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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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vom alten und neuen Griechenland.

kunstwerkes haben, das sich aus diesen msrnom ckisssotg. aufbaut, und die Frucht
des Studiums wird die lebendige Vergegenwärtigung eines großartigen und
wichtigen Stückes antiken Lebens sein.

Zeitraubend ist der Ausflug nach Olympia freilich, allein jetzt schon ist der
Zugang gegen früher beträchtlich erleichtert. Zu der Zeit, als die Gelehrten
der deutschen Expedition ihr Werk in Angriff nahmen, führte nur ein Reitpfad,
dem häufig die angeschwollenen Bäche verderblich waren, von der Stadt Pyrgos
nach der Ebene von Olympia; jetzt ist eine gute Fahrstraße hergestellt, während
Pyrgos andrerseits durch Straßen mit dem Hafenorte Katakolo und mit Patras
verbunden ist und mit letzterer Stadt auch durch eine Eisenbahn verbunden werden
soll. Es ist eine abgelegene und umschlossene, nur durch den gekrümmten Flußlauf
geöffnete Landschaft, aber sie hat auch den vollen Reiz der Abgeschiedenheit,
und wer bis hierher in das Innere sich vorgewagt hat, wird nicht leicht der Lockung
widerstehen, weitere Ausflüge in das Waldgebirge der Umgegend zu machen,
nach den Vorhöhen der triphylischen Berge im Süden, wo einst Xenophon mit
seinen Söhnen des Waidwerks pflegte, und weiter bis zu den Mauern der alten
Stadt Samikon, oder den Kladeos aufwärts in die Pholoö, wo im Jahre 396
Alarichs Westgothen monatelang von dem Heere Stilicho's umstellt und fest¬
gehalten wurden, bis es ihnen endlich gelang, nordwärts über den korinthischen
Meerbusen zu entkommen. Nur zwei kleine Tagereisen sind es von Olympia
bis zu den Resten des Apollontempels zu Bashal, zu den "Säulen," wie jetzt
noch die Einheimischen sagen, auf der Höhe des Kotyliongebirges, von wo der
Blick über die niedrigen Waldberge hinweg, die den nördlichen Wall Messeniens
bilden, hinaus bis zum Bergfels von Jthome und bis zum Meere dringt. Ja
viele von denen, welche Olympia besuchen, werden ihre Reise so einrichten, daß
sie, um von da nach der Ostküste des Peloponneses, nach Argos und Korinth zu
gelangen, entschlossen den Weg durch das Innere der Halbinsel nehmen. Übrigens
kann man sich an dieser Stelle wohlmeinende Ratschläge gänzlich ersparen, da
ja in diesen Tagen endlich der "Bädeker" ans Licht getreten ist/") nach dessen
Erscheinen seit einem Jahrzehnt alle Griechenlandfahrer sehnsüchtig ausgeblickt
haben. Durch ihn erwächst den Glücklichen, die das Land der Griechen erst
noch mit der Seele suchen, ein ungemeiner Vorteil vor allen frühern Reisenden,
weshalb denn auch nicht zu bezweifeln ist, daß mit Hilfe dieses wohlunterrichteten
und in solchem Lande doppelt schätzenswerten Freundes der Mut zu einer Hellas--
fahrt in immer zahlreicheren Herzen aufgehen werde. Zwar ist der Weg durch
den Peloponnes noch immer mit mancherlei Entbehrungen und Mühseligkeiten
verknüpft, wie man sie auf Reisen in westlichen Ländern nicht gewöhnt ist, aber
er lohnt auch durch Erfahrungen, auf welche derjenige verzichten muß, der mit



*) Griechenland. Handbuch für Reisende von Karl Bädeker. Mit einem Pano¬
rama von Athen, 6 Karten, 7 Plänen und andern Beigaben- Leipzig, Bädeker, 1333.
vom alten und neuen Griechenland.

kunstwerkes haben, das sich aus diesen msrnom ckisssotg. aufbaut, und die Frucht
des Studiums wird die lebendige Vergegenwärtigung eines großartigen und
wichtigen Stückes antiken Lebens sein.

