutsche Kindergärten ins Leben gerufen,
und zwar unterhielt er 1881 in Böhmen sechs, in Mähren zwei, 1882 dort
vierzehn, hier zwei, ungerechnet die von ihm mit Zuschüssen unterstützten, deren
er im erstem Jahre neun böhmische und vier mährische, im letztern dreizehn
böhmische und sieben mährische zählte.

Wir übergehen hier die kaum minder zahlreichen Fälle, in denen der Verein
durch Bausubventionen, Zulagen und Ehrengaben, Spendung von Lehrmitteln
und Volksbibliotheken helfend eingriff, um uns noch seiner Wirksamkeit in den
südlichen Provinzen zuzuwenden. Am wenigsten forderte Kärnten zu solcher
Thätigkeit heraus. Dagegen mußten in Steiermark längs der untern Mur und
an der Drau im ganzen mindestens zwölf Orte unterstützt werden. Jenseits
der eigentlichen Sprachgrenze schob der Verein seine deutschen Vorposten bis
an die save, gründete z. B. hier eine Schule in Lichtenwald, sorgte anderwärts
für Unterricht im Deutschen in gewerblichen und landwirtschaftlichen Fächern.
In Krain förderte er die evangelische Volksschule zu Laibach durch einen nam¬
haften Beitrag und nahm die Gründung einer Schule in Weißenfels in Aus¬
sicht, seine Hauptthätigkeit aber konzentrirte er auf die Sprachinsel Gottschee.
Hier, wo, auf allen Seiten umringt von Slovenen und Kroaten, eine arme
deutsche Bevölkerung dürrem Karstboden mühsam ihren Lebensunterhalt abgewinnt,
that Unterstützung besonders not. Deshalb vermittelte hier der Verein im Jahre
1881 an sechs, im Jahre 1882 noch an drei andern Orten die Gründung öffent¬
licher Volksschulen durch Beiträge zu den Baukosten, unterstützte mehrere be¬
drängte Privatschulen, gewährte Lehrmittel an etwa zwanzig Orten und Spenden
für arme Schüler des Gymnasiums in Gottschee, und hatte die Freude, daß
ein patriotischer Prager (Johann Stampft) ein Kapital von 100 000 Gulden
zu Stipendien für Gottschee widmete. Aber auch sür Hebung des Wohlstandes
trat er indirekt ein durch die Gründung einer Holzindustrieschule, welche im
November 1882 eröffnet werden konnte und steigenden Zuspruch siudet.


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[0555] Der deutsche Schulverein in «Österreich. schowitz bei Prag fügte ihren drei Klassen eine vierte hinzu, die in Drislawitz wuchs von sieben auf siebzig Schüler. In Mähren waren 1882 vier Vereins¬ schulen vorhanden, zwei wurden unterstützt. In Schlesien besaß schon 1881 der Verein zwei Schulen und und unterstützte vier. In Galizien, wo die unter Josef II. entstandenen deutschen Kolonistendörfer entweder schon polonisirt sind oder dieser Gefahr ohne Hilfe von außen unterliegen würden, eröffnete der Verein im Herbst 1882 eine einklassige Schule mit siebenundachtzig Kindern, muß sie aber mit dem Beginne des Schuljahres 1883—84 in eine zweiklassige umwandeln. Kaum minder wichtig ist die Errichtung von Kindergärten in aus¬ gesetzten Gemeinden, denn eben im frühesten Alter droht die Gefahr der Ent- nationnlisirung am meisten, zumal der ärmern Klasse, die selbstverständlich ihre Kleinen, statt sie während des Arbeitstages unbeaufsichtigt zu Hause zu lassen, unter Umständen lieber einem slavischen Kindergarten anvertraut. Von diesem Gesichtspunkte aus hat der Verein deutsche Kindergärten ins Leben gerufen, und zwar unterhielt er 1881 in Böhmen sechs, in Mähren zwei, 1882 dort vierzehn, hier zwei, ungerechnet die von ihm mit Zuschüssen unterstützten, deren er im erstem Jahre neun böhmische und vier mährische, im letztern dreizehn böhmische und sieben mährische zählte. Wir übergehen hier die kaum minder zahlreichen Fälle, in denen der Verein durch Bausubventionen, Zulagen und Ehrengaben, Spendung von Lehrmitteln und Volksbibliotheken helfend eingriff, um uns noch seiner Wirksamkeit in den südlichen Provinzen zuzuwenden. Am wenigsten forderte Kärnten zu solcher Thätigkeit heraus. Dagegen mußten in Steiermark längs der untern Mur und an der Drau im ganzen mindestens zwölf Orte unterstützt werden. Jenseits der eigentlichen Sprachgrenze schob der Verein seine deutschen Vorposten bis an die save, gründete z. B. hier eine Schule in Lichtenwald, sorgte anderwärts für Unterricht im Deutschen in gewerblichen und landwirtschaftlichen Fächern. In Krain förderte er die evangelische Volksschule zu Laibach durch einen nam¬ haften Beitrag und nahm die Gründung einer Schule in Weißenfels in Aus¬ sicht, seine Hauptthätigkeit aber konzentrirte er auf die Sprachinsel Gottschee. Hier, wo, auf allen Seiten umringt von Slovenen und Kroaten, eine arme deutsche Bevölkerung dürrem Karstboden mühsam ihren Lebensunterhalt abgewinnt, that Unterstützung besonders not. Deshalb vermittelte hier der Verein im Jahre 1881 an sechs, im Jahre 1882 noch an drei andern Orten die Gründung öffent¬ licher Volksschulen durch Beiträge zu den Baukosten, unterstützte mehrere be¬ drängte Privatschulen, gewährte Lehrmittel an etwa zwanzig Orten und Spenden für arme Schüler des Gymnasiums in Gottschee, und hatte die Freude, daß ein patriotischer Prager (Johann Stampft) ein Kapital von 100 000 Gulden zu Stipendien für Gottschee widmete. Aber auch sür Hebung des Wohlstandes trat er indirekt ein durch die Gründung einer Holzindustrieschule, welche im November 1882 eröffnet werden konnte und steigenden Zuspruch siudet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_153446/555>, abgerufen am 08.09.2024.