Zeitraubend ist der Ausflug nach Olympia freilich, allein jetzt schon ist der
Zugang gegen früher beträchtlich erleichtert. Zu der Zeit, als die Gelehrten
der deutschen Expedition ihr Werk in Angriff nahmen, führte nur ein Reitpfad,
dem häufig die angeschwollenen Bäche verderblich waren, von der Stadt Pyrgos
nach der Ebene von Olympia; jetzt ist eine gute Fahrstraße hergestellt, während
Pyrgos andrerseits durch Straßen mit dem Hafenorte Katakolo und mit Patras
verbunden ist und mit letzterer Stadt auch durch eine Eisenbahn verbunden werden
soll. Es ist eine abgelegene und umschlossene, nur durch den gekrümmten Flußlauf
geöffnete Landschaft, aber sie hat auch den vollen Reiz der Abgeschiedenheit,
und wer bis hierher in das Innere sich vorgewagt hat, wird nicht leicht der Lockung
widerstehen, weitere Ausflüge in das Waldgebirge der Umgegend zu machen,
nach den Vorhöhen der triphylischen Berge im Süden, wo einst Xenophon mit
seinen Söhnen des Waidwerks pflegte, und weiter bis zu den Mauern der alten
Stadt Samikon, oder den Kladeos aufwärts in die Pholoö, wo im Jahre 396
Alarichs Westgothen monatelang von dem Heere Stilicho's umstellt und fest¬
gehalten wurden, bis es ihnen endlich gelang, nordwärts über den korinthischen
Meerbusen zu entkommen. Nur zwei kleine Tagereisen sind es von Olympia
bis zu den Resten des Apollontempels zu Bashal, zu den „Säulen," wie jetzt
noch die Einheimischen sagen, auf der Höhe des Kotyliongebirges, von wo der
Blick über die niedrigen Waldberge hinweg, die den nördlichen Wall Messeniens
bilden, hinaus bis zum Bergfels von Jthome und bis zum Meere dringt. Ja
viele von denen, welche Olympia besuchen, werden ihre Reise so einrichten, daß
sie, um von da nach der Ostküste des Peloponneses, nach Argos und Korinth zu
gelangen, entschlossen den Weg durch das Innere der Halbinsel nehmen. Übrigens
kann man sich an dieser Stelle wohlmeinende Ratschläge gänzlich ersparen, da
ja in diesen Tagen endlich der „Bädeker" ans Licht getreten ist/") nach dessen
Erscheinen seit einem Jahrzehnt alle Griechenlandfahrer sehnsüchtig ausgeblickt
haben. Durch ihn erwächst den Glücklichen, die das Land der Griechen erst
noch mit der Seele suchen, ein ungemeiner Vorteil vor allen frühern Reisenden,
weshalb denn auch nicht zu bezweifeln ist, daß mit Hilfe dieses wohlunterrichteten
und in solchem Lande doppelt schätzenswerten Freundes der Mut zu einer Hellas--
fahrt in immer zahlreicheren Herzen aufgehen werde. Zwar ist der Weg durch
den Peloponnes noch immer mit mancherlei Entbehrungen und Mühseligkeiten
verknüpft, wie man sie auf Reisen in westlichen Ländern nicht gewöhnt ist, aber
er lohnt auch durch Erfahrungen, auf welche derjenige verzichten muß, der mit



*) Griechenland. Handbuch für Reisende von Karl Bädeker. Mit einem Pano¬
rama von Athen, 6 Karten, 7 Plänen und andern Beigaben- Leipzig, Bädeker, 1333.
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[0554] vom alten und neuen Griechenland. kunstwerkes haben, das sich aus diesen msrnom ckisssotg. aufbaut, und die Frucht des Studiums wird die lebendige Vergegenwärtigung eines großartigen und wichtigen Stückes antiken Lebens sein. Zeitraubend ist der Ausflug nach Olympia freilich, allein jetzt schon ist der Zugang gegen früher beträchtlich erleichtert. Zu der Zeit, als die Gelehrten der deutschen Expedition ihr Werk in Angriff nahmen, führte nur ein Reitpfad, dem häufig die angeschwollenen Bäche verderblich waren, von der Stadt Pyrgos nach der Ebene von Olympia; jetzt ist eine gute Fahrstraße hergestellt, während Pyrgos andrerseits durch Straßen mit dem Hafenorte Katakolo und mit Patras verbunden ist und mit letzterer Stadt auch durch eine Eisenbahn verbunden werden soll. Es ist eine abgelegene und umschlossene, nur durch den gekrümmten Flußlauf geöffnete Landschaft, aber sie hat auch den vollen Reiz der Abgeschiedenheit, und wer bis hierher in das Innere sich vorgewagt hat, wird nicht leicht der Lockung widerstehen, weitere Ausflüge in das Waldgebirge der Umgegend zu machen, nach den Vorhöhen der triphylischen Berge im Süden, wo einst Xenophon mit seinen Söhnen des Waidwerks pflegte, und weiter bis zu den Mauern der alten Stadt Samikon, oder den Kladeos aufwärts in die Pholoö, wo im Jahre 396 Alarichs Westgothen monatelang von dem Heere Stilicho's umstellt und fest¬ gehalten wurden, bis es ihnen endlich gelang, nordwärts über den korinthischen Meerbusen zu entkommen. Nur zwei kleine Tagereisen sind es von Olympia bis zu den Resten des Apollontempels zu Bashal, zu den „Säulen," wie jetzt noch die Einheimischen sagen, auf der Höhe des Kotyliongebirges, von wo der Blick über die niedrigen Waldberge hinweg, die den nördlichen Wall Messeniens bilden, hinaus bis zum Bergfels von Jthome und bis zum Meere dringt. Ja viele von denen, welche Olympia besuchen, werden ihre Reise so einrichten, daß sie, um von da nach der Ostküste des Peloponneses, nach Argos und Korinth zu gelangen, entschlossen den Weg durch das Innere der Halbinsel nehmen. Übrigens kann man sich an dieser Stelle wohlmeinende Ratschläge gänzlich ersparen, da ja in diesen Tagen endlich der „Bädeker" ans Licht getreten ist/") nach dessen Erscheinen seit einem Jahrzehnt alle Griechenlandfahrer sehnsüchtig ausgeblickt haben. Durch ihn erwächst den Glücklichen, die das Land der Griechen erst noch mit der Seele suchen, ein ungemeiner Vorteil vor allen frühern Reisenden, weshalb denn auch nicht zu bezweifeln ist, daß mit Hilfe dieses wohlunterrichteten und in solchem Lande doppelt schätzenswerten Freundes der Mut zu einer Hellas-- fahrt in immer zahlreicheren Herzen aufgehen werde. Zwar ist der Weg durch den Peloponnes noch immer mit mancherlei Entbehrungen und Mühseligkeiten verknüpft, wie man sie auf Reisen in westlichen Ländern nicht gewöhnt ist, aber er lohnt auch durch Erfahrungen, auf welche derjenige verzichten muß, der mit *) Griechenland. Handbuch für Reisende von Karl Bädeker. Mit einem Pano¬ rama von Athen, 6 Karten, 7 Plänen und andern Beigaben- Leipzig, Bädeker, 1333.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/554>, abgerufen am 03.07.2024.